@seleneDie wolltest wissen, was kosmische Strings sind.
Ich versuch’ zunächst mal, den „schweren Brocken“ der Stringtheorie zu erklären. Dabei erhebe ich nicht den Anspruch auf Vollständigkeit oder Genauigkeit. Wenn dir das Ganze zu lang ist, dann gehe gleich zum Ende des Textes, wo ich kurz versuche, die kosmischen Strings zu beschreiben.
Die String-Theorie wurde Anfang der achtziger Jahre entwickelt, eigentlich aus „Verzweiflung“. Die Physiker suchen seit langem nach einer „Theorie für alles“, die es erlaubt, alle Naturkräfte und Erscheinungen zu erklären. Bei dieser Suche blieben zwei Theorien übrig:
- die Quantentheorie und
- die Relativitätstheorie.
Einige Probleme dieser Theorien:
- Die Quantentheorie kann einigermaßen zufriedenstellend erklären, was im Bereich der Atome und Elementarteilchen geschieht. Auf größere Objekte ist sie nicht anwendbar (bzw. nur in einigen seltenen Ausnahmefällen).
- Die Relativitätstheorie kann sehr gut auf größere Objekte angewendet werden, im atomaren Bereich bringt sie wenig. Man kann auch nicht die Relativitätstheorie aus der Quantentheorie ableiten oder umgekehrt.
- Die Quantentheorie liefert Erklärungen für die Existenz von drei der vier bekannten Naturkräfte: elektromagnetische Kraft, starke Kernkraft (hält die Atomkerne zusammen), schwache Kernkraft (verantwortlich für den radioaktiven Zerfall). Die Schwerkraft kann die Quantentheorie jedoch nicht sinnvoll erklären.
- Das Teilchenzoo-Problem: Mit Hilfe immer stärkerer Beschleuniger wurden immer mehr Elementarteilchen gefunden (inzwischen sind es über 250). Um „Ordnung“ hineinzubringen, geht man davon aus, dass diese Teilchen aus wenigen kleineren Teilchen (Quarks) nach einer Art „Baukastensystem“ zusammengesetzt sind. Es könnten jedoch jederzeit neue Teilchen gefunden werden, zu deren Erklärung wiederum die Erfindung neuer Quarks erforderlich wären usw. .Auch könnten die Quarks aus noch kleineren Teilchen bestehen. Mit einem Wort, das könnte endlos so weitergehen.
Die Stringtheorie versucht einen Ausweg zu finden, indem man unterstellt, dass winzige „kosmische Saiten“ (strings) existieren, die viel kleiner als die Quarks sind. Alle Elementarteilchen wären dann nur verschiedene Schwingungszustände, dieser Saiten. Auch die Naturkräfte könnte man so evtl. ableiten.
Die Sache hat aber einen Haken: Das Ganze funktioniert rechnerisch nur, wenn sich die Strings auf bis zu 10 Dimensionen erstrecken. Da die Vorstellung einer Saite dann eigentlich nicht mehr passt, spricht man nicht mehr von strings, sondern von „branen“ (von Membran abgeleitet).
Wie ist das nun mit diesen 10 Dimensionen ? Ein Gegenstand mit 3 Dimensionen hat Länge, Breite, Höhe. Ein 4dimensionaler Gegenstand erstreckt sich in eine weitere Richtung, was wir uns aber nicht mehr vorstellen sondern nur noch berechnen können. Mit weiteren Dimensionen ist das genauso. Neben unserer Zeitdimension gibt es in der Stringtheorie außerdem mindestens eine „virtuelle Zeitdimension“. Kann die Zeit „in die Breite“ gehen ?
Die Physiker versuchen erst gar nicht, sich das vorzustellen, sie rechnen einfach.
Ein weiteres Problem der Stringtheorie: Wir kennen nur 3 Raumdimensionen. Wo sind die anderen ? Wenn diese einfach so „nebenan“ vorhanden wären, müssten sich Auswirkungen auf unser Universum ergeben. Ich meine mich zu erinnern, dass mal jemand ausgerechnet hat, das in einem 6dimensionalen Universum die Planetenbahnen nicht stabil wären.
Aus diesem Grund kam man auf die Idee, dass die Zusatzdimensionen vielleicht „eingerollt“ (kompaktifiziert) sind und deshalb keine Auswirkungen auf unsere Welt haben.
Um das zu veranschaulichen, stelle dir der Einfachheit halber ein dünnes Blatt Papier als „brane“ vor. Es hat zwei Dimensionen (Länge und Breite). Wenn man es in einer Richtung sehr stark einrollt, fällt die Breite kaum noch ins Gewicht. Im Extremfall ergibt sich ein „Strich“, die Breite des Papiers wirkt sich nach außen nicht mehr aus.
Nun könnte man das Papier auch der Länge nach einrollen und so auch die Längendimension für die Außenwelt beseitigen. Natürlich sind Länge und Breite der brane nach wie vor vorhanden, sie sind nur nicht mehr sichtbar.
In gleicher Weise sind die Zusatzdimensionen der strings "eingerollt".
Die äußerst komplizierten Gleichungen der Stringtheorie sind sehr schwierig zu berechnen und liefern zahlreiche Lösungen. Bis jetzt hat noch niemand eine Lösung gefunden, die in allen Punkte befriedigend wäre. Es könnte also sein, dass die Theoretiker noch Jahre oder Jahrzehnte rechnen, bis sie auf eine Lösung stoßen, die genau den Naturgesetzen entspricht, die wir in unserem Universum vorfinden.
Auch wenn dies der Fall wäre, könnte es sich um einen Zufall handeln, falls aber nicht, so hätte man die „Theorie für alles“ gefunden.
Es ist auch noch unklar, mit welchen praktischen Experimenten oder Messungen man die Stringtheorie evtl. beweisen könnte (was aber nicht heißen soll, dass dies nie möglich sein wird).
Insgesamt lässt sich sagen: Die Stringtheorie liefert (vielleicht) eine hirnverdrehende, aber schlüssige Vorstellung, wie die Welt aufgebaut ist. Das ist es, was die Physiker an ihr fasziniert.
Nun zu den kosmischen Strings: Aus der Entstehungszeit des Universums könnten Strings mit extrem hoher Energie und wahrhaft kosmischer Ausdehnung übriggeblieben sein: Ultradünne Energiefäden mit einer Länge von mehreren Lichtjahren. Wenn zwei dieser Energiefäden mit hoher Geschwindigkeit aneinander vorbeifliegen, würde ein Objekt, das sich in der Nähe befindet, in die Vergangenheit geschleudert.
Bei diesem Konzept handelt es sich nicht um eine Anleitung, wie man eine Zeitmaschine bauen könnte, sondern um ein Gedankenexperiment, mit dem man herauszufinden versucht, ob unsere Naturgesetze Reisen in die Vergangenheit erlauben. Rechnerisch tritt dieser Effekt auf.
Der tatsächliche Bau einer Zeitmaschine ist wohl eher mit einem Wurmloch möglich – siehe dazu meine Posts an Oberheimer.
Hinweis: Versuchs auch mal bei wikipedia unter dem Stichwort „Stringtheorie“.
Gruß
kgersen