Latebrae
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Das Leben mit selbstverletzendem Verhalten
20.02.2013 um 20:39Hallo
Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Thread eröffnen sollte. Ich lese mir meinen eigenen Beitrag grade zum dritten Mal durch und bin mir immer noch nicht sicher, ob ich ihn abschicken sollte. Ich glaube nicht, dass ich alles so ausgedrückt habe wie ich das wollte. Ich glaube nicht, dass ich es rüber bringen konnte wie es ist. Und ich habe Angst.
Ich gebe nicht gerne im Internet viel über mich und mein Leben preis, erst recht nicht in einem so großen Forum wie diesem. Allerdings bin ich mit dem selbstverletzendem Verhalten immer konfrontiert, ob ich das möchte oder nicht. Im Berufsleben muss ich mich verstecken, jeder Arztbesuch ist mir peinlich. Fremde Leute möchten, dass ich mich vor ihnen rechtfertige und ich schäme mich. Ich schäme mich unglaublich für mich und meine Narben. Solange ich Freunde bei mir habe fällt es mir leicht ein Tshirt zu tragen. Meine Freunde geben mir Sicherheit. Doch bin ich alleine unterwegs fühle ich mich im Tshirt unheimlich.. ausgeliefert.
Mir liegt es am Herzen, dass die Leute das selbstverletzende Verhalten als das sehen, was es wirklich ist - eine Sucht und eine Krankheit. Selbstverletzendes Verhalten ist nichts womit man leichtsinnig umgehen sollte. Deshalb hoffe ich, dass dieser Thread bei manchen von euch etwas bewirkt und vielleicht dazu führt, dass einige sich und ihr eigenes Verhalten reflektieren.
Es ist schrecklich, dass das selbstverletzende Verhalten zu einer Modeerscheinung wurde. Einerseits hat es dazu geführt, dass das Ganze kein Tabuthema mehr ist und man nicht mehr völlig überforderten Menschen gegenüber steht. Andererseits hat es dazu geführt, dass man Menschen wie mich oft nicht mehr ernst nimmt bzw es immer wieder Menschen gibt, die meinen mich zu verstehen.
Ich möchte euch meine Geschichte erzählen. Ich betone, dass es MEINE Geschichte ist. Die von anderen Menschen sieht sicherlich anders aus. Ich habe mich noch niemals in meinem Leben mit anderen Menschen über mein SVV unterhalten, die sich auch selbst verletzen. Ich möchte keine "wir verletzen uns selbst, wir verstehen uns" Club gründen. Das möchte ich auch jetzt nicht, darum bitte ich um Verständnis, dass ich auf einige Beiträge von Betroffenen sicherlich nicht antworten werde.
Außerdem wird einiges in diesem Beitrag mit Sicherheit triggern. Menschen die selbst unter SVV leiden sollten ab jetzt überlegen, ob es sinnvoll ist weiter zu lesen
Bei mir fing es an als ich 9 Jahre alt war. Ich kann mich noch ganz genau an diesen Zeitpunkt erinnern. Mir ging es schlecht, wie so oft. Ich saß in meinem Zimmer, neben mir lagen Sicherheitsnadeln. Ich weiß nicht mehr was mir durch den Kopf ging, aber ich Griff nach einer dieser Nadeln und strich damit über meinen Arm. Es waren nur ganz oberflächliche Wunden, die meisten nur etwas geschwollen und rot. Ich verstand nicht, was ich getan hatte aber plötzlich war ich total euphorisch. Mein Arm brannte sehr, irgendwie fand' ich das witzig und mir ging es plötzlich so gut. Die Wunden wurden mit der Zeit immer tiefer und ich war gut darin sie zu verstecken, mir beim Kinderarzt Ausreden einfallen zu lassen und Stellen zu wählen, die nicht auffiehlen. Sah in der Schule doch mal jemand meine Wunden, war das nicht schlimm. Niemand sagte etwas und das gab mir irgendwie Bestätigung. Bis zu meinem 13 Lebensjahr wusste niemand von meinem selbstverletzenden Verhalten. Nicht mal ich selbst wusste wirklich davon. Ich wusste nicht was ich da tat, ich hatte keine Ahnung, dass es andere Menschen gab, die das Selbe tun und das es falsch ist. Ich tat es, weil es sich gut anfühlte - mehr wusste ich nicht.
