Rotkäppchen schrieb:Das glaube ich nicht. Die Tat scheint mir zu sehr geplant. Ich denke, dass er gezielt keine Prostituierte wollte und es auch um den Kick durch Töten ging.
Ob die Tat geplant war oder eher spontan durchgeführt wurde, mag ich nicht zu sagen, meiner Meinung nach könnte beides der Fall sein.
Aber ich stimme Dir absolut zu, dass der Besuch bei einer Prostituierten und eine Vergewaltigung mit anschließender Ermordung zwei absolut verschiedene Sachen sind.
Niemand vergewaltigt und tötet ein junge Frau aus sexuellem Verlangen. Die Motivlage ist eine völlig andere, als die zu einer Prostituierten zu gehen.
Jemand der zu einer Prostituierten geht, bezahlt diese für eine "Dienstleistung". Es ist für die Kunden in der Regel ein Geschäft auf Augenhöhe. Natürlich gibt es Zwangsprostituierte und die allermeisten Frauen prostituieren sich aus einer wirtschaftlichen Notlage. Das blenden die Freier aber in der Regel aus: sie bezahlen die Prostituierte und sie zwingen sie nicht zu etwas, was sie nicht will.
Es mag freier geben, sie auf erniedrigende Praktiken stehen, aber auch das wird in der Regel vorher abgesprochen, die Prostituierte muss sich damit einverstanden erklären und der Freier zahlt in der Regel einen höheren Preis dafür.
Ein Mann vergewaltigt und tötet kein junges Mädchen, weil er keine ihm zusagende Prostituierte gefunden hat und deshalb dann eben diese Tat begeht, weil er ja schließlich irgendwo seinen Triebstau loswerden muss.
Bei einer Vergewaltigung mit Ermordung geht es darum Macht auszuüben, einem Menschen zu besitzen, ihn zu etwas zu zwingen, was er nicht will. Es geht in der Regel nicht mal um die Befriedigung sexueller Bedürfnisse, aber erzwungener Sex ist eines der dominantesten, übergriffigsten und missbrauchensten Dinge, die ein Mensch mit dem Körper eines anderen Menschen anstellen kann. Er dringt gegen deren Willen IN den Körper einer Frau ein, das ist die absolute Grenzüberschreitung.
Natürlich spielen dabei auch sexuelle Erregung eine Rolle und für viele dieser Täter ist die Vorstellung und das Erleben dieser massiven Gewalt und Macht über einen anderen Menschen auch durchaus ein sexueller Stimulus.
Aber niemand begeht so eine Tat, nur um sexuellen Triebdruck abzubauen. Da wäre es viel risikoärmer eben zu einer Prostituierten zu gehen. Allein schon die Aussicht, dass auf Vergewaltigung recht hohe und auf Mord sogar lebenslange Haftstrafen stehen, wo sollte da die Relation von Risiko und Nutzen liegen, lieber jemanden zu vergewaltigen als 50 oder 100 Mark (1995) für eine Prostituierte auszugeben?
Deshalb ist es auch Quatsch zu argumentieren, Sonja habe mit ihrer hübschen Erscheinung und dem Lederoutfit einen Mann angelockt, der sich von ihr angezogen gefühlt hat und sie deshalb vergewaltigt hat. Sicher hatte dieser Täter die Tat vorher schon länger in seinen Phantasien ausgemalt und hatte dabei auch einen bestimmten Frauentypus im Kopf. Und sicher hat Sonja diesem Typus entsprochen. Aber der von einem Täter bevorzugte Frauentypus hätte auch "sehr kräftig gebaut, mittelalt und mit kurzen schwarzen Haaren" sein können, dann wäre in der Nacht, in der er sich zur Tat entschlossen hatte, wahrscheinlich eine andere Frau sein Opfer geworden oder er hätte noch weitere Nächte damit verbracht, nach einer Frau, die diesem Bild entspricht, zu suchen.
Deshalb lasst doch bitte diese Argumentation Sonja sei als hübsche und auffällig körperbetont angezogene Frau einem Mann ins Auge gefallen, der sich, weil sie ihm so gut gefallen hat, total vergessen hat!