trevish schrieb:Jens Söring durfte seine Sülze auch in einem deutschen Gerichtssaal verbreiten. Wieso sollte BT das dann nicht dürfen?
Das war schon bei JS ein Fehler. Will mir gar nicht vorstellen, was die Amerikaner über Deutschland denken, wenn sie hören, dass hier sowas stattfindet.
trevish schrieb:Langsam gewöhnt man sich daran, dass öffentliche Einrichtungen Mördern auf Bewährung eine Bühne bieten.
Mir gelingt das irgendwie nicht.
brigittsche schrieb:Ich gehe mal davon aus, dass die anwesenden Hochschullehrer/ -innen sich bei so einer Diskussion schon vorbereiten und entsprechend kritische Fragen stellen werden. Alleine schon um sich nicht zu blamieren und zu zeigen, was für tolle Hechte sie sind. Das ist so üblich.
Schön wärs. Die Erfahrung mit ähnlichen Fällen zeigt was ganz anderes. Man denke an Sörings Vortrag im LG Hannover und den Versuch Hammels, dort kritische Fragen zu stellen. Hammel wurde empört abgewatscht und das ist ja auch zu erwarten, wenn jemand den “Stargast“, der ja so sympathisch ist und dem man einen Mord ja auch gar nicht zutrauen würde, in die Mangel nimmt.
brigittsche schrieb:Und es sollte an einer Uni eben nicht darum gehen, den Studierenden etwas vorzukauen sondern sie sollten lernen, sich ihr eigenes Bild zu machen. Und ggf. eben selbst zu bemerken: "Ja, klar, die reden Blödsinn, weil das eine Kampagne ist die beweisen soll, dass es sich um ein armes, unschuldiges Opfer handelt". Das muss nicht der Kindergartenonkel den lieben Kleinen anhand von einem Bilderbuch erklären.
Ich befürchte das muss er doch. Es sollte zwar so sein, wie du es sagst, aber so ist es in der Regel nicht.
Und nochmal, allein der Titel der Veranstaltung spricht schon Bände und zeigt, dass es an der erforderlichen Distanz fehlte.
der_coon schrieb:Eine Dame wollte wissen was es denn genau für Indizien gab die gegen Bence sprechen.
Herr Witting gab bereitwillig auskunft, aber eben nicht im Detail.
- gefundenes Geld im Geldbeutel - für ein Fahrrad bekommen
- Augsburgfahrt - kann man machen, nix besonderes
- Zeitungen im Hausmüll - hat jeder, nicht ungewöhnlich
- DNA von Bence an Frau Böringer - ganz normal, hatte er doch engen Kontakt zur Tante
In diesem Stil waren seine Ausführungen…
Und genau deshalb hätte die Veranstaltung einen Gegenpol auf der Bühne gebraucht, der da einhakt und Contra gibt, um überhaupt so etwas wie eine Daseinsberechtigung zu haben. Und natürlich einen anderen Titel.
kegelschnitt schrieb:Aber als Strafverteidiger ist er doch auch ein Organ der Rechtspflege und somit der Wahrheit verpflichtet!?
Graue Theorie. Das hindert gerade die extrovertierteren Strafverteidiger oft nicht daran, größten Mist zu erzählen.
cododerdritte schrieb:Und ich sehe auch noch eine Unterschied darin, ob ein Verteidiger im Gerichtssaal so argumentiert, in dem eben die Richter zuvor die ganze Geschichte gehört haben und seine Aussagen damit in einen Gesamtkontext setzen können. Oder ob er das vor lauter Studenten tut, die dann eben nur seine Version und damit eben auch nur die halbe Wahrheit der Geschichte kennen.
Eben.
cododerdritte schrieb:Was sollen denn Studenten von so jemandem Lernen?
Absolut nichts. Erkenntnisgewinn gleich 0. Deshalb ist es ohne einen Gegenpol auf der Bühne eine völlig sinnlose Veranstaltung (außer für BT und die Anwälte selbst) und hat nichts in einer Universität verloren.
Aber es ist nicht nur sinnlos (darüber könnte man ja noch hinwegsehen), sondern auch sehr geschmacklos. Man darf nicht vergessen, dass hier einer wehrlosen Frau der Schädel eingeschlagen wurde und diese Frau seit 17 Jahren auf dem Friedhof liegt. Das ist doch die schreckliche Realität und das geht leicht mal unter, wenn da so ein adretter Typ vorne steht, allen gleich das Du anbietet und überhaupt so nett und anständig rüberkommt. Und die Universität gibt den dreien auch noch eine Bühne, den Täter weiter reinzuwaschen, was die Würde des Opfers noch einmal beschädigt.
trevish schrieb:Ich würde ihm allein deshalb nicht mandatieren.
Zumal dieses Theater am Ende auch überhaupt nichts bringt. Der Einfluss von Strafverteidigern wird eh sehr überschätzt, wenn die Indizienlage ausreichend ist, hilft dir meist auch der bekannteste Anwalt nichts.
cododerdritte schrieb:Dabei wird dann großzügig unter den Tisch fallen gelassen, dass die vom Gericht gegen BT gewerteten Indizien eben sehr konkret waren und zum anderen auch sehr stak und schwerwiegend.
Stärker und schwerwiegender geht es ja kaum noch. Wenn man das Urteil liest, bleiben ja nicht einmal leiseste Restzweifel, wie man sie bei manch anderem Indizienprozess vielleicht mal hat. Ich wüsste gern mal, wie die auf die Idee gekommen sind, der Veranstaltung den Titel “Unschuldig im Strafvollzug“ zu geben. Das ist blanker Hohn.