sooma schrieb:Schon damals war die Diskussion um die "Erfahrungssätzen des täglichen Lebens" leider ziemlich verhärtet. Mir ist auch nach wie vor ganz unverständlich, dass man solche Lebenswelten (man darf nicht vergessen: Frau Kortüm wurde annahmsweise 1921 geboren) so hartnäckig negieren kann.
Ich denke, selbst wenn man die Zeugin ausklammert, hätte das Gericht auf eine andere Überzeugung kommen müssen.
Ich habe mich selbst heute doch noch, obgleich es nicht mehr wollte, mit diesem Urteil beschäftigt. Je mehr ich damit beschäftige umso mehr bekomme ich das kalte Grausen vor soviel Oberflächlichkeit, das wollte ich mir eigentlich nicht mehr antun. Trotzdem hat eine PM mich veranlasst, noch einmal mit das ganze durchzudenken. Und ich muss mich wundern, ich hatte ebenfalls den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen, obgleich ein handwerlicher Fehler bei der Frage der Badewannennutzung geradezu offensichtlich ist. Ich hatte immer gewusst, es ist da etwas grottenverkehrt, nur ich wusste nicht warum.
Nun im Einzelnen:
Bei der Feststellung eines Lebenssachverhalts muss ein Gericht so vorgehen, dass es
sämtliche Indizien, welche mit diesem Lebenssachverhalt zu tun haben, untersucht und aus diesen dann anhand der Lebenserfahrung eine Feststellung trifft. Sämtliche Indizien ist sehr wichtig, die mit dieser Frage zu tun haben sammeln, man darf nichts dabei übersehen, denn andernfalls bekommt man möglciherweise ein falsches Bild.
Zu diesen Indizien gehören natürlich die Tatsache, dass im Badezimmer eine Schüssel steht, ein Waschbecken vorhanden ist und natürlich auch eine Badewanne, alle wären erstmal dafür geeignet.
Dann gehören natürlich Zeugenaussage zu, wobei es damals keine gab, weder dass Frau K im Waschbecken, Schüssel oder Badewanne die Wäsche gewaschen hat. Es gab nur eine Zeugin, die gesagt hatte, dass das Opfer ungern GEBADET hatte, weil sie ein ungutes Gefühl hatte, wenn das Wasser seitlich an ihr hochstieg. Das mag dann für das Baden gelten, aber das bringt keine Aussage zu der Frage, ob sie die Wanne trotzdem anderweitig genutzt hatte.
Dann ist natürlich zu untersuchen, ob grundsätzlich Nutzung dieser Gegenstände für das Opfer überhaupt möglich war.
Hier kann man sicher sagen, prinzipiell für Frau K möglich sind die Badewanne und das Waschbecken. Ob die Schüssel überhaupt möglich war, weil das Opfer am Stock lief, mag dahin gestellt sein, es kann sein, dass sie eine kurze Zeit ohne Stock laufen konnte, das wäre ein Frage, die nur das Gericht beantworten könnte, eine Frage die man jedoch nicht im Urteil findet, geschweige denn eine Antwort darauf. Ob es mühsam ist oder nicht, darf man an diesem Punkt noch nicht bewerten, weil Ein Mühsam dei Mutzung nicht ausschließt. Aber an dieser Stelle könnte man schon die Schüssel ausschließen, aber hier fehlen leider die notwendigen Feststellungen des Gerichts. Aber an diesem Punkt wäre es durchaus wahrscheinlich gewesen, dass die Schüssel schon hier auszuschließen wäre.
Dann gab es in früherer Zeit ein Lift, der vor mehreren Monaten abgebaut worden war. Vor der Zeit hatte eine Zeugin angegeben, dass es in der Zeit, wo der Lift daran war es keine Spuren gegeben haben soll. Das ist jedoch schon eine Weile her, ob es eine Aussagekraft für die Zeit nach dem Ausbau hat, mag erstmal dahin gestellt sein. Aber es existiert der Fakt, dass dieser Lift ausgebaut wurde.
Hier ist jedoch die Frage zu stellen, warum wurde der Lift ausgebaut, wurde das vom Sanitätshaus veranlasst oder hat das das Opfer in die Wege geleitet? Leider findet man im Urteil auch hier wieder keine Antwort auf diese eigentlich wichtige Frage. Denn wenn das Opfer das veranlasst hat, dann hat das sicher einen Grund gehabt, möglicherweise wollte sie die Wanne wieder so wie früher nutzen.
Leider findet man im Urteil keinen Grund hierfür leider wein werneuter Hinweis der oberflächlichen Betrachtungsweise.
Was gibt es noch, was die Benutzung eines der drei Gegenstände besser einschätzen ließe?
Und da kommen wir zu den wichtigsten Indizien überhaupt, welche diese Frage betreffen, das sind dann natürlich die DNA-Spuren an der Badewanne. Gerade die Lage dieser DNA macht die Nutzung der Badewanne für diese Aufgabe naheliegend, denn genau an den für diese Nutzung notwendigen Stellen findet man DNA -Spuren, das sind:
- Am Rad, was den Ablauf der Badewanne öffnet oder schließt
- An dem Umschaltknopf, der zwischen Dusche und Zulauf umschaltet
- Dem Griff an der Badewanne rechts von der Armatur
Was fehlte sind die Spuren am Wasserhahn, die sind jedoch wahrscheinlich durch das Zudrehen der Wasserhähne durch das Pflegepersonal unbrauchbar geworden, aber sie sind sehr wahrscheinlich, denn weshalb sollte sonst das Opfer zwischen Dusche und Zulauf umschalten und den Griff benutzen?
Erst jetzt wäre die Beantwortung mittels Frage mit Lebenserfahrung zulässig.
Diese Indizien führen nun dazu, dass die Nutzung der Badewanne zum Bewältigen dieser Aufgabe zumindest sehr naheliegend ist.
Die Nutzung der Badewanne kann man auch beim besten Willen nicht mehr ausschließen.
Wenn man nun die DNA-Spuren ignorieren wollte, müsste die Nutzung für diesen Zweck widerlegen. Das wird jedoch ausgeschlossen sein.
Nur ein nachgewiesener Mord wäre dafür geeignet, der nicht mehr darauf aufgebaut werden darf, dass das Opfer die Wanne nicht benutzt hätte, sonst hätten wir einen schweren Widerspruch..
So, ich denke, dass sollte reichen, zu zeigen, dass das gericht schwere handwerkliche Fehler begangen hat, es hat – wie schon so häufig – bei mehreren Punkten rein an der Oberfläche gekratzt und zusätzlich vollkommen vergessen, die DNA -Spuren mit in die Betrachtung einzubeziehen, ein grober handwerklicher Fehler und ist nicht durch die freie Beweiswürdigung gedeckt.
Mittlerweile haben wir die zusätzliche Aussage der Zeugin, die in Wirklichkeit durch die vorhandene Indizien gleich mit belegt wird, in Wirklichkeit sie gar nicht notwendig ist.
Ich frage mich nun schon, warum habe ich dieses Problem erst jetzt erkannt? Man bringt den Gerichten offenbar viel zu viel Vertrauen entgegen und glaubt dass sie ihr Handwerkszeug richtig genutzt haben. Selbst das ist nicht immer der Fall, wie dieser Fall nun überdeutlich zeigt.