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Badewannenunfall von Rottach-Egern

7.712 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, 2008, Badewanne ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Badewannenunfall von Rottach-Egern

Badewannenunfall von Rottach-Egern

04.09.2022 um 13:51
Zitat von AndanteAndante schrieb:Aber pauschal und platt zu sagen, dass „Beweise fehlen“, ist Unsinn. Es wurden Beweise erhoben, und eine Beweiswürdigung hat stattgefunden. Steht alles im Urteil.
Eigentlich hatte ich dazu schon mehrmals etwas geschrieben. Dass es kein Motiv gibt, keine Tatwaffe gefunden wurde, keine Kampf- Schleif- oder DNA-Spuren vorhanden waren. Selbst wie es zu der Kopfverletzung kam, da gibt es 3 Alternativen im Urteil.

Es gibt keine schlüssige Indizienkette, die bei Würdigung aller Indizien nur einen Schluss zulässt, nämlich dass Frau K. getötet worden ist.

Selbst im Urteil steht, dass die Dame sehr stur gewesen ist. Ihre Hose soll wohl durch die Durchfallerkrankung verschmutzt gewesen sein. Dass man da vielleicht auf die Idee kommt sich zu waschen wird aber komplett ausgeschlossen. Weil die Zeugen das so sagten. Diese sagten aber auch, dass Frau K. eine sehr schwierige und sture alte Dame gewesen ist.


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04.09.2022 um 14:04
Zitat von DieTatiiDieTatii schrieb:Außerdem wurde auch eine Summe von über 200.000 Euro erwähnt, die sich auf dem Konto zu Lebzeiten des Mannes auf den Konto befunden haben soll.
Da hat er möglicherweise noch lange gelebt. Zum Zeitpunkt des Todes waren es 55.000 und ein paar Eeuros.

Man muss Indizien im Gesamtzusammenhang würdigen und nicht einzelne heraus picken in dem Glauben, sie zerpflücken zu können.

Hier nochmal eine Zusammenfassung (kann gerne ergänzt werden):
Zitat von Cpt.GermanicaCpt.Germanica schrieb:Das fehlende Geld i.H.v. 54.500,-- € in Verbindung mit dem Zeitraum des Verschwindens (ab Tod des Ehemannes in gerade mal 17 Monaten), dem Zeitpunkt des Todes von Frau K. (als nämlich kaum noch etwas davon übrig war, keine tausend Euro), der Empfehlung des Hausmeisters ein Schließfach einzurichten, seiner zugehörigen Vollmacht, seinen regelmäßigen Bargeldabhebungen für Frau K., dem Schmuck in seinem Besitz und seiner prekären finanziellen Situation (sechsstellige Schulden und permanent mit bis zu 5.000 Euro auf Anschlag im Kontokorrent) ist für mich sehr wohl ein - gewichtiges! - Indiz.

Dadurch, dass sich diesbezüglich (bislang) nichts nachweisen ließ, wurde es eben nicht zu einem Beweis, es bleibt aber ein Indiz.

Außerdem hat er sich einen Kredit erschwindelt indem er sich kurzzeitig 12.000 Euro von einem Bekannten ausgeliehen hat. Für sich gesehen vielleicht keine große Sache, aber es passt ins o.g. Bild.

8.000 Euro hat er einem Freund zurück gegeben ganz kurz bevor Frau K. verstarb. Für die Herkunft dieses Geldes hatte er Erklärungen, aber keine Belege. Das Gericht hat sich damit begnügt.

Für mich ist das fehlende Geld der Schlüssel zur Lösung des Falles. Ich spreche dabei nicht von 8.000 sondern von 54.500 Euro.



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04.09.2022 um 14:04
@Andante
Hilfst Du mir bitte mal auf die Sprünge?

Ich hatte immer verstanden, dass hier zwei Punkte angeklagt waren: die Unterschlagung und die Tötung.
Bis es zur Anklage kommt werden alle vorliegenden Indizien und Beweise geprüft und es muss damit eine Verurteilung wahrscheinlich sein, ist das richtig?
Das hiesse ja, dass es für eine Unterschlagung deutliche Hinweise gab.

