1.
"... Wie lange kann eigentlich ermittelt werden gegen jemanden ?"
Um den ersten Jahrestag des Verschwindens von Rebecca fand ein BILD - Interview mit dem ermittelnden Staatsanwalt Martin Glage (jetzt Knispel) statt.
Quelle:
https://www.youtube.com/live/ZASLK9CLL6Q?app=desktopBei 2:08 beginnt die BILD - Interviewerin mit der Frage an Staatsanwalt Glage :
"...Rebeccas Schwager Florian gilt ja immer noch als Verdächtiger. Wie lange kann eigentlich ermittelt werden gegen jemanden ?"
[Glage]
"Ermittlungen dauern an bis sie abgeschlossen sind. Ähm das ist ähm dann der Fall, wenn es keine vernünftigen akuten Ermittlungsmöglichkeiten [oder ?] erfolgversprechenden Ermittlungsmöglichkeiten mehr äh gibt. Ähm hier ist es durchaus so, dass wir noch Hinweisen und Spuren nachgehen und die Ermittlungen noch nicht am Ende sind, so dass hier im Moment noch keine Einstellung des Ermittlungsverfahrens anliegt."
[Themenwechsel]
Quelle: aaO
[Mitschrift und Hervorhebung von mir. Es gilt das gesprochene Wort].
2.
Etwa 4 Jahre später:
pensionär schrieb am 10.08.2024:...hatte die Chefin der 3. Mordkommission in einem podcast des Tagesspiegel zu einem anderen Fall, folgenden Ausblick zu dem unter ihrer Leitung in Bearbeitung stehenden Fall Rebecca gegeben :
Tatort Berlin – der True-Crime-Podcast vom Tagesspiegel
...............
...der Stand der Dinge ist so dass dass wir weiter ermitteln es ist kein cold case für uns wir
37:23
sind immer noch äh dabei alles mögliche noch mal drei bis 10 [der Verf.: statt Z]mal umzudrehen um zu
37:29
gucken ob wir doch an irgendwas kommen an irgendwelche Daten die vielleicht in irgend einem Speichern schlummern wir geben
37:37
nicht auf, also der Fall ist erst zu Ende wenn wir Rebecca finden und ich
37:45
gehe davon aus dass wir also ganz klar wir werden sie nicht lebend finden
37:50
wir werden irgendwann hoffentlich ihren Leichnam finden um dann alles
37:55
weitere dann in Wege zu leiten aber wir haben immer noch mit äh Hinweisen zu tun...
Youtube: Verscharrt auf einer Brache: Wie starb Ina Gerke?
Quelle:
https://www.merkur.de/deutschland/dominoeffekt-aktuell-news-berlin-vermisste-rebecca-reusch-experte-hoffnung-hinweise-92840268.html
[Hervorhebung von mir]
Das ist eine Ansage zum weiteren Gang der Ermittlungen, zu denen wie sie sagt auch intensiv die bisherigen Ermittlungen auf weitere Ansätze nochmal durchforstet werden. Auch neue Hinweise gehen vermehrt an Geburtstagen von Rebecca -und Jahrestagen des Verschwindens ein, wie sie im Podcast auch erwähnt. Aber es steht da m. E. erkennbar schon auch das Prinzip Hoffnung auf einen Leichenfund zur Fallaufklärung ziemlich im Vordergrund. Von der Möglichkeit eines sog. Ausschlußverfahrens auch ohne Leiche ist zumindest nach dem derzeitigen Stand m. E. deshalb nicht auszugehen.
3.
Die Frage, wie lange das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten F noch fortgeführt wird (werden kann), ist aber nicht zwingend identisch mit der Frage zur Dauer der Fallermittlungen überhaupt. Hier sagt Frau Tomalla ja zur potentiellen Ermittlungsdauer
also der Fall ist erst zu Ende wenn wir Rebecca finden und ich
37:45
gehe davon aus dass wir also ganz klar wir werden sie nicht lebend finden
Quelle: aaO.
Es wäre auch nicht der erste Fall, bei dem ein Ermittlungsverfahren mangels dringenden Tatverdachts eingestellt wurde und später ggf. bei Vorliegen vernünftiger Gründe wieder aufgenommen wurde. Man könnte ggf. auch gegen Unbekannt weiterermitteln.
Das grundsätzlich geltende Beschleunigungsgebot besteht aber wie in vergleichbaren Fällen hier in Anbetracht der bisherigen Dauer des Ermittlungsverfahrens gegen den Beschuldigten verstärkt -, da mit einer vorläufigen Festnahme, ca. 3 Wochen Untersuchungshaft und wiederholten Durchsuchungsmaßnahmen mit Außenwirkung der Fall einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht hat.
(Vgl. etwa eine relativ aktuelle Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts 2020 aaO zu dem Themenkreis der angemessenen Dauer eines Ermittlungsverfahrens) :
..........
...Der Grundsatz der Beschleunigung ergibt sich im Strafverfahren schon aus der Unschuldsvermutung, aufgrund derer Belastungen für Beschuldigte möglichst gering zu halten sind. Umso mehr gilt das Beschleunigungsgebot bei grundrechtsrelevanten Ermittlungsmaßnahmen wie u.a. Durchsuchungen, zumal wenn sie wie vorliegend öffentlich bekannt werden und geeignet sind, die berufliche Integrität einer Beschuldigten in einem sensiblen Bereich des öffentlichen Lebens in Zweifel zu ziehen...
Quelle: https://www.rechtslupe.de/strafrecht/einstellung-eines-staatsanwaltschaftlichen-ermittlungsverfahrens-und-die-unangemessene-verfahrensdauer-3220215
Nun ist und war zwar der Beschuldigte F nicht wie im obigen Fall beruflich in einem "sensiblen Bereich des öffentlichen Lebens" tätig. Aber grundrechtsrelevante und zugleich öffentlichkeitswirksame Ermittlungsmaßnahmen (vor allem die Inhaftierung für ca. 3 Wochen) haben dennoch insbesondere auch seine freie Berufswahl/Berufsausübung neben der sonstigen Lebensführung in den letzten 5 Jahren tangiert.
Ich bin sicher, dass die umfangreichen Bemühungen der Ermittlungsbehörden auch bisher schon von der Verteidigung auf vertretbare Effizienz und Einhaltung des Beschleunigungsgebots genau verfolgt wurden. Eine etwaige Einstellung des Ermittlungsverfahren nach § 170 II StPO gegen den Verdächtigen wurde -soweit für mich ersichtlich- bisher von keiner Seite mitgeteilt.
Naturgemäß können Ermittlungen bei einem von seinem Schweigerecht Gebrauch machenden Beschuldigten langwieriger sein. Aber der besondere Beschleunigungsgrundsatz gilt selbstverständlich auch für schweigende Beschuldigte.