Hanna W. tot aus der Prien geborgen
17.01.2024 um 18:45
Bericht vom 16.01.2024
Nun also in Saal 31. ich war ja gespannt. Die Meisten der Prozessbesucher haben sich wohl allein schon durch die Tatsache abschrecken lassen, so sah es erst ziemlich entspannt aus. Irgendwann ging dann die Tür von Innen auf und ein Justizbeamter sagte, sie haben nur ein paar Plätze, wer keinen bekommt hat Pech gehabt. Der Saal bestand aus vier Reihen. Es hat dann auch nicht für jeden gereicht. Die Erste war für die Presse reserviert und der Zweite fast komplett für die Familie. Bezeichnend fand ich dass, bei der Presse zwei Plätze leer blieben. Dass diese natürlich gewisse Vorrechte hat ist logisch, aber ich bin mir nicht sicher, ob es da eine Akkreditierung für den ganzen Prozess gab. Und wenn man dann zwei Stunden verspätet kommt, ist man halt auch selbst Schuld, müsste man dann eigentlich verrücken. Dass für die Familie reserviert wird, auch für die erweiterte, finde ich persönlich völlig in Ordnung, gerade in einer Jugendstrafsache. Aber es ist nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit.
Der Ermittler H. der Kripo war erneut da. Er zeigte einen Screenshot einer Nachricht von Verena an Lea. Es war ein Artikel der Abendzeitung vom zweiten Prozesstag, wo Sebastian der Polizistin seine Theorie mit dem Stein erzählt. Verena schrieb dazu „T. hat sich verraten.“
Nun wurde wieder über „Clash of Clans“ gesprochen. Frau Rick sagte über ihren Beweisantrag diesbezüglich sie habe gemeint es wurde „ab 2:30“ gespielt nicht „um“. Der Staatsanwalt meinte, dass sei ja Grundschuldeutsch und würde das Gleiche bedeuten. Die Anwältin monierte, dass man nicht einfach die Präpositionen umtauschen kann. Die Vorsitzende fragt dann Rick, ob sie im Gegensatz zur Kammer schon einen Unfall ausschließt, da sie „kleinlaut“ von einer Tatzeit spricht. Die Anwältin sagt zur Vorsitzenden, dass sie selbstverständlich von einem Unfall ausgeht und diese wohl meint sie sei „kleinteilig“. Ich glaube die haben es damit aneinander vorbei zu reden.
Der Kommissar konnte danach die von Europol aus Finnland beantragten Spieledaten vortragen. Man konnte sehen, dass der Angeklagte am 3. um 0:42 für gute 8 Minuten dieses Spiel spielte. Man muss aber zwei Stunden draufrechnen, weil der Ort Östlich von London liegt und wegen der Sommerzeit. Was bedeutet es wurde von 2:42 bis 2:50 gespielt. Auch in den Tagen nach dem 3. wurde öfter gezockt.
Dann kam ein Fitnessvideo von YouTube ins Spiel. Der Angeklagte hat es um 2:24 angeschaut. Jedoch nur zehn Prozent davon, so kann man davon ausgehen, dass bis 2:26 geschaut wurde.
Das war schon beeindruckend, nicht nur dass es kein direktes Alibi gibt, man könnte es natürlich so sehen, dass es perfekt als Tatfenster passt, auch mit dem Notruf, mögliches Aufeinander treffen etc. In der Praxis, tue ich mich aber noch ein bisschen schwer. Das mögliche Nachtatverhalten finde ich weniger interessant, da ist sicher alles drin. Man möge mich verbessern, wenn ich einen Denkfehler habe oder Zeiten durcheinander bringe. Aber es dürfte ja von keiner Seite gezögert worden sein. Sowohl bei Hanna mit ihrem Anruf als auch bei der Tatausführung. Und er müsste nicht nur auf der Flucht ziemlich gesprintet sein, sondern auch zum Tatort, oder ?
Das lang erwartete Gutachten von Professor Malchereck kam dran. Beziehungsweise das Vorläufige, mit PowerPoint. Das Schriftliche ist noch nicht ganz fertig. Der Sachverständige zeigte erst allgemeine Tabellen und Diagramme über die Fließgeschwindigkeiten und Pegelstände des Flusses seit dem Jahr 2002. Er führte ein Video aus dem Jahr 2020 vor, als Hochwasser in der Prien war. Sogar doppelt so viel, als am 3.10. Sehen konnte man einige Wasserwalzen. Der Hydromechaniker meinte, dass diese keine Verletzungen hervorrufen, die den zwei Bekannten ähnlich seien. Generell sei ein lebloser Körper im Wasser sehr elastisch. Ich habe ihn so verstanden, dass bei Lebenden die automatisch dagegen ankämpfen, die Verletzungsgefahr größer ist und verglich es mit den Leuten im Eisbach.