Dieser Vorwurf wurde aber fallen gelassen weil es den juristisch viel schwerwiegenderen weiteren Vorwurf gab. Ist das nicht ein gängiges Prozedere, wenn der Angeklagte eine höhere Strafe im anderen Delikt zu erwarten hat und wenn der Geschädigte nicht mehr lebt und keine Nachkommen hat?

Mir geht es um diese Passage und was daran stimmt oder nicht:
Zitat von DieTatiiDieTatii schrieb:Fakt ist nun einmal dass man eine Unterschlagung beweisen muss. Dass konnte man nicht.



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04.09.2022 um 14:10
Zitat von Cpt.GermanicaCpt.Germanica schrieb:as fehlende Geld i.H.v. 54.500,-- € in Verbindung mit dem Zeitraum des Verschwindens (ab Tod des Ehemannes in gerade mal 17 Monaten), dem Zeitpunkt des Todes von Frau K. (als nämlich kaum noch etwas davon übrig war, keine tausend Euro), der Empfehlung des Hausmeisters ein Schließfach einzurichten, sein
Ich hatte dir eben schon geantwortet. Es gab zu jedem Kontoauszug schriftliche Notizen und Berechnungen seitens Frau K.. Vielleicht konnte man deshalb auch nichts nachweisen? Oder weiss hier jemand um welche Notizen es sich handelte? Denn gerade das wäre ja interessant gewesen. Diese Sachen wurden eben nur kurz und knapp im Urteil erwähnt. Genauso wie die 200.000 Euro, die sich zuvor auf dem Konto befunden hatten.


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04.09.2022 um 14:22
Zitat von DieTatiiDieTatii schrieb:Ich hatte dir eben schon geantwortet. Es gab zu jedem Kontoauszug schriftliche Notizen und Berechnungen seitens Frau K.. Vielleicht konnte man deshalb auch nichts nachweisen? Oder weiss hier jemand um welche Notizen es sich handelte?
Weißt du um welche Notizen es sich handelte?
Zitat von DieTatiiDieTatii schrieb:Genauso wie die 200.000 Euro, die sich zuvor auf dem Konto befunden hatten.
Dazu hatte ich dir schon geantwortet.


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04.09.2022 um 14:34
Zitat von DieTatiiDieTatii schrieb:Das ist hochgradig spekulativ und kann den Schwund trotzdem nicht erklären.
Lieselotte , die früher als Geschäftsfrau Inhaberin eines Schuhladens war, führte
Buch über ihre finanziellen Verhältnisse und kontrollierte ihren Geld- und Kontenbestand
durch die ihr per Post übersandten Kontoauszüge, die sie mit handschriftlichen Notizen und Berechnungen
Quelle: https://www.allmystery.de/dateien/hxo1lgzftp28_15-03-12_Gerichtsurteil_II_Manfred_Gendi.pdf
leider nur das. Es wurde im Urteil lediglich mit einem Satz erwähnt. Alles andere wurde lang und breit erörtert. Das wirklich Interessante, was ja letztlich das Motiv hätte ausmachen können, leider nicht.


