Evidenzbasierte Medizin vs. Komplementärmedizin
01.12.2015 um 09:34Bauli schrieb:Das Buch "Offene Gesellschaft und ihre Feinde" von Carl Popper ist offenbar nicht mehr erhältlich
Rho-ny-theta schrieb:In jeder besseren Stadtbibliothek,Thats it. Oder anders gesagt, ne Biblio ohne Popper ist ein Comicladen oder Ramschverleih.
Studenten können das Dingens idR kostenfrei für Studienzwecke erwerben. Ein guter Grund einen eigenen Studi zu besitzen oder sich zumindest gut mit einem zu stellen.
Bauli schrieb:Zu deinem oben geschriebenen Beitrag bleibt dann aber immer noch die Bemerkung, das wenn es eine judenfeie Medizin ist, wieso diese dann ausgerechnet bei den linken Gruppierungen soviel Anklang findet? Dann muß ja fairerweise sagen, das wenn man böse ist und das bin ich zuweilen, die Befürworter dieser Homöopathie Antisemiten sind. Zumindest aber versteckte AntisemitenLinks und antijüdisch schließen (od schlossen) sich nicht aus, wie kommst du darauf? Im übrigen ist die "Judenfreiheit" heute ja kein Thema mehr, insofern ohne Belang für moderne Zauberer.
Es ging ja nur darum, wie und warum der Unfug in unser System gelangte und einen derartigen Zuspruch erfahren konnte.
Der wohl renommierteste Alternativ-Kritiker Europas, E. Ernst, hat selbst, ohne dass das damals irgendeiner als sonderbar befunden hätte, seine ersten Schritte als Arzt in einem hom Krankenhaus getätigt.
Die Nazis haben das etabliert und danach war der Blödsinn einfach da wie die Luft zum Atmen, und kaum jemand hinterfragte das großartig. Das hat u.a. damit zu tun, dass Poppers anderes Werk "Logik der Forschung" hierzulande nicht zu den verbreitesten Schriften zählte. Immerhin war der Mann Reichsflüchtling, während der Bandenherrschaft zählte der zu den "geächteten Denkern", und danach -ich schrieb es bereits- hatte man erstmal andere Sorgen.
D.h. die Wissenschaftstheoretiker kannten LdF zwar garantiert, ob allerdings die Lehre danach ausgerichtet war, ist zu bezweifeln - zumindest in den ersten Jahren.
Selbst noch heute wird Popper von manchen geschmäht und als Lehrer betitelt (Lehrer scheint bei denen ne verabscheuungswürdige Tätigkeit zu sein, was womöglich die Begriffsstutzigkeit erklärt).
Auch den Placeboeffekt kennen und verstehen wir erst seit ~3Jahrzehnten etwas genauer. Die Studienlage war ebenfalls bei weitem nicht so üppig und aussagekräftig wie heute. Der Donner-Report beispielsweise, eine von den Nazis beauftragte Metastudie zur Hom, wurde erst Jahrzehnte später (ich glaub in den späten 80ern) veröffentlicht.
Insofern, wenn man den PE ignoriert und mit der Induktionslogik liebäugelt, ist es ganz selbstverständlich, dass die Hom wirkt/zu wirken scheint. Auch ob die Hom eine sanftere Methode ist, stand wohl nie zur Debatte. Bislang hat man jedenfalls noch nichts von hom Chemotherapie gehört.
Der Fehlschluss war also ein sehr naheliegender und keineswegs so absurd wie er uns 2015ern Menschen vorkommen mag. (Grotesk ist einzig, dass die Begriffsstutzigkeit heutzutage zunimmt und nicht etwa schwindet.)
Das Prädikat "Judenfreiheit" nur der Einführungsgrund, nicht aber der Grund für den Fortbestand und die weitere Verbreitung und tiefere Verwurzelung. Die meisten Globuliwerfer wissen nicht mal von der "judenfreien Heilerei", ist also völlig egal.
Ob die Hom heute wirklich vornehmlich unter Linken zu finden ist, sei mal dahingestellt. Ich weiß es nicht. Zahlen gibt es nicht. Tatsache ist, dass die Hom bei "Linken Ökos" großen Anklang findet. Tatsache ist allerdings auch, dass die erdfarbenen Blogs und Webseiten die Hom schrecklich super finden.
Aufgrund dieser "Honigmänner" oder "Eso-Babsen" auf eine Verteilung nach pol Gesinnung zu schließen wäre ein wenig... naja, sagen wir mal: ein gewagter Schluss.
Die modernen "Sanftökos" sind ohnehin nicht das Problem. Gebildet, erfolgreich, bis zu den Knien in der Knete stehend, die (das behaupten jedenfalls die Krankenkassen) haben keine Zeit für Krankheiten. Deren Sanftheitsaffinität ist quasi ne Art Vorsorge, bisschen Seelenmassage und Gewissensberuhigung, und dient denen vornehmlich bei Erkrankungen wo es auch drei Tassen Tee und etwas Ruhe täte.
Die Härtefälle, die MMS-Schwachköpfe, die Krebskurierer, die Viren- und Aids-Leugner, die NGM-Idioten... finden sich idR nicht im linken Spektrum.
Diese gutsituierten Linken sind nach KK-Veröffentlichungen der Kassen liebste Kunden. Die schließen die häufigsten Zusatzversicherungen ab und leben gesundheitsbewusst und gehen am häufigsten zu Vorsorgeuntersuchungen.
Die unternehmen alles um gesund zu bleiben, die sind die ersten, die nach erfolgloser Globuliwerferei beim Doc aufprallen und sich möglichst viel Rat/Diagnose/Heilpläne einholen. Nicht selten handelt es sich um gut gebildete Leute, die sich einfach möglichst viele Möglichkeiten offen lassen wollen und die Therapie der Schwere der Erkrankung anpassen. Bei leichtem Kopfschmerzen wird dann hat gezaubert, weil man längst nicht bei jedem Mist ne Pille werfen muss, bei stärkeren Beschwerden wird dann halt "gekeult". Abgesehen davon, dass die Zauberei rausgeworfenes Geld ist, ist so ein Verhalten gar nicht mal so unsinnig. Jedenfalls besser als bei jedem leichten Zwicken zum Doc zu rennen oder sofort mit Chemie zu bombardieren.
Bauli schrieb:Dann muß ja fairerweise sagen, das wenn man böse ist und das bin ich zuweilen, die Befürworter dieser Homöopathie Antisemiten sind. Zumindest aber versteckte AntisemitenNö. Muss man nicht. Sollte man nicht. Ist heute kein Thema mehr.