Badewannenunfall von Rottach-Egern

Andante schrieb:Wir wissen es nicht, Medien waren anscheinend nicht da, denen hat es aus welchen Gründen auch immer gereicht, schon vor der neuen Hauptverhandlung zu verkünden, dass die neuen Gutachten entlastend seien.

Die Medien haben bisher im Verlauf des Prozesses nur über die Gutachten zum Todeszeitpunkt berichtet, soweit ich es mitbekommen habe. Hier zum Beispiel:
https://www.br.de/nachrichten/bayern/badewannenmord-prozess-experten-entlasten-den-angeklagten,TfFzgw5 (Archiv-Version vom 09.07.2023)

Schmitts Simulation wurde entweder ignoriert oder war noch nicht dran. Letzteres kann ich mir aber nicht vorstellen, aus eben dem Grund, dass gebotene Nacharbeiten bzw. Ergänzungen zeitlich besser möglich sind, wenn man die Vorträge der Sachverständigen an den Anfang setzt.

Es sollen sogar 11 Sachverständige gehört werden:
https://www.mdr.de/brisant/genditzki-prozess-106.html (Archiv-Version vom 08.06.2023)

Palio schrieb:Es sollen sogar 11 Sachverständige gehört werden

Schmitt, Püschel, Mall, Hansen von der Verteidigung.

Bajanowski als Rechtsmediziner und ein Biomechaniker vom Gericht bestellt.

Bleiben noch 5 unbekannte Vertreter von unbekannten Fachgebieten. Sämtliche Gutachter außer Mall und Hansen wurden bisher mit keinem Wort von den Medienvertretern erwähnt und auch nicht auf der Unterstützerseite des Angeklagten. Es ist, als gäbe es sie gar nicht.

Andante schrieb:Und inwieweit eine Hüftrotation bei Hüftarthrose in Frage kommt.

Ich habe noch nähere Informationen zum genutzten Menschenmodell auf der Webseite der Universität Stuttgart gefunden, ich glaube, die hattest du auch schon mal in einem anderen Zusammenhang (Füllstand der Badewanne) verlinkt:

https://www.uni-stuttgart.de/universitaet/aktuelles/meldungen/Unfall-oder-Mord/

Für die biomechanische Simulation entwarf das Team um Schmitt mithilfe der biologischen Daten der verstorbenen Frau, wie Größe, Gewicht, spezifische Gewichtsverteilung bei älteren Personen und Knochenlängen, ein personenspezifisches Modell

Krankheiten wie Arthrose sind demnach nicht berücksichtigt worden. Die erwähnte Individualisierung würde mir zur Darlegung eines realistischen Ansprüchen genügenden Unfalls nicht reichen.

Palio schrieb:Der StA stellt Nachfragen und der SV tut so, als höre er ihn nicht?

Nachfragen sind aber etwas anderes als Bitten.
Ich hatte dich so verstanden, als sei eine Bitte Richtung Verteidigung gemeint.

Wenn du die Kommunikation zwischen Staatsanwalt und Sachverständigem meinst, kann er natürlich versuchen, durch gezielte Fragen etwas aus ihm herauszulocken, zB, ob und inwieweit ein individualisiertes Stuntmodell zu einem exakteren Ergebnis führen könnte.

Andante schrieb:Oder um die Wahrheit und nichts als die Wahrheit

Schön wäre es. Vor allem geht es um die prozessuale Wahrheit, die sich auch aufgrund des nicht immer nachvollziehbaren Überzeugungsprozesses eines Gerichts bildet.

Andante schrieb:Ein Strafprozess ist kein Boxring

Es gibt sowohl Staatsanwälte als auch Strafverteidiger, die das anders sehen. Aber das würde jetzt zu weit führen...

Fridolin31 schrieb:Es gibt sowohl Staatsanwälte als auch Strafverteidiger, die das anders sehen.

Klar. Bestimmte Verteidiger sind ja bundesweit einschlägig bekannt. Und es gibt auch solche Staatsanwälte. Aber wünschenswert ist das im Regelfall nicht.

Palio schrieb:Krankheiten wie Arthrose sind demnach nicht berücksichtigt worden. Die erwähnte Individualisierung würde mir zur Darlegung eines realistischen Ansprüchen genügenden Unfalls nicht reichen.

