Badewannenunfall von Rottach-Egern
22.10.2019 um 17:43JosefK1914-2 schrieb:Es hat sich so (bewusst oder unbewusst) der Überprüfung auf Sachlichkeit entzogen und das ausgerechnet am zentralsten Punkt.Die schriftlichen Urteilsgründe wenden sich natürlich nicht an die Öffentlichkeit, denn sie sind für die Revisionsinstanz bestimmt. Die Revision ist ein Aktenverfahren. Eine Veröffentlichung der Akten ist nicht vorgesehen. Eine Veröffentlichung des Urteils nicht zwingend. Für die Öffentlichkeit ist die mündliche Urteilsbegründung gedacht. Die wird bei größeren Verfahren zwar auch schriftlich abgefasst, ist aber in Umfang und Duktus ganz anders als die schriftliche Begründung.
Insofern ist für uns als "Öffentlichkeit" das Urteil eine Krücke. Denn das Gericht erklärt nicht "uns", was es gedacht hat, sondern erklärt es anderen Richtern, die es nach bestimmten Gesichtspunkten (Rechtsfehlern) überprüfen. Dinge, die das Gericht nicht für entscheidungserheblich gehalten hat, die werden nicht erörtert.
Hier im Urteil hat das Gericht ziemlich sauber begründet, wie es zu seinen Schlüssen kommt. Ich halte die zwar - wie Du - im Ergebnis für fehlerhaft, da die Kaskade an Annahmen kaum auf tatnahen Indizien fußt und die Argumentation über den Beweiswert von Gutachten ziemlich inkonsistent ist (siehe Ausschluss Computersimulation). Hätte der BGH gewollt (oder sich intensiver damit befasst), hätte er über den abgelehnten Beweisantrag das Verfahren erneut kippen und zurückverweisen können. Er dürfte dazu wenig Lust gehabt haben und hat die Argumentation für plausibel gehalten.
Wenn Du die Argumentation des Gerichts nicht für plausibel hältst, kannst Du gut und gerne Recht haben (jedenfalls genauso wie @Andante), aber diesen Spielraum gibt auch ein Rechtssystem, dessen Entscheidungen nicht unfehlbar sondern Menschenwerk sind. Kritik wird im Übrigen nicht nur in der medialen Öffentlichkeit (wie hier) geübt, sondern auch in der Rechtswissenschaft. Da ist die Kritik an Gerichten Gang und Gäbe. Da heißt es dann "Ich bin der Ansicht, dass der BGH hier von falschen Voraussetzungen ausgeht, weil er die Intention von § xy nicht beachtet." Im Grunde sind Gerichtsentscheidungen auch nur Behauptungen und Meinungen. Allerdings gibt ihnen das Gesetz ab einem bestimmten Punkt Rechtskraft, so dass z.B. Behauptungen zu gerichtlichen Feststellungen werden. Damit werden sie aber nicht zwingend überzeugender.