Mordfall Charlotte Böhringer
02.03.2023 um 15:07Manfred Götzl, der akkurate Richter, Süddeutsche München, 28.02.2023 lesen » * N E U *hier werden wir auf folgende Seite geleitet:
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/manfred-goetzl-nsu-mord-1.5759373
Der Richter liebt Details, trifft aber auch eigenwillige EntscheidungenWas man hier meint, in einem leicht polemischen Artikel vom Tisch wischen zu können, um schon mal Stimmung für das Wiederaufnahmeverfahren zu machen, das Urteil bestätigt, wie akkurat Richter Götzl seinen Beruf ausübte und welchen Aufwand er betrieben hat, nur um die Linkshändigkeit vpn BT entsprechend zu würdigen.
Er ist bis zur Detailversessenheit akkurat, was ihn allerdings nicht davon abhält, immer wieder eigenwillige Entscheidungen zu treffen:
... Und bei Benedikt T. hielt ihn die Tatsache, dass der Täter mit der rechten Hand zugeschlagen hatte, nicht davon ab, den Angeklagten zu verurteilen, obwohl der Linkshänder ist. Das Gericht erklärte, die anderen Indizien hätten sich "wie ein Ring" um Benedikt T. geschlossen.
Ich hab's aus dem Urteil im Wiki rauskopiert:
Der Umstand, dass es sich bei dem Angeklagten um einen Linkshänder handelt und die Schläge nach den Feststellungen der Kammer ausnahmslos mit der rechten Hand geführt worden sind, spricht nicht gegen die Täterschaft des Angeklagten. (S. 6)
Da die Wohnungstür sich aus seiner Sicht nach links öffnete, nahm er – obwohl er Linkshänder ist – im Hinblick auf diese örtliche Gegebenheit das Werkzeug zum Zuschlagen in die rechte Hand, um ein mögliches sofortiges Zudrücken der Türe durch das Opfer durch den Einsatz seiner linken Hand im Sinne eines Abblockens zu verhindern und gleichzeitig augenblicklich in den offenen Eingangsbereich durch das Türblatt nicht behindert, zuschlagen zu könne. Als C.B. ahnungslos die Wohnungstüre öffnete, begann der Angeklagte sofort auf den Kopf seines völlig überraschten Opfers einzuschlagen, um es zu töten. Der Geschädigte gelang es im Hinblick auf den überraschenden Angriff weder, sich zu wehren noch zu flüchten. Nach den ersten Schlägen wich sich zurück. Der Angeklagte schlug weiter mit dem Werkzeug, das er in der rechten Hand führte, wobei er möglicherweise zeitweise die linke Hand unterstützend zu Hilfe nahm, mindestens 24 Mal gegen den Kopf des Opfers, wobei er die letzten vier bis fünf Schläge ausschliesslich mit der rechten Hand von oben nach unten und von aussen nach innen führte. C.B. verstarb unmittelbar nach der Tat an zentraler Lähmung bei schweren Schädel-Hirnverletzungen in Verbindung mit massivem Blutverlust nach aussen.
(n.)
Der Umstand, dass es sich bei dem Angeklagten um einen Linkshänder handelt und die Schläge nach den Feststellungen der Kammer ausnahmslos mit der rechten Hand, möglicherweise teilweise unterstützt mit der linken Hand geführt worden sind, spricht nicht gegen die Täterschaft des Angeklagten. Bei dem Angeklagten handelt es sich nämlich nicht um einen „extremen Linkshänder“, sondern um einen Linkshänder mit leichter Tendenz zur Beidhändigkeit, dem sowohl von der Kraft als auch von den motorischen Fähigkeiten her eine Tatbegehung mit der rechten Hand möglich gewesen ist.
(i.)