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04.09.2022 um 14:42
Zitat von redsherlockredsherlock schrieb:Wie wird man eigentlich Zeuge, dass eine Person etwas bestimmtes *nie* tut? Geht doch eigentlich nur, wenn man die Person 24/7 beobachtet?
Zitat von DieTatiiDieTatii schrieb:Es gibt Eheleute die ganz plötzlich von dem Treiben des anderen Ehepartners überrascht werden, und es ihm auch nie zugetraut hätten.
Das meinte ich zuvor. Es hat halt nie jemand vom Pflegepersonal etc. gesehen oder war dabei - bezeugt hat es allerdings die inzwischen verstorbene Bekannte.
Zitat von DieTatiiDieTatii schrieb:Für mich entstand der Eindruck, dass Frau K. unter keinen Umständen Hilfe bei der Köperhygiene wollte. Das bestätigte ja auch nochmal die Aussage der Krankenschwester im Krankenhaus. Die Dame war ja nicht dumm gewesen, hätte sie irgendetwas Richtung Badewannennutzung geäußert, dann hätte man ihr jemanden geschickt, der ihr dabei behilflich ist. Genauso, wie man es bei den Medikamenten gemacht hat, die sie, wie nannte es das Gericht, aus Sturheit nicht regelmäßig einnahm. Daraufhin kamen ja auch die beiden Damen vom Pflegedienst um dafür zu Sorgen, dass sie diese nahm.
Leider fand die Persönlichkeit von Frau K. (etwas "eigensinnig") keine Beachtung oder Erwähnung, wichtig fände ich persönlich diesen Aspekt sehr wohl.
Zitat von DieTatiiDieTatii schrieb:Hier wird immer wieder darauf verwiesen, dass nur Frau K. und er Zugang zu dem Konto hatten. Im Urteil steht, dass Frau K. sich immer Notizen am Rand der Kontoauszüge gemacht hat. Also war ihr der Geldschwund ja bewusst gewesen. Wenn sie ihm das Geld nun freiwillig gab?
Zitat von DieTatiiDieTatii schrieb:Es wurde im Urteil lediglich mit einem Satz erwähnt. Alles andere wurde lang und breit erörtert. Das wirklich Interessante, was ja letztlich das Motiv hätte ausmachen können, leider
Mir ist sehr unverständlich, warum das keine weitere, ausführlichere Erwähnung im Urteil findet. Ich hoffe, die neue Betrachtung geht auch darauf noch einmal genauer ein - wenn sie es immer so machte, gäben diese Notizen doch Aufschluß.


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04.09.2022 um 14:58
Zitat von soomasooma schrieb:Das meinte ich zuvor. Es hat halt nie jemand vom Pflegepersonal etc. gesehen oder war dabei - bezeugt hat es allerdings die inzwischen verstorbene Bekannte.
und dazu passt eben auch diese Trockenvorrichtung über der Badewanne, das untermauert ja nochmal die Aussage der Zeugin.
Zitat von soomasooma schrieb:Leider fand die Persönlichkeit von Frau K. (etwas "eigensinnig") keine Beachtung oder Erwähnung, wichtig fände ich persönlich diesen Aspekt sehr wohl.
Das sehe ich auch so.

Ich habe den Eindruck, dass die Beschreibung der schwierigen Persönlichkeit der Frau K. eher dazu gedacht war zu untermauern, dass Herr G. von Frau K. ziemlich übel behandelt wurde. Und ihm irgendwann die Hutschnur riss und er zuschlug. Denn er wurde ja letztlich als ruhig und eben nicht gewalttätig beschrieben. Daher musste ja schon einiges passiert sein, dass er sich zu so einer Tat hinreißen ließ.
Zitat von soomasooma schrieb:Mir ist sehr unverständlich, warum das keine weitere, ausführlichere Erwähnung im Urteil findet. Ich hoffe, die neue Betrachtung geht auch darauf noch einmal genauer ein - wenn sie es immer so machte, gäben diese Notizen doch Aufschluß.
das wäre zumindest aufschlussreich.

Jemand der so agiert, lässt sich üblicherweise nicht einfach so leicht ausnehmen. Würde ich jetzt mal behaupten. Das wurde ja letztlich auch vom Gericht so unterlegt. Frau K. hatte das Sagen und Herr G. musste sofort springen wenn sie was wollte. Daher kann ich mir schwer vorstellen, dass Herr G. sich an ihr bereicherte ohne dass sie etwas davon mitbekam. Dazu passt eben die Beschreibung ihrer Persönlichkeit so gar nicht dazu.


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04.09.2022 um 15:21
Zitat von DieTatiiDieTatii schrieb:Es wurde im Urteil lediglich mit einem Satz erwähnt. Alles andere wurde lang und breit erörtert. Das wirklich Interessante, was ja letztlich das Motiv hätte ausmachen können, leider nicht.
Aus meiner Sicht gehört das (künftig) ins Urteil, und sei es nur um es als Motiv auszuräumen, wenn denn der Schwund erklärbar ist.

Der konstruierte Streit gehört dagegen vom Tisch, selbst wenn Frau K. schwierig gewesen sein sollte.

Für mich steht und fällt es mit dem Geld und Schmuck. Andere Motive oder Konstellationen mag es gegeben haben, sie sind aber nicht ersichtlich.

