fassbinder1925 schrieb:Und es wurde ja ausdrücklich gesagt, dass man eigentlich gar nicht richtig plädieren will. Da war ich ehrlich gesagt, auch wieder ein bisschen verwundert, dass das so viele vor den Kopf gestoßen hat. Ich kann schon durchaus verstehen, dass das mit dem Ansprechen der Mail und dass sich das bei dem Gericht nicht lohnt, nicht jedermanns Stil ist und gefallen findet, das muss man auch nicht erwarten.
Ist das Dein Ernst, dass Du das in Ordnung findest? Dass "es sich bei dem Gericht nicht lohnt"?
Was würdest Du denken, wie würdest Du Dich fühlen, wenn Du da als Angeklagter sitzen würdest oder als Angehöriger, der angeblich eine sechstellige Summe gelatzt hat, und dann hören würdest:" Es ist eh alles verloren, hier können wir eh keinen Blumentopf gewinnen?
Der Befangenheitsantrag richtete sich gegen die drei Berufsrichter. Selbst wenn man nach der schriftlichen Begründung zum Befangenheitsantrag immer noch mein, diese drei seien voreingenommen und hätten ihr Urteil schon gefällt, würde absolut reichen, mit den Plädoyer die zwei Schöffenrichter mit Argumenten zu überzeugen, damit es für eine Freispruch reicht.
Es ist in meinen Augen auch fahrlässig und unverantwortlich für einen Strafverteidiger, den Angeklagten quasi auf die nächste Instanz zu vertrösten: "Ach komm, hier lohnt sich der Aufwand eines Plädoyers nicht, aber warte ab, wir reichen Revision ein und dann werden die Karten noch mal ganz neu gemischt!"
Ob einem Revisionsantrag überhaupt stattgegeben wird, ist für niemanden abzusehen. Frau Rick scheint anderer Meinung zu sein, als die 2. Jugendkammer. Ihre Verteidigerkollegen hatten sich schon vor deren Entscheidung eher verhalten zu den Erfolgsaussichten, die sie für den Antrag sehen, geäußert. So eindeutig und trockenen Tücher, wie sie tut, wird die Sache also nicht sein.
In meinen Augen hätte sie die ein oder zwei Tage, die sie die Ausarbeitung eines ausführlichen Plädoyers im Vergleich zu dieser lächerlichen Stichpunkteliste vielleicht gekostet hätten, noch investieren müssen, einfach schon aus Sorgfaltspflicht ihrem Mandanten gegenüber und damit alles nur mögliche für seine Verteidigung getan worden ist.
Tiergarten schrieb:Und ich hatte immer gedacht, in solchen Schlussbeiträgen bringt man etwas total auf den Punkt, statt bloß mit dem Zaunpfahl zu winken.
Ich gehe da 100% mit. Ich empfinde dieses Verhalten einfach nur als absolut unangemessen. In meinen Augen hat die hier fahrlässig die Möglichkeit weggeworfen, noch einmal alles aus Sicht der Verteidigung zusammenzufassen und stringent darzulegen, warum sie was wie sehen.
Wenn sie wirklich noch von der Unfalltheorie überzeugt ist, wie sie es durch die Beweisanträge ja zumindest versucht hat, aussehen zu lassen, dann hätte sie ausführlich darlegen können (und meiner Meinung nach auch müssen, im Sinne ihrer Pflicht gegenüber ihrem Mandanten), warum sie das nach wie vor für möglich hält.
Offenbar haben sich die drei Verteidiger ja die Themen aufgeteilt. Wenn jemand in einer Gruppenarbeit, die am Ende als Gesamtheit bewertet wird, so etwas als "seinen Anteil" abliefern würde, wären die anderen zurecht sauer. Die Rekonstruktion der Joggingroute, des Tatgeschehens und damit auch die Unfallfrage waren ein sehr zentrales Thema im Prozess. Die Themen der anderen beiden Verteidiger waren in meinen Augen eher zweitrangig für die Plädoyers und dann stellt sich derjenige, der den Hauptteil übernommen hat hin und sagt: "Ich mach's kurz, lohnt sich doch eh nicht, sich hier besondere Mühe zu geben!"
Ich finde das Benehmen unfassbar und zwar in erster Linie gegenüber dem Mandanten, aber auch den beiden Verteidigerkollegen, gegenüber den Richtern (die es nicht lohnen!), aber auch, wie
@Tiergarten schreibt, den Eltern von Hanna gegenüber, die in dem Prozess aufgrund der Winkelzüge der Verteidigung einiges Ertragen mussten. Und nicht zuletzt auch den Eltern des Angeklagten gegenüber die für diesen Auftritt ja offensichtlich bezahlt haben.