Alle Krankheiten oder körperlichen Einschränkungen, die Einfluss auf das Bewegungsverhalten einer Person haben, müssten mE spezifisch berücksichtigt werden. Was die jeweilige Ausgangsposition betrifft, kann die Person ja vielleicht zur Schmerzvermeidung (Frau K hatte laut MG am Todestag Knieschmerzen) eine spezielle Schonhaltung mit Entlastung des schmerzenden Körperbereichs, dafür Mehrbelastung anderer Körperteile eingenommen haben, und/oder sie hat sich, im Fall von Frau K wahrscheinlich, auf einen Stock gestützt. Welchen weiteren Einfluss solche Besonderheiten auf das weitere Sturzgeschehen haben, müsste daher in die Simulationen einfließen.

Palio schrieb:Bleiben noch 5 unbekannte Vertreter von unbekannten Fachgebieten.

Da wird, wie schon in den anderen Hauptverhandlungen, noch der eine oder andere medizinische Sachverständige dabei sein, der sich zu mögliche körperlichen Ursachen für einen Sturz (Synkopen, TIA usw.) oder zur Einwirkung von Medikamenten (Marcumar, ASS) äußern soll. Interessieren würde mich, ob auch Prof. Dr. K, immerhin Obduzent von LK, geladen wurde.

Andante schrieb:Da wird, wie schon in den anderen Hauptverhandlungen, noch der eine oder andere medizinische Sachverständige dabei sein, der sich zu mögliche körperlichen Ursachen für einen Sturz (Synkopen, TIA usw.) oder zur Einwirkung von Medikamenten (Marcumar, ASS) äußern soll. Interessieren würde mich, ob auch Prof. Dr. K, immerhin Obduzent von LK, geladen wurde.

Stimmt, ein Neurologe hat laut Urteil aus 2012 als Sachverständiger etwas zu medizinischen Sturzursachen gesagt, dann gab es ja einen Sachverständigen für die DNA-Analysen, einen für Telekommunikation und einen Kfz-Sachverständigen. Ob die drei noch einmal geladen werden? Prof. Keil zu hören, wäre aber schon sinnvoll.

Laut https://www.openpetition.de/petition/blog/lebenslang-unschuldig-eingesperrt-ihr-appell-an-den-bayerischen-justizminister#petition-main (unter Neuigkeiten) sollen morgen die Sachverständigen Prof. Schmitt und Prof. Bajanowski gehört werden. Für übermorgen sind die Plädoyers geplant. Spätestens dann wissen wir, wie die Staatsanwaltschaft den Fall einschätzt. Das Urteil wird bereits am 03.07. oder 04.07. erwartet:

wie von Frau RA Regina Rick gestern mitgeteilt wurde, ist folgender Terminverlauf zu erwarten:

Am 27.6. werden noch die Sachverständigen Prof. Schmitt und Prof. Bajanowski gehört.
Am 28.6. werden die Plädoyers gehalten
und
am 3. oder 4.7. - das wird erst am 27. bekannt gegeben –
wird das Urteil verkündet.

Nach der Urteilsverkündung ist es geplant, dass die Journalisten & Journalistinnen, Unterstützer & Unterstützerinnen, Petenten & Petentinnen im Augustiner (Neuhauser Strasse 27) mit der Verteidigung zusammenkommen können (Konsumation auf jeweils eigene Rechnung).

Quelle: siehe Link oben

Das "Zusammenkommen" klingt mir ein wenig nach Vorfreude...

kegelschnitt schrieb:sollen morgen die Sachverständigen Prof. Schmitt und Prof. Bajanowski gehört werden.

Ganz zum Schluss die wichtigsten Sachverständigen? Die Reihenfolge und das Meeting danach könnte man positiv für den Angeklagten werten. Darüber wird es dann sicher nochmal einen kurzen Bericht geben.
@kegelschnitt: Gehst du an einem der Tage nochmal hin?

Palio schrieb:@kegelschnitt: Gehst du an einem der Tage nochmal hin?

Nein. Ich würde gerne, bin aber berufstätig...

kegelschnitt schrieb:Das "Zusammenkommen" klingt mir ein wenig nach Vorfreude...

Man kann es kaum anders interpretieren.

Ungewöhnlich finde ich, dass der Urteilstermin bereits vor den Plädoyers bekanntgegeben werden soll, aber vielleicht hat der Betreiber der Seite da aber auch die Tage durcheinandergebracht.

Palio schrieb:kegelschnitt schrieb:
sollen morgen die Sachverständigen Prof. Schmitt und Prof. Bajanowski gehört werden.
Ganz zum Schluss die wichtigsten Sachverständigen? Die Reihenfolge und das Meeting danach könnte man positiv für den Angeklagten werten. Darüber wird es dann sicher nochmal einen kurzen Bericht geben.
@kegelschnitt: Gehst du an einem der Tage nochmal hin?

Ich habe vor morgen nochmal hinzugehen und auch noch so viel wie möglich von den Anderen Tagen mitzunehmen. Kann auch wieder was berichten.

fassbinder1925 schrieb:Kann auch wieder was berichten.

