Das rätselhafte Verschwinden von Kris Kremers & Lisanne Froon
30.08.2024 um 01:59
Ich möchte mal meine allgemeinen Gedanken zu diesem Fall schildern. Der Thread ist schon so alt, ich werde definitiv keine neuen Erkenntnisse oder Überlegungen liefern. Seit einigen Tagen hat mich dieser Fall aber wieder so gepackt. Ich habe mich noch nie so intensiv damit befasst wie in den letzten Tagen.
Ausgangspunkt: Ab wann muss man eine Theorie verwerfen, wenn sie zu viele Zufälle bzw. Unwahrscheinlichkeiten beinhaltet? Wir alle hier würden z.B. sicherlich sagen, im Fall Lisanne und Kris waren KEINE übernatürlichen Kräfte am Werk – zu unwahrscheinlich. Wie wahrscheinlich ist, dass zwei ortsunerfahrene, junge Personen in einem unbekannten wild-landschaftlichen Gebiet im Rahmen einer Semi-geplanten Wanderung „lost“ gehen und verhungern, verbluten, etc.? Wie wahrscheinlich ist es, dass die ersten Personen, welchen die beiden auf ihrer Wanderung zufällig treffen, Sexualstraftäter sind? Wie wahrscheinlich ist es, dass K und L gezielt entführt wurden? Z.B. vom Taxifahrer?
Überlegung: Wie könnte man noch mehr beweisen, dass die beiden durch einen Unfalltod ums Leben gekommen sind? Das wird schwer. Denn in diesem Szenario wird es keine neuen ZUFRIEDENSTELLENDEN Spuren mehr geben können. Selbst, wenn noch weitere Knochen, noch mehr „persönliche“ Gegenstände, wie die Unterhosen, etc. gefunden werden würden, sie würden eben *nicht* noch mehr beweisen können, dass die beiden verunfallt sind. Was ich damit sagen will: die Lost/Unfall-Theorie ist wie zu beweisen, dass Gott NICHT existiert. Der Reizdarm des Verbrechens sozusagen.
Um hier also überhaupt noch irgendwas neues, ZUFRIEDENSTELLENDES herausfinden zu können, bräuchte man mehr Indizien, besser natürlich richtige, echte prüfbare Beweise dafür, dass K und L einem Verbrechen zum Opfer gefallen sind.
Moralischer Aspekt: Will man, dass diese beiden Frauen einem Verbrechen zum Opfer gefallen sind, damit „wir“ eine auflösbare Story haben?
Moralischer Aspekt: viele Theorien beinhalten sexistische (in beide Richtungen) und rassistische Stereotype. Dass der Fall überhaupt so eine große Aufmerksamkeit erfährt, kann fast als sexistisch bewertet werden aber ich will jetzt nicht noch mehr abschweifen.
die Lost & Unfall Theorie
Lisanne und Kris wandern zum Mirador als Ersatz für einen eigentlich geplanten Arbeitstag in einer Kita. Beide waren über die kurzfriste Umplanung sicherlich not amused. Wie kann man die Zeit rum kriegen bis zum Geburtstag der Panama Freundin am Nachmittag? Wie wäre es mit dem Mirador. By the way: der Pianista Trail wird auf einer random gegooglten Seite so beschrieben und auch bildlich dargestellt (wunderschön):
„Beliebte Wanderung bei Boquete, Chiriquí, Panama
Diese naturnahe Route eignet sich ideal für alle, die in eine wahrlich magische Dschungelwelt eintauchen möchten. Nur rund 4 km von Boquete entfernt führt dieser Trail durch mystischen Nebelwald – ein einzigartiges Erlebnis!“
