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Der Mensch Jens Söring

40.372 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Kino, Gefängnis ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Der Mensch Jens Söring

Der Mensch Jens Söring

26.01.2020 um 16:22
Zitat von AndanteAndante schrieb:In den Gesetzen selbst ist doch schon das Menschliche berücksichtigt, also leichtere, Fälle, schwerere, Notwehr, Entschuldigungsgründe.
Es geht um den Aspekt, dass sich ein Richter eher in Paragraphen verliert und einen Fall unter Umständen stur danach deutet. Muss nicht sein, kann aber, daher eben auch die Schöffen um vielleicht auch noch auf andere Aspekte hinzuweisen.


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Der Mensch Jens Söring

26.01.2020 um 16:23
Zitat von MelusineMelusine schrieb:Ich habe mal eine Frage dazu, ohne dass man mich gleich zu irgendeinem "Fanclub" zählt: Ist es eigentlich angedacht, dieses Jury-System eventuell irgendwann mal abzuschaffen? Im Zeiten des Internets ist es doch quasi unmöglich, bei einer Sache komplett unbefangen zu sein.
Na ja, erst einmal muss man unterscheiden zwischen unbefangen und uninformiert. Das Jury-System hat nie vorausgesetzt, dass ein Juror vor dem Prozess noch nie von dem Fall gehoert hat. Das wäre im 18. Jahrhundert auch unmoeglich gewesen. Man wollte gerade ja verhindern, dass vollkommen ortsfremde Richter mit einer vollkommen anderen Biografie als der, der Untertanen über die sie richten sollten. Daher schreibt die amerikanische Verfassung das Jury-System vor, es sagt sogar, dass die Juroren aus den "peers" gewählt werden sollen, also aus Menschen, die in etwa in gleichen Lebensumständen leben. Das wurde damals vor allem lokal interpretiert: es sollten gerade solche Menschen Juroren sein, denen die Lebensumstände in der Gemeinde bekannt waren, in der sich eine Tat zugetragen hat. Dass bei einem Doppelmord in einer Kleinstadt im 18. Jahrhundert vermutlich jeder Einwohner von der Tat gehoert hatte, ist anzunehmen.

Der Juror soll also nicht uninformiert sein, er soll nur in der Lage sein, ergebnisoffen urteilen zu koennen. Er soll nur die Informationen dafür verarbeiten, die er im Laufe des Prozesses bekommt. Daher gibt es in bestimmten Prozessen auch die Sequestrierung, also die Abschottung der Juroren. Wenn z.B. der Richter nicht erlaubt, ein bestimmtes Beweisstück einzubringen, weil es unzuverlässig ist oder von der Polizei illegal beschafft wurde usw. soll die Jury nicht abends davon aus den Nachrichten erfahren. Aber dass ihr der Fall vor dem Prozess komplett unbekannt ist, das wurde nie vorausgesetzt. Das ist auch Deutschland genauso, auch hier wird ein Richter oder ein Schoeffe aus einer Kleinstadt, sagen wir mal Landshut in Bayern, freilich vom spektakulären Doppelmord ein Jahr vorher erfahren haben, der nun vor ihnen auf der Gerichtsbank landet.

Freilich hat im 18. Jahrhundert noch niemand mit dem "Informationszeitalter" gerechnet. Dass jeden Abend im Fernsehen irgendwelche talking heads sitzen, oder jeden Tag hier im Forum, die alles besser wissen als die Fachleute und die recht schamlos ihre einzig wahre und gültige Sicht der Dinge verbreiten, haben unsere Verfassungsväter nicht in ihren schlimmsten Albträumen vorausgesehen. Das sind Entwicklungen der Neuzeit, die durchaus problematisch sind. Dass ein reicher Angeklagter sich heute nicht nur ein Team von Anwälten leisten kann, sondern auch ein Team von Medienspezialisten (publicists) und Jury-Analytikern (jury consultants) usw. wäre den Menschen des 18. Jahrhunderts wohl auch nie moeglich erschienen.

Da das Jurysystem aber von der Verfassung vorgegeben ist, wird es wohl kaum abgeschafft werden. Es gibt allerdings in manchen Prozessen die Moeglichkeit, auf sein Recht auf ein Urteil durch eine Jury zu verzichten und sein Schicksal ganz in die Hände des Richters zu legen. Damit sollte man allerdings sehr vorsichtig umgehen.
Zitat von MelusineMelusine schrieb:Wenn man als Geschworener im Hotel wohnt, muss man dann eigentlich sein Smartphone abgeben? Oder wie muss man sich das vorstellen, dass die Juroren von der Berichterstattung abgeschottet werden?
Genau. Weder smartphone noch internet noch Fernsehen. Es ist sehr langweilig.
Zitat von MelusineMelusine schrieb:Wie entscheidet eigentlich der Richter, welche Fragen zugelassen werden und welche nicht?
Nach den Rechtsvorschriften und dem gesunden Menschenverstand. Beispiel: In unserem Fall hier geht es um einen deutschen Angeklagten. Wenn ich als Anwalt nun die Juroren frage, was ihre Meinung zu Deutschland ist, wird die Frage zugelassen, da sie relevant sein kann. Wenn ich ein verkappter Perversling bin und die hübsche Jurorin Nr. 21 frage, wie oft sie Sex hat und welche Praktiken sie dabei verwendet, dann schmeisst der Richter mich raus. :)


