incognitus schrieb:Meine Herleitung erhebt auch ausdrücklich und (mehrfach) erklärterweise keinen Anspruch auf Objektivität (im Sinne von absoluter Wahrheit). Eine solche Objektivität ist hier auch nicht möglich.
Ich meinte damit, dass deine Herleitung bereits von deiner Meinung geprägt ist, die lautet, dass Brian kein unbeherrschtes Verhalten nachzuweisen ist. Aus dem Grund operierst du mit Wahrscheinlichkeiten, die andere nicht (an-)erkennen und berufst dich auf Ockham, um der Behauptung ein Gewicht zu geben, dass sie durch eine reine Argumentation zur Sache nicht bekommt.
incognitus schrieb:Wie bereits gesagt, betreffen alle Mechanismen kognitiver Verzerrung grundsätzlich alle Aussagen (auch die der Managerin). Die Unterschiede ergeben sich aus der Spezifität der Aussagen und der temporalen Abfolge
Die Spezifität beider Aussagen in Bezug auf Brians Stimmung ist aber nicht unterschiedlich. Die Zechprellerei ist spezifisch, diesen Teil halte ich daher auch für glaubhaft. Er ist aber keine Garantie für generelle Unvoreingenommenheit und den Wahrheitsgehalt hinsichtlich aller Aspekte der Aussage.
Die "temporale Abfolge" wäre nur ein Argument, wenn jeder Widerspruch nur vom Drang, die Wahrheit zu verkünden, angetrieben würde. Das ist aber kein Erfahrungsgrundsatz. Dieses Bedürfnis der Berichtigung bestand jedenfalls auch nicht direkt nach Veröffentlichung der (dann ja falschen) Zeugenaussage von Nina C. Angelo. Vielleicht will man nur über einen Toten nicht schlecht reden und die ganze Affäre runterspielen.
Aus der "temporalen Abfolge" kann ich daher auch keine Wahrscheinlichkeit für einen höheren Wahrheitsgehalt ableiten.
incognitus schrieb:Sie will das "richtigstellen"
Das ist schon eine Interpretation.
Will sie das und kann sie das? Will sie vielleicht nur den Grund seiner Verärgerung nicht nennen?
Ist sie Augenzeugin? Wenn ja, hat sie ihn die ganze Zeit im Blick gehabt?
incognitus schrieb:Falls die Schilderung ("ruhig") der Managerin falsch ist, ist es wahrscheinlich, dass sie bewusst gelogen hat.
Nein, um das beurteilen zu können, bräuchten wir viel mehr Informationen, was sie wann gesehen und gehört hat und wie sie evtl. beinflusst wurde. Sie muss nicht lügen, sondern zum Beispiel nur Hörensagen weitergeben oder einen Auftrag erfüllen. Du unterstellst, dass bei ihr wegen der Angabe der Zechprellerei keine kognitive Verzerrung mehr in Bezug auf andere Angaben vorliegen kann und das ist ein Fehlschluss.
incognitus schrieb:Falls die Schilderung ("aggressiv") der Instagrammerin falsch ist, ist es wahrscheinlich, dass sie nicht gelogen hat
Ja, das sehe ich auch als wahrscheinlicher an.
incognitus schrieb:Eine Erklärung, die eine bewusste Lüge ist komplizierter, als eine, die ohne bewusste Lüge auskommt", kommt dann zu dem Schluss, dass keiner lügt
Es wird auf der einen oder anderen Seite einen Grund für die Abweichung geben, ohne dass sich einer hingestellt hat und bewusst etwas Falsches erzählt hat. Bei wem das aber wie und warum zustande kam, darüber kann ich mit den vorhandenen Informationen keine Aussage machen, auch nicht zu Wahrscheinlichkeiten. Daher kann ich deine Schlussfolgerungen auch (nach wie vor) nicht übernehmen.
Mein Fazit: Beide Aussagen können mit gleicher Wahrscheinlichkeit (durch ein Vorurteil, durch den Zeitablauf, durch Beeinflussung anderer Menschen oder persönlicher Interessen) verfremdet sein und von der Wirklichkeit abweichen. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ist wegen der aktuell zu dürftigen Informationslage und der Vielzahl an Möglichkeiten, wie die Angaben zustandegekommen sein könnten, nicht begründet anzunehmen. Rein subjektiv kann man aber natürlich der einen Aussage mehr Glauben schenken als der anderen.