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Badewannenunfall von Rottach-Egern

7.712 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, 2008, Badewanne ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Badewannenunfall von Rottach-Egern

Badewannenunfall von Rottach-Egern

17.09.2019 um 13:10
Zitat von AndanteAndante schrieb:allein auf die innere Vorstellungswelt des Täters ankommt, die irgendwie objektivierbar sein muss.
Der Mordvorsatz wurde hier an zwei Dingen festgemacht: An den Anrufen und an einem (jetzt fange ich auch schon so an) frei erfundenen Unterwasserdrücken.
Der Angeklagte, dem die Wucht der Schläge bzw. Anstöße bewusst war und der die zumindest vorliegende Bewusstseinstrübung bei Lieselotte erkannte, überlegte zunächst, ärztliche Hilfe zu holen und den Hausarzt anzurufen.
(Urteil S. 17)
Indem der Angeklagte Frau K. in die Badewanne legte, Wasser einlaufen ließ und ihren Kopf mehrere Minuten unter Wasser drückte, verstarb Frau K. durch Ertrinken, was der Angeklagte auch erkannte und als Folge seines Tuns wollte. Der Angeklagte hat dadurch vorsätzlich einen anderen Menschen getötet.
(Urteil S. 108)

Nr. 2 taugt also nicht viel, zumal der Zeifaktor und das atypische Ertrinken (lt. Gutachten der Verteidigung) eher dagegen sprechen. Bei Nr 1. sprechen die Argumente Hausarzt statt 112 und Auflegen ohne abzuwarten gegen die Absicht, Hilfe holen zu wollen und für die Absicht der Täuschung.
Als dritten Vorsatzhinweis könnte man noch das Wassereinlaufen nehmen, da ihm bekannt war, dass sie die Wanne mied und ein Sturz in eine leere Wanne plausibler gewesen wäre. Also Wassereinlaufen zum Zweck des Ertränkens einer nur ohnmächtigen Frau und nicht zum Zweck des Unfallvortäuschens. Das ist aber auch nicht eindeutig zu interpretieren.

Wenn sich für die Anrufe zwei tatbezogenene Erklärungen gleichermaßen anbieten und ihm aus seinem Schweigen dazu kein Nachteil entstehen darf, muss das Gericht nicht auch die Möglichkeit prüfen, dass er dachte, sie sei schon tot? Und wenn das Gericht zu dem Ergebnis kommt, dass die Hinweise mehrdeutig sind, gilt dann nicht auch der Zweifelssatz?

Wäre jedenfalls eine Erwähnung im Revisionsvortrag wert gewesen. Aber für einen WAA hätte ich dazu auch keine Idee.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

17.09.2019 um 13:38
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Wenn sich für die Anrufe zwei tatbezogenene Erklärungen gleichermaßen anbieten und ihm aus seinem Schweigen dazu kein Nachteil entstehen darf, muss das Gericht nicht auch die Möglichkeit prüfen, dass er dachte, sie sei schon tot?
Aus seinem Schweigen darf ihm kein Nachteil erwachsen, aber auch kein Vorteil dergestalt, dass zu seinen Gunsten quasi automatisch kein Vorsatz angenommen wird. Würde regelmäßig, wenn ein Angeklagter schweigt, kein Vorsatz bezüglich des angeklagten Delikts unterstellt werden müssen, gäbe es keine vorsätzlichen Taten mehr.

Es gab hier ja auch nichts, was das Gericht am Vorsatz wegen Mordes hätte zweifeln lassen müssen, insbesondere keine diesbezügliche Einlassung des Angeklagten, der schließlich von Anfang an wusste, wie der Anklagevorwurf lautete, nämlich auf Mord. Hätte es entsprechende Momente gegeben, die den Mordvorwurf entfallen lassen könnten und die nur der Angeklagte kannte (hier sein Glaube, Frau K sei bereits tot), hätte das Gericht dies berücksichtigen und in diesem Lichte dann auch die Hausarztanrufe prüfen müssen. G hat sich aber eben nicht geäußert, er wollte keine mildere Strafe, er wollte Freispruch.


