@Latebrae Beim Wort "Medikamente" assoziiert man heutzutage viel zu schnell mit "vollgedröhnt werden".
Dazu ein Schwank aus meiner Jugend:
Mit 13 oder 14, ich weis nicht mehr genau, fing die Ritzerei bei mir.
Die Vorgeschichte bis dahin wird kaum überraschen - schwieriger Haushalt, in der Schule ein Außenseiter, so einer der nirgendwo richtig reinzupassen schien. Von der Diagnose Depression war ich vermutlich manchmal nicht weg.
Nja und zogen die Jahre ins Land bis es dann mit 17 in einer Nacht ausartete und ich tags drauf, auf eigenen Wunsch, beim Neurologen saß, weil das so nicht mehr weitergehen konnte.
Im Wartezimmer sitzend dachte ich auch, dass er mir jetzt einen Berg von Medikamenten verschreiben wird, aber ich sollte überrascht werden.
Wie ich dem Herrn Neurologen nun erzählte, was passiert war und dass ich Hilfe suche, so meinte er, dass er mir lediglich etwas zur Nervenberuhigung verschreiben wird und riet mir zu psychologischer Betreuung, die ich wenige Monate später auch fand und bis dato auch noch besteht.
Was aber die Tabletten anging, so sagte er mir auch, dass die recht lasch dosiert sind und auch erst nach ein paar Wochen spürbare Effekte zeigen.
Für den Moment, wie ich dort so saß, schien das keine große Hilfe zu sein, aber er erklärte mir, dass er nur Medikamente im Angebot hat, die für längerfristige Einnahme gedacht sind und dementsprechend auch nur kleine Effekte erzielen, weil das Zeug, was einen umhaut, zwar für diesen konkreten Moment hilft, aber auf lange Sicht keinerlei Besserung nach sich zieht, weil gerade SVV eine grundlegende Problematik im Verhalten ist, die sich nicht einfach mit Tabletten wegschlucken lässt. Und sich täglich dermaßen zuzudröhnen, dass man zu gar nichts zu gebrauchen ist, war auch keine hilfreiche Alternative und war für ihn auch keine Lösung, die er unterstützen würde.
Letztlich habe ich die Tabletten 3 Jahre genommen bis ich privat und psychisch soweit war, dass ich diese unterschwellige Anspannung gar nicht mehr aufkommen lassen konnte bzw. wusste, wie ich sie selbstständig wieder gelöst bekomme.
Gerade wenn es um solche grundlegenden Muster im Verhalten oder Denken geht, dann formuliert man meist eh nur noch in den Zeiteinheiten "Monate" und "Jahre".
Es mag im Einzelfall durchaus variieren, aber aus meiner Erfahrung mit meinem Neurologen habe ich von Anfang an lernen müssen, dass Medikamente nur unterstützende Wirkung haben sollen und man im Nachinein auch merkt, dass sie allein einem nur kleine Stolpersteine aus dem Weg räumen, was an sich aber oftmals gar nicht so schlecht war.