Wie ich schon mehrfach geschrieben habe: Im Zweifel soll er ein freier Mann bleiben und entschädigt werden. Auf die volle Gefahr hin, dass er es doch war.


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04.09.2022 um 15:39
Zitat von jaskajaska schrieb:Ich hatte immer verstanden, dass hier zwei Punkte angeklagt waren: die Unterschlagung und die Tötung.
Bis es zur Anklage kommt werden alle vorliegenden Indizien und Beweise geprüft und es muss damit eine Verurteilung wahrscheinlich sein, ist das richtig?
Das hiesse ja, dass es für eine Unterschlagung deutliche Hinweise gab.

Dieser Vorwurf wurde aber fallen gelassen weil es den juristisch viel schwerwiegenderen weiteren Vorwurf gab. Ist das nicht ein gängiges Prozedere, wenn der Angeklagte eine höhere Strafe im anderen Delikt zu erwarten hat und wenn der Geschädigte nicht mehr lebt und keine Nachkommen hat?
Ja, ursprünglich waren wohl Mord und veruntreuende Unterschlagung als zwei selbstständig nebeneinander stehende Delikte in dem Verfahren angeklagt. Das Verfahren wegen der Unterschlagung wurde dann im Laufe des Prozesses auf Antrag der StA mit Zustimmung des Gerichts nach § 154 StPO vorläufig eingestellt, weil die wegen der Unterschlagung zu erwartende Strafe neben einer zu erwartenden Strafe wegen Mordes nicht mehr ins Gewicht gefallen wäre.

Wir wissen von der Anklage wegen Unterschlagung nicht durch das erste Urteil, da in einem Urteil natürlich nur noch die Taten behandelt werden, wegen der verurteilt wurde. Alles andere, was für die Verurteilung keine Rolle mehr spielt, muss im Urteil nicht erwähnt werden. Wir wissen von der einstmals existierende Anklage wegen Unterschlagung aber, weil sie im Beschluss des BGH vom 12.01.2011 erwähnt ist:
Allerdings war vor dem Plädoyer in der Hauptverhandlung folgender Gerichtsbeschluss ergangen: Das Verfahren wird gemäß § 154 II StPO auf Antrag des Staatsanwalts insoweit eingestellt, als gegen den Angeklagten der Vorwurf veruntreuender Unterschlagung erhoben worden ist, weil eine deshalb zu verhängende Strafe im Falle des Schuldspruchs wegen des weiteren Anklagegegenstandes nicht ins Gewicht fiele.
Quelle: https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/1/10/1-582-10.php

Die StA muss seinerzeit also mal eine gewisse Verurteilungswahrscheinlichkeit wegen einer Unterschlagung gesehen haben. Warum sie deswegen ziemlich zum Schluss der Hauptverhandlung einen Antrag auf vorläufige Einstellung des diesbezüglichen Verfahrens gestellt hat, wissen wir nicht.


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04.09.2022 um 15:44
Zitat von soomasooma schrieb:Mir ist sehr unverständlich, warum das keine weitere, ausführlichere Erwähnung im Urteil findet. I
Weil es keine Rolle spielt. Wurde hier auch schon zigmal geschrieben. MG hob Geld per von LK unterzeichneten Barschecks ab, und die Abhebungen erschienen natürlich auf den Kontoauszügen. LK hatte aber gleichzeitig ein Bankschließfach, in des MG Geld legen musste und aus dem er Geld holte. Dort lag auch Schmuck von ihr. Und anders als die Kontoauszüge konnte LK nicht kontrollieren, was im Schließfach landete und was daraus verschwand. Nach ihrem Tod wurde im Schließfach nichts mehr gefunden, es war leer, wie die Konten.


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04.09.2022 um 15:48
Zitat von Cpt.GermanicaCpt.Germanica schrieb:Im Zweifel soll er ein freier Mann bleiben und entschädigt werden. Auf die volle Gefahr hin, dass er es doch war.
So sehe ich das auch.

"Im Zweifel für den Angeklagten" - und nicht gegen ihn mit teils abstrusen Theorien.