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Der Mensch Jens Söring

26.01.2020 um 16:52
Zitat von lucymelucyme schrieb:Deine Frage @Melusine ist mir jetzt nicht ganz klar aber meines Wissens nach gab es Blutspuren vor dem Haus. Oben im Thread-Wiki sind viele Ermittlungserbebnisse angegeben. Hinsichtlich der Luminol-Beweisbarkeit geht übrigens Wright in seinem Bericht sehr schön darauf ein, dass der Nicht-Nachweis von Blut durch Luminol nicht automatisch bedeutet, dass kein Blut vorhanden ist.
Nein, das ist gar nicht das, was ich meine.
Ich meine tatsächlich nur die Spuren vor dem Haus. Als der Luminoltest durchgeführt hatte, hatte es schon mehrmals geregnet. Ich frage mich einfach nur, wie genau man die Fuß-/Schuhabdrücke identifizieren kann. Angenommen, zwei Personen mit ähnlich großen Füßen/Schuhen laufen aus dem Haus in zwei unterschiedliche Richtungen. Kann man es wirklich so genau sehen, dass es sich um eine Person handelt, die zweimal gelaufen ist oder könnten es auch zwei Personen gewesen sein? Ich weiß nicht genau, wie die Luminolspuren der Fußabdrücke im Gras ausgesehen haben, ich habe noch nie ein Foto davon gesehen. Sieht man da einfach nur "gelbe Flecken" oder ist so ein durch Luminol sichtbar gemachter Schuhabdruck so präzise, dass man das Sohlenprofil erkennen kann?

Englade schreibt nämlich das:
"Once the lights were out and the luminol had been sprayed, the killer’s path showed up just as clearly outside as it had inside, even though it had rained several times since the murders. Footprints led from the door to the driveway and across it to two large trees. They circled the trees several times, as though the person who left the prints had sought to hide behind the trunks.
(...)
Interestingly, there was a second set of prints. Instead of going off to the right, the second set led to the left out into the yard. They went out about eight feet and stopped, then went back. Where they stopped there was an area several feet square that was covered by what Brown described as “swishing marks.” The killer walked out into the grass, vigorously rubbed his bloody feet back and forth as though he were using a doormat, then went back to the porch.
The size and shape of the prints indicated both sets were made by the same person."
(Quelle: Ken Englade, Beyond Reason, Kapitel 4, Amazon-Kindle-Version, Cloud Reader: Seite 30/375)

Und ich frage mich einfach, wie genau man "The size and shape of the prints indicated both sets were made by the same person." feststellen konnte oder ob das auch nur eine Interpretation ist, weil man ähnlich große Schuhabdrücke im Gras, auf das es mehrmals geregnet hatte, vielleicht gar nicht unterscheiden kann?
Zitat von lucymelucyme schrieb:die Reihenfolge, wie das Gemetzel inklusive (für mich glaubhaftem) Brillenverlust stattgefunden haben sein könnte, beschreibt JS selbst in aller Ausführlichkeit in seinen ersten Geständnissen, oben im Themen-Wiki nachlesbar. Für mich klingt der Ablauf schlüssig. JS wollte aufstehen, das gefiel DH nicht und er rückte mit seinem Stuhl zurück und meine "nee so nicht mein Freund" und war dabei wohl so grob, dass JS dabei gegen die Wand prallte. Was ihn dann zur Weissglut brachte, so dass er sich das Messer schnappte, was da lag (oder er mitgebracht hat, darüber streiten sich die Geister) und dann nahm das Drama seinen Lauf.
Ich stand vor ein paar Wochen vor den selben Fragen und möchte dich fragen zu sagen, um welche Wand es sich gehandelt haben soll? In dem fraglichen Bereich gibt es keine Wand, gegen die er geflogen sein könnte.
Zitat von lucymelucyme schrieb:Und wenn ich weiss, dass ich dem Einen (mit Brille auf) schon die Halsschlagader durchgeschitten habe, kommt mein logisches Denkvermögen dazu, das mir sagt, das eine halb-betrunkene Frau mit einem wedelnden Messer mir jetzt nicht auch noch in die Quere kommen kann, ohne dass ich dagegen etwas unternehme.
Okay, aber wie kann einer, dem du die Halsschlagader durchgeschnitten hast, dann noch aufstehen und weiterkämpfen? (Auf diese Frage hat mich ein anderer User hier gebracht (leider weiß ich gerade den Namen nicht, wenn du das liest: Danke für den Denkanstoß.)
Zitat von lucymelucyme schrieb:Das was Du da schreibst bezeugt für mich ganz klar eine Quelle der sogenannten Gegenseite, weil das nicht stimmt (ausdrücklich meine Meinung) und ich bitte Dich, Dir die Tatortfotos anzuschauen und forensische Belege zur Kenntnis zu nehmen. Darüberhinaus hat Wright diesem Thema auch eine lange Textstelle gewidmet, ich weiss jetzt leider nicht mehr auswendig, auf welcher Seite.
Ich kann dir helfen, Seite 295. Ich hatte diesen Abschnitt bis jetzt gar nicht gelesen.

Auf welchem Sitz soll Jens denn jetzt gesessen haben? Wenn ich mal davon ausgehe, dass 2 Stühle unberührt aussehen, bleiben noch vier Stühle übrig. An zwei liegen Platzsets voller Blut, ich denke, dass dort die Opfer saßen und die Platzsets nicht verrückt wurden (oder?)
"He said that he sat with the window behind him, Derek Haysom to his left, and Nancy Haysom was opposite him."
(Quelle: Terry-Wright-Bericht, S. 295)

Meiner Meinung nach saßen sie so:
[Stuhl] ---------- [Jens]
[----------Tisch---------] [Derek]
-[Elizabeth]--[Nancy]-

Vielleicht kannst du einmal skizieren, wie du es interpretierst? Es wäre hilfreich gewesen, wenn Terry Wright eine Skizze eingefügt hätte, wie er es sich vorstellt.
Zitat von lucymelucyme schrieb:Möglichkeit 3 unterschlägst Du leider. Nämlich wie @Venice2009 schreibt, dass er den Lichtschalter für das Licht draussen nicht kannte.
Da fällt mir gerade ein, ich musste mich früher mal mit "Aussagenlogik" beschäftigen. Ich habe gerade mal eine Tabelle aufgestellt, aber die wird echt verdammt lang, wenn man alle Faktoren mit reinnimmt:
- Licht aus/an
- Täter kennt Lichtschalter ja/nein
- Täter benutzt Lichtschalter ja/nein
- Täter lügt über Lichtschalter ja/nein
- Täter lügt über Benutzung ja/nein

Es gibt verschiedene denkbare Möglichkeiten und Ricky Gardner legt sich meiner Meinung nach vorschnell fest, wenn er sagt:
Das Licht war vorher an und JS flüchtete in Panik und log später, dass er den Schalter ausgeschaltet hatte.


