Zu allererst noch mal ein großes Dankeschön an @fassbinder1925. Mit der Rätselei über das Datum der Sprachnachrichten und der Vermutung, Du könntest im Prozess was überhört oder übersehen haben, wollt ich nicht sagen, dass Du da schlampig mitgeschrieben oder gedankenlos falsch Informationen hier in den Thread gebracht hast. Im Gegenteil, ich finde Deine Berichte vom Prozess bombastisch, super sorgfältig und sehr genau, gerade wenn es um zeitliche und causale Zusammenhänge geht. Noch mal also ein großes Dankeschön für die Mühe und Zeit, die Du da reinsteckst. Ohne diese Berichte wäre die Informationslage hier sehr dünn!
Aber ich hab selber schon in einigen Prozessen als Zuhörer gesessen und weiß, wie schnell man ein kleines Detail überhört oder übersieht. Diese Art von "Veranstaltung" wird halt vor allem für die Leute, die vorne und an den Seiten des Saals sitzen, abgehalten. Als jemand, der hinten sitzt, hat man ja leider nicht mal die Möglichkeit, nachzufragen, wenn man etwas akkustisch nicht verstanden hat.
Und die Pressevertreter, die eben falls vom 17.11. geschrieben haben, saßen halt im gleichen Saal we Fassbinder, nur ein oder zwei Reihen weiter vorne. Die Wahrscheinlichkeit, dass alle drei (1x Fassbinder, 2 x Journalist) die gleiche Stelle nicht mitbekommen haben, schätze ich sogar recht hoch ein, eben weil es daran gelegen haben könnte, dass der Übergang von 17. auf den 18. nur ganz kurz und nuschelig erwähnt wurde, so dass man es hinten gar nicht mitbekommen konnte.
Ich weiß, dass
@Palio jetzt aufspringen wird und folgendes Argument bringen wird:
Palio schrieb:Auf jeden Fall wurde das Datum 17.11.22 auf der Leinwand gezeigt und alle am Prozesstag anwesenden Berichterstatter haben übereinstimmend dieses Datum für die panischen Nachrichten von Verena genannt. Der Focus-Journalist berichtet darüber hinaus, dass Frau Rick Nachrichten einführen wollte, die nach der ersten (und nicht nach der zweiten) Vernehmung verschickt wurden.
Das Nachrichten-Datum 17.11. sollte mMn. als Fakt nicht angezweifelt werden und es sollte auf dieser Grundlage diskutiert werden.
Und natürlich hast Du damit absolut recht. Es ist ja schließlich nicht umsonst eine der absoluten Basic-Forums-Regeln, dass Aussagen durch öffentlich zugängliche Presseberichte zu belegen sind und hier hast Du gleich 2 solcher Belege angeführt, die zudem mit Fassbinders Bericht übereinstimmen.
An dieser Stelle dann auch noch mal ein großes Dankeschön an Dich. Ich wiederhole mich, aber Du bist hier echt der Chronist des Falls und des Threads, der mit dem besten Überblick über die Infos und wo sie zu finden sind. Du hast Dir die Mühe gemacht und die Belege dafür rausgesucht, dass die Nachrichten vom 17. sind und mit diesen Belegen dürfte da eigentlich kein Zweifel mehr dran bestehen. Belegt ist belegt!
Trotzdem muss ich jetzt doch noch mal ein Argument dagegen anbringen:
Hier zitiert
@Palio aus dem Focus-Liveticker, der wiederum einige Nachrichten vom 17.11. zitiert:
Palio schrieb:Die Sprachnachrichten der Schulfreundin klingen diesbezüglich nach dem 17. November eindeutig. So schickte sie an ihre Mutter: „Ich hab mich im Datum vertan. Das war nicht am 3., sondern am 5.“
Das Gleiche wiederholt sie auch in anderen Nachrichten an einen Freund: „Ich hab das nicht mehr gewusst. Ich merk‘ mir sowas doch nicht.“
Am 16. November (Anm. von mir - hier ist wohl der 17 gemeint) hatte sie deswegen auch eine Sprachnachricht an Sebastian T. selbst geschickt: „Ich hab mich verplappert. Ich hab gesagt, das war am 3. Wenn du noch mal bei der Polizei bist, sag denen, dass ich mich vertan hab’.“
Sie schickt ihrer Mutter nach der ersten Vernehmung zunächst also eine Nachricht, dass sie sich im Datum "verplappert" hat. Das teilt sie auch einem anderen Freund und dann auch S.T. mit. Diesem schreibt sich auch, der soll das bei der Polizei korrigieren, wenn er noch mal bei denen ist.