Mit 13 kam dann ein neues Mädchen in unsere Klasse. Sie war sitzen geblieben, kannte niemanden und ich ging gleich zu ihr hin. Ich stellte mich vor und wir wurden Freundinnen. Schnell sah ich ihre Arme und erkannte, dass sie das Selbe tat wie ich. Das löste in mir erstmal absolute Unsicherheit aus. Ich war damit überfordert. Wieso gab es da plötzlich noch jemanden, der sowas tat? Irgendwann sah sie dann auch meine Wunden und sprach mich darauf an. Sie sprach vom Ritzen. Aha, so nennt man das. Von diesem Zeitpunkt an begriff ich, was ich tat.
Mit 14 Jahren ging es mir selbst so schlecht (was andere Gründe hatte), dass ich in eine Klinik wollte. In diese kam ich dann auch und das war eine der schrecklichsten Zeiten in meinem Leben. Von nun an ging es mit mir und vorallem mit meinem SVV bergab.
Ich begann mich sehr heftig und hemmungslos zu schneiden. Schnitt mit Kraft und Wut in meine Haut. Nach 5 Wochen holte meine Mutter mich aus der Klinik endlich wieder heraus. Mein SVV wurde ab diesem Tag aber stetig schlimmer.
In meinen schlimmsten Zeiten verletzte ich mich mehrmals täglich. Arme, Beine, Bauch - alles war voll mit Wunden und oft hatte ich Angst. Ich hatte schrecklich Panik mir würder der Platz ausgehen. Was sollte ich tun, wenn ich mich nicht mehr verletzen konnte? Manchmal machte mir dieser Gedanke so viel Angst, dass ich Panikattacken bekam.
Viele, viele Jahre lang verletzte ich mich regelmäßig selbst und ich gewöhnte mich an dieses Bild. Und genau das, war das Schlimme. Ich musste immer tiefer schneiden, um meine Ruhe zu finden. Schnitt ich nicht tief genug, dann ging es mir noch schlechter als vorher.
Meine Arme sind inzwischen voll mit vielen, vielen hässlichen Narben. Sie erzählen meine Geschichte, ob ich das möchte oder nicht. Jahre lang habe ich IMMER nur langärmelige Oberteile getragen. Erst seit letztem Jahr gehe ich auch im T-Shirt vor's Haus. Ich habe keine Lust mehr mich zu verstecken, die Narben werden sowieso mein Leben lang bleiben. Ich habe meinen Narben und dem SVV den Kampf angesagt... Aber es ist schwierig. Bei Fremden fühle ich mich im Tshirt sehr, sehr unwohl. Versuche ständig meine Arme zu verstecken. Klar könnte man sich fragen, warum ich denn dan ein Tshirt trage. Das hat aber einen ganz einfachen Grund: 1. Ist es im Sommer höllisch warm, wenn man immer was Langes an hat
2. Möchte ich nicht mehr ständig Lügen und mir Ausreden einfallen lassen
3. Sind lange Ärmel im Sommer mindestens genau so auffällig wie meine Narben
4. Möchte ich einfach lernen mit meinen Narben umzugehen und ein normales Leben zu führen
Vorallem meine Narben sind ein Problem für mich. Sie sind hässlich, das ist einfach so. Ich kann kein Kleid tragen und mich darin hübsch fühlen. Alles was ich sehe sind meine Narben.
Und alles, was andere Leute sehen sind meine Narben. Ich habe oft fast das Gefühl zu spüren, wie sie meine Arme anglotzen. Alle bemühen sich total unauffällig zu gucken, es gelingt nur niemandem. Das ist aber etwas, womit ich mich einfach abgefunden habe, auch wenn mir das immer noch sehr unangenehm ist. Ich hasse es, dass die Menschen wissen was ich getan habe und immer noch tue. Eigentlich geht sie das überhaupt nichts an. Ich hasse es aber mindestens genau so mich zu verstecken. Ich möchte das auch nicht mehr, ich möchte mein Leben genau so leben können wie alle Anderen.
Am schlimmsten ist es aber darauf ansprochen zu werden. Ich hasse sowohl die Verständnisvollen als auch die Witzbolde. Ich möchte nicht, dass alles was die Menschen sehen mein SVV ist und selbstverletzendes Verhalten ist nichts, worüber man Witze machen kann. Ich leide schrecklich darunter.
