frankysinatra schrieb:Der Fallanalytiker ist aber nicht der allwissende Oberfachmann, der Ergebnisse etwa der Obduktion und der Untersuchung des Mageninhalts korrigieren kann. AP ist für mich mit dieser Grenzüberschreitung untendurch.
EdgarH schrieb:Sagt ja niemand! Ich sag nur, dass er in diesem Sachgebiet definitiv mehr Profi ist als ich.
Ihr habt beide recht.
Diese Leute haben sicherlich mehr Ahnung als der Otto-Normalo da draußen (uns hier eingeschlossen), dennoch muss man natürlich auch deren Thesen mit Vorsicht genießen.
Fallanalytiker arbeiten soweit ich weiß ja immer auch im Team.
Die Erkenntnisse sind also immer irgendwo auch eine Teamleistung.
Genau hier sehe ich aber z.B. die Arbeit von Petermann kritisch.
Der kommt da nach München und führt irgendwelche Versuche durch.
Mal abgesehen von den methodischen Mängeln (die ich hier im Thread bereits erläutert hatte), müssen Ergebnisse auch immer irgendwie interpretiert werden.
Und diese "Interpretation" ist halt bei aller Liebe und Faszination, eben doch keine so exakte Wissenschaft.
Petermann gibt hier seine eigene persönliche Sicht wieder, allerdings fehlt für mich der Diskurs und Austausch mit anderen Fachpersonen.
Mal ein ganz blödes fiktives Beispiel.
An einem Tatort werden 10 Würfel auf einem Tisch gefunden.
Nun mach ich als "Profiler" einen einzigen Versuch, nehme mir einen Becher mit 10 Würfeln und schütte den einfach auf dem Tisch aus.
Nun schaue ich mir an, wie die Würfel liegen und welche Seite nach oben zeigt.
Würde ich mit der Denkweise von Petermann da ran gehen, dann würde ich sagen "Oh das Gericht sagt, die Würfel sind anders dort gelegen, also kann die Annahme des Gerichts nicht stimmen"
Petermann würde in diesem Beispiel komplett vernachlässigen, das es viele Möglichkeiten ("6 hoch 10" Möglichkeiten) gibt, wie die Würfel dort liegen können.
Genau genommen 60.466.176 Möglichkeiten!
Ich behaupte jetzt einfach mal frech, dass es wahrscheinlich bei einem dynamischen Tatgeschehen usw. noch viel mehr Möglichkeiten geben wird, wie sich Blut und andere Spuren verteilen.
Wobei hier noch die Schwierigkeit hinzu kommt, dass man für einen Versuch noch nicht mal alle wirklich relevanten Variablen kennt bzw. diese auch korrekt berücksichtigen kann.
Nur mal ein paar Beispiele was ich meine:-Womit wurde eigentlich zugeschlagen? (Hier gibt es sicherlich mehr als 6 Möglichkeiten)
-Wie stark wurde zugeschlagen? (Hier gibt es sicherlich mehr als 6 Möglichkeiten)
-Aus welchen Winkeln wurde zugeschlagen? (Hier gibt es sicherlich mehr als 6 Möglichkeiten)
-Wie wirkt sich das "Kampfgeschehen" an sich, auf Spuren aus? (Verwirbeln, Verwischen etc.) (Hier gibt es sicherlich einige Möglichkeiten)
-Welchen Einfluss hat die Temperatur? (Hier gibt es sicherlich einige Möglichkeiten)
-Welchen Einfluss hat die Luftfeuchtigkeit? (Hier gibt es sicherlich einige Möglichkeiten)
-Wo exakt im Raum wurden die Schläge denn überhaupt ausgeführt ((Hier gibt es sicherlich mehr als 6 Möglichkeiten)
-etc.
Des weitern beschleicht mich oft das Gefühl, vor allem wenn der interdisziplinäre Austausch fehlt, das man ein Problem zu sehr nur aus einer einzigen bestimmten Richtung betrachtet.
Wenn du nur einen Hammer hast, dann sieht jedes Problem aus wie ein Nagel.
Vielleicht brauche ich aber eine Zange oder ein noch viel filigraneres Werkzeug.
Nehmen wir an Bence wäre tatsächlich unschuldig.
Dann wird sich das eben nicht dadurch lösen lassen, das man da irgendwas mit einem Schaumstoff Hammer nachstellt, oder sich intensiv Tatortfotos anschaut.
Der einzige Weg wäre hier, meiner Meinung nach, klassische Ermittlungsarbeit gewesen, am Besten zeitnah zum Tatgeschehen und nicht 15 Jahre später.
Nochmal intensiv mit Zeugen sprechen, neue Zeugen finden, tiefer ins Leben von CB eintauchen. Soviel Material wie nur irgendwie möglich sammeln, selbst mit größtmöglichem Aufwand diesen Spur-Spur-Treffer klären (falls noch nicht geschehen)
Nur läuft man dann natürlich halt auch immer Gefahr, dass man entweder gar nichts findet, oder Bence vielleicht sogar noch mehr belastet.
Wie ich bereits sagte.
Wenn der Spur-Spur-Treffer schon geklärt ist, die Person aber ein wasserdichtes Alibi hat, dann nützt das Bence eben rein gar nichts.
Da ist es dann eben "besser", die Spur bleibt offiziell ungeklärt, dann kann man mit ihr zumindest Zweifel am Urteil streuen
By the way.
Selbst wenn man den Spur-Spur-Treffer geklärt hätte und diese Person kein Alibi hat, dann muss man dennoch erstmal nachweisen das diese Person der Täter ist.
Motiv, Gelegenheit, weitere Spuren die auf die Täterschaft hinweisen etc.
Nur mit DNA in der 450 Quadratmeter Wohnung ist es ja nicht so einfach getan.
Meiner persönlichen (Laien)Meinung nach, hat Bence sowieso grundsätzlich sehr "ungeschickt" agiert.
Hätte er in dem Moment als er merkte (und das war ja bereits sehr früh), dass man ihn verdächtigt, ein Narrativ bedient, dass eher in Richtung Totschlag geht ("ich war bei ihr, es kam zum Streit, ich habe mir einen Schürhaken gegriffen und danach habe ich einen Blackout "usw. Bitte jetzt keine Grundsatzdiskussion zum Thema Totschlag, selbst der Staatsanwalt räumt diese Möglichkeit ein, wenn BT sich anders eingelassen hatte) und dann im Laufe seiner Haft, sich tadellos verhalten hätte, die Tat aufgearbeitet hätte, die Tat bereut etc. dann könnte er mittlerweile wahrscheinlich schon wieder ein freier Mann sein.
Zusätzlich hätte er noch jahrelange "seelische Qualen" durch die Tante etc. ins Feld führen können und/oder den Einfluss von Alkohol oder Medikamenten.
Bence hat halt sehr hoch gepokert und letztendlich alles verloren.