simson schrieb: Das wird sicher nicht geschehen, warum wohl ist es für den Staat günstiger ihnen ein Einkommen zu bezahlen, als Unmengen an Geld für Massnahmen raus zu hauen und besonders bei Kinder und Jugendlich geld zu investieren, die können schon rechnen.
Ich arbeite an einer Brennpunktschule und bei uns kommen viele Kinder- und Jugendliche an, die im nahen sozialen Wohnungsbau wohnen und deren Eltern (oft gibt es nur ein erziehendes Elternteil, meistens die Mutter) langzeitarbeitslos ist. Das liegt an mehreren Gründen: oft ist eine fehlende schulische und berufliche Qualifikation das "Grundübel", gepaart mit der Erkenntnis, dass sich Arbeiten nicht lohnt - da diese Eltern über das Mindestlohnniveau nicht hinwegkommen (keine Qualifikation, keine Motivation, hoher Krankenstand ....). Sie sind meistens frustriert, leben in ihrer "eigenen Welt", haben eigene Referenzssysteme und ein differierendes Äußeres (oft: Piercings, auffällige großflächige Tatoos, schlecht gefärbte Haare in auffälligen Farben, künstliche Nägel ....). Es gibt Elterngespräche, die führt man -wegen verbaler Aggressivität der Elternteile- aus Sicherheitsgründen zu zweit. Ausfallquote ca. 70%, da es diesen Eltern schwer fällt, Termine einzuhalten.
Das Geld ist bei den Schülern sehr gut angelegt, da man überhaupt nicht davon ausgehen kann, dass die Schüler irgendwelche konstruktiven Werte von daheim mitbekommen haben - wobei es auch ärgerlich ist, da sich manche Elternteile aus einer Hängemattenmentalität darauf verlassen, dass sich schon jemand anders um die Kinder sorgt - für die Kids ist es oft schon eine Leistung, halbwegs pünktlich zum Unterricht zu erscheinen, weil sie die einzigen sind, die morgens daheim aufstehen und oft noch zuständig sind, dass die kleinen Geschwister auch in Grundschule oder Kindergarten kommen. Oft ist das Jugendamt schon mit der Familienhilfe in der Familie, erreicht aber keine Fortschritte, da die Einsicht fehlt - man macht genau so viel, dass man die Kinder behalten kann und sie nicht aus der Familie entnommen werden.
Es liest sich nun sicher sehr provokativ (und betrifft natürlich nur einen Teil der Schülerinnen und Schüler), aber: Wenn es Leute gibt, denen die eigenen Kinder und ihr Wohlbefinden total am Allerwertesten vorbeigehen, die es nicht einmal schaffen, wenn z.B. eine Theateraufführung von der Schule ist oder die Abschlussfeier (bei uns tauchen 50% der Schülerinnen und Schüler ohne Elternteil bei der Abschlussfeier auf "die hatten keine Zeit/ schon was anderes vor) ihres Kindes zu besuchen - dann schafft man es auch nicht, dass diese Leute sich in die Rolle des verlässlichen Arbeitnehmers einfinden. Wir haben Kinder, die Montags hungrig wie die Wölfe in die Schule kommen und am Wochenende trockene Nudeln essen - oder Toastbrot ohne Belag. Etwas, was halt billig ist.
Unser Ganztagesteam (und auch das der Grundschule) ist oft u.a. mit folgenden Dingen beschäftigt: Unterrichtsmaterialien besorgen + beschriften, Kindern das Essen mit Messer + Gabel beibringen, Winterjacken organisieren, passende Schuhe organisieren, sicherzustellen, dass das Kind ausreichend und ausgewogen ernährt wird (es gibt Kinder, da gibt es außer ein paar Bierdosen nichts im Kühlschrank), Grundformen menschlichen Anstandes beibringen, Aufklärung über Körperhygiene, Lesefertigkeit erhöhen, Pflichtbewusstsein für Hausaufgaben schaffen ....
Die Kinder müssen im Ganztagesbereich oft erst lernen, wie man vernünftig und altersgemäg spielt (sie kennen nur das "Wegstöpseln" und die Playstation und da spielen sie v.a. gerne Spiele mit Action oder Gewalt), vernünftig isst, man muss sie bitten und anleiten, gesunde Sachen zu essen (sonst essen sie trockene Nudeln und werfen Gemüse und Salat weg, das kennen sie von daheim so ....). Man kann überhaupt nichts voraussetzen.
Ich glaube, diese Menschen haben sich so weit von der Norm entfernt, dass -ohne Einsicht und den Willen- etwas zu verändern, es einfach auch nicht zielführend ist, sie in den Arbeitsmarkt eingliedern zu wollen. Streicht man ihnen das Geld, sehen sie sich als Opfer der Gesellschaft und ziehen los, um eine Oma "abzuziehen" - schließlich gibt ihnen der Staat kein Geld und von irgendwas müssen sie leben.