Es ist eine Sucht, die ich seit Jahren versuche los zu werden, die mich aber niemals ganz loslässt. Oft bringen mich meine eigenen Narben in einen Teufelskreis. Ich sehe meine Narben und habe sofort wieder das Bedürfnis mich zu schneiden. Weil meine Narben so hässlich sind, weil ich mich selbst so entstellt habe und ich niemals ein ganz normales, freies Leben führen werde. Was soll ich mal meinen Kindern sagen?
Ich weiß nicht wie sich Alkoholiker fühlen aber ich denke durchaus, dass man meine Sucht mit ihrer vergleichen kann.
Oft wache ich morgens auf und das erste was ich im Kopf habe ist das Bild von frischen, blutenden Wunden auf meiner Haut. Ich würde mich gerne selbstverletzen, diesen Gedanken habe ich an einigen Tagen dauerhaft im Kopf. An diesen Tagen leide ich unter Entzugserscheinungen. Ich bin unkonzentriert, unruhig, gereizt und meine Hände zittern.
Oft stehe ich kurz vor einem Rückfall. Wenn etwas Schlimmes passiert ist das Erste was ich im Kopf habe mich selbst zu verletzen. Ich tue das nicht, weil ich das so gerne mache. Ich tue das, weil ich nicht mehr anders kann. Ich kämpfe seit Jahren immer und immer wieder dagegen an und ich kann immer noch nicht behaupten SVV frei zu leben. Auch wenn die Abstände inzwischen einige Monate betragen (können) so ist und bleibt es ein Kampf. Ein Kampf, den ich oft wochenlang und täglich kämpfe.
SVV ist kein Witz, es ist auch keine Emokinderkrankheit.
Das selbstverletzende Verhalten bestimmt mein Leben. Ich muss mich schämen, verstecken und rechtfertigen. Und alles was ich mir wünsche ist, dass fremde Menschen mich sehen. MICH und nicht meine Narben. Ich möchte nicht, das man über mich urteilt.
Vielleicht konnte ich ja einigen Menschen die Augen öffnen.
Und wenn nicht, dann eben nicht.
Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Thread eröffnen sollte. Ich lese mir meinen eigenen Beitrag grade zum dritten Mal durch und bin mir immer noch nicht sicher, ob ich ihn abschicken sollte. Ich glaube nicht, dass ich alles so ausgedrückt habe wie ich das wollte. Ich glaube nicht, dass ich es rüber bringen konnte wie es ist. Und ich habe Angst.
Ich gebe nicht gerne im Internet viel über mich und mein Leben preis, erst recht nicht in einem so großen Forum wie diesem. Allerdings bin ich mit dem selbstverletzendem Verhalten immer konfrontiert, ob ich das möchte oder nicht. Im Berufsleben muss ich mich verstecken, jeder Arztbesuch ist mir peinlich. Fremde Leute möchten, dass ich mich vor ihnen rechtfertige und ich schäme mich. Ich schäme mich unglaublich für mich und meine Narben. Solange ich Freunde bei mir habe fällt es mir leicht ein Tshirt zu tragen. Meine Freunde geben mir Sicherheit. Doch bin ich alleine unterwegs fühle ich mich im Tshirt unheimlich.. ausgeliefert.
Mir liegt es am Herzen, dass die Leute das selbstverletzende Verhalten als das sehen, was es wirklich ist - eine Sucht und eine Krankheit. Selbstverletzendes Verhalten ist nichts womit man leichtsinnig umgehen sollte. Deshalb hoffe ich, dass dieser Thread bei manchen von euch etwas bewirkt und vielleicht dazu führt, dass einige sich und ihr eigenes Verhalten reflektieren.
Es ist schrecklich, dass das selbstverletzende Verhalten zu einer Modeerscheinung wurde. Einerseits hat es dazu geführt, dass das Ganze kein Tabuthema mehr ist und man nicht mehr völlig überforderten Menschen gegenüber steht. Andererseits hat es dazu geführt, dass man Menschen wie mich oft nicht mehr ernst nimmt bzw es immer wieder Menschen gibt, die meinen mich zu verstehen.
