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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

11.388 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Club, Getötet, Rosenheim ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Hanna W. tot aus der Prien geborgen

Hanna W. tot aus der Prien geborgen

23.03.2024 um 11:43
Zitat von RabunselRabunsel schrieb:Aber aus, wir haben uns alles angeschaut folgt doch auch nicht automatisch, die Aussage stimmt zweifelsfrei.
Das versuche ich Dir ja die ganze Zeit zu erklären: die Schlussfolgerung wird ja gerade nicht automatisch gezogen, sondern die Richter müssen das jeder für sich subjektiv entscheiden. Dabei können sie sich eben auch entscheiden, dass sie den Zeugen, obwohl er in einem früheren Verfahren gelogen hat und vielleicht sogar, weil er sich einen Vorteil von der Aussage verspricht, glauben schenken.
Deinen Einwand, er habe schließlich psychiatrische Diagnosen empfinde ich im übrigen als ziemlich abstoßendes Framing. Dass jemand an einer psychiatrisch diagnostizierten Erkrankung leidet, bedeutet doch wohl kaum, dass seine Aussagen weniger glaubwürdig sind. Niemand würde sagen: "Bestimmt lügt er, er ist schließlich Diabetiker, hat Fußpilz oder hatte sich schon mal einen Arm gebrochen."
Aber bei einer psychiatrischen Diagnose nimmst Du Dir das raus. Das zeigt einfach nur, dass Du von dem Thema überhaupt keine Ahnung hast und Personen mit psychiatrischen Erkrankungen stigmatisierst.
Zitat von RabunselRabunsel schrieb:Solange das schriftliche Urteil nicht nachlesbar ist (also vielleicht nie) möchte ich zum Urteil per se eh nichts sagen. Mich hat halt die mündlich Begründung gewundert und ich kann nicht verstehen, wie ihr zu so zweifelsfreien Urteilen kommen könnt. Ich frage mich nur ständig, wo denn die unterschiedliche Bewertung herkommt: auf der einen Seite fordert ihr die absolute Unschuldsvermutung für den M und andererseits macht es ST schon verdächtig, dass er nachts Joggen geht, von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht oder Pornos konsumiert.
Niemand fordert eine absolute Unschuldsvermutung für M. Hier versuchen Dir lediglich mehrere Personen zu erklären, dass die Richter die Aussage des M. sorgfältig überprüft haben und zu dem Ergebnis gekommen sind, dem M. zu glauben. In der mündlichen Urteilsbegründung wurde dargelegt, warum sie zu dem Schluss gekommen sind. Das nennt man freie Beweiswürdigung, zu der Richter berechtigt und verpflichtet sind.
Zitat von LentoLento schrieb:Du würdest auch sicher nie einem Klienten raten, auf einer Revision zu verzichten, nur weil Du glaubst, dass die Indizien so erscheinen, als wenn der Klient erneut verurteilt wird.
Ein Anwalt ist ja zunächst mal nicht dazu da, einem Mandanten dies oder das zu raten.
Zuallererst muss er ihn aufklären. Dazu gehört es, zu erklären, welche Revisionsgründe er in dem Urteil sieht und wie er die Chancen einschätzt, dass der Revision stattgegeben wird.
Im nächsten Schritt muss er ihm erklären, wie hoch er dann, falls der Revision stattgegeben wird, die Chancen für einen anders lautenden Urteilsspruch einschätzt, also mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Freispruch erfolgen könnte oder eine mildere Strafe dabei herauskommt.
Dann ist der Mandant darüber aufzuklären, welche zusätzlichen Kosten dadurch für ihn ggfls. entstehen und auch um welchen Zeitrahmen es in etwa geht. Außerdem welche sonstigen Konsequenzen daraus entstehen, z.B. dass er weiter in U-Haft bleibt, bis über den Antrag entschieden ist, manchmal auch, dass er solange auf freien Fuß gesetzt wird (was in diesem Fall, da es um ein Tötungsdelikt geht, nicht der Fall ist, bei anderen Straftaten aber schon).

Und dann muss der Mandant entscheiden, ob er eine Revision beantragen lassen will oder nicht.
Es ist halt nicht damit getan, nach einem Urteilsspruch in sämtliche Mikrofone, die einem entgegengestreckt werden, empört zu sagen, man werde Revision einlegen. Man braucht dazu einen konkreten Grund und muss im Antrag darlegen, worin man eine Rechtsfehler in dem Urteil sieht. Es reicht nicht zuschreiben: "Der Befangenheitsantrag und/oder Beweisantrag XY wurde abgelehnt." Man muss schon darlegen, worin bei der Ablehnung konkret ein Rechtsfehler liegen soll.


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

23.03.2024 um 11:53
Die Vorgabe, dass ein Täter in räumlicher und zeitlicher Nähe zum Tatort befunden haben muss, wird von uns womöglich zu eng ausgelegt.

In diesem Fall ist lange spekuliert worden, dass Sebastian T. von einer Zeugin im Tatortbereich gesehen oder gar gefilmt worden sei. Das wäre in der Tat ein sehr starkes Indiz gewesen, mehr noch: Es wäre quasi einem Beweis gleichgekommen.