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17.09.2019 um 14:05
Zitat von AndanteAndante schrieb:G hat sich aber eben nicht geäußert, er wollte keine mildere Strafe, er wollte Freispruch.
Interessant, dass Du das weist. Ich denke eher, die Beweggründe für eine Aussageverweigerung können vielfältig sein.

Es könnte auch sein, dass G. geschwiegen hat, weil er über seine Motive keine Auskunft erteilen wollte, die andere Mordmerkmale (Habgier, Heimtücke, niedrige Beweggründe) bewiesen hätten. Oder er schwieg, weil er gemerkt hatte, dass man seinem bisherigen Verteidigungsvorbringen (wie letztlich auch das Gericht) keinen Glauben schenkte. Oder er schwieg, weil ihm der Anwalt das geraten hatte.

Im Übrigen glaube ich, dass G. bei einem Geständnis, das (wahrheitsgemäß) ein Totschlagsgeschehen wiedergegeben hätte, ebenfalls eine Verurteilung wegen Mordes befürchten müssen. Man hätte ihm insoweit nicht glauben müssen und die Mordmerkmale sind bekanntlich schnell erfüllt.


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17.09.2019 um 14:15
Zitat von monstramonstra schrieb:Interessant, dass Du das weist. Ich denke eher, die Beweggründe für eine Aussageverweigerung können vielfältig sein.
Er hat doch - und tut es auch im WA-Antrag - allein auf die Unfalltheorie gesetzt.
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Wäre jedenfalls eine Erwähnung im Revisionsvortrag wert gewesen. Aber für einen WAA hätte ich dazu auch keine Idee.
Ein Wiederaufnahmeverfahren zugunsten des Verurteilten ist ja nach dem Wortlaut von § 359 Nr. 5 StPO auch möglich und zulässig, wenn kein Freispruch, sondern (nur) die Verurteilung nach einem milderen Strafgesetz (im Fall G also Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge etc. anstatt Mord) erstrebt wird. Aber siehe oben, das würde als allererstes voraussetzen, dass die Unfalltheorie als Todesursache fallengelassen ist.
Zitat von monstramonstra schrieb:Man hätte ihm insoweit nicht glauben müssen und die Mordmerkmale sind bekanntlich schnell erfüllt.
Wenn man ihm ein Totschlagsgeschehen nicht hätte widerlegen können, wäre er nicht wegen Mordes verurteilt worden. Sooo viele gesetzliche Mordmerkmale gibt es nicht, und sooo erpicht darauf, Leute wegen Mordes zu verurteilen, sind nicht mal Gerichte in Bayern.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

17.09.2019 um 14:41
Die Verteidigungsstrategie von G ist bis heute die, dass es weder Körperverletzung noch Totschlag noch Mord noch sonst etwas, demzufolge auch keinen Täter irgendwelcher Taten, gegeben hat, sondern dass das Ganze ein Sturzgeschehen ohne Fremdeinwirkung war, bei dem auch die Hämatome entstanden sind.

Dieser Strategie würde es diametral widersprochen haben, wenn G quasi hilfsweise für den Fall, dass das Gericht wider Erwarten keinen Unfall annimmt, geltend gemacht hätte, IN DIESEM FALL habe er als Täter wenigstens aber Frau K nach Beibringung der Körperverletzung (der Hämatome) für tot gehalten, so dass er zumindest nicht wegen Mordes, sondern nach einem milderen Gesetz zu bestrafen sei.

Natürlich musste G angesichts dieser Zwickmühle schweigen und alles darauf setzen, dass das Gericht ein Unfallgeschehen annehmen würde.