Zur "Gesamtschau", auf die hier so gepocht wird, ein schon etwas älterer Artikel, der aber sicher nicht an Aktualität eingebüßt hat:

https://www.sueddeutsche.de/politik/fehlurteile-ohne-jeden-zweifel-1.2479505-0#seite-2

Daraus:
Oft werden Indizien so zusammengefügt, dass sie ins Bild passen

Nun gibt es viele skrupulöse Richter und gewissenhafte Staatsanwälte, denen sehr wohl bewusst ist, dass der Zweifel die Maxime des Strafprozesses ist. Doch wenn sie die Akte auf den Tisch bekommen, kann der Fall längst auf dem falschen Gleis sein. Die größten Fehler, so lautet das Fazit aller Untersuchungen, werden im Ermittlungsverfahren begangen. Formal hat dort zwar ein Staatsanwalt das Sagen, faktisch aber liegt die Arbeit in den Händen von Polizisten. Und Polizisten sind keine Zweifler. "Polizisten sind Jäger", sagt der Strafverteidiger Christof Püschel.

Die Beamten sind die ersten, die sich ein Bild vom Tatort machen, die Zeugen und Verdächtige befragen. Sobald sie sich auf eine Version des Geschehens festgelegt haben, kommt ein Mechanismus in Gang, der verhängnisvoll sein kann. Indizien werden so zusammengefügt, dass sie ins Bild passen. Fragen werden so formuliert, dass sie die gewünschte Antwort nahelegen. Das funktioniert ohne bösen Willen, Psychologen nennen das den "Confirmation Bias":

Man sucht nach Bestätigungen, nicht nach Widerlegungen. Und der "Confirmation Bias" sickert in die Akten ein - zum Beispiel über die Vernehmungsprotokolle, in denen die Aussagen ziemlich freihändig zusammengefasst werden. Die Befragten referieren dort scheinbar ausführliche Beobachtungen, auch wenn sie auf eine lange, suggestive Frage des Beamten vielleicht nur eines gesagt habe: Ja, so war's.
Dort wird auch erwähnt, dass geschätzt wohl jedes vierte Urteil ein "Fehlurteil" ist. Das gibt sehr zu denken.


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04.09.2022 um 15:58
Zitat von soomasooma schrieb:Dort wird auch erwähnt, dass geschätzt wohl jedes vierte Urteil ein "Fehlurteil" ist.
Das ist eine Einzelmeinung des BGH-Richters Ralf Eschelbach, die dieser mal irgendwo von sich gegeben hat. Wissenschaftliche Untersuchungen bzw. Statistiken gibt es dazu keine, kann es auch kaum geben, weil die Untersucher ja bei der kompletten Hauptverhandlung dabei gewesen sein müssten, um zu entscheiden, ob die Richter eine falsche Beweiswürdigung betrieben haben.

Die Glaubwürdigkeit eines Zeugen zB kann halt nur der beurteilen, der den Zeugen miterlebt hat, nicht jemand, der bei der Aussage gar nicht dabei war. Aus guten Gründen überprüft der BGH in der Revision daher auch nur Rechtsfehler, mehr geht nicht. Dass in seinem Senat beim BGH jedes 4. Urteil wegen Rechtsfehlern aufgehoben wird, behauptet Herr Eschelbach allerdings konkret nicht.


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04.09.2022 um 16:12
Nachtrag: Ansätze einer Fehlurteilsforschung in Deutschland gibt es, allerdings kaum valide empirische Daten. Einig ist man sich aber, dass es vielerlei Gründe für Fehlurteile geben kann, Das fängt bei gesetzlichen Rahmenbedingungen an und hört bei der Qualität von Verfahrensbeteiligten, und zwar nicht nur von Richtern und Staatsanwälten, sondern natürlich auch von Verteidigern nicht auf. Ob die unten im Link erwähnte „Opferzentrierung“ der letzten Jahre zwangsläufig einen Grund für Fehlurteile bilden muss, wage ich allerdings zu bezweifeln.

http://www.jura.uni-bielefeld.de/lehrstuehle/barton/veroeffentlichungen_vortraege/Aspekte_der_Fehlurteilsforschung_Einfuehrung.pdf


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04.09.2022 um 16:46
Zitat von AndanteAndante schrieb:Das ist eine Einzelmeinung des BGH-Richters Ralf Eschelbach, die dieser mal irgendwo von sich gegeben hat. Wissenschaftliche Untersuchungen bzw. Statistiken gibt es dazu keine, kann es auch kaum geben, weil die Untersucher ja bei der kompletten Hauptverhandlung dabei gewesen sein müssten, um zu entscheiden, ob die Richter eine falsche Beweiswürdigung betrieben haben.
Danke, dass du das noch mal richtiggestellt hast...diese Mär wird hier ja immer mal wieder rausgekramt und in den Threads als Tatsache verbreitet.

