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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

11.655 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Wald, Entführung, München ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

03.11.2019 um 05:00
So, ich melde mich nun mal zu Wort. Mir ist klar, dass nicht alle Teilnehmer hier Kenntnis des gesamten Urteils haben, mir ist auch klar, dass ich keine Kenntnis der verschiedenen Verhandlungen, die hier stattfanden, durch eigenes Erleben habe. Ich habe auch überhaupt keine Ahnung von Technik oder gar den Themen der Tonband-Diskussion hier.

Ich kann also nur rein subjektive Eindrücke wiedergeben, die ich als fachkundiger Mensch (Jurist und Strafverteidiger) hier gewonnen habe, und zwar in erster Linie durch das Lesen des gesamten Urteils des Strafverfahrens gegen M.

Zuerst muss ich sagen, ich habe selten ein so umfangreiches Urteil gelesen, es umfasst mehr als 300 Seiten. Ich habe den Eindruck, das Gericht hat sich sehr bemüht, die Wahrheit in diesem Fall zu ergründen. Ich muss auch feststellen, dass ich noch nie einem Fall begegnet bin, in dem so viele Zeugen vor der Hauptverhandlung verstorben sind, so dass in vielen Fällen nur der Urkundsbeweis einer mehr oder weniger protokollierten früheren Vernehmung oder gar nur die Aussage ehemaliger Vernehmungsbeamter verwendet werden konnte.

Als Strafverteidiger bekomme ich da automatisch Bauchschmerzen, da der Unmittelbarkeitsgrundsatz, also der Grundsatz, dass Zeugen in der Hauptverhandlung vom Gericht zu vernehmen sind, mir sehr wichtig ist. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat diesen Grundsatz ausgebaut dahingehend, wie er auch z.B. in der schweizerischen oder der amerikanischen Bundesverfassung integriert ist, dass ein Angeklagter das Recht haben sollte, ihn belastende Zeugen zu konfrontieren.

In allen mir bekannten Rechtsordnungen gibt es aber Ausnahmen von diesem Grundsatz, z.B. wenn ein Zeuge zuvor verstorben ist und frühere Aussagen von ihm oder ihr vorliegen. Insofern ist formalrechtlich hier alles in Ordnung, aber es stellt dieses Gericht hier vor einige Herausforderungen. Die Richter hier mussten die Glaubwürdigkeit, die Persönlichkeit und andere Umstände der Zeugen und deren Aussagen beurteilen, ohne die Zeugen persönlich in Augenschein nehmen zu können. Das ist ein Problem.

Das heisst nicht automatisch, dass es hier Fehler gemacht hat!

Mir persönlich erscheint, und hier komme ich jetzt zu einem Punkt, der in der Diskussion in diesem Thread eventuell anders erscheint, mir persönlich scheint das Gericht M. nicht in erster Linie wegen dem Tonband und dem dazu gehörenden Gutachten verurteilt zu haben. Es spricht zwar davon, dass dieses Thema ein wesentlichen Einfluss hatte, aber weder der Umfang der Erörterung im Urteil noch die Schlussfolgerungen des Gerichts scheinen mir dahingehend zu sein, dass ich das Gefühl hätte, ohne dieses wäre M. nicht verurteilt worden.

Im Gegenteil. Ich habe das Gefühl das Tonband war gar nicht so relevant, wie es hier durch die sehr detaillierte Diskussion erschien. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass wenn dieses Tonband nie gefunden worden wäre, ich dennoch den Schlussfolgerungen des Gerichts folgen kann, dass M. der Täter gewesen ist.

Die Folgerungen des Gerichts hinsichtlich Motiv, Gelegenheit und Tatausführung des M. sind für mich auch ohne das Tonband nachvollziehbar.

Dabei berufe ich mich und beruft das Gericht sich freilich sehr stark auf die Person und die Aussagen des Pfaffinger. Er hat sicherlich eine Schlüsselfunktion in all dem.

Aber auch hier gilt: nicht nur er.

Das Gericht geht davon aus, dass an der Tat mindestens zwei Personen beteiligt gewesen sind. Eine davon war M., eine davon P. Eventuell sogar eine dritte Person - hier ist ein Punkt, den ich gerne weiter ausgeführt gesehen hätte, das Gericht nimmt diesen Faden aber leider nicht weiter auf, obwohl es ihn begonnen hat.

Nun schauen wir mal: Zum Motiv. Ein Motiv ist übrigens im Strafrecht keine zwingende Voraussetzung für eine Verurteilung. Es sind Fälle vorstellbar und kommen vor, in welchen das Motiv des Täters im Dunklen bleibt, aber seine Tatbeteiligung anderweitig völlig klar ist.