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17.09.2019 um 15:32
Zitat von AndanteAndante schrieb:das würde als allererstes voraussetzen, dass die Unfalltheorie als Todesursache fallengelassen ist.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Dieser Strategie würde es diametral widersprochen haben, wenn G quasi hilfsweise für den Fall, dass das Gericht wider Erwarten keinen Unfall annimmt, geltend gemacht hätte, IN DIESEM FALL habe er als Täter wenigstens aber Frau K nach Beibringung der Körperverletzung (der Hämatome) für tot gehalten, so dass er zumindest nicht wegen Mordes, sondern nach einem milderen Gesetz zu bestrafen sei.
Ja, das wäre Quatsch. Ich dachte da mehr an ein rein rechtliches Anfechtungsargument seines Verteidigers, losgelöst von einem Schuldeingeständnis, dass das Gericht bei zwei gleichwertigen Möglichkeiten fälschlicherweise (weil unzureichend begründet) das Delikt mit der härteren Bestrafung genommen hat.

Aber ganz so ist es ja auch nicht. Fakt ist, dass sie nicht an den Schlägen verstarb. Und dann kann man vielleicht auch zunächst mal davon ausgehen, dass er das erkannt hat.

Es kommt aber durchaus hin und wieder auch vor, dass selbst Fachkräfte einen Menschen irrtümlich für tot halten:
https://www.szlz.de/region/stadthagen_artikel,-fuer-tot-gehalten-keine-ermittlungen-_arid,644041.html

Also hätte er hier mit einer glaubhaften Aussage zur rechten Zeit durchaus einen Mordvorwurf abwenden können.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Wenn man ihm ein Totschlagsgeschehen nicht hätte widerlegen können, wäre er nicht wegen Mordes verurteilt worden.
Davon gehe ich auch aus.


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17.09.2019 um 16:14
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Ich dachte da mehr an ein rein rechtliches Anfechtungsargument seines Verteidigers, losgelöst von einem Schuldeingeständnis, dass das Gericht bei zwei gleichwertigen Möglichkeiten fälschlicherweise (weil unzureichend begründet) das Delikt mit der härteren Bestrafung genommen hat.
Im Zivilrecht ist es ja manchmal möglich, einen Anspruch auf verschiedene rechtliche Anspruchsgrundlagen zu stützen oder einen Hauptantrag und für den Fall, dass der nicht durchgeht, einen oder mehrere Hilfsanträge zu stellen. Das Zivilgericht prüft dann alle Anspruchsgrundlagen bzw. erst den Hauptantrag und der Reihe nach die verschiedenen Hilfsanträge durch.

Anders hier im Fall G. Wenn G geltend macht, und das hat ja Widmaier im 2. Prozess mit der Kotwäschetheorie getan, dass das Opfer bei der Absicht, Wäsche zu waschen, tödlich verunfallt ist, macht G gleichzeitig geltend, keine Schuld am Tod des Opfers zu tragen. Dem widerspricht es und passt - da der Lebenssachverhalt (Ertrinken von Frau K in der Wanne, Hämatome) ja gleich bleibt - auch nicht als Hilfsvorbringen, wenn G für den Fall, dass das Gericht von seiner Beteiligung am Tod des Opfers ausgeht, wenigstens keinen Verdeckungsmord begangen haben will.

Entweder tödlicher Unfall ohne Beteiligung von G oder kein Unfall, sondern Beteiligung des G am Tod des Opfers, in welcher Form auch immer. Beide Sachverhalte stehen im Alternativverhältnis, nicht in einem Verhältnis Haupt- und Hilfssachverhalt.

Daher äußert sich G ja wohlweislich auch überhaupt nicht zum Sachverhalt „Beteiligung des G am Tod des Opfers“, sondern nur zum Sachverhalt „tödlicher Unfall ohne Beteiligung von G“.


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21.09.2019 um 09:09
Zitat von monstramonstra schrieb am 17.09.2019:Auffindesituation und Obduktionsergebnisse bekamen erst eine - alternative - Bedeutung, als der Verdacht einer Unterschlagung aufkam. Von dieser Interpretation wollten/konnten die Gerichte dann nicht mehr runter, auch als sich der ursprüngliche Verdacht zerschlagen hatte.
Das halte ich für falsch. Aus mehreren Gründen.

Vor irgendeinem Unterschlagungsverdacht stand mit Sicherheit das auffällige Entlastungsverhalten Genditzkis ohne Not (Einkaufsbon, "bin kein Erbschleicher", "Dahingerumpelt"-Mutmaßung).