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Der Mensch Jens Söring

26.01.2020 um 17:14
Hallo @Rick_Blaine, danke für deine Antworten.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:es sagt sogar, dass die Juroren aus den "peers" gewählt werden sollen, also aus Menschen, die in etwa in gleichen Lebensumständen leben.
Okay, das ist verständlich. Irgendwie muss ich jetzt an "Unsere kleine Farm" denken ...
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Er soll nur die Informationen dafür verarbeiten, die er im Laufe des Prozesses bekommt.
Das ist aber doch schon sehr schwer zu gewährleisten, oder?
Wenn jetzt zum Beispiel eine Frage aufkommt, die der Richter ablehnt, dann haben die Juroren das doch schon gehört und können sich trotzdem in der Richtung ihre eigenen Gedanken machen.
Eigentlich finde ich das sogar unfair, wenn der Richter entscheidet, in welche Richtung Fragen überhaupt gestellt werden dürfen bzw. bestimmte Gedankengänge "abwürgen" darf, wenn sie ihm nicht relevant erscheinen.
(Oder verstehe ich das falsch?)
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Da das Jurysystem aber von der Verfassung vorgegeben ist, wird es wohl kaum abgeschafft werden.
Aber es wäre möglich mit einer Verfassungsänderung?

Ich habe gerade etwas von "Gruppendruck" gelesen. Muss die Jury eigentlich einstimmig entscheiden? Also müssen sich am Ende alle 12 Geschworenen eindeutig für "schuldig/unschuldig" entscheiden oder reicht es, wenn im Jury-Raum 8 für schuldig und 4 für unschuldig plädieren?
Ah, sorry, ich nehme die Frage zurück, ich habe gerade gelesen, dass es einstimmig sein muss. Wenn das nicht passiert, nennt man das "hung jury" und alles beginnt von vorne. (Weil man dann 12 andere Geschworene finden muss? Ich hoffe, ich habe das richtig verstanden.)

Also, wenn ich mir jetzt überlege, ich wäre der eine von 12 Geschworenen, der eine andere Meinung vertritt, was passiert dann? Können mich dann die anderen nicht unter Druck setzen, weil sie endlich nach Hause wollen? Wird das irgendwie kontrolliert?


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Der Mensch Jens Söring

26.01.2020 um 17:47
Zitat von MelusineMelusine schrieb:Also, wenn ich mir jetzt überlege, ich wäre der eine von 12 Geschworenen, der eine andere Meinung vertritt, was passiert dann?
Kennst Du den Film Die 12 Geschworenen?

Das Jury-System der USA war Ende des 18. Jahrhunderts sehr aufgeklärt und modern. Für ein Land mit großen Distanzen und vielen einsamen Gegenden war es sehr praktikabel. Auch wenn die staatlichen Institutionen schwach vertreten oder weit entfernt waren, konnte man einen Richter auftreiben, der auf ein faires Verfahren achtete. Aber nicht er entschied, sondern die ehrbaren Männer aus der Community.

In Misskredit ist es aus europäischer Sicht vor allem gekommen, seitdem es die modernen Massenmedien gibt. Und vermutlich durch ein paar spektakuläre Fehlentscheidungen und statistische Auffälligkeiten. Jedenfalls hängt den die Juroren der Makel der Manipulierbarkeit und Voreingenommenheit an, die dem deutschen Berufsrichter nicht zugetraut wird. Dabei denke ich, dass die Jurys heute weit mehr unter Beobachtung stehen als im 19. oder der 1. Hälfte des 20. Jh. Und das Vorurteil mit Voreingenommen oder Manipulierbarkeit nicht mehr stimmt.

Deshalb wird der Auswahl der Jury so viel Aufmerksamkeit geschenkt. In Deutschland hat man sich in den 1920er Jahren entschieden (es müsste der Rechtsphilosoph und Justizminister Gustav Radbruch gewesen sein) die Geschworenengerichte abzuschaffen. Das hat nicht nur mit ihrem damals schlechten Ruf unter den Berufsjuristen zu tun, sondern auch mit den umfangreichen Rechtskodifikationen, die seit 1871 vorgenommen wurden. Das Recht war schlicht komplex geworden und für Fachleute geschrieben. Dafür hat man dann die Schöffen eingeführt. Reine Laienentscheidungen gibt es also nur noch in Politik... ;-)


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Der Mensch Jens Söring

26.01.2020 um 17:56
Die ganz große Mehrheit der Prozesse werden doch sowieso mittlerweile durch Plea Bargain entschieden.

Eine Jury kommt vielleicht noch bei 5 % der Verhandlungen zum Einsatz.


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26.01.2020 um 20:31
Zitat von MelusineMelusine schrieb:Meiner Meinung nach saßen sie so:
[Stuhl] ---------- [Jens]
[----------Tisch---------] [Derek]
-[Elizabeth]--[Nancy]-

Vielleicht kannst du einmal skizieren, wie du es interpretierst? Es wäre hilfreich gewesen, wenn Terry Wright eine Skizze eingefügt hätte, wie er es sich vorstellt.
Korrekt, so verstehe ich das auch. Schau Dir nochmal die Bilder hier an:

Beitrag von yasumi (Seite 440)

dann wird es mit Blick auf die Position des Geschirrs und Fenster schnell klar.


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Der Mensch Jens Söring

26.01.2020 um 21:03
Apropos Bauchgefühl.

