martenot schrieb:Ja, solche Gefühle von Nostalgie dürften der DDR-Verklärung (und indirekt auch der AfD) in die Hände spielen. Zumal die AfD anscheinend ja auch mit dem Gedanken des "früher war alles besser" spielt (wo die Leute angeblich noch "normal" waren, die Frauen zuhause, ohne Gendern, LGBT oder Klimasorgen).
Die AFD nährt sich hier ganz gut von dem fehlenden Vertrauen in die Regierung und dazu gehört der ÖRR. Daher kommen die Nachrichten nicht da an wo sie sollen und wenn dann auch meistens mit einer eigenen Interpretation.
Vespasian schrieb:Im ländlichen Raum spürte man vom Würgegriff und den Repressionen der SED recht wenig. Wollen deshalb meine Eltern die DDR zurück? Um Himmels willen nein, sie verurteilen das Unrechtsregime in Gänze. Dennoch kann man ja den Menschen die Erfahrungen auf privater Ebene nicht absprechen oder um es so zu sagen:
Ich komme auch aus dem (eher) ländlichen Bereich Sachsen-Anhalts und das sind dieselben Erfahrungen die ich gemacht habe. Meistens kommt aber "es war nicht alles schlecht" und da würde ich mit Ende 30 auch mitgehen, denn auch in den 90ern gab es ein besseres Miteinander.
Das gibt es heute hier noch auf den Dörfern. So schlecht die Infrastruktur auch ist, aber der Zulauf ist enorm. Man hat seine Ruhe und die Grundstückspreise sind erschwinglich. Man muss sich auf dem Dorf aber einbringen, sonst vereinsamt man und da wird es schwierig. Neben Festen, Nachbarschaftshilfen oder Vereinen gibt es meiner Beobachtungen nach dort ein politisches Einheitsdenken. Weniger von den Alten, aber von den Jungen. Entweder es wird das AFD-Zeugs gebrabbelt oder man sagt gar nichts. Nicht das man wie in Jamel Repressionen fürchten muss, aber man wird gesellschaftlich ausgeschlossen.
Aus dieser Dorfkette (4 Dörfer direkt aneinander gereiht) kommt meine Frau und da bekomme ich bei Familientreffen öfters mit was im Dorf los ist. Mittlerweile wohnt dort auch eine Familie mit schwarzer Hautfarbe, die nichts zu befürchten hat und auch respektvoll behandelt wird, aber zur Dorfgemeinschaft werden die wohl nie gehören.
Meine Meinung zur AFD ist dort auch bekannt und werde als Gast auch gut behandelt, aber auch ich würde wohl nie zur Gemeinschaft zählen (Schwiegereltern außen vor, das sind tolle Menschen) und habe mich so auch dagegen entschieden dort das eine freie Haus sehr, sehr günstig zu übernehmen. Ich lebe Luftlinie 2km entfernt in der Kleinstadt, aber das ist eine ganz andere Welt. Hier interessiert sich niemand für meine politische Meinung und auch welche Hautfarbe jemand hat wird von Zeit zu Zeit immer egaler, weil es für eine Kleinstadt schon recht bunt ist.
martenot schrieb:Manchmal frage ich mich, ob die AfD jemals so stark hätte werden können, wenn es nach wie vor kein Internet gäbe.
Ich würde es auf Social Media begrenzen und ohne diese wäre eine AFD garantiert nicht da wo sie heute ist. Ich nutze SM auch intensiv, aber eigentlich verteufel ich es nur noch.