Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre
02.11.2019 um 09:48Seps13 schrieb:Übrigens lese ich wenig vergleichbare Kritik an Pfaffingers "ätzender" Personenbeschreibung, der wie selbstverständlich auf die Bezeichnung "arbeitsscheuer Alkoholiker" reduziert wird, um im gleichen Atemzug seine Aussagen als unglaubwürdig hinzustellen.Dir ist der Unterschied zwischen einer durch jahrelangen Alkoholmissbrauch entwerteten Zeugenaussage (Pf. hat zB in einer Vernehmung behauptet, vom Fenster aus einen Mann mit Heiligenschein zu sehen) und unwissenschaftlichen Rückschlüssen von der Physiognomie auf kriminelle Eigenschaften einer Person aber schon bewusst?? Abgesehen davon dass Pf. sein Geständnis in dem Moment widerrufen hat als er merkte, dass a) keine Belohnung herauskommen wird und b) er sich selbst belastet. Im Urteil gibt es eine seitenlange Beurteilung seines Geisteszustandes, in der selbst das Gericht zu keinem eindeutigen Ergebnis kommt - was sie nicht daran gehindert hat wegen seinem "Täterwissen" zu beweiswürdigen.
Seps13 schrieb:aber er nimmt Fehler und ein Misslingen durch Spontanität und Ausprobieren bei den Dingen, die er anpackt, in Kauf, wo andere vorsichtiger und vorausschauender wärenAber mit Sicherheit nicht den Fehler, so ein Verbrechen mit einem unzuverlässigen Alkoholkranken zu begehen, zu dem er noch dazu nicht das beste Verhältnis hatte.
Andante schrieb:Nein, deswegen allein sitzt Mazurek ganz sicher nicht im Knast.Das einzige das in der Aufzählung oben überhaupt relevant wäre sind die Schulden. Aber wenn ich Schulden habe und mir das Wasser bis zum Hals steht, vergewissere ich mich als Entführer als erstes ob die Eltern des Opfers liquid sind und nehme nicht irgendein zufällig daherkommendes Kind und hoffe dass Staat oder Kirche einspringen.
Bezüglich Veröffentlichung anonymisierter Zivilurteile gibt es eine Entscheidung des BGH von 2017, die diese Möglichkeit bejaht:
https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bgh-hzivilgerichte-muessen-urteile-anonymisiert-veroeffentlichen/
Eine Ausdehnung auf Strafurteile im Wege der Analogie ist plausibel:
Der Presse- und Medienrechtler hält es für nicht nur möglich, sondern sogar für zwingend, die Entscheidung auch auf andere Rechtsgebiete und Gerichtsbarkeiten anzuwenden. "Die vom BGH aufgestellten Grundsätze sind eins zu eins übertragbar. Auch in Strafsachen ist die Herausgabe einer geschwärzten Urteilsabschrift nicht nach den Regeln der Akteneinsicht zu beurteilen. Sie verletzt niemandes Rechte –und auch gegenüber Verwaltungsgerichten kann sich nun jeder auf die Entscheidung des BGH berufen, wenn er Informationen über ein Bauplanungsverfahren oder die Erteilung einer Gaststättenerlaubnis haben möchte"