Zwei junge, sportliche Frauen mit Wanderschuhen im Reisegepäck, viel Freizeit und gutem Wetter? Klingt doch nicht schlecht oder? Sie wandern also und wollten dann logischerweise irgendwann vor Einbruch der Dunkelheit wieder heim. Es passiert entweder ein Unfall – Lisanne bricht sich den Fuß – oder die beiden merken einfach, komplett verlaufen. Die Laune ist dahin, die Füße schmerzen von der ungeplant langen Wanderung. Keine Lust irgendwas davon zu fotografieren, wozu auch? Der Spaß ist vorbei. Und leider gibt es keinen Handyempfang. Funkloch, überall. Am besten also erstmal hinsetzen (vielleicht durch Verletzung auch gar nicht anders möglich) und eine Nacht abwarten. Man läuft vielleicht mal ein paar Schritte um zu prüfen, ob sich auf dem eingeschalteten Handy nicht doch etwas tut, nein, Signalbalken erscheinen. Nein. Also erstmal abwarten. Irgendwann wird klar, so schnell kommt keine Hilfe also heißt es auszuhalten und alle elektrischen Geräte bestmöglich zu schonen. Heißt keine Bilder, keine Nachrichten tippen. Wozu auch? Wir, zwei junge fitte Frauen auf der Reise ihres Lebens sterben doch nicht im Dschungel von Panama. Hier waren doch überall Hütten und Ziegen, etc. hier ist Zivilisation. Wir müssen nur unsere Kräfte sparen und durchhalten, Akkus sparen. Zu bestimmten, taghellen Uhrzeiten werden vielleicht bestimmte Punkte abgelaufen in der Hoffnung, doch mal ins Netz zu kommen. Die beiden haben nicht viel Essen, keine wärmende Kleidung. K ist eventuell auf Medikamente angewiesen. Um der Fußfäule zu entgehen, müssen die Schuhe ab und an ausgezogen werden. Das muss man nicht wissen, das wird man merken wenn es so weit ist. Schuhe können über Leben und Tod bestimmen, das nur mal als Anmerkung. Vielleicht in einem bereits vollkommen verzweifelten, Delirium nahen Zustand wird in der Nacht vom 8 April die Kamera gezückt weil man irgendwas hört, sieht und man versucht, mit dem Blitz Aufmerksamkeit zu erregen. Irgendwann sterben Lisanne und Kris. Durch das feuchte Tropenklima (ich behaupte das jetzt mal) locken die toten Körper sofort alle möglichen Tiere an. Irgendwann ist alles so abgenagt und/oder vom Wasser aufgeweicht, dass die Körper zerfallen und von der Biodiversität des Dschungels in den ewigen Kreislauf des Lebens eingeführt werden. Hier lohnT es sich auch, mal nach Verwesung zu googlen und sich einen Eindruck davon zu schaffen, wie schnell ein Körper seine Gestalt verliert, etc. Ich bin dabei auch auf das Phänomen des sonnengebleichten Knochens gestoßen. Wieso denken wir alle automatisch bei Knochen daran, dass sie weiß sind? Weil wir sie vor allem aus der Natur(-Dokumentationen) kennen, und da eben von Tieren. Die wenigsten Tiere auf der Erde werden vergraben. Dass Knochen von der Sonne gebleicht werden, ist der Normalfall und keine Seltenheit. Es trifft nur selten auf den Menschen zu, da wir unsere toten Körper unter die Erde bringen. U.a. genau um die Würdelosigkeit zu vermeiden, Oma und Opa an der Erdoberfläche den natürlichen Prozessen mit all seinen unhygienischen Eigenschaften auszusetzen. Nach und nach werden der Rucksack mit befindlichem Inhalt und einzelne Knochen aufgefunden. Verstreut von Tieren, Witterungsbedingungen, etc.
Tötungsdelikt – Theorie
Zur Vereinfachung: ich schließe ein anderes denn ein sexuell motiviertes Tötungsdelikt aus, da zu unwahrscheinlich. Organhandel ist für mich noch so ein Reizdarm Phänomen in Verschwunden Fällen. Praktisch, Organe hat schließlich jeder Mensch. Und die von Touristen scheinen besonders attraktiv zu sein. Man erregt zwar gerade deswegen die maximale Aufmerksamkeit, aber vielleicht ist das auch der Reiz der Sache… okay. Eifersucht wohl kaum, Streit wohl kaum, Raub wohl kaum.
Ich schließe auch eine Tatbeteiligung von mehr als 5 Personen aus da mir zu sehr im Bereich der Verschwörungstheorie. Ich weigere mich zu glauben, dass irgendeine Dorfgemeinschaft in Panama Interesse daran hat, den Sexualmord an 2 Frauen für Cousin Hugo oder Onkel Berti zu decken.