Dann kam die Erkenntnis des Rechtsmediziners bei der Tatortbegehung, dass LK nicht gestürzt sein kann und diese Erkenntnis bekommt man auch tatsächlich, wenn man es selbst versucht, da ist nichts willkürlich gedreht worden.

Zeitgleich oder danach entdeckte die Polizei, dass von Kortüms Konto nach und nach die stattliche Summe von 50.000 € abgehoben wurde, ohne einen Gegenwert in Form einer größeren Anschaffung festzustellen. Außerdem hatte Genditzki in dem Zeitraum des Krankenhausaufenthalts 8000,00 € Schulden zurückgezahlt und zudem Teile von Kortüms Schmuck in seinem Besitz.

Die Transaktionen konnte er nicht sofort und/oder nicht glaubhaft erklären. Die Anklage lautete daher heimtückischer Verdeckungsmord aus Habgier. Es sollten alle drei Mordmerkmale erfüllt sein.

Mit der Anklage hat sich die StA von vornherein viel zu weit aus dem Fenster gelehnt. Sie passt mMn. nicht zu den Umständen, alle Mordmerkmale und eine Tötungsabsicht waren auch kaum ausreichend zu belegen.

Ob und wie Genditzki sich nun im Prozess entlastet hat, wissen wir nicht. Das einzige was wir wissen, ist, dass die zu verdeckende Bezugstat ausgetauscht wurde.

Meiner Meinung nach vor allem, weil man die Tötungsabsicht bei den Schlägen nicht belegen konnte. Schließlich ist sie daran auch nicht gestorben.

Die Unterschlagung war daher von Anfang an nicht die "richtige" Bezugstat, unabhängig von dem Entlastungsvorbringen dazu.

Als man erkannt hatte, dass aus der Art und Weise der Schläge gegen den Kopf und den Umständen der Tat nicht unbedingt eine Tötungsabsicht resultiert und es viel naheliegender ist, -wenn überhaupt- erst in der Badewannenverbringung einen Tötungsvorsatz und eine Verdeckung zu sehen, hat man die Anklage so geändert, wie sie von Anfang hätte lauten müssen.

Die Anklage wegen Unterschlagung der 8000,00 € wurde wegen der drohenden viel höheren Strafe wegen Mordes nach § 154 StPO eingestellt (somit wissen wir nicht, ob und wie er sich entlasten konnte). Die 50.000,00 € und der Schmuck waren gar nicht Gegenstand der Anklage.

Und hier kommt nun ins Spiel, dass die Annahme eines Tötungsvorsatzes bei der Verdeckungstat erfolgreich hätte ausgeräumt werden können durch ein entsprechendes Vorbringen des Angeklagten ("dachte, sie wäre schon tot").

Das hat auch der BGH (inklusive Nack) erkannt:
"... seine Verteidigungsstrategie dahin geändert hätte, sich nunmehr umfänglich in der Sache einzulassen, sei es um weiterhin einen Freispruch zu erreichen, sei es auch z.B. um einen Schuldspruch "nur" wegen Totschlags statt wegen Mordes zu erstreben, indem er - wie oben ausgeführt - Umstände vorgetragen hätte, die eine zu verdeckende "andere Straftat" entfallen lassen."
Umstände, die eine zu verdeckende Straftat hätten entfallen lassen, wären beispielsweise, dass er dachte, sie sei bereits tot. Dann hätte er nur den (außerdem nicht gewollten) Tod nachträglich vertuschen, aber nicht erst herbeiführen wollen.

Er hatte im zweiten Prozess, in dem ja klar war, dass es nicht mehr um die Unterschlagung, sondern nur noch um die Körperverletzung geht, eine gute Chance auf eine Geringerbestrafung, leider hat er sie nicht genutzt.