Richter Sweeney begründete seine Entscheidung damals so:
"He cited three mitigating factors that affected his sentencing decision — that Haysom was not charged with physically killing her parents, that she waived extradition from Britain and pleaded guilty against her lawyers’ advice, and the mixed feelings of her siblings about the proper period of incarceration."
(Quelle: https://www.newspapers.com/clip/43050315/)

Wenn das kein "Bauchgefühl" ist, weiß ich auch nicht.

Apropos "newspapers.com": Ich habe mich dort beim Support rückversichert, dass es erlaubt ist, Clippings in Foren zu teilen. Ich habe in den letzten Wochen einige Artikel zum Fall "geclippt", wenn ihr einfach meinem Benutzernamen folgt, findet ihr sie.


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Der Mensch Jens Söring

26.01.2020 um 21:47
@Melusine
mich würde deine Meinung wirklich zu deutschen Fällen interessieren, schau dir mal den Fall Gendintky an. Was vom Gericht so alles gedeutet werden kann... du wirst staunen. Nicht mehr und nicht weniger hat Richter Sweeney getan. Etwas, was genauso auch hier bei uns erfolgt. Das Gericht hat die Deutungshohheit.


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Der Mensch Jens Söring

27.01.2020 um 00:03
Zitat von MelusineMelusine schrieb:Das ist aber doch schon sehr schwer zu gewährleisten, oder?
Wenn jetzt zum Beispiel eine Frage aufkommt, die der Richter ablehnt, dann haben die Juroren das doch schon gehört und können sich trotzdem in der Richtung ihre eigenen Gedanken machen.
Eigentlich finde ich das sogar unfair, wenn der Richter entscheidet, in welche Richtung Fragen überhaupt gestellt werden dürfen bzw. bestimmte Gedankengänge "abwürgen" darf, wenn sie ihm nicht relevant erscheinen.
(Oder verstehe ich das falsch?)
Es ist schon richtig, dass man nicht alles klinisch "rein" durchführen kann. Man muss schauen, nach gesundem Menschenverstand, was problematisch ist oder nicht. Ein Beispiel:

Im Prozess ist Theodor angeklagt, den Ottokar hinterrücks gemeuchelt zu haben. Es ging wohl um Eifersucht auf Zeugin Zenzi.

Staatsanwalt Dr. Gnadenlos fragt nun den Zeugen Zebedijah: "Also Herr Zebediah, ist es richtig, dass am 3. Oktober, während dem Oktoberfest der Vater des Angeklagten zu ihnen gesagt hat, der Theodor vergehe vor Eifersucht und er würde sich nicht wundern, wenn dem Ottokar etwas zustossen würde?" Verteidiger Dr. Allwisser erhebt sofort Einspruch, denn die Frage zielt auf Hoerensagen (hearsay) und das ist nicht erlaubt. Der Richter gibt dem Einspruch statt und erlaubt dem Zeugen nicht, auf die Frage zu antworten.

Dr. Gnadenlos grinst, denn er weiss, die Juroren haben es nun eh gehoert. Nun kann der Verteidiger zweierlei tun: er kann den Richter bitten, ihm nun einige Gegenfragen zu gewähren, z.B. "Hat der Vater nicht auch gesagt, dass sein Sohn niemals Gewalt anwenden koenne, dass er sogar den Kriegsdienst verweigert hat und Veganer ist, weil er nicht einmal ein Tierchen toeten kann?" Das ist zwar auch hearsay, kann aber eventuell jetzt genutzt werden, um die vorherige Frage abzuschwächen. Der Richter kann das erlauben, muss aber nicht. Der Verteidiger kann auch den Antrag stellen, den gesamten Prozess nun platzen zu lassen, weil die unerlaubte Frage des Staatsanwaltes die Jury ein für alle Mal voreingenommen hat. Das nennt man dann "mistrial." Wenn die Staatsanwaltschaft den Theodor weiterhin verurteilen will, muss der gesamte Prozess mit einer neuen Jury dann noch einmal von vorne beginnen.

Hier sieht man, welch wichtige Rolle der Richter in einem Prozess spielt: seine Aufgabe ist es, darauf zu achten, dass von allen Seiten die Spielregeln genauestens eingehalten werden. Seine Entscheidungen wiederum unterliegen der scharfen Kontrolle der Revisionsgerichte, denn das sind genau die Dinge, die in einer Revision entscheidend sind.

Ein mistrial ist für alle Beteiligten eine sehr teure Angelegenheit, daher achtet man schon darauf, dem Richter keinen Grund zu liefern, einen solchen zu erklären. Bei ganz argen Verstoessen kann der Anwalt gar seine Zulassung in Gefahr bringen.
Zitat von MelusineMelusine schrieb:Aber es wäre möglich mit einer Verfassungsänderung?
Ja, aber die ist in den USA weitaus schwerer zu verwirklichen als in Deutschland, wo das Grundgesetz scheinbar alle paar Wochen geändert wird. Seit 1789 ist die amerikanische Verfassung erst 27 mal geändert worden, und es wurde auch nur 33 mal beantragt.