Und das soll sie geschrieben haben, nachdem sie erfahren hat, dass S.T. Hauptverdächtiger ist und sie ebenfalls mit drinhängt (wie sie es ja offenbar fälschlicherweise verstanden hat)?! Was erwartet sie denn dann für nächste Schritte, die die Polizei mit eine Hauptverdächtigen unternimmt? Sie selbst schiebt Panik, dass sie wegen dem Verdacht ihrer Mittäterschaft 3 Tage in U-Haft muss und schreibt, die Polizei habe ziemlich Druck gemacht, dass sie endlich die Wahrheit sagen soll und teilt dann dem Hauptverdächtigen locker flockig mit, dass wenn er noch mal bei der Polizei bist, doch bitte ihren Schnitzer mit dem Datum korrigieren soll?!
Das passt für mich Null zusammen.
Und wann ist sie dann in Panik verfallen, in der sie ihre Mutter und den Vater kontaktiert hat? Zuerst schreibt sie der Mutter: „Ich hab mich im Datum vertan. Das war nicht am 3., sondern am 5.“ Und dann: "Die haben gesagt, dass der T. und ich jetzt vllt 2-3 Tage in U-Haft müssen, weil sie noch ein paar Sachen halt untersuchen müssen. Auch haben sie gesagt, dass ich jetzt wahrscheinlich einen Anwalt brauche. Ich will aber keinen Anwalt brauchen, ich habe noch nie im Leben einen Anwalt gebraucht. O Gott. Das ist so ungerecht, ich habe überhaupt nichts gemacht."
In meinen Augen stellt sich das so dar, dass die unterschiedlichen Berichterstatter, also Fassbinder und die verschiedenen Journalisten, ihren jeweiligen Fokus auf unterschiedliche Aspekte in ihren Berichten gelegt haben.
Im Chiemgau24-Bericht ist von Nachrichten an 3 verschiedene Leute (Mutter, Freund, S.T.) die Rede, in denen sie diesen mitteilt, sie habe sich im Datum vertan. Diese Nachrichten erwähnt Fassbinder mit keinem einzigen Wort.
Für mich sind dies die Nachrichten vom 17.11.. Da ist sie noch cool, ihr ist halt aufgefallen, dass sie sich im Datum geirrt hat. Das beschäftigt sie schon, denn immerhin berichtet sie 3 Leuten davon, aber es ist in ihren Augen auch kein Beinbruch, T. soll es halt bei seinem nächsten Besuch bei der Polizei richtigstellen. Sie ahnt da noch nichts von ihrem zweiten Besuch, hat am Ende der Vernehmung also nicht gesagt bekommen "Wie müssen morgen noch mal mit ihnen reden." oder "Wir machen lieber morgen weiter." denn dann hätte sie es ja da selber klar stellen können und hätte nicht den T. anweisen müssen, dass er es klar stellt.
Auch das Wort "verplappert" passt für mich überhaupt nicht zu den anderen panischen Nachrichten, die sie ja angeblich am gleichen Tag verschickt haben soll. Verplappern ist für mich eine ziemlich harmlose Angelegenheit und ich denke, dass sie das anders formuliert hätte, wenn sie diese Nachricht nach der Vernehmung abgeschickt hätte, in der die Polizisten " streng mit ihr gewesen " sind und die aufgefordert haben, dass sie "JETZT ENDLICH die Wahrheit sagen soll". Das scheint sie ja doch beeindruckt zu haben. Dann fällt ihr nach der Vernehmung auf, dass sie sich in einer Datumsangabe vertan hat. Nach der angeblichen Drohung der "strengen Polizisten, sie müsse jetzt aber mal endlich die Wahrheit sagen" hätte ich erwartet, dass sie aus allen Wolken fällt, aus dem kleinen Fehler ein riesiges Drama macht, weil sie Angst hat, dass wenn den Polizisten der Fehler auffällt, sie ihr dass als erneute Lüge auslegen. Dazu passt weder die Formulierung Verplappern noch die Tatsache, dass sie denjenigen, von dem sie gerade erfahren haben soll, dass er Hauptverdächtiger ist, bittet, das statt ihrer klar zustellen.