Hier hat das Gericht angenommen, dass M. konstant erhebliche Geldschulden hatte und auch in der Vergangenheit immer wieder einmal eine Straftat zur Behebung der Geldsorgen in Erwägung gezogen hat. Das wird durch Zeugenaussagen gestützt.

Eine Gelegenheit für M. die Tat zu begehen ergab sich für das Gericht aus verschiedensten Elementen schlüssig, die ebenfalls recht akribisch durch Zeugenaussagen und verschiedene Gutachten erhoben wurden. M. war der Tatort vermutlich bekannt, er hat vor allem kein plausibles Alibi und er hat Kenntnisse, die dem Täter bei der Tat sicherlich hilfreich waren. Dazu verfügte er über Möglichkeiten, die Tat vorzubereiten (Zugang zu Werkstätten etc.)

Das Gericht hat akribisch versucht, die vielfältigen Personenkonstellationen hier zu verstehen und zu bewerten, also die Beziehungen zwischen M. und verschiedenen Zeugen.

In all dem habe ich keine formalrechtlichen Fehler gesehen (ich bin aber nicht der BGH!) und kann die Schlussfolgerungen im Urteil durchaus nachvollziehen.

Das Gericht hat sich auch mit mindestens einer anderen Person, die als Täter in Frage zu kommen schien, ausführlich beschäftigt und festgestellt, dass dieser Person keine schlüssige Tatbeteiligung oder Tatausführung nachzuweisen ist. Dem konnte ich folgen.

Meiner Meinung nach hat das Nachtatverhalten des M. und vor allem seine eigenen Aussagen schlüssig zur Verurteilung geführt. Die Polizei hat mit einigem Aufwand hier ermittelt und z.B. auch Telefongespräche des Verdächtigen abgehört. Der Inhalt eines davon ist m.E. ein sehr starkes Indiz für die Täterschaft.

Noch einmal zum Tonband. Ich habe keine Ahnung von der Technik und die hier sehr detaillierte Diskussion geht weit über meinen Horizont. Ich stimme der Diskussion hier zu, dass ich das Gutachten der Gutachterin für sehr problematisch halte und denke, das Gericht hätte es durchaus ignorieren sollen. Aber, zumindest aus dem Urteil sehe ich, dass das Gericht es keineswegs für den Kernpunkt seiner Beurteilung des gesamten Falles angesehen hat.

Und daher komme ich zu meiner ganz persönlichen Einschätzung: selbst wenn man das Gutachten erfolgreich anfechten und aus der Beweiswürdigung ganz herausnehmen würde, bleibt mir der Eindruck, dass M. dennoch zu Recht verurteilt ist, bzw. dass eine solche Anfechtung nicht zu einem anderen Urteilsspruch führen würde. Oder in anderen Worten gesagt: selbst wenn man überzeugend darlegen kann, dass das untersuchte Tonbandgerät nicht das des M. gewesen ist oder nicht das gewesen ist, mit welchem man die Telefonanrufe bei der Familie H. technisch vorbereitet hat, ändert das m.E. nichts an den anderen Indizien, die auf eine Schuld des M. hinweisen.

Soviel von mir. Verzeiht mir, dass ich hier eine Beurteilung abgebe, die auf der Kenntnis des Urteils beruft, die nicht alle hier haben. Und ich will auch noch einmal klarstellen, dass dies lediglich mein persönlicher Eindruck ist, ich bin weder Richter noch sonst wie Beteiligter an diesem Verfahren und mein Eindruck kann natürlich ganz falsch sein.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

03.11.2019 um 06:36
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Ich habe das Gefühl das Tonband war gar nicht so relevant, wie es hier durch die sehr detaillierte Diskussion erschien. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass wenn dieses Tonband nie gefunden worden wäre, ich dennoch den Schlussfolgerungen des Gerichts folgen kann, dass M. der Täter gewesen ist.
Das ist eine interessante Einschätzung.
Ich habe tatsächlich lange gedacht, das Urteil steht und fällt mit dem Tonbandgerätegutachten. Also Mazurek würde quasi direkt ins Wiederaufnahmeverfahren katapultiert werden, wenn nur ein passender Gutachter gefunden würde.