Man vergleiche dazu Deutschland:
Im Verlauf der vergangenen 70 Jahre ist ungefähr jeder zweite Artikel des Grundgesetzes verändert worden, einige davon mehrfach – insgesamt wirkten sich die 63 Änderungsgesetze auf 235 einzelne Artikel aus.
https://www.welt.de/geschichte/article193860219/Grundgesetz-So-viele-Aenderungen-gab-es-bereits.html
Zitat von MelusineMelusine schrieb:Ich habe gerade etwas von "Gruppendruck" gelesen. Muss die Jury eigentlich einstimmig entscheiden? Also müssen sich am Ende alle 12 Geschworenen eindeutig für "schuldig/unschuldig" entscheiden oder reicht es, wenn im Jury-Raum 8 für schuldig und 4 für unschuldig plädieren?
Ah, sorry, ich nehme die Frage zurück, ich habe gerade gelesen, dass es einstimmig sein muss. Wenn das nicht passiert, nennt man das "hung jury" und alles beginnt von vorne. (Weil man dann 12 andere Geschworene finden muss? Ich hoffe, ich habe das richtig verstanden.)
Ja, im Strafprozess muss das Urteil einstimmig sein. Wenn auch nur ein einziger Juror anders als alle anderen abstimmt, ist der Prozess geplatzt, es gibt einen "mistrial" und, so die Staatsanwaltschaft will, muss wieder alles von vorne beginnen. Die Staatsanwaltschaft kann allerdings auch auf die erneute Anklage verzichten, wenn sie das Gefühl hat, eh nicht mehr gewinnen zu koennen. Dann bleibt der ehemalige Angeklagte frei und unbescholten.
Zitat von monstramonstra schrieb:In Deutschland hat man sich in den 1920er Jahren entschieden (es müsste der Rechtsphilosoph und Justizminister Gustav Radbruch gewesen sein) die Geschworenengerichte abzuschaffen.
Ja, was vermutlich ausser uns Juristen kaum jemand in Deutschland weiss ist, dass von 1848 bis 1924 auch in Deutschland ein Geschworenengericht existierte, ebenfalls mit 12 Geschworenen, die allein über die Schuldfrage entschieden, also genau wie in den USA. Es war der Bayer Erich Emminger, damals Reichsjustizminister, der die Schwurgerichte in dieser Form abschaffte und stattdessen das Schoeffengericht einführte.

Noch heute gibt es eine Variante des Schwurgerichts in Oesterreich, wo die Mehrheit von acht Geschworenen in bestimmten Fällen über die Schuldfrage entscheidet. Und in der Schweiz gab es Schwurgerichte bis 2011, im italienischsprachigen Kanton Tessin offiziell bis heute noch (die Tessiner lehnten die Abschaffung 2010 in einer Volksabstimmung ab. In vielen anderen Ländern existieren sie auch heute noch.
Zitat von MelusineMelusine schrieb:Wenn das kein "Bauchgefühl" ist, weiß ich auch nicht.
Hier geht es aber um etwas anderes. Während die Jury die Schuldfrage entscheidet, setzt der Richter das Strafmass fest (mit Ausnahme der Todesstrafe). Dabei darf er mildernde und strafverschärfende Umstände berücksichtigen, und dabei kommt es sicherlich auch ab und zu zu Entscheidungen aus einem "Bauchgefühl" heraus. Das ist menschlich und nicht verwerflich.


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Der Mensch Jens Söring

27.01.2020 um 06:11
Guten Morgen @Rick_Blaine , danke für deine interessanten Ausführungen. :-)

Darf ich noch eine Frage stellen: Bei den Filmaufnahmen sieht man immer wieder, dass dem Angeklagten bzw. den Zeugen Original-Unterlagen in die Hand gedrückt werden und sie diese dann vorlesen müssen. Können denn zu diesem Zeitpunkt eigentlich noch neue Informationen in den Prozess eingebracht werden?

Ich bin keine Juristin, aber ich meine doch, schon öfter gelesen zu haben, dass in dt. Verfahren bei Unklarheiten der Prozess unterbrochen wird und weitere Informationen eingeholt werden. Ist das in den USA auch so?

Außerdem ist mir gestern beim Durchlesen eines der Verhandlungsprotokoll-Ausschnitte aufgefallen, dass Sätze, die mit "I think ..." anfangen, auch gerne abgebrochen werden. Du hast geschrieben, dass "hearsay" verboten ist. Hat es damit zu tun?


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Der Mensch Jens Söring

27.01.2020 um 08:57
Zitat von synthiasynthia schrieb am 22.01.2020:Da gibt es noch eine dritte Möglichkeit. Seine Persönlichkeitsrechte wahrnehmen.
Das klappt aus Deutschland heraus als Deutscher besser, als aus einer Zelle in Virginia.
Könnte https://das-versprechen.de/ deswegen seit 3 Tagen down sein? Weil EH jetzt auch entlassen wurde?


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Der Mensch Jens Söring

27.01.2020 um 09:33
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Während die Jury die Schuldfrage entscheidet, setzt der Richter das Strafmass fest (mit Ausnahme der Todesstrafe). Dabei darf er mildernde und strafverschärfende Umstände berücksichtigen, und dabei kommt es sicherlich auch ab und zu zu Entscheidungen aus einem "Bauchgefühl" heraus. Das ist menschlich und nicht verwerflich.
Das ist eben der Unterschied zu Deutschland. In den USA bestimmt die Jurry über die Schuldfrage, und anschließend bei einem "Schuldig" der Richter über das Strafmaß. Nichts mehr zu entscheiden hat der Richter, wenn die Jury sich für "Unschuldig" entschieden hat.

In Deutschland bestimmt das Gericht einschließlich Schöffen sowohl über "Schuldig" oder "Unschuldig" wie auch (natürlich nur bei "Schuldig") über das Strafmaß.

Ein bisschen Bauchgefühl beim Strafmaß geht an, bei der Frage "Schuldig" oder "Nicht schuldig" sollte es möglichst keine Rolle spielen.


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27.01.2020 um 10:22
Neben den 12 Geschworenen (Film) empfehle ich noch Die Jury (Buch) von John Grisham. Dieses Buch stellt das Jury-System in den USA durchaus kritisch dar und dennoch gut geeignet, ein paar Klischees zu beseitigen.