Fragen zum sexuell motivierten Tötungsdelikt:
wurden L und K verfolgt, gelockt oder sind sie den Tätern in die Arme gelaufen?
die Verfolgung
Mann (!) erfährt zufällig von L und Ks Plan, am 01.04. den Mirador zu bewandern. Dieser Plan wurde am 01.04. spontan gefasst, da eigentlich etwas anderes geplant war. Es war z.B. der Taxifahrer. Er hat die beiden da abgesetzt und ist ihnen etwas später – mit gebührendem Abstand und vielleicht mit Kumpanen – gefolgt. In einem günstigen Moment schnappen sie zu, und bringen L und K in ihre Gewalt um sexuelle Straftaten an ihnen zu begehen.
die Verlockung
K und L wurden entweder zum vereinbarten Zeitpunkt 13 Uhr zum Mirador gelockt und dort in Empfang genommen oder haben unterwegs jemanden kennengelernt, der ihnen ein Abenteuer versprach. Es kann natürlich auch sein, dass ein XY ihnen von Ort ZZ erzählt hat und dann dort auf L&K gelauert hat. Vor dem 1. April kann aber niemand gewusst haben, dass K und L überhaupt planten, zum Mirador zu gehen. Derjenige muss das also zufällig morgens mitbekommen und sich dann noch vor L und K auf dem Weg zum Mirador gemacht und dort versteckt haben. Wenn L & K sich dort gezielt verabredet haben, warum haben sie niemanden davon erzählt? Wieso sollten diese Frauen ohne irgendwelche Sicherheitsvorkehrungen eine Verabredung im Dschungel treffen? Selbst wenn man annimmt, sie wurden von einer Frau gelockt, wieso sollten sie niemanden davon erzählen? Es wusste irgendwie auch jeder, dass am nächsten Tag die Tour mit dem Guide geplant war?
der Zufall
K & L sind am Mirador zufällig einer Gruppe von Männern begegnet. Mit diesen könnten sie zunächst harmlos rumgeschäkert haben. Vielleicht hat einer die beiden Frauen in seine Hütte zum Chillen eingeladen. Oder sie wurden eben unter Waffengewalt dort hin verbracht. K und L sind in diesem Szenario dann zufällig unter den paar Menschen die man um den Mirador antrifft NUR auf ihre späteren Mörder getroffen, denn andere wirklich glaubhafte Zeugenaussagen gab und gibt es nicht.
Unabhängig davon, wie L und K letztlich in die Verbrechenssituation hineingeraten sind, ich denke ab dem Punkt müsste es in etwa so abgelaufen sein um all die Informationen, die wir nun vermeintlich haben zum Verbrechensbild zusammen zu setzen. Täter kann für 1 oder mehrere Personen stehen.
K und L befinden sich in Gefangenschaft und sind NICHT im Besitz ihrer Sachen (Handys, Kamera, etc.). Sämtliche noch auf den Handys oder Kamera getätigten Aktionen wurden durch den Täter durchgeführt und dienten ausschließlich dem Vorhaben, eine Notfallsituation vorzutäuschen. Dazu verbringt der Täter die Handys in scheinbar bestimmten zeitlichen Intervallen in ein Funkloch. Kann von dort aus gefahrenlos die Signale checken, Notrufe absetzen. Er öffnet mal die Uhr App um zu suggerieren, wie L und K die Uhrzeit wissen wollen, mal wählt er die 911 mal die 110. Perfekt unperfekt, denn in einer Notfallsituation funktioniert nichts perfekt. Würde es nicht auch passen, dass eine der Frauen in Panik gerät, den Pin nicht mehr weiß und diesen dann wiederholt falsch eingibt? Perfekt unperfekt. An der Stelle bekomme ich das erste richtige Problem mit der Verbrechenstheorie. Die besten, perfekten Verbrechen sind mMn Glückstaten, Zufälle. Das Gegenteil von geplant, das Gegenteil von zu sehr in die Detailarbeit gehen denn das alles sind letztlich Spuren. Die meisten Täter sind hohl wie eine Weihnachtsgans vor der Füllung. Die schließen heute eine Lebensversicherung ab und ermorden morgen den Versicherten. Die googeln „Leiche verscharren“ und „ wie tötet man schnell“. Was hätte ein solcher Täter meiner Meinung nach gemacht: er wäre a) entweder wirklich klug gewesen und hätte sämtliche Spurenträger genauso gut „entsorgt“ wie sämtliche andere Knochen etc. die bis heuet erfolgreich NICHT gefunden wurden
b) er war neunmal-schlau also eben nicht schlau und wollte das perfekte Verbrechen inszenieren und hätte dann ganz ganz sicher viel mehr Spuren dafür gelegt die „beweisen“ dass K und L sich in einer Notfallsituation befunden haben. Interessanterweise hat er das nämlich ganz offensichtlich nicht Er hat all seine Manipulationsversuche genauso durchgeführt, dass sie eben doch nur vage andeuten und überhaupt nichts – weder in die eine oder in die andere Richtung- Könnte und kann nicht, der rote Pfaden durch diesen Panama Dschungel.