Erst nach und nach kam mir die Idee, dass Pfaffingers Geständnis viel wichtiger sein könnte und ich hatte angeregt, mal Zeitungsberichte und seine Aussage direkt zu vergleichen. Leider dürfen Artikel hier ja nicht veröffentlicht werden und das Urteil ist noch nicht anonymisiert. Daher an dich die Frage:

Macht Pfaffingers spontane Aussage, so wie im Urteil wiedergegeben und vor dem "Umschwenken", den Eindruck, er habe Zeitungswissen aufgesagt? Dabei geht es mir nicht darum, ob vielleicht alle Details auch in irgendeiner Form in verschiedenen Zeitungen zu finden waren, sondern wie er das Erinnerte vortrug. So, als wäre es etwas, was damals viele Leute gelesen und sich gemerkt haben oder so, als hätte er es selbst erlebt?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

03.11.2019 um 06:56
Das Gericht schreibt, dass nach seiner Überzeugung Pfaffingers Aussage "erlebnisfundiert" sei. Es geht auf den Punkt der Presseberichte ein, und stellt ein entscheidendes Detail fest, das in der Presse nicht oder nicht korrekt wiedergegeben worden sei. Pfaffinger aber habe genau bei diesem Detail die tatsächlichen Verhältnisse am Tatort wiedergegeben und eben nicht die in der Presse zu lesenden Angaben.

Es stellt weiter fest, dass die Art seiner Angaben sehr "erlebnisnah" klingen und kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass er hier nicht die Angaben der Presse wiederholt.

Da ich die Presseberichte nicht kenne, kann ich das nicht weiter beurteilen, aber das Gericht hat sich jedenfalls mit dieser Frage auseinandergesetzt.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

03.11.2019 um 07:30
@Rick_Blaine
Danke erstmal für die Angabe deines Berufes. Jetzt stellt sich mir nur noch die Frage, was genau dieses Detail war. Die Beschaffenheit des Bodens?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

03.11.2019 um 07:36
Es waren tatsächlich mehrere Details, hauptsächlich ging es um die Grösse von Kiste und Loch.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

03.11.2019 um 07:46
Was mich beim Durchlesen der vorherigen Post zum Nachdenken gebracht hat ist, dass man die Kiste doch eigentlich zufällig gefunden hatte. Nach 2 Wochen? Ging man da gezielt Suchen, obwohl die Suchaktion denke ich doch bereits abgebrochen worden war. H.W. war doch Ex-Polizist.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

03.11.2019 um 07:47
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Es stellt weiter fest, dass die Art seiner Angaben sehr "erlebnisnah" klingen
Danke. Genau darauf kommt es mMn. an.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Es waren tatsächlich mehrere Details, hauptsächlich ging es um die Grösse von Kiste und Loch.
Angeblich auch ein Jägerstand in der Nähe, den er erwähnte, von dem aber nichts in der Zeitung stand.
Zitat von burgulaburgula schrieb:Die Beschaffenheit des Bodens?
Kannte er die Beschaffenheit des Bodens? Mit dem Boden müsste er sich ja eingehend beschäftigt haben, bei der ganzen Buddelei. Und das wäre wohl auch etwas, was nicht in Zeitungsberichten stand. Wenn er nichts zum Boden gesagt hat, könnte das ein Hinweis sein, dass er nicht selbst gegraben hat.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

03.11.2019 um 08:00
Zitat aus dem Urteil:
Ferner hat der Zeuge Klaus Pfaffinger die Bodenbeschaffenheit an der Lochgrabungsstelle genauso beschrieben, wie sie tatsächlich war.
Seite 151

Er hat zwar später versucht das zu relativieren, aber das Gericht nahm ihm das nicht ab.


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2r2n ehemaliges Mitglied

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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

03.11.2019 um 08:12
@Rick_Blaine
Danke für die fachkundige Einschätzung! So in etwa dürfte der BGH auch reagiert haben. Denn das Urteil ist in sich schlüssig (obwohl es einige sachliche Fehler enthält).
Das TK 248 Gutachten hat die Möglichkeit eröffnet, Pfaffingers Aussagen in einen realitätsnahen Blickwinkel zu rücken. Nach dem Motto: Wenn das Gerät "wahrscheinlich" tatrelevant war, sollten wir den Rest der Mazurek-Indizien einer Neubewertung unterziehen. Und hier erschienen der Kammer dann die Aussagen aus den Vernehmungen von 1982 im Jahr 2009 erlebnisfundiert.
Und so haben sie es in die Begründung ihres Urteils geschrieben.
Wir müssten meines Erachtens aber noch einmal ins Jahr 1982 schauen. Warum hatten die Beamten damals die Aussagen Pfaffingers NICHT als erlebnisfundiert eingestuft? Wohlgemerkt die Beamten, die von einem extremen Jagdfieber getrieben waren. Der Fall musste dringendst gelöst werden. Und warum wurde die Soko, die für M und P verantwortlich war und nicht vorwärts kam, nach knapp einem Jahr durch eine andere ersetzt?
Gibt es hierzu Einschätzungen von eurer Seite?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