Ich möchte euch meine Geschichte erzählen. Ich betone, dass es MEINE Geschichte ist. Die von anderen Menschen sieht sicherlich anders aus. Ich habe mich noch niemals in meinem Leben mit anderen Menschen über mein SVV unterhalten, die sich auch selbst verletzen. Ich möchte keine "wir verletzen uns selbst, wir verstehen uns" Club gründen. Das möchte ich auch jetzt nicht, darum bitte ich um Verständnis, dass ich auf einige Beiträge von Betroffenen sicherlich nicht antworten werde.
Außerdem wird einiges in diesem Beitrag mit Sicherheit triggern. Menschen die selbst unter SVV leiden sollten ab jetzt überlegen, ob es sinnvoll ist weiter zu lesen
Bei mir fing es an als ich 9 Jahre alt war. Ich kann mich noch ganz genau an diesen Zeitpunkt erinnern. Mir ging es schlecht, wie so oft. Ich saß in meinem Zimmer, neben mir lagen Sicherheitsnadeln. Ich weiß nicht mehr was mir durch den Kopf ging, aber ich Griff nach einer dieser Nadeln und strich damit über meinen Arm. Es waren nur ganz oberflächliche Wunden, die meisten nur etwas geschwollen und rot. Ich verstand nicht, was ich getan hatte aber plötzlich war ich total euphorisch. Mein Arm brannte sehr, irgendwie fand' ich das witzig und mir ging es plötzlich so gut. Die Wunden wurden mit der Zeit immer tiefer und ich war gut darin sie zu verstecken, mir beim Kinderarzt Ausreden einfallen zu lassen und Stellen zu wählen, die nicht auffiehlen. Sah in der Schule doch mal jemand meine Wunden, war das nicht schlimm. Niemand sagte etwas und das gab mir irgendwie Bestätigung. Bis zu meinem 13 Lebensjahr wusste niemand von meinem selbstverletzenden Verhalten. Nicht mal ich selbst wusste wirklich davon. Ich wusste nicht was ich da tat, ich hatte keine Ahnung, dass es andere Menschen gab, die das Selbe tun und das es falsch ist. Ich tat es, weil es sich gut anfühlte - mehr wusste ich nicht.
Mit 13 kam dann ein neues Mädchen in unsere Klasse. Sie war sitzen geblieben, kannte niemanden und ich ging gleich zu ihr hin. Ich stellte mich vor und wir wurden Freundinnen. Schnell sah ich ihre Arme und erkannte, dass sie das Selbe tat wie ich. Das löste in mir erstmal absolute Unsicherheit aus. Ich war damit überfordert. Wieso gab es da plötzlich noch jemanden, der sowas tat? Irgendwann sah sie dann auch meine Wunden und sprach mich darauf an. Sie sprach vom Ritzen. Aha, so nennt man das. Von diesem Zeitpunkt an begriff ich, was ich tat.
Mit 14 Jahren ging es mir selbst so schlecht (was andere Gründe hatte), dass ich in eine Klinik wollte. In diese kam ich dann auch und das war eine der schrecklichsten Zeiten in meinem Leben. Von nun an ging es mit mir und vorallem mit meinem SVV bergab.
Ich begann mich sehr heftig und hemmungslos zu schneiden. Schnitt mit Kraft und Wut in meine Haut. Nach 5 Wochen holte meine Mutter mich aus der Klinik endlich wieder heraus. Mein SVV wurde ab diesem Tag aber stetig schlimmer.
In meinen schlimmsten Zeiten verletzte ich mich mehrmals täglich. Arme, Beine, Bauch - alles war voll mit Wunden und oft hatte ich Angst. Ich hatte schrecklich Panik mir würder der Platz ausgehen. Was sollte ich tun, wenn ich mich nicht mehr verletzen konnte? Manchmal machte mir dieser Gedanke so viel Angst, dass ich Panikattacken bekam.
Viele, viele Jahre lang verletzte ich mich regelmäßig selbst und ich gewöhnte mich an dieses Bild. Und genau das, war das Schlimme. Ich musste immer tiefer schneiden, um meine Ruhe zu finden. Schnitt ich nicht tief genug, dann ging es mir noch schlechter als vorher.