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Der Mensch Jens Söring

27.01.2020 um 12:02
Zitat von Sector7Sector7 schrieb am 31.10.2018:Mr.Stielz schrieb:
Oh doch, das hätte Söring sehr wohl beeinflussen können. Dazu hätte Söring nur rechtzeitig beantragen müssen, dass die Blutspuren auf DNA untersucht werden. Aber die Untersucung geschah erst 2009 von Amts wegen. 8 Jahre nachdem das Urteil rechtsgültig geworden war, 19 Jahre nach dem Prozess, 23 Jahre nach der Verhaftung, 24 Jahre nach der Tat.
Was macht Söring in der Zwischenzeit? Tingelt 11 Jahre durch sämtliche Revisionsinstanzen, reitet vergeblich auf angeblichen Rechtsfehlern herum, schreibt Bücher über die große Anti-Söring-Verschwörung. Statt dass er die von uns allen so heiß geliebten harten Fakten auspackt:

"Sehen Sie her! Es gibt Blutspuren am Tatort, die fälschlicherweise mir zugeordnet werden. Aber ich bin unschuldig, ich war in der Tatnacht nicht am Tatort. Untersuchen Sie dieses Blut bitte auf DNA, dann finden Sie den wahren Täter!"

An harten Fakten und belastbarer fornsischer Erkenntnis kein Interesse.

Aber jetzt, wo die Blutspuren keine DNA-Analyse mehr hergeben, teils gar keine DNA, teils nur noch fragmentarische DNA vorhanden ist, da will Söring uns im Stil eines Hütchenspielers weißmachen, es sei DNA anderer Personen, der wahren Täter, gefunden worden. Er habe einen Unschuldsbeweis.

Wer zu spät kommt... :)
Das sehe ich komplett genauso. Vermutlich ging JS die Muffe, als die Blutproben 2009 auf DNA untersucht wurden. Danach hat er die untaugliche Qualität der Blutproben für sich genutzt und sät Zweifel mittels unbrauchbaren Teilauswertungen.
In dem neuen Teil des Podcasts (nein nicht der totale Trash vom NDR) Smalltown Big Crime

https://podtail.com/de/podcast/small-town-big-crime/the-motive/https://podtail.com/de/podcast/small-town-big-crime/the-motive/

ist zu hören, dass von JS Seiten aus mehrfach ein erneutes DNA Testing gefordert wurde und forensisch auch keinen Unsinn darstellt.
Es soll sich um etliche Beweisstücke handeln, die noch testbares DNA Material bereit stellen. Harding vertritt auch immer noch die Auffassung. Wenn JS 2009 "nur Glück" hatte, wäre es doch unsinnig, selbst jetzt auf freiem Fuß noch dieser Möglichkeit nachzueifern?!


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Der Mensch Jens Söring

27.01.2020 um 12:34
Zitat von MelusineMelusine schrieb:synthia schrieb am 22.01.2020:
Da gibt es noch eine dritte Möglichkeit. Seine Persönlichkeitsrechte wahrnehmen.
Das klappt aus Deutschland heraus als Deutscher besser, als aus einer Zelle in Virginia.
Könnte https://das-versprechen.de/ deswegen seit 3 Tagen down sein? Weil EH jetzt auch entlassen wurde?
Ehrlich gesagt, das kann ich mir nicht vorstellen. Welche Handhabe sollte denn gegeben sein, die Seite zu verbieten oder von Seiten EH Einspruch zu erheben o.ä.? Die gesendeten Prozessausschnitte waren ja sowieso in der Öffentlichkeit und die Filmrechte hat man sicherlich dem Besitzer der Rechte abgekauft, wie es sich gehört.
Ah, Neuigkeit: Indem ich das schreibe, habe ich noch mal auf die HP geklickt, sie ist wieder online, auf den ersten Blick genau so wie vorher.
Zitat von monstramonstra schrieb:Neben den 12 Geschworenen (Film) empfehle ich noch Die Jury (Buch) von John Grisham.
Danke für den Tipp, das Buch von Grishm kenne ich noch nicht. Grisham hatte sich ja auch seit einigen Jahren für Sörings Freilassung eingesetzt.
Zitat von MelusineMelusine schrieb:Richter Sweeney begründete seine Entscheidung damals so:

"He cited three mitigating factors that affected his sentencing decision — that Haysom was not charged with physically killing her parents, that she waived extradition from Britain and pleaded guilty against her lawyers’ advice, and the mixed feelings of her siblings about the proper period of incarceration."

(Quelle: https://www.newspapers.com/clip/43050315/)
Danke für den Link, ein interessanter Artikel! Dort gibt es ja auch einen Hinweis (linke Spalte unten), dass Elizabeth Haysom von einem Psychiater untersucht wurde, der bei ihr eine Borderline- Störung dianostizierte und im Prozess/plea ausgesagt hat.


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Der Mensch Jens Söring

27.01.2020 um 12:37
Zitat von synthiasynthia schrieb:st zu hören, dass von JS Seiten aus mehrfach ein erneutes DNA Testing gefordert wurde und forensisch auch keinen Unsinn darstellt.
ach ja, dann warten wir einfach mal ab. Er fühlt sich in die Enge gedrängt. Mal schauen, was das neue Gutachten (sofern es das überhaupt geben wird) liefert.
Ich bin mir sicher, dass er genau weiß, dass da nicht viel bei rum kommt, was für ihn unangenehm werden könnte. Die DNA wurde bereits untersucht, warum also nicht auch die, die er jetzt plötzlich untersuchen lassen möchte? Schon alles sehr seltsam.


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Der Mensch Jens Söring

27.01.2020 um 20:01
Wenn Jens Söring weiterhin in der Öffentlichkeit behauptet, das E.H. ihre Eltern ermordet hat, könnte sie ihn doch wegen Verleumdung verklagen (z.B. eine Unterlassungsklage), oder? Denn er ist ja als Mörder verurteilt worden, da gibt es ein rechtskräftiges Urteil.


