Im Erstellungspost wurden einige Passagen zitiert andere ausgelassen. Ausgelassen wurde eigentlich alles was für Frau Lohfink spricht. Das fängt schon mit der Unterzeile zur Artikelüberschrift im Spiegel:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/gina-lisa-lohfink-gruene-fordern-schnelle-reform-des-sexualstrafrechts-a-1096892.htmlIm Zuge dieses neuen Prozesses sind Zweifel an der früheren Entscheidung der Staatsanwaltschaft laut geworden - auch weil das frühere Model mehrfach "Hör auf" in dem Video sagt.
Im Stern-Artikel gibt es noch einige Abschnitte, die einem ebenfalls zu denken geben können.
http://www.stern.de/lifestyle/leute/gina-lisa-lohfink--chronik-einer-angekuendigten-schaendung-6888744.html (Archiv-Version vom 12.06.2016)Die Ex-GNTM-Kandidatin Gina-Lisa Lohfink wurde das Opfer zweier Männer. Bestraft wurde jedoch sie selbst – vom Gericht, aber auch von einer Gesellschaft, die beim Vorwurf sexueller Gewalt mit zweierlei Maß misst.
Plötzlich steht Pardis F. in der Lobby. Er wolle sich entschuldigen. "Ich hab Scheiße gebaut", sagt er. Und dass er sich in Gina-Lisa verliebt habe und nicht verstehen könne, warum er ihr das angetan hat. Sie weiß nicht, wovon er spricht, immer noch hat sie große Erinnerungslücken. Erst, als ihre Managerin am nächsten Morgen spät aufwacht, ist klar, was F. gemeint hat: Auf ihrem Handy sind 180 Anrufe, SMS und E-Mails. Nachrichten von Redakteuren verschiedener Medienvertreter: Was zur Hölle los sei, sie bekämen hier im Stundentakt Sexvideos mit Gina-Lisa angeboten.
Das muss das Gericht vollständig ignoriert haben: Was meint den Pardis F. mit "Scheiße gebaut"? Was hat er ihr angetan?
Erst am 2. Juli, einen vollen Monat nach der Tatnacht, werden in den Wohnungen der beiden Täter Laptops, Handys und Datenträger sichergestellt. Viel zu spät, Ausschnitte der Videoaufnahmen aus der verhängnisvollen Nacht kursieren längst im Internet. Es wird weiteres Bild- und Videomaterial sichergestellt. Und: der E-Mail-Verkehr zwischen den beiden, in dem sie die Vermarktung der Videos planen und darüber spekulieren, wie viel Geld sie damit wohl verdienen würden.
Es ist hier vom E-Mail-Verkehr zwischen den beiden Männern die Rede, die die Vermarktung des Videos planen. Von einer Beteiligung von Frau Lohfink steht hier nichts. Speziell für die Mitschreiber, die meinen Frau Lohfink buhle um Aufmerksamkeit.
Ihr Anwalt Burkhard Benecken mischt sich ein: "Warum macht denn einer ein Foto von einer Frau im Treppenhaus? Ich glaube, das hat er als Absicherung gemacht, der Mann hat das ja alles von Anfang an geplant und ist als mehrfach Vorbestrafter sicher mit allen Wassern gewaschen." Aus seiner Praxis kennt er das zur Genüge. "Wissen Sie, wie viele Frauen ihren Vergewaltiger in Sicherheit wiegen, nur damit er sie rauslässt? Das Verhalten meiner Mandantin ist nicht verdächtig, sondern klassisch. Und ebenso klassisch ist die Borniertheit der Menschen, die glauben, eine Vergewaltigung laufe immer ab wie in einem Comic, mit einer Gestalt in einer dunklen Gasse und einer schreienden Frau. Die Realität sieht ganz anders aus."
Klar, er ist ihr Anwalt. Aber man kann sich ja schon fragen, weshalb das Foto von Frau Lohfink im Treppenhaus gemacht wurde und könnte auf die Idee kommen, dass sich die Männer absichern wollten.
Das Verfahren gegen Sebastian C. wird wegen einer fehlenden Wohnadresse vorläufig eingestellt. Pardis F. wird wegen der Weitergabe der Videos verurteilt. Nicht jedoch wegen Vergewaltigung. Stattdessen wird ein Strafbefehl gestellt: 24.000 Euro soll Gina-Lisa Lohfink wegen der Falschverdächtigung von Pardis F. und Sebastian C. bezahlen. Lohfink entschließt sich, Einspruch zu erheben. "Ich zahl das nicht", sagt sie. "Lieber geh' ich ins Gefängnis."
Eine Verfahrenseinstellung wegen einer fehlenden Wohnadresse? Das festigt mein Vertrauen in die Justiz aber ungemein. Einer wurde wegen der Weitergabe des Videos verurteilt, wenig aber wenigstens etwas.
Jetzt sind wir bei der Verhandlung gegen Frau Lohfink.
"Eines weiß ich genau. Ich würde niemals wieder in meinem Leben, auch als Geschädigte, ohne einen Strafverteidiger zur Polizei gehen. Bedauerlicherweise verstehe ich heute auch, dass viele Frauen, obwohl sie Opfer einer Sexualstraftat geworden sind, aus Angst vor Konsequenzen in Bezug auf die eigene Person den Weg zur Polizei nicht mehr gehen. Ich finde es traurig, dass ich dies sagen muss, aber ich wusste nicht, dass man von der Geschädigten zur Täterin gemacht werden kann." Im Zuschauerraum entsteht Unruhe.
Genau das sind die verheerenden Folgen solcher öffentlichkeitswirksamer Prozesse. Es werden noch weniger Anzeigen erstattet. Es gehen noch mehr Täter straffrei aus.
Und auch das steht noch im Stern-Artikel:
Das eigentliche Problem sei jedoch ein anderes: "Das Frauenbild unserer Gesellschaft ist immer noch so, dass Frauen zur Zielscheibe werden. Jeder enttäuschte Liebhaber kann sich rächen, indem er private Sexvideos ins Netz stellt und die Frau auf diese Art bloßstellt. Dass so eine Aktion überhaupt Sinn hat, liegt in der Verantwortung einer Gesellschaft, die es immer noch als Schande sieht, wenn ein Paar bei sexuellen Handlungen zu sehen ist. Und diese Schande ausschließlich bei der Frau verortet."