DieTatii schrieb:Wenn in der neuen Verhandlung festgestellt wird, dass es sich doch um einen Sturz gehandelt hat
Das wird man allerdings gar nicht feststellen können, sondern nur, ob ein möglicher Sturz nach der Beweisaufnahme als so realistisch eingeschätzt wird, dass es genügend Zweifel an einem Tötungsdelikt gibt.
Je wahrscheinlicher der Ablauf der nun präsentierten Sturz-Möglichkeit ist (mit allem was dazugehört: Nur Hinterkopfhämatome, keine sonstigen Verletzungen, ausreichende Kraft zur Ausbildung der zwei Verletzungen, Erreichen dieser Endlage trotz körperlicher Einschränkungen), desto weniger wichtig wird die Frage, ob und wofür Frau Kortüm die Wanne benutzen wollte. Ist der Sturz absolut selten, kann er in Verbindung mit der anderen tragenden Säule des Urteils, der fehlenden Wannennutzung, wieder als lebensfremd ausgeschlossen werden.
DieTatii schrieb:fallen die anderen Indizien in sich zusammen
Dass es sich bei den beiden Sekunden-Anrufen beim Hausarzt im Beisein der alten Frau nicht um normale Anrufe handelte, mit dem Wunsch, einen Teilnehmer zu erreichen, ist ja offensichtlich und die beiden Anrufe halte ich im Zusammenhang mit Genditzkis widersprüchlichen Angaben dazu auch für ein recht schwerwiegendes Indiz. Vielleicht legt die Staatsanwaltschaft doch noch mehr Augenmerk auf die Vertuschung. Die Lage der Schuhe ist in dem Zusammenhang auch interessant.
Aus dem Urteil, Seite 17:
Wählte er vom Festnetzanschluss der Frau um 14.57 Uhr zweimal in einem zeitlichen Abstand von 14 Sekunden die Telefonnummer des Ärztezentrums in Rottach-Egern, in dem sich auch die Arztpraxis von Dr.... befand. Die Verbindungsdauer beim ersten Anruf betrug weniger als 1 Sekunde und beim zweiten Anruf weniger als 2 Sekunden. Der
Angeklagte legte bei beiden Anrufen kurz nach dem Abschluss des Wählvorganges wieder
auf.
Ich bin der Meinung, dass er von vornherein wusste, dass er sofort wieder auflegen wird und daher gar nicht abgewartet hat, ob jemand rangeht. Wählen - direkt auflegen, dann nochmal wählen - direkt auflegen.
Dahinter steckt mMn. nicht die Absicht, Hilfe holen zu wollen mit zweimaliger direkter Abkehr von dieser Absicht, sondern die (durchgängige) Absicht, es so aussehen zu lassen, als hätte Frau Kortüm den Hausarzt anrufen wollen, weil es ihr schlecht ging. Dieses Bild konnte er im Zuge der Vernehmungen nicht weiterverfolgen, weil die Timeline ergab, dass er zu diesem Zeitpunkt noch in der Wohnung war. So kam er in die missliche Lage, die Anrufe erklären zu müssen und ihm fiel spontan nur etwas ein, was sofort als unplausibel auffiel (Unwissenheit über die Nummer des Pflegedienstes). Seine späteren Nachbesserungen machten ihn dabei nicht glaubwürdiger.