PatrickJane37 schrieb:Denkt es euch mal durch:
-> Ein Mensch war bereit ein Verbrechen zu begehen. Wofür? Das Hauptmotiv "Geld" welches oft auftritt, fällt hier wohl weg.
-> Risiko welches so jemand eingeht: Die meisten werden irgendwann überführt, sei es Jahre später, und verbüßen ihr Leben dafür im Gefängnis. Überlegt mal aus Sicht eines Täters, wie oft z.B. bei dem Findling / Parkplatz andere Wanderer ankommen, und jemand sehen könnte wo sie einsteigt / entführt wird.
-> Beim Versuch einen Menschen seiner Freiheit zu berauben findet meist ein Kampf statt, welcher wiederum ein hohes Risiko darstellt, gesehen zu werden, Spuren zu hinterlassen, oder man entkommt und es beginnt eine Fahndung nach dem Täter etc.
-> Und eben die Chance, dass sie doch freikommt, gleich oder später.
Der Täter denkt zum Zeitpunkt der Tat nicht an seine Verfolgung. Sondern er will den Erfolg der Tat. Je nach Persönlichkeit und Situation können Vor- und Nachtatverhalten (z.B. Beseitigung der Leiche) abweichend sein. Der eine Täter lässt sein Opfer einfach offen liegen, der andere unternimmt große Anstrengungen, seine Tat zu verdecken.
Es ist aber in der Kriminologie Konsens, dass sich v.a. sexuell motivierte Täter durch die Möglichkeit von Verfolgung, Entdeckung und Bestrafung nicht abschrecken lassen. Früher verwendete man das Wort "Triebtäter". Heute nicht mehr, da viele Morde mit sexuellem Hintergrund Verdeckungsmorde (Verdeckung der sexuellen Straftat) sind und keine Morde "zur Befriedigung des Geschlechtstriebes".
Was man aber bedenken muss, ist die geringe Zahl von Sexualmorden. Im Gegensatz zum medial erzeugten Bild von täglichen begangenen Taten, spricht die Statistik eine ganz andere Sprache:
In den letzten 35 Jahren sank die Zahl von ca. 40 bis 50 Morden jährlich auf 5 bis 10 in den letzten Jahren.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/157294/umfrage/polizeilich-erfasste-sexualmorde-seit-1995/oder
https://www.sueddeutsche.de/politik/kriminalitaet-statistik-auslaender-1.4874902Insofern ist die Wahrscheinlichkeit eines Sexualmordes abstrakt sehr gering. Auf der anderen Seite gibt es relativ viele Vermisstenfälle, in denen junge oder jüngere Frauen betroffen sind. Der Rubrik hier ist ziemlich voll davon. Wenn es wie bei Scarlett überhaupt keinen Anhaltspunkt für ein freiwilliges Abtauchen gibt, dann wurden diese Frauen vermutlich Opfer eines Verbrechens. Ihre Leichen wurden so beseitigt, dass sie nie wieder aufgetaucht sind. Oder sie sind nach Jahren gefunden worden, identifizierbar, aber kein Täter ermittelbar.
Ich habe da keine belastbaren Zahlen über solche Vermisstenfälle, die mangels tatsächlicher Anhaltspunkte für einen Sexualmord auch nicht in der Statistik auftauchen, obwohl ein Mord wahrscheinlich ist. Für ein Ermittlungsverfahren reicht aber bloße Wahrscheinlichkeit nicht, da ein Anfangsverdacht eben zureichende tatsächliche Anhaltspunkte benötigt. Und da ist das Verschwinden alleine noch nicht ausreichend.
Vielleicht stellt sich dann die Wahrscheinlichkeit "von Baum so erschlagen zu werden, dass man ohne jede Spur verschwindet" und die Wahrscheinlichkeit "Opfer eines Gewaltverbrechens geworden zu sein" anders da. Lasse die Wahrscheinlichkeiten 50:50 sein. Je länger Scarlett oder Spuren von ihr nicht auffindbar sind, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass da ein Unbekannter dafür gesorgt hat, dass sie nicht oder nicht leicht gefunden werden kann. Indem er sie z.B. an eine ganz andere Stelle verbracht und verbuddelt hat.
Mir fällt das noch der Fall Rebecca R. aus Berlin ein. Da konnte man aufgrund von Verkehrserfassungsdaten, durch Zeugenbeobachtungen und durch die Herkunft des mutmaßlichen Täters das Gebiet relativ gut einkreisen, in dem die Leiche wohl beseitigt wurde. Es war sogar ermittelbar, dass der Verdächtige die Leiche evtl. noch ein zweites Mal aufgesucht und besser versteckt hat. Die Topographie ist in diesem Gebiet viel einfacher als im Schwarzwald. Flach, Sand und Kiefernwälder. Hundertschaften suchten mit Hunden. Aber Rebecca R. blieb unauffindbar. Ihre Familie glaubt heute noch daran, dass sie untergetaucht ist. Daran glaubt außer ihr niemand mehr.