Delta_01 schrieb:Das ist immer schwierig bei einer Gesellschaft, die keine verbindlichen Werte vorlebt.
Das ist halt "Fluch" und "Segen" zugleich. Man könnte fast froh sein, dass wir in keiner vergleichbaren Lage wie in Israel oder Südkorea leben, oder?
So gesehen ja eigentlich schon. Das ist so wie "Wir brauchen keine Polizei/Feuerwehr/Krankenwagen mehr weil die entsprechenden Notfälle nicht mehr vorkommen oder existieren". Also ein wenig Utopie. Sind nur abstrakte Beispiele.
Wir haben nach Wegfall des KK natürlich vieles nicht mehr benötigt und die NATO an sich schützt sich gegenseitig. Da ist es quasi ein wenig Luxus, vieles zurückschrauben zu können. "Friedensdividende" und all so was. Das ist an sich ja irgendwo schön, weil Gelder auch für anderes genutzt werden können. Jetzt kommt aber der große Knackpunkt. Was, wenn binnen weniger Wochen oder Monate die Sicherheitspolitische Lage sich so rasant verändert, dass man auf einmal wieder viele Kapazitäten (personell, materiell, anderweitig) in den Streitkräften braucht?
Dann hast du eigentlich Chaos, wenn das jetzige System nicht darauf ausgelegt ist, nicht mithalten kann. Solide funktionierende Streitkräfte sind wie eine gute Krankenversicherung: in die investiert man um dann für den Fall der Fälle abdeckt zu sein.
Ich will gar nicht, dass wie wieder mal eine halbe Millionen Männer und Frauen irgendwo rumhocken haben die auf etwas warten, was sich Jahre oder Jahrzehnte später oder gar "nie" ereignen könnte - weiß man ja nicht. Aber wir brauchen für unsere Verhältnisse ein besser aufgestelltes Militär dass in allen Teilbereichen "ausreichend" wirken kann wenn plötzlich etwas passiert. Wenn schon nicht massiv personnel aufgestockt werden kann, dann sollten die Abläufe und das Material in allen Truppenteilen ausreichend vorhanden sein.
Leider scheint das durch die Misswirtschaft vergangener Jahre oder Jahrzehnte noch scheinbar einige Jahre oder Jahrzehnte zu dauern bis man das wieder "halbwegs ausgemistet" hat. Wo sehe ich als Laie wichtige Kipp- oder Eingreifpunkte um das nachhaltiger zu bessern?
- Verteidigungsminister einsetzen die den Posten nicht als Restposten oder Sprungbrett woanders hin sehen und sich mit der Materie identifizieren können, ggf. gar selbst irgendwo Vorerfahrung im militärischen Bereich hatten, ferner "gute Politiker"
- Verteidigungsminister selbst sind nicht alles: Parlamentarischer UND gesellschaftlicher Wille und Rückhalt, im großen und ganzen hinter den Streitkräften zu stehen bzw. sie als eine notwendige Institution in immer noch unsicheren Zeiten anzusehen
- Folglich bei mehr parlamentarischem Willen Kommissionen die Vorgänge in der BW optimieren, und entsprechende Gelder mittelfristig zuweisen um Missstände abzustellen
- Verwaltungstechnische / organisatorische Ineffizienz bekämpfen und Vorgänge optimieren
- Beschaffungswege optimieren
- Materialmisswirtschaft mittelfristig und nachhaltig bekämpfen
Das alles mag (als Laie) einfacher geschrieben als letztendlich umgesetzt werden, schon klar. Aber mir wäre es als Bürger, der im worst-case von den Streitkräften abhängig ist oder selbst in den Stiefeln steckt wichtig, dass am Ende alles wieder effizienter wird. Man müsste pro Legislaturperiode Meilensteine definieren und abarbeiten, und das dann immer mit den nächsten paar Perioden im Blick. Ferner müsste man gesamtgesellschaftlich ein "gesundes Verhältnis" zur Bundeswehr entwickeln. Ich muss nicht jeden Auslandseinsatz und jeden Soldaten individuell toll finden, aber ich kann mich hinter die Institution BW stellen weil ich sie als Teil des Getriebes ansehe, dass eine Gesellschaft irgendwo braucht oder brauchen kann. Wird das besser, steigt auch die Attraktivität als potentieller Arbeitgeber, somit werden im Kern oder abstrakt motivierte Leute angelockt die sich da einsetzen. Was bestätigt das aus meiner Sicht als Gegenbeispiel? Simpel:
Sucht euch auf YT X halbwegs aktuelle BW-Dokus raus und schaut euch einen Teil der Kommentare an. Nicht wenige schreiben sinngemäß "Wer geht denn heute noch zur BW?". Ja, so kann das ja personell auch nichts werden wenn die generelle Attraktivität nicht im Schnitt höher liegt. Das sind aber verschiedene Baustellen die darauf Einfluss nehmen, wie Materialprobleme und Co.
Lange Rede kurzer Sinn: Man müsste viele Baustellen endlich mal (zeitnah) abarbeiten, dann wird es wieder besser. Und attraktiver.