Die Verletzungsgefahr ist bei Hochwasser tatsächlich niedriger, so schließt er auch aus, dass sich H. an Gegenständen am Grund verletzt hat.
Die Vorsitzende fragte, wie es sich verhält wenn man mit 90 Grad gegen etwas geschlagen wird. Malchereck hält das für nicht möglich, dass man mehrfach auf die Weise gegen einen harten Gegenstand wie einen Stein geschlagen wird. Grundsätzlich wirken unter solchen Umständen sogenannte Scherkräfte, diese Sorgen dafür, dass man am Gegenstand vorbeischrammt und sich Kratzer bilden, nicht solche Platzwunden.
Für mögliche Verletzungen spielten auch drei Mühlen, heute Kraftwerke genannt, eine große Rolle. Die Unterprienmühle, Oberprienmühle und die Rainermühle. Diese haben Stäbe und Rechen, die natürlich in gewissen Abstand zueinander stehen. Die ersten Beiden schließt der Sachverständige aus, da die Abstände nicht passen, es geht dabei natürlich um die Verletzungen der Schulterdächer. Der Abstand dieser wurde im CT bei 31 cm festgestellt. An der Leiche wurde es wohl nicht nachgemessen.
Professor Malchereck ist der Meinung, dass auch die Dritte nicht passt, diese müsse er sich aber noch genauer anschauen. Was mich wundert, da bei dieser, der Abstand mit über 50 cm sogar am größten war. Er hält es aber auch aus dem Grund für nicht plausibel, da man in dem Becken davor nur eine Geschwindigkeit von unter zwei Stunden Stundenkilometern erreicht, dabei wird nicht genug Kraft ausgeübt. Auch ist davon auszugehen, dass der Körper diese Rechen gar nicht berührt habe, da er sich sonst verfangen hätte und nicht zum Auffindeort gelangt wäre.
Professor Adamec, der wie geplant auch wieder im Sitzungssaal mit dabei war, sagte, dass der Körper wahrscheinlich erst nur mit einer Schulter anstößt und der Körper abgebremst wird, so dass eine zweite gleich schwere Verletzung, nicht möglich sein wird.
Der Hydromechaniker zeigte auch Ausschnitte vom Drohnenvideo. An einer Stelle sah man ein Wehr, bei dem es ein paar Meter runtergeht. Frau Rick fragte, ob da nicht so schwere Kopfverletzungen denkbar seien. Der Sachverständige meinte, doch da seien schon Kopfverletzungen möglich. Aber es wurde irgendwie nicht länger behandelt. Die Quintessenz hat sich aber dadurch, auch später in der zweiten Hälfte, nicht geändert.
Auf jeden Fall, wurde sich wieder einige Male gezankt.
Frau Rick stellte eine Zwischenfrage an den Gutachter. Wobei eine Beisitzerin meinte, sie sei jetzt dran und die Anwältin soll nicht dazwischen quatschen. RA Rick fragte, ob man der Frau Verteidigerin sagt, sie würde quatschen. Die Richterin meinte, das nicht, aber sie soll jetzt nicht dazwischenreden.
An Anderer Stelle meinte die Verteidigerin mit lustigem Ton zur Vorsitzenden, sie warne sie schon mal vor, sie werde dazu noch 5-10 Beweisanträge stellen. Die Beisitzerin sagte was unverständliches, woraufhin Rick wiederum sagte, das sei lustig gemeint gewesen. Die Beisitzerin entgegnete, an diesem Verfahren gibt es nichts lustiges. Was das Publikum teilweise mit ironisch gemeintem mitleidigem Laut quittierte.
Später am Tag, hat der Nebenklagevertreter eine Frage gestellt. Worauf Dr. Frank meinte, er sollte sie vllt etwas offener stellen. Rechtsanwalt Holderle entgegnete, dass der Herr Rechtsanwalt ihn seine Fragen stellen lassen sollte. Ein paar Minuten später sagte RA Rick etwas, was auch nicht ankam. Frank sprang ihr dann bei und meinte es wäre gut, wenn Alle wieder ein bisschen neutraler werden. Da meldete sich der Staatsanwalt mit was zu Wort, was ich nicht verstanden habe. Rechtsanwalt Frank sagte dann, er versteht es nicht, wenn er wieder ein bisschen Ruhe reinbringen will, er von der Staatsanwaltschaft so angegangen wird.