Das wäre super. Achte mal darauf, ob und inwiefern die Simulation noch kritisch hinterfragt wird, oder ob sie weitgehend auf Zustimmung trifft.
Das Plädoyer des allgemein als zurückhaltend empfundenen Staatsanwalts ist natürlich auch interessant. Man fragt sich ja schon, womit er auf schuldig plädiert, wenn er die belastenden Indizien bei den Zeugenvernehmungen gar nicht so recht betont hat und die Gutachten der Verteidigung nicht zu entkräften versucht. Aber vielleicht fehlen uns da auch ein paar Einblicke in die Hauptverhandlung.

Palio schrieb am 24.06.2023:Weiß irgend jemand, ob Prof. Schmitt seine Simulation nun schon vorgestellt hat?

Ja, der kam tatsächlich heute dran und hat sich mit Prof. Bajanowski abgewechselt.

Miami-weiß schrieb:Bezüglich des steckenden Schlüssels könnte es auch sein, dass Herr G. diesen aus Versehen hat stecken lassen.

Nein, es steckte der Schlüssel des Herrn A. Kortüm, nicht der des MG.

Palio schrieb:Bajanowski

Palio schrieb:Schmitt

Waren beide heute dran.

Lt. Prof. Schmitt ist es "nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich", dass der Sturz in die Wanne und die beiden Verletzungen ohne Fremdeinwirkung stattgefunden haben.

Das Modell, die Rechenmethode und so weiter werden beständig weiterentwickelt.
Gegenüber dem Probationsverfahren habe man die Simulation perfektioniert.
Außerdem wurde der Vorgang mit einer 100- jährigen Probandin nachgestellt, wie diese sich beim Aufdrehen der Wasserregler verhalten würde.
Als Zuckerl obendrauf fand er eine Erklärung für den rechten Pantoffel, der gut 50 cm von der Wanne entfernt lag. Die Lage lasse sich aus physikalischen Erwägungen mit einem Wurf im 45° Winkel erklären, wobei der "Wurf" beim Sturz ausgelöst worden sei.

@PhilippGeorg

Danke, naja, dann wüsste ich nicht, was nun noch gegen einen Freispruch aus erwiesener unschuld spricht. Denn ein wahrscheinlicher Unfall mit passenden DNA-Spuren auf der einen Seite, eine Spekulation eines Kapitaldelikts, das nicht die geringsten Spuren hinterlassen hat auf der anderen Seite? Wie soll man dann noch etwas anderes begünden können?

Lento schrieb:Wie soll man dann noch etwas anderes begünden können?

Die Sache ist zugunsten von MG entschieden.

PhilippGeorg schrieb:Lt. Prof. Schmitt ist es "nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich", dass der Sturz in die Wanne und die beiden Verletzungen ohne Fremdeinwirkung stattgefunden haben.

Gab es Nachfragen oder sonstige relevante Äußerungen des Staatsanwalts?

Fridolin31 schrieb:Gab es Nachfragen oder sonstige relevante Äußerungen des Staatsanwalts?

Die Richterin, Richter und StA. hatten diverse Verständnisfragen, aber keine nennenswerten Einwände. Leider habe ich heute nur etwa 2/3 des Tages mitverfolgt, habe also gewisse Lücken.

PhilippGeorg schrieb:Die Richterin, Richter und StA. hatten diverse Verständnisfragen, aber keine nennenswerten Einwände.

Danke dir für die schnelle Antwort. So ähnlich war es zu erwarten. Ohne eigene weitgehende Kenntnisse von der Materie sind Einwände auch schwer vorstellbar.

Fridolin31 schrieb:Danke dir für die schnelle Antwort. So ähnlich war es zu erwarten. Ohne eigene weitgehende Kenntnisse von der Materie sind Einwände auch schwer vorstellbar.

Das Gutachten des Prof. Schmitt hatte was. Während ich bei den sonstigen Gutachtern gerne mal das Gefühl hatte, sie würden mit eher allgemeinen bis unsinnigen Formeln operieren ("Die Wahrscheinlichkeit für die Todeszeit zwischen 14.30 Uhr und 15.00 Uhr beträgt 3,8 %") wirkte mir Prof. Schmitt mit seinen anschaulichen Simulationen eher glaubwürdig. Die beiden Anstöße in der Wanne scheinen sich tatsächlich so zugetragen haben zu können, vorausgesetzt, die Wanne war weitgehend leer und LK ausreichend mobil.

@PhilippGeorg
Danke für deinen Bericht, sehr spannend! Wie beurteilt denn Prof. Bajanowski den Fall?