@Rick_Blaine Danke für die ausführliche Darstellung. Sie zeigt, dass ein Gericht, trotz aller Mühe, die es sich gibt, irren kann. Dass es Fehlurteile gibt, bestreitet niemand. Kein Mensch, eben auch kein Richter, ist unfehlbar.
Die Frage ist halt, wann ein Fehlurteil vorliegt. Nur weil jemand verurteilt ist und weiter behauptet, unschuldig zu sein, kann noch keines vorliegen, sonst wäre jedes Urteil ein Fehlurteil, und kein Opfer würde je Genugtuung erfahren. Wir könnten uns jeden Prozess sparen, sobald ein Tatverdächtiger nach seiner Festnahme sagt, er sei es nicht gewesen. Da die Spreu vom Weizen zu trennen, ist die eigentliche Aufgabe.
Natürlich gibt es eben Fälle, wo erst lange nach Rechtskraft eines Urteils mit wissenschaftlichen Methoden neue Erkenntnisse möglich sind, die ein anderes Licht auf den Fall werfen, plötzlich Dokumente oder Zeugen auftauchen, die dasselbe tun, und die daher einen Grund für die Wiederaufnahme eines abgeschlossenen Verfahrens darstellen.
Auch da aber muss notwendigerweise eingegrenzt werden, weil sonst jeder Verurteilte Gegengutachten, Gegenzeugen usw. präsentieren würde, die nur „neu“ wären, aber am Ergebnis wahrscheinlich nichts ändern würden, eine inflationäre Masse an WAV auftreten würde. Man muss bedenken, dass es hier ja nicht nur um die vergleichsweise wenigen Strafprozesse wegen Mordes geht. Der große Rest der hunderttausende von Strafverfahren jährlich in der BRD ist, ständig neu aufgerollt, zusätzlich zu den neu hereinkommenden Fällen schlicht nicht zu bewältigen.
Es ist also sachgerecht, wenn der Gesetzgeber in 3 359 Nr. 5 ZPO die „Neuheit“ etwa eines Gutachtens an die weitere Voraussetzung knüpft, das dieses auch (wegen seiner überlegenen Forschungsmethoden) geeignet sein muss, zu einer anderen Entscheidung zu führen. Und dass ist mE beim Rottach-Egern-Fall der Punkt.
Bezogen auf diesen konkreten Fall müsste das Wiederaufnahmegericht, das den WA-Antrag prüft, eben entscheiden, wie überzeugend die Simulation wäre, ob sie alle Parameter des gegebenen Sachverhalts berücksichtigt ( hier betagte gebrechliche Frau, bei der Bewegungsgeschwindigkeiten etc.vielleicht anders sind) usw. Und am Ende sind wir dann, du hast es oben bereits ausgeführt, doch wieder bei einer richterlichen Gesamtwürdigung, denn allein mit der Hernahme des Gutachtens aus dem Prozess und der Simulation wäre der Fall ja nicht geklärt.