Der Streitgrund als Anlass für die Körperverletzung war und ist dabei übrigens unerheblich, das wird auch immer falsch dargestellt. Im zweiten Prozess gab es keine Überraschungen für den Angeklagten mehr. Es war ihm von Anfang an klar, dass er nicht den Streit widerlegen musste, sondern entweder, dass er die alte Frau nicht geschlagen hat (also einen plausiblen Sturz präsentieren) oder aussagen, dass er sie zwar mit einem zufällig griffbereit herumliegenden Gegenstand im Affekt geschlagen hat, aber ohne sie töten zu wollen und dass er dann davon ausgegangen sei, er habe sie versehentlich umgebracht. Ersteres konnte und kann er nicht und Letzteres wollte er nicht.


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21.09.2019 um 12:30
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Das hat auch der BGH (inklusive Nack) erkannt:
"... seine Verteidigungsstrategie dahin geändert hätte, sich nunmehr umfänglich in der Sache einzulassen, sei es um weiterhin einen Freispruch zu erreichen, sei es auch z.B. um einen Schuldspruch "nur" wegen Totschlags statt wegen Mordes zu erstreben, indem er - wie oben ausgeführt - Umstände vorgetragen hätte, die eine zu verdeckende "andere Straftat" entfallen lassen."
Stimmt, mit diesem Passus (besser gesagt Wink mit dem Zaunpfahl) hat der BGH sehr deutlich die Alternativen einer künftigen Verteidigung aufgezeigt: Entweder weiter auf Freispruch setzen, also an der Unfalltheorie festhalten, oder (wahrheitsgemäßer) Strategiewechsel in Richtung „Ich dachte, sie sei schon tot, und da habe ich Panik gekriegt....“.

Für welche der vom BGH gebauten Brücken sich G entschieden hat, wissen wir inzwischen.


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21.09.2019 um 13:45
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:dass LK nicht gestürzt sein kann und diese Erkenntnis bekommt man auch tatsächlich, wenn man es selbst versucht,
Das Problem am Selbstversuch ist immer, dass man keine 89jährige Großmutter ist (mit exakt ihren Bewegungseinschränkungen) und folgerichtig anders "abwehrt" und außerdem würde eine (zeitweise) ohnmächtige Person nochmal anders reagieren, nämlich gar nicht. Dazu weiß man nicht, ob sie möglicherweise in die Wanne gekippt ist und sich versucht hat, wieder rauszuziehen. Vielleicht auch aus der Schräglage
Diese ganzen Unwägbarkeiten führen übrigens meiner Meinung nach diese Versuche der Stuntfrau ad absurdum


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21.09.2019 um 15:41
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Und hier kommt nun ins Spiel, dass die Annahme eines Tötungsvorsatzes bei der Verdeckungstat erfolgreich hätte ausgeräumt werden können durch ein entsprechendes Vorbringen des Angeklagten ("dachte, sie wäre schon tot").

Das hat auch der BGH (inklusive Nack) erkannt:
"... seine Verteidigungsstrategie dahin geändert hätte, sich nunmehr umfänglich in der Sache einzulassen, sei es um weiterhin einen Freispruch zu erreichen, sei es auch z.B. um einen Schuldspruch "nur" wegen Totschlags statt wegen Mordes zu erstreben, indem er - wie oben ausgeführt - Umstände vorgetragen hätte, die eine zu verdeckende "andere Straftat" entfallen lassen."
Zitat von AndanteAndante schrieb:Stimmt, mit diesem Passus (besser gesagt Wink mit dem Zaunpfahl) hat der BGH sehr deutlich die Alternativen einer künftigen Verteidigung aufgezeigt: Entweder weiter auf Freispruch setzen, also an der Unfalltheorie festhalten, oder (wahrheitsgemäßer) Strategiewechsel in Richtung „Ich dachte, sie sei schon tot, und da habe ich Panik gekriegt....“.
Eure Fantasie möchte ich haben. Das kann ich der BGH-Entscheidung jetzt nicht entnehmen. In keiner Weise. Sehen wir uns den Punkt ausführlicher an:
Die Revision begründet überzeugend, dass der Angeklagte, wenn er vom Gericht den entsprechenden Hinweis erhalten hätte, sich anders und wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Es kann insbesondere nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte, der in der Hauptverhandlung lediglich angegeben hat, Frau K. nicht umgebracht und keinerlei Gelder oder Gegenstände unterschlagen zu haben (UA S. 13), seine Verteidigungsstrategie dahin geändert hätte, sich nunmehr umfänglich in der Sache einzulassen, sei es um weiterhin einen Freispruch zu erreichen, sei es auch z.B. um einen Schuldspruch "nur" wegen Totschlags statt wegen Mordes zu erstreben, indem er - wie oben ausgeführt - Umstände vorgetragen hätte, die eine zu verdeckende "andere Straftat" entfallen lassen.