03.11.2019 um 08:26
Zitat von 2r2n2r2n schrieb:Denn das Urteil ist in sich schlüssig (obwohl es einige sachliche Fehler enthält).
Das das Urteil nicht unbedingt mit den Fakten in den Akten übereinstimmen muss ist ja kein Geheimnis. Es wird sich der "rote Faden" aus den Akten gezogen, bzw. die Ermittler legen das so dem Gericht vor. Lediglich der Staatsanwalt hat die gesamten Akten. Der Richter bekommt die Akten präsentiert und soll dann entscheiden.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

03.11.2019 um 08:26
@2r2n
Das ist sicherlich ein sehr valider Punkt, und hier kommen wir zu dem von mir bereits benannten Problem, dass der Zeuge nicht in der Hauptverhandlung zur Verfügung stand, weil er ja bereits verstorben war.

Das Gericht hat sich bemüht, eine fundierte Einschätzung der Glaubwürdigkeit des Zeugen machen zu können. Es blieb dabei freilich auf die Aussagen derer angewiesen, die sich damals mit ihm beschäftigt hatten. Dabei gab es durchaus unterschiedliche Beurteilungen seitens der Zeugen. Alles in allem aber, so schloss das Gericht, waren gerade wegen des Zutreffens seiner Angaben keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit angebracht.

Das kann ich nun nicht mehr beurteilen, da ich ja nur das Urteil kenne, und nicht die Aussagen, welche die Zeugen in der Verhandlung machten, noch Pfaffinger selbst erlebt habe.

Was die Gesamtwürdigung angeht, so hat sich m.E. mindestens ein erheblich belastendes Detail aber erst in den Ermittlungen 2007 ergeben, das hat mit Pfaffinger auch nichts zu tun.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

03.11.2019 um 08:29
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Das ist sicherlich ein sehr valider Punkt, und hier kommen wir zu dem von mir bereits benannten Problem, dass der Zeuge nicht in der Hauptverhandlung zur Verfügung stand, weil er ja bereits verstorben war.
Und nicht vergessen. Es war ein Gedächtnisprotokoll. So wie ich das sehe, hat dann P. das nicht einmal selbst unterschrieben?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

03.11.2019 um 08:33
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Was die Gesamtwürdigung angeht, so hat sich m.E. mindestens ein erheblich belastendes Detail aber erst in den Ermittlungen 2007 ergeben, das hat mit Pfaffinger auch nichts zu tun.
Das wurde alles als im Rahmen eines Gedächtnisprotokolles niedergelegt. Für mich ist das nicht nachvollziehbar wie man so etwas als Beweis hernehmen kann.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

03.11.2019 um 08:43
Zitat von 2r2n2r2n schrieb:Warum hatten die Beamten damals die Aussagen Pfaffingers NICHT als erlebnisfundiert eingestuft?
Ich denke, dass man schon verblüfft war über detailgetreue Angaben im Zusammenhang mit Spatenfahrten, aber Pfaffingers Umschwenken zu der Überlegung geführt hat, dass es für eine Anklage (noch) nicht reicht. Pfaffinger hätte außerdem ja auch für jemand anderen gegraben haben können und Mazurek nur eins auswischen wollen oder ihn genannt haben, um den wahren Auftraggeber zu schützen.

Es musste im Hinblick auf Mazurek also weiter gesucht werden. Darum hat man ihn auch weiter beobachtet. Vergessen war die Aussage nie, aber noch nicht gerichtsfest in Bezug auf Mazureks Täterschaft.
Zitat von 2r2n2r2n schrieb:Wohlgemerkt die Beamten, die von einem extremen Jagdfieber getrieben waren. Der Fall musste dringendst gelöst werden
Mit solchen Bemerkungen solltest du mMn. zurückhaltender sein. Die Leute haben ihre Arbeit getan, sie wollten das Verbrechen aufklären und auch im Sinne der Angehörigen handeln.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

03.11.2019 um 08:44
@SunziChris

Ganz so einfach lief das nicht ab. Pfaffinger wurde nach seinem "ersten" Geständnis noch mehrfach an verschiedenen Tagen dazu vernommen, die Vernehmungen sind protokolliert und er hat interessanterweise auch an vielen Dingen festgehalten. Er hat insofern nicht sein gesamtes "Geständnis" widerrufen. Er hat sogar einiges wiederholt bestätigt.


