kleinundgrün schrieb:Nun, das kann man so nicht sagen (auf damals bezogen). Eine besondere Solidarität mit der Ukraine bestand damals ja nicht, sofern man das nicht aus der Annexion der Krim ableiten möchte.
Richtig, sie "bestand nicht".
Die Frage ist, hätte sie bestehen sollen?
Es ist nämlich nicht zu erklären, wieso man im Zuge der Annexion der Krim Sanktionen erlässt, Solidarität aber nicht besteht.
Oder doch, man beugt sich eben internationalem Druck und schwimmt ein wenig mit, ist aber eig nicht die eigene Interessenlage.
Es ist auch nicht zu erklären, wieso spätestens nach der Annexion der Krim Solidarität kein Imperativ ist, man aber nächste Woche Krokodilstränen wegen Luhansk und Donetsk vergießt und jetzt seit 7 Monaten eine solche Politik macht.
Welchen Regeln folgt das?
Es ist ganz prinzipiell nicht zu erklären, wieso man nicht solidarisch mit einem Land bzw einer ganzen Region ist, in der Russland politischen Einfluss über sein Gasnetz nimmt und auf die es hegemonische Ansprüche stellt.
Deutschland hätte dadurch im Grunde nichts verloren. Klar, kann man sich über Transitkosten echauffieren, aber da man meist eh billigere Preise bekam als Osteuropa relativiert sich das.
Stellt sich aber die Frage, warum man diese Preise bekam. Oder auch nicht, es ist recht eindeutig.
kleinundgrün schrieb:Das war ja auch ein Aspekt. Trump hat ureigene amerikanische (oder republikanische) Interessen vertreten - keine Stabilisierung der restlichen Welt.
Trump hatte einfach nur zufällig recht gehabt.
Es ist genau das, was ich meine. Trump hat nur böse, egoistische, amerikanische Interessen vertreten und mit seinen vorgeschobenen Argumenten zuuuuuufällig recht behalten.
Fakt ist, das Projekt stand schon unter Obama in der Kritik und Biden ist damals schon als Vizepräsident nach Europa gereist, um davor zu warnen.
Fakt ist auch, dass die USA - auch unter Trump - jegliche alternative Pipeline, die nicht aus Russland kam, unterstützt und befürwortet haben.
Fakt ist, dass es hier überhaupt keine Häfen für LNG-Gas gibt.
Was wollten uns die EU und ein Großteil Europas andrehen, so dass sie sich aus Bösartigkeit dagegen aussprachen und dann zufällig recht behielten?
EU:
Die drei wichtigsten EU-Institutionen – die Kommission, das Parlament und der Europäische Rat – haben die Pipeline von Anfang an abgelehnt.[155]
[...]
Auf die Behauptung der Bundesregierung, das Bauvorhaben sei ein europäisches und kein rein deutsches Projekt, erwiderte Josep Borrell, der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, dass Nord Stream 2 kein europäisches Projekt sei, sondern „allein in der Hand der Deutschen liege.“[157]
Polen:
Der Bau der Nord-Stream-Pipeline ist der größte Streitpunkt zwischen Deutschland und Polen im Bereich Energie und belastet seitdem die Beziehung zwischen beiden Ländern.[166][167]
Baltische Länder:
Die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sind gegen die Nord-Stream-Pipeline und sehen das Projekt als Gefährdung ihrer Sicherheit.[175]
Schweden:
Als Ostsee-Anrainerstaat zählt Schweden ebenfalls zu den Kritikern des Nord-Stream-2-Projekts und sieht es als geopolitisches Vorhaben, das die Abhängigkeit der EU von russischen Gasimporten erhöhen könne, was wiederum als politisches Druckmittel von Seiten Russlands gesehen wird.
Dänemark:
Dänemark erhob vor allem sicherheitspolitische und energiepolitische Bedenken gegen die Pipeline.[187]
Frankreich (die auch schon davor das Projekt ablehnten, dann aber mal kurzzeitig zu irgendeiner komischen "Übereinkunft mit DE kamen):
2019 stellte sich Paris gegen Deutschland, indem es die neuen Energieregeln des EU-Parlaments unterstützte. Die Regeln sehen die Trennung zwischen Gaslieferant und Pipeline-Betreiber vor.
Wikipedia: Nord StreamDa muss man nicht über die Interessen der USA und der Republikaner reden und sich über "America first" mokieren.
Im Gegenteil, man müsste mal nach den Interessen Deutschlands fragen, denn es ist DE was seine eigenen und vor allem die Interessen Russlands gegen seine gesamten "Partner" durchzusetzen suchte.
Und das hat man in der Bevölkerung unter anderem damit getan, Trump als wandelndes deutsches Ressentiment vorzuschieben und dafür wird man dann natürlich auch bejubelt.
Hier tut man jetzt so, als hätte man von nichts ahnen können, alles richtig gemacht, Trump ganz zufällig recht gehabt aus niederen Motiven und man müsse die Situation nun neu bewerten.
Genau dasselbe hat man bei der NATO getan, wo man seinen zugesagten Verpflichtungen nicht nachkam und genau dasselbe hat man in Syrien bzgl der Rücknahme der eigenen Terroristen gemacht.
kleinundgrün schrieb:Na ja, oder ein weiterer Weg, der nicht durch eine politisch instabile Region führt. Weißrussland ist auch recht schnell zu einem "Schurkenstaat" geworden. In diesen Ländern (Ex-sowjet und nicht Teil eines anderen Bündnisses) sind die politischen Verhältnisse nicht sehr stabil und hängen stark an der Person, die das Land kontrolliert. Da kann es innerhalb weniger Jahre zu unvorhergesehenen Ereignissen kommen. Da ist es nicht fernliegend, nicht nur eine Pipeline zu haben.
Es ist reichlich fadenscheinig, das so auszudrücken.
Das sind keine Regionen, die von Bürgerkriegen heimgesucht werden und in der sich Diktatoren und Militärregierunhen abwechseln oder konfessionelle Konflikte herrschen....die "Instabilität" beruht vor allem darauf, dass Russland sich dort Satellitenstaaten eingerichtet hat oder das gerne möchte.
Und dass das in DE erst 2022 auffällt, ist gelinde gesagt absurd.
kleinundgrün schrieb:Es ist durchaus eine Möglichkeit der Stabilisierung, problematische Länder wirtschaftlich stärker einzubinden. Das klappt manchmal und manchmal nicht. Bei Russland hat es nicht funktioniert.
War es vorhersehbar? Nun, dazu gibt es unterschiedliche Ansichten.
Die Wirtschaftlichkeit dessen ist überhaupt kein Faktum.
Im Gegenteil, seit 4 oder 5 Jahren wurde diese von wissenschaftlichen Publikationen immer wieder bestritten.
Auch nachzulesen im Wiki-Artikel.
Nicht nur ist "Wandel durch Handel" mit Pauken und Trompeten gescheitert, man muss davon ausgehen, dass sowas hier nichtmal stattgefunden hat, sondern man lediglich bei russischen, hegemonische Machenschaften Händchen hielt.