Der Hinweis richtet sich im Übrigen auch an den Verteidiger (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 1992 - 1 StR 368/92 19 mwN); dieser hat hier im Einzelnen dargelegt, was er bei einem ordnungsgemäßen Hinweis noch vorgebracht hätte.
https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/1/10/1-582-10.pdf Rdnr. 18/19

Der Verteidiger hat in seiner - vom BGH mehrfach gelobten - Revisionsschrift vorgebracht, dass die Verteidigung anders ausgesehen hätte, wenn ein richterlicher Hinweis erfolgt wäre. Er hat "im Einzelnen dargelegt, was er bei einem ordnungsgemäßen Hinweis noch vorgebracht hätte" (BGH a.a.O.). Damit begründet der BGH das Erfordernis eines solchen Hinweises beim "Austausch" einer Bezugstat. Er schildert aber nicht, wie diese Verteidigung ausgesehen hätte.

Da es nach der Revision zu einem neuen Verfahren kam, dürfte die Verteidigung dort das getan haben, was ihr beim ersten Verfahren verwehrt blieb. Erfolglos wie wir wissen.


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21.09.2019 um 15:42
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Vor irgendeinem Unterschlagungsverdacht stand mit Sicherheit das auffällige Entlastungsverhalten Genditzkis ohne Not (Einkaufsbon, "bin kein Erbschleicher", "Dahingerumpelt"-Mutmaßung).

Dann kam die Erkenntnis des Rechtsmediziners bei der Tatortbegehung, dass LK nicht gestürzt sein kann und diese Erkenntnis bekommt man auch tatsächlich, wenn man es selbst versucht, da ist nichts willkürlich gedreht worden.

Zeitgleich oder danach entdeckte die Polizei, dass von Kortüms Konto nach und nach die stattliche Summe von 50.000 € abgehoben wurde, ohne einen Gegenwert in Form einer größeren Anschaffung festzustellen. Außerdem hatte Genditzki in dem Zeitraum des Krankenhausaufenthalts 8000,00 € Schulden zurückgezahlt und zudem Teile von Kortüms Schmuck in seinem Besitz. (...)
@Seps13 Aus welchen Quellen entnimmst Du diesen Ablauf? Oder ist das lediglich Deine Vorstellung? Danke.


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21.09.2019 um 18:41
Zitat von monstramonstra schrieb:Der Verteidiger hat in seiner - vom BGH mehrfach gelobten - Revisionsschrift vorgebracht, dass die Verteidigung anders ausgesehen hätte, wenn ein richterlicher Hinweis erfolgt wäre. Er hat "im Einzelnen dargelegt, was er bei einem ordnungsgemäßen Hinweis noch vorgebracht hätte" (BGH a.a.O.). Damit begründet der BGH das Erfordernis eines solchen Hinweises beim "Austausch" einer Bezugstat. Er schildert aber nicht, wie diese Verteidigung ausgesehen hätte.
Naja, das „mehrfache Lob“ sind diese beiden Bemerkungen:
Der Revisionsführer hat in seiner sehr sorgfältig begründeten Revision dargelegt
Die Revision begründet überzeugend,
Der BGH schreibt das hier:
..seine Verteidigungsstrategie dahin geändert hätte, sich nunmehr umfänglich in der Sache einzulassen, sei es um weiterhin einen Freispruch zu erreichen, sei es auch z.B. um einen Schuldspruch "nur" wegen Totschlags statt wegen Mordes zu erstreben, indem er - wie oben ausgeführt - Umstände vorgetragen hätte, die eine zu verdeckende "andere Straftat" entfallen lassen.
Welche Möglichkeiten „sich zur Sache einzulassen“ siehst du denn außer einem Geständnis?