Üebrings ist diese "Verplapper-Nachricht an S.T. auch in der Vernehmung von Lea wörtlich verlesen worden, aber ohne Datumsangabe und wohl auch als einzige von den zahlreichen Nachrichten:
fassbinder1925 schrieb am 07.12.2023:Verlesen wird die Sprachnachricht von Verena an den Angeklagten. Dort sagt sie „Hey T. , ich habe mich Verplappert. Habe bei der Polizei gesagt, dass es der 3. war, dabei war es der 5. Vllt kannst du das den Polizisten das nächste Mal das sagen.“
fassbinder1925 schrieb:Auch verstehe ich immer noch nicht, wenn sie am 18. erfahren hat, dass er Verdächtig ist, sie am 19. rätseln, ob er der aus der BILD sein kann. Wobei das natürlich genauso fragwürdig wäre, wenn es einen Tag früher war.
Wobei es für diese Fragestellung egal ja ist, ob sie es am 17. oder am 18.11. erfahren hat.
fassbinder1925 schrieb:Als sie ihm noch helfen wollten, sind sie natürlich von seiner Unschuld ausgegangen. Und dann hat sich die Meinung geändert. So wie sie das aber gesagt haben, konnte man raushören, dass sie sich das für sich beschlossen haben. Es gab keine Stelle, wo man raushören konnte, dass sie sagt, sie weiß dass der ST der Täter war. Man kann einen Zeitungsartikel natürlich nicht so wörtlich nehmen.
fassbinder1925 schrieb:Also jetzt müssten sich schon fast ein halbes Dutzend Leute vertan haben und sogar zwei verschiedene Verlage falsch berichtet haben. Man muss das wohl so annehmen.Das hat mehr Sicherheit an sich, als wenn wir jetzt über irgendwelche Worte philosophieren.
Ich sehe das durchaus anders. Viele Infos, die wir hier haben, erscheinen völlig unlogisch. Am stärksten irritiert mich, dass am Abend der ersten Vernehmung, nach der Verena völlig aufgelöst und panisch gewesen sein soll, weil sie zum einen erfahren haben soll, dass S.T. der Hauptverdächtige ist und auch die selber verdächtigt wird, eine Party im Hause R. gefeiert worden sein soll. Das Wort Party bzw. "man habe gefeiert" wurde ebenfalls in vielen Berichten erwähnt, u.a. ja auch in Deinen Berichten, man kann also davon ausgehen, dass V., ihre Schwester, ihre Mutter und Max das so vor Gericht geschildert haben.
Wieso sollte die panische Verena an dem Tag also mit dem Hauptverdächtigen feiern? Daraus eine "Krisensitzung" zu machen empfinde ich als sehr viel spekulativer, als anzunehmen, dass vor Gericht eine einzige Information, nämlich der Datumssprung vom 17. auf den 18.11. nicht so deutlich kommuniziert wurde, dass es auch die Zuschauer mitbekommen haben.
Als zweites die Tatsache, dass kein vernehmender Beamter einer Zeugin erzählen würde, ihr bester Freund sei Hauptverdächtiger in einem Tötungsdelikt, während der noch draußen rumläuft und nicht mal ein Haftbefehl gegen ihn ausgestellt ist. Das wäre grob fahrlässig, zumal V. an dem Tag ja überhaupt zum ersten Mal verhört worden ist und der Ermittler gar nicht einschätzen kann, wie eng ihr Verhältnis zu S.T. ist. Er musste davon ausgehen, dass die Gefahr bestand, dass V. S.T. warnt, dieser Beweise vernichtet, Zeugen beeinflusst oder einen Fluchtversuch unternimmt. Immerhin steht bei Mord eine lebenslange Haftstrafe im Raum und da geht die Polizei prinzipiell davon aus, dass Fluchtgefahr besteht.