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Der Mensch Jens Söring

27.01.2020 um 20:06
Ganz am Ende des (oben im Wiki verlinkten) "Weihnachtsbriefs" findet sich auf dem offiziellen Briefpapier des Jens Söring, (incl. Wappen!), eine kleine Genealogie, mit der er seine adlige, ja sogar königliche Abkunft behauptet.
Was auffällt ist das völlige Fehlen konkreter Angaben, es gibt weder Namen, noch Daten, Orte, Ereignisse... nichts.
Ausser  "Mutter, Grossmutter, Urgrossmutter" etc. fällt da nur der Name "Schwoon", den ihm seine Großmutter mütterlicherseits nahe gebracht haben soll:

"Appendix: Proof of my royal ancestory, given to me by my grandmother - relation to me (the noble Schwoons - I think pronounced Shvoan (in english) North German for "Swan" or "Schwan (in German)").
I am

/\
Dad Ma
    \
Grandma
      \
Greatgrandmother (maternal)
         \
Greatgreatgrandmother (maternal)
- that's the one! Pure maternal blood
line over 5 or 6 generations!!!

A.. (?) the man , apparent in they did end up a little
better than poor robber-barons though I'm(?)
hon(?) much ..."


Das ist in seiner Hohlheit schwer für voll zu nehmen.
Zitat von Mr.StielzMr.Stielz schrieb am 28.11.2019:Fun fact: Wer nach "Schwoons königlich" oder "Schwoons Adel" sucht, der findet -- exakt nichts! Kann es sein, dass Söring mal wieder fabuliert, um seiner Geliebten blaublütiger Abstammung Ebenbürtigkeit vorzugaukeln?
Eine interessante Frage! Nur zur Vervollständigung: Ich habe grad mal in der Stabi etwas recherchiert.

A) Im Deutschen Geschlechterbuch Nr. 212 gibt es eine Kurzstammfolge Schwoon, beginnend mit Christian Bernhard Schwoon * Leer 4.4.1877. Der Name Söring fällt nicht, irgendwelche blaublütigen Verbindungen sind weit und breit nicht erkennbar.

B) Das Biographische Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg, (Oldenburg 1992) kennt nur den Maler Karl Schwoon, * 1908 der auch bei Wikipedia verzeichnet ist. 

C) Wikipedia kennt noch zwei Melchior Schwoon (Opa und Enkel), beide Unternehmer in Bremerhaven. Der ältere * 1809 in Bockhorn (Friesland) als Sohn eines Landwirtes und Holzhändlers

D) Bliebe eine Recherche in der Oldenburgischen Gesellschaft für Familienkunde. Dort werden in einer Mappe aufbewahrt: 
1. Stammlisten der Familie Schwoon 1620 –1923 mit Zeichnung des Familienwappens
2. Family-Tree Schwoon (Swan) 1729 –1858 Germany
3. Schwoon Family of Varel, Oldenburg (Masch.schr., 4 Bl., m. Abb.)

Da hier auf das biogr. Handbuch (B) verwiesen wird, mag ein Bezug zu Karl gegeben sein.
Die zugehörigen Familiennamen lassen nichts königliches durchschimmern:
"Wipsen, Poppehoff, Reiners, Eyfroth, Meinen, Heidkröger, Tapken, Oeljemann, Floren, Borchers, Uhlhorn, Oetjens, Kapels, Behrens, Weidhüner, Kückens, Engelbart, Gerdes, Praß, Börding, Hegemann, Hanrberg, Bloh, Schilling, Reinström, Gramberg, Eyting, Notholt, Busch, Thormählen, Rüthers, Meiners, Wiemken, von der Horst, Janssen, Oetken, Reinders, Hibbeler, Onken, Krause, Clay, Newson"

fuit rana nunc est rex?
Sieht nicht so gut aus für den Realitätsgehalt unseres Möchtegernkönigs.

Aber damit ist diese Geschichte noch nicht zuende. Wichtig ist, was Söring selbst glaubte, oder was er vermitteln wollte.

Nun zeigt das Wappen des Jungritters Söring genau dies: Einen SCHWAN. (Es wäre interessant, herauszufinden, ob es dafür einen Wappenbrief gibt, oder ob es sich nur um ein bürgerliches Phantasiesiegel handelt. Der Siebmacher online kennt jedenfalls weder ein Wappen Söring noch ein Wappen Schwoon.

Hochstapelei muss das nicht sein. Ich tippe da als Antragsteller eigentlich eher auf den Vater, dem so ein Siegelring als Diplomat gut angestanden hätte. So etwas kann man sich ja auch als Bürgerlicher gegen Geld bei jedem anständigen Heraldiker entwerfen lassen...

Dann irritiert aber, dass der Schwan ja eigentlich aus der mütterlichen Linie stammt. Ein bedeutungsvoller Zufall? Treffen sich da zwei Linien, beide mit dem weissen Zaubervogel?
Oder ist es doch nur ein ätiologisches Märchen?
Jedenfalls sind beide Familien, weder Söring noch Schwoon, Uradel und der tatsächliche Anteil königlichen Blutes dürfte trotz Luminol die Nachweisbarkeitsgrenze deutlich unterschreiten.

Wie auch immer, entscheidend ist ja, was er selbst glaubte oder vorgab zu glauben: mit dem Schwan verbindet Söring selbst seine angeblich nicht nur adlige, sondern gleich königliche (!) Abstammung. Das muss man erst einmal hinbekommen.

Der Schwan gehört daher imho in die Sammlung literarischer Identifizierungen an vornehmster Stelle mit hinein: JS als der von Gott mit Zauberkraft ausgestattete Schwanenritter.

Der Sohn des Parzival. Der Träger des san graal, des sang real... Lohengrin, das ist Bildungsbürgertum. Die Gralserzählung muss man nicht mitsingen können um von ihr zu wissen. Aber es ist kein Zufall, dass es Hitlers Lieblingsoper war. Es ist der Mythos vom Gottesgnadentum des auserwählten Ritters, der unerkannt bleiben muss, um bei Elsa bleiben zu können.

