Dr.Thrax schrieb:Ich muss ganz ehrlich sagen, dass sich mir persönlich (ich weiß aber sehr wohl dass die - zum großen Glück - humanistisch geprägte Gesellschaft in der wir leben, da andere Sittlichkeiten pflegt) aus medizinischer und kalter wissenschaftlicher Sichtweise eine distanzierte Betrachtungsweise aufdrängt.
Was ja auch rein rational vernünftig erscheint. Inzwischen betrachte ich dieses Thema auch recht nüchtern und mit etwas Abstand, wobei ich selbst mal betroffen war und emotional recht instabil. Doch Rationalität und die Selbstfindung, so auch der Reifungsprozess geben mit der Zeit einen klareren Blick auf die Ganze Thematik.
Dr.Thrax schrieb:So hart das auch klingen mag, doch meine ich, dass man den Menschen tatsächlich auch das Recht lassen sollte, ihre Leben beenden zu können. Denn es gibt nun einmal Krankheiten und Störungen, wo die moderne Medizin sich nicht zu behelfen weiß. Und wenn dadurch die Lebensqualität so sehr eingeschränkt wird, dass der Wunsch zu sterben chronisch stärker wird als der Wunsch am Leben zu bleiben, so muss man meiner Meinung nach auch als Außenstehender den nahezu unmöglich erscheinenden Gedanken fassen können, dass ein betrachtetes Individuum so komplett verpfuscht ist, dass die Alternative zum Ableben nur noch eine kostspielige lebenslange Überwachung durch geeignetes Fachpersonal ist, in deren Gegenwart die überwachte Person vor sich hin vegetiert und vor sich hin leidet, und daher nach Abwägung der Möglichkeiten, der Tod vielleicht die objektiv beste Idee ist.
Seh ich auch so, man sollte dem Menschen auch diese Freiheit lassen. Jedoch geht es bei der SVV nicht gleich um einen Todeswunsch, manche SVVler wollen leben, eigentlich wollen sie überhaupt das Leben ohne das spezifische Leiden mit verschiedensten Ursachen führen können. Der Todeswunsch kommt nur bei Menschen die endgültig seelisch oder körperlich am Ende sind. Diesen Menschen würde ich Verständnis für ihren Wunsch entgegenbringen.
Dr.Thrax schrieb:Das widerspricht völlig dem Gedanken des hippocratischen Eides, weshalb die Medizin sich solchen Gedanken eigentlich nicht wirklich öffnen kann, will sie nicht ihre Grundprinzipien verraten. Vielleicht ist aber auch ein gesamtgesellschaftlicher Prozess erforderlich, der zum Umdenken führt, und den Tod vielleicht gerade im Hinblick auf die Wünsche eines Leidenden, nicht mehr als die Katastrophale Beendigung einer liebenswürdigen Existenz, sondern vielleicht - spirituell ausgedrückt - als Erlösung derselben, zu betrachten.
Ich bin für eine Freistellung der Euthanasie per Gutachten und mittels eines Rezepts für ein Mittel welches mit möglichst wenig Schmerzen einen schnellen Tod ermöglicht und den Menschen die nicht mehr handlungsfähig sein sollten würde ich eine Sterbehilfe ähnlich wie in der Schweiz bieten wollen. Erst wenn alle Optionen gescheitert sind und der Lebenswille gänzlich verschwunden ist, sollte man auch solche Möglichkeiten in Betracht ziehen können. Diese Vorstellung würde mich beruhigen.
ABER: Das sind gefährliche Gedankenspiele, da man - sofern man einen solchen Prozess in die Wege leitet - unbedingt strikte Grenzen ziehen muss, damit nicht jedem aufkeimenden Wunsch nach dem Suizid, der auf Liebeskummer oder dem Verlust eines Freundes oder Geliebten folgt, Tür und Tor für unbehandelten Selbstmord geöffnet wird. In vielen Fällen können Menschen auch wieder stabilisiert werden nachdem sie solche Gedanken gefasst hatten. Manchmal beruhen solche Entwicklungen auch einfach nur auf Missverständnissen und in einigen Fällen kann man auch mit Medikamenten das Schlimmste verhindern. Eine gewisse Restmenge, in der das jedoch nicht der Fall ist, bleibt jedoch vermutlich trotzdem über. Und ich finde, von den Grundprinzipien her, kann man auch psychiatrische Leidensgeschichten mit in die immer wieder geführte Debatte der Sterbehilfe mit aufnehmen.
Auch hier teile ich deine Sichtweise. Es ist ein komplexes Thema. Doch der Umgang damit sollte allgemein durchaus thematisiert werden, besonders auch bei Psychologen und in Krankenhäusern, allgemein im medizinischen und therapeutischen Bereich.
Der Wunsch zu Leben überwiegt bei allen Menschen, jedoch ist dieser Wunsch ein angenehmes Leben zu führen, Geborgenheit zu erfahren, vielleicht auch zur Selbsterkenntnis zu gelangen. Der Wunsch sollte immer den des physischen Todes überwiegen, solange es eben geht. Doch wenn ein dieser Wunsch verlässt und man sich nur noch durch das Leben quält, sollte man die letzte Option immer in Betracht ziehen können. Die meisten verlassen im stillen und zurückgezogen ihre Existenz, doch es gibt auch Menschen die das nicht mehr können, selbst mit einer Patientenverfügung. Da wird es wirklich schwer richtig und angemessen zu handeln.
Die Selbstverletzung ist jedoch meist ein Zeichen FÜR das Leben nicht gegen dieses, es ist gegen die eigenen seelischen oder äußeren Missstände die das innere so sehr verdunkeln und einen Schmerz erzeugen der sich immer mehr nach außen bahnt. Die Formen dieser Verletzungen sind sehr vielfältig und die Ursachen auch. Wenn jedoch der Todeswunsch kommt, verletzen sich die wenigsten in ihren letzten Momenten, die meisten versuchen inneren Frieden zu finden und warten ab ob der Wunsch zur Tat wird. Dies ist meist auch die Phase in der man zwischen dem Wunsch zu Leben und zu Sterben entscheidet, da kann es passieren das man sich zu spät für das andere entscheidet. Viele der Menschen bei denen es nicht geklappt hat, haben es bereut. Darüber gibt es auch einen sehr schönen Film:
Veronika beschließt zu sterbenVeronika Beschliesst Zu Sterben (Deutscher Trailer) - Ab 30.09.2010 im Kino
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VERONIKA BESCHLIESST ZU STERBEN erzählt die Geschichte einer unglücklichen jungen Frau, die alles hat und doch die sterben will. Erst angesichts des Todes entdeckt sie, wie schön das Leben sein kann, wenn man darum kämpft und etwas riskiert.
Eine wunderbarer Film über Normalität und Anderssein, über die nötige Prise Verrücktheit, die es zum Leben braucht, sowie über den Mut den eigenen Lebenstraum Wirklichkeit werden zu lassen.Wikipedia: Veronika beschließt zu sterbenEin wirklich schöner und authentischer Film im Bezug auf diese Thematik, natürlich mit einer Prise Dramatik und Komödie vermischt
:)