Der neuropsychologische Sachverständige Prof. Dr. J. führte überzeugend aus, er habe den Angeklagten ausführlich exploriert und eine Reihe von Testungen mit ihm gemacht. Zum Einsatz gekommen sei ein Test zur Feststellung der Handpräferenz (Edinburgh Handedness Inverntory), ein Verfahren zur Messung der Griffkraft beider Hände, ein klinisches Verfahren zur Feststellung diskreter neuromotorsicher Beeinträchtigungen, eine Untersuchung der manuellen feinmotorischen Koordinationsfähigkeit sowie ein Verfahren zur kinematischen Analyse der Schreibmotorik. Bei dem Test zur Ermittlung der Handpräferenz habe der Angeklagte insgesamt 10 Tätigkeiten ausführen müssen. Dabei wurde beobachtet, ob er die Tätigkeit mit der rechten oder der linken Hand verrichtete. Der Angeklagte habe dabei einen Lateralitätsquotienten von -80 erreicht. Damit sei der Angeklagte kein extremer Linkshänder, sondern ein so genannter typischer Linkshänder, bei dem eine leichte Tendenz zur Beidhändigkeit bestehe. Bei der Messung der Griffkraft beider Hände habe ich rechts ein Mittelwert von 45.3 kg und links ein Mittelwert von 50.0 kg ergeben. Diese Griffstärkendifferenz liege im Normbereich. Auch die Leistungen in den übrigen Tests seine ausnahmslos im Normbereich, überwiegend sogar im durchschnittlichen bis überdurchschnittlichen Leistungsbereich, gelegen. Der besser ausgeprägt seinen als rechts. Auffallend sei, dass bei einigen zunächst links, dann rechts und schliesslich beidhändig durchgeführten Tätigkeiten, das Leistungsniveau der rechten Hand bei der beidhändigen Ausführung angestiegen sei. Aufgrund der erreichten Testleistungen sei zusammenfassend festzustellen, dass die motorischen Leistungen der rechten Hand des Angeklagten gut bis sehr gut seien. Dies wäre anhand des Lateralisierungsquotienten von -80 an sich nicht zu erwarten gewesen. Allerdings sei die gute Einsetzbarkeit der rechten Hand ein bei Linkshändern häufig anzutreffendes Phänomen. (S. 188)
(ii.)
Das Gutachten des Sachverständigen war überzeugend. Es ging von zutreffenden Anknüpfungstatsachen aus, war widerspruchsfrei, in sich schlüssig und nachvollziehbar. Die Kammer schliesst sich den Ausführungen des Sachverständigen voll umfänglich an. Ergänzend wurde das Ergebnis noch bestätigt durch folgende Zeugenangaben:
(1.)
Die Kammer vernahm eine Reihe von Zeugen (B.T. sen., M.T, J.P, M.B, Dr. G.H.) zur Frage der Händigkeit des Angeklagten. Alle Zeugen schilderten glaubhaft und übereinstimmend, der Angeklagte führe regelmässig alle Tätigkeiten, für die ein Rechtshänder die rechte Hand einsetze, mit der linken Hand aus. Genannt wurden dabei insbesondere Schreiben, Ballspielen, Tennis, Feuergeben, Trinkglashalten etc. Zusätzlich nahm die Kammer hierzu mit gleichem Ergebnis vorgelegtes Bildmaterial in Augenschein.
(2.)
Der Umstand, dass der Angeklagte aber neben seiner linken Hand auch seine rechte Hand sachgerecht und mit guter motorischer Leistungsfähigkeit einsetzen vermag, ergab sich aus den Angaben von M.T. und J.P.
(a.)
Der Zeuge M.T. führte glaubhaft aus, der Angeklagte mache „alles mit der linken Hand“. Allerdings den Schaltknüppel im Auto bestätige der Angeklagte „natürlich“ mit der rechten Hand.
(b.)
Der Zeuge J.P. gab an, er sei mit dem Angeklagten auf einem Festival an einem „Nagel“-Stand gewesen. Dort seien Nägel, die leicht in einen Balken eingetrieben gewesen seine, möglichst mit einem Hammerschlag ganz im Holz zu versenken gewesen. Erst hätten der Angeklagte mit links und er als Rechtshänder mit rechts geschlagen. Sie hätten dann nach einer Weile beide die Hand gewechselt. Der Angeklagte habe dann also rechts und er, der Zeuge, links geschlagen. Das Nageln sei zwar noch gegangen, aber nicht mehr gut. Es habe länger gedauert und sie hätten auch öfters als vorher daneben geschlagen. (S. 189)
(c.)
Die Ausführungen der letztgenannten Zeugen fügen sich die gutachterlichen Feststellungen Prof. J. zwangslos ein. Die Zeugen bestätigen ebenfalls, dass der Angeklagte mit der rechten Hand sowohl eher feinmotorische Tätigkeiten, wie das Schalten im Auto, als auch eher grobmotorische Tätigkeiten, wie das Hammerführen und – schlagen, durchführen kann. Seine Linkshändigkeit spricht daher nicht dagegen, dass er bei der Tat das Schlagwerkzeug angepasst an die räumlichen Gegebenheiten mit der rechten Hand geführt hat. (S. 190)