Andante schrieb:Es hat doch Gründe, warum schon das Wiederaufnahmegericht (mit Zustimmung der StA) G. nicht sofort wegen erwiesener Unschuld freisprechen wollte.
Nachdem die StA anscheinend keinen Gedanken in diese Richtung verschwendet hat, kann man schwer erahnen, wie das Gericht vor Prozessbeginn gedacht hat. Wobei es auch schwer vorstellbar ist, jemanden freizusprechen, ohne den Gutachter, der Herrn G entlastet, persönlich angehört zu haben.
Man muss auch das Folgende Bedenken:
1.) Das Gericht muss sich in diesem Prozess letztlich auf die Darstellung eines Gutachters verlassen, der sich in einer Materie auskennt, von der die Richter Null Komma Null Ahnung haben.
2.) Die Sache ist doch längst zum Politikum geworden. Ein schneller Freispruch erster Klasse würde sowohl dem ehemaligen Staatsanwalt, der inzwischen die Karriereleiter hinaufgepurzelt ist als auch dem Sachverständigen als auch den damals entscheidenden Richtern komplette Unfähigkeit attestieren. Zumindest in der Aussenwirkung.
Wahrscheinlich würden sogar Rufe nach einer Verurteilung wegen Rechtsbeugung aufgrund eines eklatanten Verstoßes gegen den Grundsatz "in dubio pro reo" laut werden, zumal das Urteil, das Herrn G in die JVA gebracht hat, tatsächlich, insbesondere bei der Konstruktion eines Mordmermals einige haarsträubende Begründungen aufwies, die sich ein Jurastudent im 5.Semester kaum folgenlos leisten könnte.
Dabei erkenne ich durchaus an, dass das Gericht bei Verfassen der Entscheidungsgründe unter dem Eindruck eines Gutachtens, das sich nunmehr als unzutreffend erweisen könnte, stand.
Aufgrund der Vorgeschichte halte ich es daher für naiv, zu glauben, dass das Gericht in diesem Fall einfach so schnell wie möglich Recht sprechen wird, ohne die Folgen (für Kollegen) zu bedenken.
Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass diese Kammer letztlich ein Urteil sprechen wird, dass der gegebenen prozessualen Rechtslage entspricht.