@Lemniskate @der_wichtLemniskate schrieb:Vielleicht sollte man einen Fall nie ganz abschließen dürfen, solange die Leiche nicht gefunden ist. Bedeutet, das selbst freigesprochene, im Fall der Fälle wieder vor Gericht gebracht werden können.
jein.
1) Natürlich ist es schlimm, was hier passiert ist. Aber ein Rechtssystem, in dem man immer wieder neu, auch nach einem Freispruch, angeklagt werden kann, behagt mir auch nicht gerade. Sowas kann auch einen wirklich Unschuldigen schwer treffen und dessen Leben ruinieren. Es wäre im Allgemeinen ein Angriff auf Rechtssicherheit und Rechtsfrieden.
2) aber es gibt natürlich schon Fälle, in denen ein Täter erst nach einem Freispruch zweifelsfrei überführt werden kann. Gerade in den letzten Jahren gab es mehrere solche Fälle, da eben die DNA-Analyse als neues Instrument die Aufklärung von Altfällen erlaubt, eben nicht selten auch sich dabei herausstellt, dass ein "aus Mangel an Beweisen" Freigesprochener doch der Täter war.
Der Fall der Frederike von Möhlmann ist ein gutes Beispiel dafür: der damals 1982 aus Mangel an Beweisen freigesprochene Kurde Ismet H wurde inzwischen anhand DNA überführt. Aber kann aufgrund des vorangehenden Freispruchs nicht erneut angeklagt werden! (das OLG Celle hat inzwischen die Täterschaft festgestellt, insoweit darf man Ismet H jetzt auch als Täter bezeichnen, aber da ging es nur um zivilrechtliche Ansprüche, die als verjährt abgewiesen wurden, strafrechtlich kann man ihm aufgrund des Freispruchs nichts mehr)
https://www.welt.de/vermischtes/article158281312/1981-wurde-Frederike-ermordet-Ihr-Vater-kaempft-bis-heute.html3) In einigen Staaten wurden aufgrund dessen die Gesetze geändert, so dass neue Beweise, die mittels neuer wissenschaftlicher Methoden, die beim ersten Verfahren noch nicht zur Verfügung standen (also zB DNA-Analyse), ein neues Verfahren erlauben. So sgat zB das Gesetz in Victoria, Australien seit 2011, dass Retrial möglich ist auf Grundlage von "fresh and compelling DNA evidence, where the person acquitted subsequently admits to the crime, or where it becomes clear that key witnesses have given false evidence" (begrenzt allerdings auf schwere Straftaten wie Mord, Totschlag, Vergewaltigung, bewaffneter Raub und schwere Brandstiftung)
Entsprechende Änderung des GG §103 (3) würde ich persönlich auch begrüßen.
4) Im Fall des UK allerdings sehe ich ein ganz anderes Problem, nämlich dass es dort nie zu einem WAV hätte kommen dürfen und schon gar nicht zu einem Freispruch im WAV! "Zweifel" an der Schuld des Verurteilten sollten nie für ein WAV reichen, einen Freispruch aus Mangel an Beweisen sollte es noch weniger in einem WAV geben dürfen! Ein WAV sollte vielmehr eine Beweislastumkehrung beinhalten, der Verurteilte müsste verpflichtet sein, zu
beweisen, dass er nicht der Täter war! ZB. dadurch, dass der wahre Täter festgestellt wird.
Da ja bis heute nicht ausgeschlossen werden kann, dass UK der Täter war, hätte es meiner Ansicht nach daher niemals ein WAV geben dürfen!