Aber natürlich kann ja genau das sein Plan gewesen sein. Neben der Lust an der Vergewaltigung und Tötung auch das Spielen mit den Ermittlern. Das würde auch bedeuten, dass auf Foto 509 überhaupt nichts zu sehen gewesen sein muss. Er hat es einfach gelöscht um Fragezeichen auszulösen. Wie wahrscheinlich ist es, dass Foto 509 einzig und allein als einziges Foto deswegen gelöscht wurde, weil darauf etwas zu sehen war, das niemand sehen soll?
Wenn ich mir einen solchen Täter vorstelle dann käme ich tatsächlich dahin zu sagen, das ist ein Psychopath ala Hannibal Lecter mit sadistischen Tendenzen. Das muss ein intelligenter, sehr IT affiner und auch kreativer Mensch sein. Niemand, dem es einfach nur um einen schnellen Sexmord ging, hier war vor allem die Lust an dem Ermittlerspiel vorrangig. Denn in einem Dschungel ist es zu keinem Zeitpunkt notwendig, ein Notfall Szenario vorzutäuschen. Das ist das erste, was man annimmt, wenn man eine Person vermisst. Es gab und gibt ja auch keinen dringend Tatverdächtigen. Und dann frage ich mich, warum er nicht richtig spielt. L und K in irgendwelche Szenen setzt, sie Nachrichten schreiben lässt, die Ermittler verpönt, sich kein neues Opfer gesucht hat.
Oder es war eben doch der „schnelle Sexmord“. Warum dann aber überhaupt irgendwas zurück lassen? Irgendwas wo es ja offensichtlich möglich ist, auch Dinge komplett auf nimmer wiedersehen verschwinden zu lassen.
Und: welcher Sextäter lässt e die BHs seiner Opfer zurück?
Ich merke es gerade wieder, man kann stundenlang über diesem Fall grübeln und kommt doch keinen Schritt weiter. Mit keinem Schritt weiter meine ich, wir sind weit von irgendwelchen Namen entfernt. Ist es denn möglich, dass man eine Kamera an einem Rechner anschließt ohne, dass auf der Kamera Spuren von diesem Transfer zu sehen sind? Selbst gelöschte Spuren?
Random Abschlussbemerkungen:
- es gibt den Fall Jared Negrete der mich irgendwie an das Verschwinden von K und L erinnert
- wenn man annimmt, K und L sind am Mirador zufällig einem Sextäter in die Hände gefallen erinnert mich das an die Snapchat Morde. Nur, dass hier der Täter eben überhaupt nicht technik-affin war und keinerlei Versuche unternommen hat, Daten zu löschen, etc.
- gab es jemals einen vergleichbaren Fall wo ein Täter eine Verlaufen Situation vortäuschen wollte und dies durch erfolglose Notrufe und un-aussagekräftigen Bildern? Ich kenne das Faken von Nachrichten. Aber sowas?
- wenn der Täter wirklich so genial war, werden wir niemals rausfinden, was genau passiert ist Es sei denn, er ist narzisstisch genug um seine Taten zu gestehen und uns alle von der Fragerei zu erlösen