Meine Arme sind inzwischen voll mit vielen, vielen hässlichen Narben. Sie erzählen meine Geschichte, ob ich das möchte oder nicht. Jahre lang habe ich IMMER nur langärmelige Oberteile getragen. Erst seit letztem Jahr gehe ich auch im T-Shirt vor's Haus. Ich habe keine Lust mehr mich zu verstecken, die Narben werden sowieso mein Leben lang bleiben. Ich habe meinen Narben und dem SVV den Kampf angesagt... Aber es ist schwierig. Bei Fremden fühle ich mich im Tshirt sehr, sehr unwohl. Versuche ständig meine Arme zu verstecken. Klar könnte man sich fragen, warum ich denn dan ein Tshirt trage. Das hat aber einen ganz einfachen Grund: 1. Ist es im Sommer höllisch warm, wenn man immer was Langes an hat
2. Möchte ich nicht mehr ständig Lügen und mir Ausreden einfallen lassen
3. Sind lange Ärmel im Sommer mindestens genau so auffällig wie meine Narben
4. Möchte ich einfach lernen mit meinen Narben umzugehen und ein normales Leben zu führen
Vorallem meine Narben sind ein Problem für mich. Sie sind hässlich, das ist einfach so. Ich kann kein Kleid tragen und mich darin hübsch fühlen. Alles was ich sehe sind meine Narben.
Und alles, was andere Leute sehen sind meine Narben. Ich habe oft fast das Gefühl zu spüren, wie sie meine Arme anglotzen. Alle bemühen sich total unauffällig zu gucken, es gelingt nur niemandem. Das ist aber etwas, womit ich mich einfach abgefunden habe, auch wenn mir das immer noch sehr unangenehm ist. Ich hasse es, dass die Menschen wissen was ich getan habe und immer noch tue. Eigentlich geht sie das überhaupt nichts an. Ich hasse es aber mindestens genau so mich zu verstecken. Ich möchte das auch nicht mehr, ich möchte mein Leben genau so leben können wie alle Anderen.
Am schlimmsten ist es aber darauf ansprochen zu werden. Ich hasse sowohl die Verständnisvollen als auch die Witzbolde. Ich möchte nicht, dass alles was die Menschen sehen mein SVV ist und selbstverletzendes Verhalten ist nichts, worüber man Witze machen kann. Ich leide schrecklich darunter.
Es ist eine Sucht, die ich seit Jahren versuche los zu werden, die mich aber niemals ganz loslässt. Oft bringen mich meine eigenen Narben in einen Teufelskreis. Ich sehe meine Narben und habe sofort wieder das Bedürfnis mich zu schneiden. Weil meine Narben so hässlich sind, weil ich mich selbst so entstellt habe und ich niemals ein ganz normales, freies Leben führen werde. Was soll ich mal meinen Kindern sagen?
Ich weiß nicht wie sich Alkoholiker fühlen aber ich denke durchaus, dass man meine Sucht mit ihrer vergleichen kann.
Oft wache ich morgens auf und das erste was ich im Kopf habe ist das Bild von frischen, blutenden Wunden auf meiner Haut. Ich würde mich gerne selbstverletzen, diesen Gedanken habe ich an einigen Tagen dauerhaft im Kopf. An diesen Tagen leide ich unter Entzugserscheinungen. Ich bin unkonzentriert, unruhig, gereizt und meine Hände zittern.
Oft stehe ich kurz vor einem Rückfall. Wenn etwas Schlimmes passiert ist das Erste was ich im Kopf habe mich selbst zu verletzen. Ich tue das nicht, weil ich das so gerne mache. Ich tue das, weil ich nicht mehr anders kann. Ich kämpfe seit Jahren immer und immer wieder dagegen an und ich kann immer noch nicht behaupten SVV frei zu leben. Auch wenn die Abstände inzwischen einige Monate betragen (können) so ist und bleibt es ein Kampf. Ein Kampf, den ich oft wochenlang und täglich kämpfe.
SVV ist kein Witz, es ist auch keine Emokinderkrankheit.
Das selbstverletzende Verhalten bestimmt mein Leben. Ich muss mich schämen, verstecken und rechtfertigen. Und alles was ich mir wünsche ist, dass fremde Menschen mich sehen. MICH und nicht meine Narben. Ich möchte nicht, das man über mich urteilt.
Vielleicht konnte ich ja einigen Menschen die Augen öffnen.
Und wenn nicht, dann eben nicht.