Der Tag hat gezeigt, dass die sich alle nichts nehmen. Also dass das nur Frau Rick ist, die Unruhe ins Verfahren reinbringt und die anderen Prozessbeteiligten sich praktisch gar nicht anders zu helfen wissen, als sich irgendwann mal Lautstark zu Wehr zu setzen, das sehe ich nicht. Zumal man halt auch sagen muss, dass es gegenüber Frau Rick teils vier Leute gleichzeitig sind, die sich dann nacheinander einbringen. Diese Möglichkeit hat sie nicht.
Und wie man sieht, kommt das wohl in großen Teilen des Publikums nicht gut an. Ich muss sagen, dass die Kammer auch oft gut agiert in dem Verfahren. Ich meine, sie hat die Gutachten zugelassen und auch sonst die meisten Beweisanträge. Den Antrag die Anklage gegen den Mithäftling nicht nur im Selbstleseverfahren einzuführen, wird ja nicht Aussichtsreich sein, wie man raushören konnte und das kann ich nicht nachvollziehen. Für den M. gilt natürlich auch die Unschuldsvermutung, aber wenn ein Hauptbelastungszeuge mit Hilfe von Phantasiegeschichten Missbrauch begangen haben könnte, ist das für die Öffentlichkeit zur Einordnung schon interessant. Und ich kann die Begründung mit dem Opferschutz nur bedingt verstehen. Erstens kann man die Namen einfach auslassen und selbst das ist einfach Usus, dass die auch im Verfahren selbst dann genannt werden.
Auch die Verhandlungsführung ist ja auch oft ganz gut. Und normalerweise hätte das ja vllt was ganz lustiges und reizendes, das Geplänkel der Richterinnen untereinander, die Belehrungen der Vorsitzenden und die extrovertiert nach Außen getragene Gereiztheit der Beisitzerin. Aber gestern war das schon extrem zu merken und auch nicht immer unbedingt angemessen.
In der Mittagspause, saß ich mit meiner Begleitung in einer Sitzecke und gegenüber war eine Journalistin, die auf ihrem Laptop getippt hat. Ich bin mir nicht sicher, aber die könnte vom Ippen-Verlag kommen, davon sitzen ja auch die meisten drin. Meine Begleitung sagte zu mir, dass sie mit der extremen Genervtheit der Beisitzerin nicht einverstanden war und wie die damit die Rick abgekanzelt hat. Die Journalistin redete uns dann an, ob wir Bekannte vom Sebastian sind. Meine Begleitung meinte dann dass wir ihn nicht kennen, aber sagte nochmal das Gleiche. Die von der Presse sagte dann „Ok, finde ich nicht.“ Finde ich schon seltsam als Presse das so zu entgegnen, zumal man nicht danach gefragt hat. Hat dann den Laptop schleunigst zugeklappt und ist gegangen. Ich muss dazu, sagen, dass ich die Aussage selbst nicht gehört habe.Da ich ihnen beiden nicht groß zugehört habe und ich da in dem Moment eh nicht so emotional war. Weil das beim nächsten Mal schon wieder anders aussehen kann und sich wieder beruhigt haben kann. Auch habe ich in unserem Gespräch die Beisitzerin sogar eher verteidigt und gesagt, dass das auch zum Teil ihre Art ist und sie da auch nichtmal Gutachter oder Ermittler schont, was nur imponiert. Auch kennt sie die Akten glaube ich sehr gut. Aber wer da nicht gemerkt hat, dass das schon viel an dem Tag war, muss ein Wahrnehmungsproblem haben. Und dass sie das so gesagt hat, kann man glauben.
Man sieht die Schreiber auch viel mit den Richtern plaudern. Da die sich ja nicht zum Verfahren äußern dürfen, wird das Tratsch und Kaffeeeklatsch sein. Und das ist natürlich auch generell ein Problem, kann ja bei Anderen Richtern und noch ganz Anderen Verhaltensweisen passieren. Die werden nicht schlecht über jemanden schreiben, mit dem sie befreundet sind. Und das gilt ja wiederum nicht nur für Richter, sondern auch für schon bekannte andere Verfahrensbeteiligte. In der Presse kann man auch Unterschiede feststellen, die einem sonst vllt gar nicht auffallen würden. Da betreibt natürlich keiner eine Hetztjagd oder würde was entlastendes unter den Tisch fallen lassen. Aber wenn man Überregionale Medien liest, wird gerne betont, wie verworren der Fall ist. Und bei den Lokalen kann man schon viel Wertungen rauslesen.