Diese absolut unlogischen Zusammenhänge, die aus mehreren, voneinander unabhängigen Infos bestehen, lösen sich logisch auf, wenn man eine einzige Info (der Datumssprung von 17. auf den 18.11.) ergänzt/korrigiert. Und damit ist es dann für mich eben doch wahrscheinlich, dass sich mehrere Berichterstatter geirrt haben, als dass ein Polizist solche Details gegenüber einer Zeugin ausplaudert.
Ich gehe nicht mal davon aus, dass sich die Berichterstatter "geirrt" haben, sondern dass diese eine Info auf den Zuschauerbänken einfach nicht zu hören/sehen war. Vielleicht hat der aussagende Beamte z.B. einfach vergessen, die Folie mit dem Datum, das an die Wand geworfen wurde, weiter zu klicken.
Und noch etwas: meiner Meinung nach kann selbst der Verena vernehmende Ermittler am 17.11. gar nicht davon ausgegangen sein, dass S.T. der Hauptverdächtige in dem Fall ist.
Das S.T. als Verdächtiger ins Visier der Ermittler gerückt ist, hat sich meiner Meinung nach überhaupt erst am 17.11. ergeben.
Sicher war er bis dahin unter den "26 für die Polizei besonders interessanten Personen"; zunächst nur als "der Jogger, der in der Nacht mehrfach gesehen wurde", später dann auch namentlich, nachdem er sich als Zeuge gemeldet hatte. Selbst nach dem sich heraus gestellt hat, dass er in der ersten Vernehmung eine falsche Route angegeben hatte, dürfte das nicht außergewöhnlich verdächtig gewesen sein. Es wurden mehrere hundert Eiskeller-Zeugen zu der Nacht befragt und deren Aussagen zu ihrem Aufenthaltsort und Zeitangaben untereinander und mit Fotos aus dem Club und von Ü-Kameras abgeglichen. Da dürften sich jede Menge Abweichungen zwischen Zeugenangaben und Tatsachen ergeben haben.
Zum Hauptverdächtigen wurde er erst durch die Aussagen von Verena in ihrer ersten Vernehmung, als diese angab, am 3.Oktober mit S.T. in Aschau einen Spaziergang gemacht zu haben, bei dem er von einem in Aschau umgebrachten Mädchen erzählt haben soll und damit Täterwissen preis gegeben hat. Und durch die andere Zeugin, die am 17.11. bei der Polizei ausgesagt hat, in der Nacht einen Jogger gesehen zu haben. Die Polizei wusste damit, dass sich der besagte Jogger, von dem sie wussten, dass es S.T. gewesen sein muss, in unmittelbarer Tatortnähe aufgehalten hat, was vorher nicht bekannt war, weil er ja auch bei seiner 2. Vernehmung eine andere Route angegeben hatte. Damit war klar, er war in Tatortnähe und hat sich wahrscheinlich nicht einfach 2 x bei der vertan, sondern bewusst gelogen und hat dabei den Tatort gezielt aus seinen Routen rausgelassen.
Das sind meiner Meinung nach die 2 Indizien, die dazu geführt haben, dass gegen S.T. ein so dingender Tatverdacht begründet werden konnte, dass der Richter am 18. einen Haftbefehl ausgestellt hat.
Klar kann die Sichtungszeugin theoretisch morgens um 9.00 Uhr ausgesagt haben und Verena wurde erst am Nachmittag gehört, das dass dem vernehmenden Ermittler zumindest der zweite Teil der S.T. belastenden Indizien bei Verenas Vernehmung bekannt gewesen sein könnte.
Aber den Ermittler möchte ich sehen, der am Vormittag endlich den entscheidenden Hinweis bekommt, mit dem er einen konkreten Tatverdacht gegen eine bestimmte Person begründen kann, und der das dann am Nachmittag der besten Freundin dieses Tatverdächtigen auf die Nase bindet.
Aber richtig "dringend" wurde der Tatvedacht meiner Meinung eben erst, als die Sichtungszeugin und das durch Verena berichtete Täterwissen zusammen genommen wurde. Und diese Info hatten die Ermittler erst NACH Verenas erster Vernehmung.
Meiner Meinung nach KANN die Bezeichnung des S.T. deshalb erst in V. Vernehmung am 18. gefallen sein.