Thomas Fischer z.B. zweifelt diese Zahl angeblicher Fehlurteile nach eigener Aussage an.


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04.09.2022 um 16:57
Zitat von Cassandra71Cassandra71 schrieb:Thomas Fischer z.B. zweifelt diese Zahl angeblicher Fehlurteile nach eigener Aussage an.
Auch der ehemalige BGH-Präsident Tolksdorf, ein erfahrener Strafrichter, hält Eschelsbachs Meinung für falsch und verweist zu Recht darauf, dass es dafür keine Belege gebe.

https://www.nwzonline.de/politik/druck-auf-deutsche-richter-waechst_a_29,0,1938761017.html

Aber klar, Eschelbach kommt immer gut, wenn man noch irgendwas für die Annahme eines angeblichen „Fehlurteils“ braucht…


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04.09.2022 um 18:33
@Andante
@Cassandra71
Zitat von Cassandra71Cassandra71 schrieb:hast...diese Mär wird hier ja immer mal wieder rausgekramt
Zitat von AndanteAndante schrieb:Eschelbach kommt immer gut, wenn man noch irgendwas für die Annahme eines angeblichen „Fehlurteils“ braucht…
Wichtiger war mir eigentlich der zitierte Text. Es wäre übrigens sehr schön, wenn Ihr beiden weniger abschätzig diskutieren würdet, wenn Ihr denn könnt.


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04.09.2022 um 22:51
Hier noch mal das Interview mit Tolksdorf, worin er seinem Kollegen Eschelbach entschieden widerspricht:

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.interview-zu-fehlurteilen-kein-mensch-wuerde-richter.16065407-e8a5-4097-bc7a-17c455f1f010.html

Warum nun immer noch sehr gerne im Zusammenhang mit angeblichen Fehlurteilen allein Eschelbach erwähnt wird, wenn es um Fehlurteilszahlen und -gründe geht, aber weder Fischer noch Tolksdorf, ist ziemlich offensichtlich, wenn es in den Medien um Klicks und Auflage geht.


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05.09.2022 um 07:52
Zitat von soomasooma schrieb:Wichtiger war mir eigentlich der zitierte Text.
Ok, reden wir über den Text.

Da wird vieles behauptet, aber kein einziger Beleg erbracht, der durch Quellen untermauert ist. Das ist das, was mir als erstes auffällt.

Desweiteren vieles im Konjunktiv: Kann. Klar, kann...kann aber auch genauso gut nicht.

Inwieweit der Text für den hier diskutierten Fall von Nutzen sein soll, erschließt sich mir nicht.

Das Gericht ist, unter anderem wegen des Gutachtens des Rechtsmediziners, zu der Überzeugung gelangt, dass ein Unfall der Frau K. auszuschließen ist und ein Tötungsdelikt vorliegt. Durch wiederum andere Indizien kam das Gericht zu dem Schluss, dass Herr G. der Täter sein muss.

Keine Zweifel, kein in dubio pro reo.

Und dass Indizien so zusammengesetzt werden, dass sie ins Bild passen, ist doch auch logisch...wie soll man sie sonst zusammensetzen?

Etwas, das nicht zusammen passt, kann man übrigens nicht zusammensetzen.


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05.09.2022 um 08:10
Zitat von Cassandra71Cassandra71 schrieb:Keine Zweifel, kein in dubio pro reo.
so wie in dem Fall Rupp. Da gab es auch keinerlei Zweifel immerhin wurden die Kinder des Mordes zweifellos überführt. Die Leiche sollte zerstückelt und an die Schweine verfüttert worden sein. Ohne jeglichen Zweifel, bis diese verunfallt aus einem Autowrack gezogen wurde. Das zu zweifellos.


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