Peggy Knobloch
22.04.2015 um 15:55@Erdmännchen
"Schließt sich das Tatgericht dem Ergebnis der Beurteilung eines Sachverständigen an, so muß es wenigstens die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Darlegungen des Sachverständigen im Urteil wiedergeben (BGHSt 7, Seite 238 = NJW 1955, Seite 840; BGHSt 12, Seite 311 = NJW 1959, Seite 780 u. a., st. Senatsrspr.). Dies hat so vollständig zu geschehen, daß das RevGer. selbst nach allgemeinen revisionsrechtlichen Grundsätzen die getroffenen Feststellungen auf ihre gedankliche Schlüssigkeit und Vereinbarkeit mit den Erfahrungen und Erkenntnissen der Wissenschaft überprüfen kann (vgl. OLG Köln, Blutalkohol 1970, 159 u. a.; OLG Hamm, DAR 1969, DAR Jahr 1969 Seite 107 u. a.)." OLG Köln NJW 1982, 2613
oder auch
"Abgesehen davon, dass zwischen Beeinträchtigungen der Einsichts- und der Steuerungsfähigkeit - gerade wenn die Unterbringung nach § 63 StGB in Rede steht - zu differenzieren ist und beides an sich nicht gleichzeitig vorliegen kann (Fischer aaO § 20 Rdn. 44 a f. m. w. N.), fehlt dem Urteil jede Begründung für die Annahme ... erheblicher Verminderung der Steuerungsfähigkeit." BGH BeckRS 2010, 00695
oder ganz allgemein
"Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bedarf einer besonders sorgfältigen Begründung, weil sie eine schwerwiegende und gegebenenfalls langfristig in das Leben des Betroffenen eingreifende Maßnahme darstellt." BGH BeckRS 2014, 11024
oder auch
"Wenn sich der Tatrichter – wie hier – darauf beschränkt, sich der Beurteilung eines Sachverständigen zur Frage der Schuldfähigkeit anzuschließen, muss er dessen wesentliche Anknüpfungspunkte und Darlegungen im Urteil so wiedergeben, wie dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit erforderlich ist (BGH, NStZ 2003, Seite 307; NStZ-RR 2003, Seite 232 – jew. mwN). Daran fehlt es hier. Zum Beleg dafür, dass der Besch. nicht fähig war, seiner vorhandenen Unrechtseinsicht gemäß zu handeln, hat die StrK lediglich ausgeführt, bei dem Besch. bestehe „neben einer dissozialen Störung und einer Alkohol-, Drogen- und Medikamentenabhängigkeit eine chronifizierte schwere schizophrene Psychose mit ausgeprägten Störungen der Handlungsübersicht, der Kritikfähigkeit, der adäquaten Selbsteinschätzung, des verinnerlichten Wertgefühles und der Impulskontrolle”. Es fehlt eine Darlegung, wie dieses Störungsbild auf den Besch. und seine Handlungsmöglichkeiten in den konkreten Tatsituationen eingewirkt hat. Hierauf kann auch dann nicht verzichtet werden, wenn bei dem Täter eine Schizophrenie diagnostiziert worden ist. Die Diagnose einer solchen Erkrankung führt für sich allein genommen nicht zur Feststellung einer – generellen oder zumindest längere Zeiträume überdauernden – Schuldunfähigkeit ... " BGH NStZ-RR 2008, 39
summa summarum: der tatrichter hat zu subsumieren und eine aussagekräftige und differenzierte begründung zu liefern
Erdmännchen schrieb:Ich halte es für unwahrscheinlich, dass das Gericht hier noch mal explizit differenziert hat, ob das eine möglicherweise gegeben war, das andere aber nicht. Das wäre aus meiner Sicht nämlich überflüssige Mehrarbeit gewesen.es ist im gegenteil sogar sehr wahrscheinlich, dass das tatgericht da explizit differenziert hat. ich darf mal ein wenig zitieren:
"Schließt sich das Tatgericht dem Ergebnis der Beurteilung eines Sachverständigen an, so muß es wenigstens die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Darlegungen des Sachverständigen im Urteil wiedergeben (BGHSt 7, Seite 238 = NJW 1955, Seite 840; BGHSt 12, Seite 311 = NJW 1959, Seite 780 u. a., st. Senatsrspr.). Dies hat so vollständig zu geschehen, daß das RevGer. selbst nach allgemeinen revisionsrechtlichen Grundsätzen die getroffenen Feststellungen auf ihre gedankliche Schlüssigkeit und Vereinbarkeit mit den Erfahrungen und Erkenntnissen der Wissenschaft überprüfen kann (vgl. OLG Köln, Blutalkohol 1970, 159 u. a.; OLG Hamm, DAR 1969, DAR Jahr 1969 Seite 107 u. a.)." OLG Köln NJW 1982, 2613
oder auch
"Abgesehen davon, dass zwischen Beeinträchtigungen der Einsichts- und der Steuerungsfähigkeit - gerade wenn die Unterbringung nach § 63 StGB in Rede steht - zu differenzieren ist und beides an sich nicht gleichzeitig vorliegen kann (Fischer aaO § 20 Rdn. 44 a f. m. w. N.), fehlt dem Urteil jede Begründung für die Annahme ... erheblicher Verminderung der Steuerungsfähigkeit." BGH BeckRS 2010, 00695
oder ganz allgemein
"Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bedarf einer besonders sorgfältigen Begründung, weil sie eine schwerwiegende und gegebenenfalls langfristig in das Leben des Betroffenen eingreifende Maßnahme darstellt." BGH BeckRS 2014, 11024
oder auch
"Wenn sich der Tatrichter – wie hier – darauf beschränkt, sich der Beurteilung eines Sachverständigen zur Frage der Schuldfähigkeit anzuschließen, muss er dessen wesentliche Anknüpfungspunkte und Darlegungen im Urteil so wiedergeben, wie dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit erforderlich ist (BGH, NStZ 2003, Seite 307; NStZ-RR 2003, Seite 232 – jew. mwN). Daran fehlt es hier. Zum Beleg dafür, dass der Besch. nicht fähig war, seiner vorhandenen Unrechtseinsicht gemäß zu handeln, hat die StrK lediglich ausgeführt, bei dem Besch. bestehe „neben einer dissozialen Störung und einer Alkohol-, Drogen- und Medikamentenabhängigkeit eine chronifizierte schwere schizophrene Psychose mit ausgeprägten Störungen der Handlungsübersicht, der Kritikfähigkeit, der adäquaten Selbsteinschätzung, des verinnerlichten Wertgefühles und der Impulskontrolle”. Es fehlt eine Darlegung, wie dieses Störungsbild auf den Besch. und seine Handlungsmöglichkeiten in den konkreten Tatsituationen eingewirkt hat. Hierauf kann auch dann nicht verzichtet werden, wenn bei dem Täter eine Schizophrenie diagnostiziert worden ist. Die Diagnose einer solchen Erkrankung führt für sich allein genommen nicht zur Feststellung einer – generellen oder zumindest längere Zeiträume überdauernden – Schuldunfähigkeit ... " BGH NStZ-RR 2008, 39
summa summarum: der tatrichter hat zu subsumieren und eine aussagekräftige und differenzierte begründung zu liefern