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03.11.2019 um 08:53
Zitat von SunziChrisSunziChris schrieb:Das wurde alles als im Rahmen eines Gedächtnisprotokolles niedergelegt. Für mich ist das nicht nachvollziehbar wie man so etwas als Beweis hernehmen kann.
Du hast von der Theorie recht. Ein Gedächtnisprotokoll müsste man immer mit Vorsicht genießen. Die Protokollierung erfolgt in der Regel auch von einer Person, die Täterwissen besitzt. Es ist bei so einem Protokoll daher nie auszuschließen, dass Täterwissen des Protokollschreibers in das Protokoll (unbewust) eingeflossen ist, was der Befragte gar nicht behauptet hat.

Soweit ich es richtig in Erinnerung habe, hat der Beamte diese Protokoll auch deutlich später erst angefertigt, für eine ausreichende Grundlage ist das schon kritisch.

Leider können Richter trotzdem auch diese verwenden, ob dann das Gericht solchen Fehlern aufgesessen ist, die in Wirklichkeit (unbewusst) vom Protokollschreiber reingekommen ist, kann man daher nicht ausschließen.

So ein Gedächtnisprotokoll ist eben in Wirklichkeit so unzuverlässig wie jede Zeugenaussage, je später es zu Papier gebracht wird umso mehr Fehler schleichen sich ein.


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2r2n ehemaliges Mitglied

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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

03.11.2019 um 08:57
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Was die Gesamtwürdigung angeht, so hat sich m.E. mindestens ein erheblich belastendes Detail aber erst in den Ermittlungen 2007 ergeben, das hat mit Pfaffinger auch nichts zu tun.
Das geht aus den Akten, die mir vorliegen, nicht hervor. Es gab in den Ermittlungen 2007 tatsächlich kein belastendes Detail. Nur Interpretationen.
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Mit solchen Bemerkungen solltest du mMn. zurückhaltender sein. Die Leute haben ihre Arbeit getan, sie wollten das Verbrechen aufklären und auch im Sinne der Angehörigen handeln.
Ich hab das nicht negativ gemeint. Sondern im Sinne einer umfassenden Aufklärung mit der Beachtung jedes noch so kleinen Details. Und da ist 1981/82 wirklich unglaublich viel geschehen. Die Beamten haben sich umfänglich in den Fall reingegeben und eine Vielzahl von Überstunden geleistet. Ich hab das mit dem Jagdfieber so gemeint, dass sie wirklich ohne Kompromisse am ermitteln waren. Also durchaus positiv.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

03.11.2019 um 09:01
Zitat von JosefK1914-2JosefK1914-2 schrieb:Soweit ich es richtig in Erinnerung habe, hat der Beamte diese Protokoll auch deutlich später erst angefertigt, für eine ausreichende Grundlage ist das schon kritisch.
Ich sehe das gesamte Geständnis als eine merkwürdige Geschichte. Vor allem vor dem Hintergrund, dass P. da wohl eine Arbeitsstelle in einer Spedition (siehe von robernd verlinkte Schreiben von P. an Herrn S.) versprochen wurde. Seit wann bekommt man in der JVA Zusprüche für eine Arbeitsstelle?


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03.11.2019 um 09:06
@2r2n
November 2007, die abgehörten Telefongespräche werte ich genau wie das Gericht als extrem belastend.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

03.11.2019 um 09:10
Was genau sich in der Kiste befindet, die ein Ermittler gerade erst im Keller des Bayerischen Landeskriminalamtes (LKA) gefunden hat, steht noch nicht fest. Entdeckt hatte die verschollenen Akten ein Kriminaler, der sich auf seine Aussage vor dem Landgericht Augsburg im laufenden Prozess um die Entführung und den Tod von Ursula Herrmann 1981 vorbereiten wollte. Nun prüft die Staatsanwaltschaft, ob sich in den Räumen des LKA noch weitere unbekannte Akten zu dem Fall befinden.
Was ist bei dieser Suche herausgekommen ist da was bekannt geworden? Das ist ja schier unglaublich. Da werden einfach Akten aussortiert und irgendwo anders gelagert. Ist ja fast wie NSU, da wurden die Akten einfach geschreddert.

https://www.merkur.de/bayern/karl-rothschildert-entdeckung-leiche-92177.html


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