Gwyddion schrieb:Mit einem BGE werden die Pflegekräfte massiv abnehmen. Wenn man schon für Lau seine Kohle bekommt, warum dann noch ( überspitzt ) Pflegebedürftigen den Hintern abwischen? Ist ein sehr mühsamer Job.
Auf den Rest gehe ich mal lieber nicht ein. Da ist viel zu viel Fiktion und Wunschdenken enthalten.
Warum machen denn heute menschen diesen Job? Die könnten doch auch hartz 4 empfangen oder sich was anderes suchen. Für Pflege musste du eine Ausbildung machen, das ist nicht der am schnellsten verfügbare job.
Richtig ist: Es gibt viele Menschen, die gar kein großes problem damit haben, einen alten Menschen zu säubern. So mühsam ist das auch nicht, wenn man sich einmal daran gewöhnt hat. Wir haben die Probleme bei Pflegekräften, weil die arbeitsbedingungen sehr schlecht sind.
Ich habe sehr häufig pflegekräfte als sehr motiviert wahrgenommen, aber frustriert davon, nicht genug zeit pro patient zu haben. Wir müssen ein anderes System schaffen. Mit dem, was wir jetzt machen, kommen wir nicht weiter. Wir verwahren alte menschen lediglich. Ihr tut immer so, als wäre da diese schreckliche horrorvision, dass wir beim BGE nicht mehr genug pflegekräfte haben.
Aber wir haben JETZT nicht genug pflegekräfte und ein schlechtes system, in dem man alte Menschen in Altenheimen dahinsiechen lässt. Aber so lange irgendwer, irgendwie arbeitet, scheint das vollkommen ok zu sein. Auch wenn das den Alten nichts bringt.
sacredheart schrieb:Auch bei dem von Dir angenommen selbstlosen Engagement wird es massives Rosinenpicken geben. Wie Du zuvor selbst schriebst, mal was vorlesen ist da realistisch, trifft aber kaum die manchmal etwas unappetitlichen Punkte der Altenpflege. Die muss dann auch noch jemand machen. Und das ganz sicher für Geld.
Warum sollte ein BGE denn zum Zusammenrücken der Gesellschaft führen? Meist rücken Menschen zusammen, die einen guten Grund dafür haben. Wenn ich aber mit 18 ein BGE einfordern kann, dann bin ich ja noch weniger auf meinen Familienverbund angewiesen als zuvor. Ich werde also ggf noch früher meine Primärfamilie zurücklassen. und kehre dann nach Jahrzehnten zurück, um Kacke wegzuwischen? Eher nicht.
Familiäre netze findet man ja ganz überproportional dort, wo es keine staatlichen gibt, zB in Südamerika, wo nicht über jeden Wohltaten ausgeschüttet werden. Warum sollte dann jetzt ein mehr an Sozialleistungen plötzlich entgegengesetzte Effekte verursachen?
Darum musst du die arbeitsplätze ja attraktiv machen. Im Sinne von 'Nicht Menschen bewerben sich auf arbeitsplätze, arbeitsplätze bewerben sich, um mitarbeiter zu gewinnen'. Was die da bieten, ob eine erfahrung, geld, privilegien oder sonstwas, wäre dann eine ausgestaltungsfrage.
Sowas siehst du lustigerweise heute bei trash TV. Ich arbeite nicht beim absoluten trash reality TV; aber sowas wie Berlin Tag und Nacht findet keine leute, die ihnen das schreiben wollen (weil die meisten gelernten Autoren für sowas nicht zu haben sind).
Was machen sie? Sie werben massiv an, insofern, dass sie dir einen zwei wochen workshop bieten, wo sie dir beibringen, wie man solche Episoden schreibt. UND SIE BEZAHLEN DICH DAFÜR und machen dir das ganze schmackhaft, wenn du wenigstens ein klein bisschen was mitbringst (natürlich gucken die sich an, wer sich da gut macht). Aber so verzweifelt ist man da: Man bezahlt seine bewerber, damit sie sich wenigstens mal ein bisschen damit beschäftigen.
Warum macht man das? Weil man damit viel geld verdienen kann.
UNd so müssten wir uns auch bei der pflege fragen , oder bei anderen noch nötigen schlüsselberufen: Was muss ich menschen bieten, damit die das machen, wenn sie es eigentlich nicht nötig hätten? Ich sehe nicht, warum man mit diesem Denken nicht genügend Kräfte ergattern können sollte.
Es gibt viele Leute, die Pflege gerne machen, gerade dann, wenn es gute arbeitsbedingungen gibt. Es gibt noch mehr leute, die teilaspekte der pflege gern machen würden. Es gibt viel tasks, die man automatisieren kann. Es gibt einige systematische änderungen, die pflege vereinfachen und entlasten können.
Aber um da hinzukommen, müssten wir einen willen dazu haben. Wenn wir uns immer wieder einreden, doch, wir müssen dieses furchtbare jetzige pflegesystem, in dem alte dahinsiechen und pfleger überlastend und burned out sind unbedingt beibehalten, dann wird sich daran auch nichts ändern, bis es vollkommen zusammenbricht, weil auch jetzt immer weniger leute pflegen wollen, es aber immer mehr alte ohne familie gibt.
sacredheart schrieb:Niemand muss sich damit betäuben. Und gerade der leistungslose Dauerzocker hätte Leistungsdruck? Welchen denn? Keine Chips mehr und die Bude macht gleich zu?
Ja, das hat er. Diese Leute haben oft einen enormen psychologischen Druck in sich. Du betäubst dich davor, dich wie ein Versager fühlen zu müssen. So wie ein sehr dicker Mensch erstmal was essen will, wenn er seinen Körper hasst. Weil das sein coping mechanismus ist. Das mag man paradox finden, aber es hat nichts damit zu tun, dass diese menschen keine ambitionen haben oder sich gut in ihrer situation fühlen.