In der Ticker der hier gepostet wurde, hat die Journalisten von dem YT-Video um 1:20 geschrieben. Theoretisch könnte ich vllt falsch liegen, ist ja bei Zeiten mir durchaus mal passiert, aber ich glaube nicht. Da der Staatsanwalt, das mit dem 1:26 aufhören in seiner Frage nochmal vorgerechnet hat. Und auch dann muss es kein bewusster Fehler sein und die Andere Zeut bedeutet kein Alibi. Aber würde ich das jetzt so lesen, käme mir das Zeitfenster noch viel geschmeidigerer vor.
Nach der Mittagspause, wurde am Zeugentisch so ein Rechen aufgebaut. Der Gutachter Malchereck führte anhand einer Barbie vor, wie ein Körper dagegenkommen würde. Leider haben die Beteiligten alles verdeckt, aber wohl eben nicht so, dass die Verletzungen an der Schulter erklärbar wären.
Rechtsanwalt Baumgärtl fragt den Gutachter Adamec, wie viel Kraft man nun benötigt um Schulterdächer zu brechen. Er antwortet, dass er das nach wie vor nicht sagen könne. Zwar hat er Unterlagen von Skiunfällen, aber da war meist nur eines gebrochen. Wie schnell die Fahrer unterwegs gewesen sind, stand nicht dabei.
Es wurde dann anhand der Obduktionsbilder diskutiert. Besonders die Rötungen am Hals und am Ohr mit der Kette, als auch die großflächige Rückenverletzung war Thema. Malchereck konnte sich nicht vorstellen wie solche Rückenverletzungen im Fluss entstehen könnten. Auch wie ausgerechnet der 5 HWK bricht, schien beiden Sachverständigen nicht mit Hindernissen erklärbar.
Bei den Kopfverletzungen wurde Adamec gefragt, ob diese wahrscheinlich stark bluteten. Adamec meinte, dass Kopfverletzungen grundsätzlich ziemlich stark bluten. Hier ist auch die Schädelschwarte stark unterblutet gewesen. Die Vorsitzende wollte wissen, ob diese abstrakt oder konkret lebensgefährlich waren. Die Frage fand ich interessant, könnte mir vorstellen, dass dies auch wegen der rechtlichen Einordnung gefragt gewesen sein könnte.Der Gutachter meinte, dass es nicht konkret lebensgefährlich war, aber abstrakt durchaus, da man in der Bewusstlosigkeit die Zunge hätte verschlucken können. Er sagte aber an einigen Stellen, dass ihm das zu rechtsmedizinisch sei. Rechtsanwältin Rick fand es grundsätzlich schwierig, dass ohne Frau Rick zu klären.
Auch die Kleidung wurde aus der Aservatenkammer geholt. Der Hydromechaniker schaute sie sich an und er konnte sich nicht vorstellen, dass so eine Lederleggins beim Treiben im Fluss komplett über die Schuhe gezogen werden kann. Auch dass der Slip regelrecht saß, fand er nicht passend. Wenn dann sei das im Bärbach denkbar, wenn man an Hindernisse wie Äste an der Seite kommt. Auch die Jacke hielt er für zu stabil und dass ein Ärmel auf links gedreht war, fand er nicht passend für ein verlieren im Wasser.
RA Rick fragte, wie es denn aussehen würde, wenn die Hanna austreten war und die Hose schon ausgezogen war. Malcherck meinte, wenn die Hose schon runtergezogen war, könnte es durchaus anders aussehen. Die Vorsitzende sagte zu Frau Rick, dass man wohl kaum den Slip dabei anlässt. Frau Rick meinte, wenn dieser vllt schon wieder angezogen war. Diese Annahme ließ die Richter mit den Augen rollen.
Die beiden Verteidiger Baumgärtl und Frank stellten noch Beweisanträge. Es sollen vier junge Männer geladen werden, die darüber aussagen sollen, dass er Hanna nicht begegnet sein muss. Ich denke, dass waren die Autofahrer vom Parkplatz. Es sei laut Dr. Frank abwegig, dass er wegen einer Frau, die er nicht kennt wieder aus dem Haus geht, diese verfolgt und dann umbringt.
Auch soll ein Zeuge gehört werden, der noch nicht dran war und bestätigen, dass der Angeklagte wie von ihm wahrheitsgemäß berichtet eine lange Hose beim Jogging trug.
Nun sollen die Maintrailerführer gehört werden. Am 30. wird das schriftliche Gutachten von Malchereck vorgetragen. Da man wegen der Uhrzeit überlegte und Frau Rick zu Adamec sagte, er solle nicht so früh vorschlagen, man wolle doch noch weiter gut zusammen arbeiten, schließe ich daraus, dass RA Rick auch dann noch mindestens anwesend sein kann.