Ob der BGH da an weitere originelle Einlassungen zu den Waschgewohnheiten von Frau K. dachte? Kann ich mir nicht vorstellen, aber wer weiß.

Auf jeden Fall ist die Version des "Erstrebens eines Schuldspruchs nur wegen Totschlags“ ja wohl eindeutig mit einem Geständnis verbunden. Und dann eben so, wie ich es erklärt habe.

Der andere Text ist übrigens abgeschrieben aus dem BGH-Urteil StR 368/92.

Da steht nämlich:
Der Senat kann nicht ausschließen, daß das Urteil auf dem mangelhaften Hinweis beruht. Dabei kann dahinstehen, ob der Angeklagte, der sich nur beschränkt zur Sache eingelassen hat, bei einem vollständigen Hinweis sein Verteidigungsvorbringen ergänzt hätte. Der Hinweis nach § 265 Abs. 1 StPO richtet sich auch an den Verteidiger (BGH NStZ 1983, 34, 35); dieser hat im einzelnen dargelegt, was er bei einem ordnungsgemäßen Hinweis noch vorgebracht hätte.
Nur der Hinweis mit dem Totschlag ist was Individuelles, auf diesen Fall Gemünztes. Das wird der Verteidiger schon gesehen haben. Aber wenn der Mandant nicht mitzieht, kann man nichts machen. Dann muss man auf Tatortbildern nach Kotwäsche in Plastiktüten suchen.
Zitat von monstramonstra schrieb:Aus welchen Quellen entnimmst Du diesen Ablauf? Oder ist das lediglich Deine Vorstellung? Danke.
Das ergibt sich aus der Chronologie:

28.10.08 Kassenzettel und Schmuck übergeben

14.11.08 Dahingerumpelt-Mutmaßung

17.11.2008 Tatortbegehung mit dem Rechtsmediziner

Am 28.10.18 abends werden die Konten wohl noch nicht überprüft worden sein. Anstoß der Ermittlungen für mich daher ganz klar das auffällige Benehmen. Dann zeitgleich oder nacheinander Ermittlungen zu Unfallmöglichkeiten und finanziellen Verhältnissen.


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21.09.2019 um 23:23
Zitat von monstramonstra schrieb:Da es nach der Revision zu einem neuen Verfahren kam, dürfte die Verteidigung dort das getan haben, was ihr beim ersten Verfahren verwehrt blieb. Erfolglos wie wir wissen.
So weit ich weil, war G im ersten Prozess von einem anderen Anwalt vertreten. Die Revisionsschrift gegen das erste Urteil hat dann mW nicht mehr dieser Anwalt verfasst, sondern Widmaier.

Als Revisionsspezialist wusste Widmaier natürlich ganz genau, was er in die Revisionsbegründung schreiben musste: Dass nämlich sich der Angeklagte womöglich anders verteidigt hätte, wenn er vom Gericht einen rechtlichen Hinweis in Bezug auf eine andere Verdeckungstat bekommen hätte. Damit war dann die Revision zu Recht erfolgreich.

Dass danach Widmaier im zweiten Prozess als Verteidiger weiter an der Unfallhypothese festhielt, ist sicher im Einvernehmen mit G geschehen.

G war da quasi schon eine Berühmtheit, Gisela Friedrichsen und Hans Holzhaider berichteten über den Prozess. Vielleicht war es auch aus diesem Grund aus Sicht von G für einen Strategiewechsel zu spät, er musste weiter auf unschuldig und auf Justizopfer und auf Unfall plädieren. Man weiß es nicht. Man kann aber sicher sagen, dass ihm der BGH goldene Brücken gebaut hat.


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22.09.2019 um 02:12
PS: Das ist überhaupt ein interessanter Punkt, ab wann bei einem von gewisser Öffentlichkeit begleiteten Strafprozess der point of no return erreicht ist.