- Der Schwanenritter siegt im Gottesgericht gegen Elsas fiesen Feind Telramund, (der sie des Verwandtenmordes bezichtigt hatte!)
- Elsa macht L. in der berühmten Hochzeitsnacht (mit dem noch berühmteren Brautmarsch) zum Manne ("Treulich geführt, ziehet nun ein...").
- Der nimmt dann aber wegen Indiskretion mit der Gralserzählung Abschied... (daher die Redewendung: "Mein lieber Schwan!") und singt:

 "Alljährlich naht vom Himmel eine Taube, um neu zu stärken seine Wunderkraft. Es heisst der Gral und selig reinster Glaube erteilt durch ihn sich seine Ritterschaft.
Wer nun dem Gral zu dienen ist erkoren,
den rüstet er mit überirdischer Macht,
vor dem ist jedes Bösen Trug verloren,
wenn ihn er sieht, weicht dem des Todes Macht!
Selbst wer von ihm in ferne Land entsendet,
zum Streiter für der Tugend Recht ernannt,
dem wird nicht seine heil'ge Kraft entwendet,
bleibt als ein Ritter dort er unerkannt..
So hehrer Art doch ist des Grales Segen:
Enthüllt muss er des Laien Auge fliehn...
Des Ritters drum sollt Zweifel ihr nicht hegen,
Erkennt ihr ihn, dann muss er von euch ziehn!
..."


Fast sieht es aus wie Zufall: Kurz vor seiner Entdeckung verlässt Schwanenritter Söring fluchtartig das "ferne Land..."
("Nie sollst du mich befragen!")

Soweit mein Ansatz zur mythologischen Identifikation und zum märchenhaften Selbstverständnis des Doppelmörders JS.
Es erklärt nicht seinen tiefsitzenden Hass, der ihn zu dieser Untat befähigte. Aber es erklärt vielleicht ein Stück weit seinen Irrsinn, anstelle von Elsa/Eliza gehandelt zu haben. Denn nicht für Diplomatensöhne, aber für Gralsritter gelten Sonderrechte. Dass er an seinen Diplomatenstatus glaubte ist so gesehen wohl nur eine Schutzbehauptung.


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Der Mensch Jens Söring

27.01.2020 um 20:32
"Seit 27 Jahren inhaftiert. Bonner schreibt 12-Seiten-Brief aus US-Knast."
IN: Express. Bonn. 20.08.2013.

JS schreibt 2013 einen Brief an den (Bonner) Express. Der Artikel wurde heute im www gefunden und auf allmystery eingestellt, weil der Artikel zwei neue Informationen enthält:
1) JS hatte Fechten als Sport (1974 – 1977)
2) JS gibt an als erster (in seiner Klasse) eine Freundin gehabt zu haben: Nicole.

(Photo - siehe Link).
„1975: Jens Söring (links) mit seinem Freund beim Cowboy-und-Indianer-Spiel.
Foto: privat

Bonn/Dillwyn (Virginia) -
Es ist ein Bild unbeschwerter Kindheit. Jens Söring steht auf dem Bonner Hardtberg, bewaffnet mit einem Spielzeugrevolver, und grinst in die Kamera. Neben ihm sein Freund, mit Pfeil und Bogen.

Das Foto wurde 1975 geschossen, Jens war neun Jahre alt – und dachte nicht in seinem schlimmsten Alptraum daran, dass er mal als verurteilter Doppelmörder in Amerika im Knast schmoren würde!

EXPRESS bekam jetzt einen Brief von Söring aus dem Gefängnis in Dillwyn, Virginia. Dort sitzt er seit 27 Jahren hinter Gittern, weil er die Eltern seiner damaligen Freundin Elizabeth Haysom ermordet haben soll. Bis heute bestreitet er die Tat.

Auf zwölf Seiten schrieb Jens Söring für EXPRESS seine Erinnerungen an Bonn nieder, wo er von 1973 bis 1977 als Diplomatensohn groß wurde.

Für mich war das die einzige Zeit in meinem Leben, in der ich »normal« sein durfte“, erzählt er. Die Familie lebte sonst im Ausland. Thailand, Zypern, Amerika. Privilegiert, Jens und sein Bruder besuchten Privatschulen, waren meist sie die einzigen Deutschen.

Ganz anders in Bonn, wo die Familie zuerst in der Nähe der Haribo-Fabrik wohnte, dann zum Hardtberg zog. „Die Herstellung der Gummibärchen erzeugte einen ganz bestimmten Geruch, an den erinnere ich mich noch heute“, so Jens.

Er besuchte die Finkenhofschule. Dahinter, so schreibt er, sei ein riesiger Hügel gewesen, ideal zum Schlittenfahren. Jens hatte in Bonn eine tolle Kindheit, er spielte gerne Cowboy und Indianer, sauste auf Rollschuhen den Hardtberg runter. 1974 fing er beim Olympischen Fechtclub Bonn an, holte bald gute Plätze bei Turnieren.

„Manchmal denke ich darüber nach, was aus mir geworden wäre, wenn ich in Bonn geblieben und olympischer Florettfechter geworden wäre“, schreibt er. Hinter den dicken Gefängnismauern hat er vieles aus seiner alten Heimat noch vor Augen: den Langen Eugen, den Marktplatz und eine Eisdiele in der City. Jens: „Ich hatte als Erster in meiner Klasse eine Freundin – Nicole. Ihr kaufte ich dort ein Pistazien-Eis.“

Selbst als er mit seiner Familie nach Atlanta (USA) zog, träumte er nur von einer Rückkehr nach Deutschland, nach Bonn. Das Schicksal wollte es anders. 1984 begann Jens an der Uni Virginias zu studieren und verliebte sich in Elizabeth.“

Quelle: KLINGELHÖFER, Iris: Seit 27 Jahren inhaftiert. Bonner schreibt 12-Seiten-Brief aus US-Knast. IN: Express. Bonn. 20.08.2013.
Link: https://www.express.de/bonn/seit-27-jahren-inhaftiert-bonner-schreibt-12-seiten-brief-aus-us-knast-4285032


Die Hervorhebungen (farblich) wurden von London45 vorgenommen.


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