Wenn soundsoviel Unterstützergruppen, Initiativen, Facebook-Gruppen, online-Petenten, einige mehr oder weniger fachfremde Journalisten sich - oft nach Tippgebung - für einen Angeklagten bzw. vermeintlich unschuldig Verurteilten einsetzen, kann möglicherweise der dadurch entstandene Druck auf den Angeklagten oder vermeintlich unschuldig Verurteilten so groß sein, dass er den Blick auf die beste Verteidigungsstrategie bzw. Verkürzung der Strafvollstreckung verliert.

Andreas Darsow zum Beispiel hält wohl nur seiner Frau und der von ihr ins Leben gerufenen Unterstützergruppe durch, von ihm selbst kam und kommt jedenfalls von Anfang an so gut wie nichts in Richtung unschuldig verurteilt zu sein. Er ist dazu verdammt, für die Unterstützer auf immer ein Justizopfer zu bedeuten, ob es ihm gefällt oder nicht, deshalb kommt er als sog. Tatleugner auch nicht vorzeitig frei. Gefallen tut dies hingegen dem verhinderten Schauspieler Benedikt Toth, nur nützt diesem das wenig.

Und Manfred Genditzki? Von Teilen der Medien hochgeschrieben als „Justizopfer“ muss er wohl als solches durchhalten, wenn seiner jetzigen Verteidigerin Frau Rick mit dem WA-Antrag nichts Durchschlagendes gelingt.


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11.10.2019 um 13:35
Bei Explosiv kam gestern ein 4-Minuten Beitrag, wo u.a. die neue Zeugin Christiane Eyssele vor der RTL-Kamera spricht und von der "Marotte" des Opfers berichtet, immer Wäsche eingeweicht zu haben, auch in der Badewanne - einmal stürzte sie dabei (fertig zum essen gehen angezogen) in die Wanne.

Sendung v. 10.10. ab Minute 8: https://www.tvnow.de/shows/explosiv-75


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11.10.2019 um 13:43
Immer? Also auch, wenn gar keine Wäsche dafür vorhanden war, wie am besagten Tag? Immer, hört sich so nach Kleinkind an, ehrlich gesagt. Immer muss ich Brokkoli essen...

Wie es an dem Tag war, wäre interessant.
Zitat von Sector7Sector7 schrieb:einmal stürzte sie dabei (fertig zum essen gehen angezogen) in die Wanne.
Vllt. hat sie ja danach eingesehen, dass das nichts mehr für sie ist?


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11.10.2019 um 13:43
Zitat von Sector7Sector7 schrieb:Bei Explosiv kam gestern ein 4-Minuten Beitrag, wo u.a. die neue Zeugin Christiane Eyssele vor der RTL-Kamera spricht und von der "Marotte" des Opfers berichtet, immer Wäsche eingeweicht zu haben, auch in der Badewanne - einmal stürzte sie dabei (fertig zum essen gehen angezogen) in die Wanne.
Wow - wie passend...

Und die Gewohnheit den Schlüssel an der Tür stecken zu lassen konnte sie nicht bezeugen? Oder hat man sie nicht danach gefragt?


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11.10.2019 um 13:47
Zitat von Frau.N.ZimmerFrau.N.Zimmer schrieb:Vllt. hat sie ja danach eingesehen, dass das nichts mehr für sie ist?
Genau. Danach hat sie beschlossen: "Einmal Wannensturz und nie wieder!"

Und hatte fortan die durch Zeugenaussagen nachgewiesene Furcht vor der Wanne.


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11.10.2019 um 13:48
Zitat von Frau.N.ZimmerFrau.N.Zimmer schrieb:llt. hat sie ja danach eingesehen, dass das nichts mehr für sie ist?
das Gericht hat aber ausgeschlossen, dass sie überhaupt jemals Wäsche in der Badewanne eingeweicht haben könnte.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Genau. Danach hat sie beschlossen: "Einmal Wannensturz und nie wieder!"
wie hat sie sich denn die Füsse, den Rücken usw. selber gewaschen? Sie galt als sehr gepflegt.


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