Offenkundig hat das Gericht jedoch die Anforderungen in Bezug auf die Frage, ob der Angeklagte durch räumliche und zeitliche Nähe zum Tatort als Täter in Betracht kommt, erheblich niedriger eingestuft.

Der Kammer reichte es augenscheinlich aus, dass ein Nachstellen der Laufroute und Zeit/Weg-Berechnungen den Schluss zuließen, dass Sebastian T. exakt zur tatrelevanten Zeit im Tatortbereich an der Kampenwandstrasse sein konnte.

Natürlich konnte diese Erkenntnis nur einen Mosaikstein in einem Gesamtbild darstellen. Zu diesem Indiz (zeitlich und räumlich in der Lage gewesen zu sein, die Tat zu verüben), musste sich eine Kette weiterer Indizien (Geständnisse, Täterwissen, Nachtatverhalten, fehlendes Alibi etc.) gesellen, um auf eine Täterschaft von ST zu erkennen.

Welch breiten Ermessensspielraum es bei der Bestimmung von räumlicher und zeitlicher Nähe offenkundig gibt, zeigt ein anderer Indizienprozess. Dort genügte es als Anwesenheitsbeleg, dass der Täter einen Leihwagen gemietet hatte, der von mehreren Zeugen unabhängig voneinander zur tatrelevanten Zeit in unmittelbarer Nähe des Tatortes gesichtet wurde.

Im Zusammenwirken mit etlichen anderen Indizien wurde der Mann zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Revision vor dem BGH blieb ohne Erfolg.


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23.03.2024 um 11:55
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Hier versuchen Dir lediglich mehrere Personen zu erklären, dass die Richter die Aussage des M. sorgfältig überprüft haben und zu dem Ergebnis gekommen sind, dem M. zu glauben. In der mündlichen Urteilsbegründung wurde dargelegt, warum sie zu dem Schluss
Genau. Die mündliche Urteilsbegründung gibt in etlichen Punkte viel mehr her als viele hier meinen. Freilich, man muss sich damit befassen und darf nicht alles wegwischen, was einem daraus nicht passt.

Die Glaubwürdigkeit des M wurde vom Gericht überprüft. Aus den Prozessberichten wissen wir bereits, dass sich das Gericht nicht mit der Aussage des präsenten Zeugen M begnügt hat. Es hat, vermutlich zur Überprüfung der Aussagekonstanz, zusätzlich die Videoaufnahme der vorher gemachten Aussage von M bei dessen Vernehmung vorführen lassen. Es hat die inhaltlichen Bestandteile der Aussage analysiert, also welche Teile M nur hat von ST wissen und welche Teile er aus Medien, zu denen er auch tatsächlich Zugang hatte, hätte wissen können. Es hat sich mit dem Aussageverhalten des M. in anderen Zusammenhängen befasst. Usw.

Die These, das Gericht hätte bereitwilligst und freudestrahlend auf der Stelle die Angaben des M. ungeprüft übernommen, weil es so einen dollen Verurteilungswillen hatte, ist angesichts der Fakten schlicht falsch und wird durch Wiederholung nicht richtiger.


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23.03.2024 um 11:56
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Auch verstehe ich immer noch nicht, warum ein Vergewaltiger die Hose über die Schuhe zieht. Und bei der Jacke verstehe ich es auch nur bedingt, aber das würde auch bei jedem anderen Täter gelten.
Warum sollte er die Schuhe ausziehen, bitte?

Als Carolin G ermordet wurde, wurde ihr sogar nur ein Hosenbein ausgezogen.


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23.03.2024 um 11:57
Zitat von BohoBoho schrieb:Warum sollte er die Schuhe ausziehen, bitte?

Als Carolin G ermordet wurde, wurde ihr sogar nur ein Hosenbein ausgezogen.
Ja eben. Normalerweise zieht man eben nur soweit es nötig ist.


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23.03.2024 um 11:59
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Deinen Einwand, er habe schließlich psychiatrische Diagnosen empfinde ich im übrigen als ziemlich abstoßendes Framing. Dass jemand an einer psychiatrisch diagnostizierten Erkrankung leidet, bedeutet doch wohl kaum, dass seine Aussagen weniger glaubwürdig sind. Niemand würde sagen: "Bestimmt lügt er, er ist schließlich Diabetiker, hat Fußpilz oder hatte sich schon mal einen Arm gebrochen."
Aber bei einer psychiatrischen Diagnose nimmst Du Dir das raus. Das zeigt einfach nur, dass Du von dem Thema überhaupt keine Ahnung hast und Personen mit psychiatrischen Erkrankungen stigmatisierst.
Das hat doch überhaupt nichts mit Stigmatisierung zu tun. Wenn du dich ein bisschen mit der Krankheitsbild Borderline Persönlichkeitsstörung befasst, wirst du feststellen, dass krankhaftes Lügen bei der Diagnose nicht selten ist. Natürlich darf man das nicht pauschalisieren, aber eben auch nicht komplett ausblenden, dass die Tendenz dazu deutlich höher ist, als bei einem gesunden Menschen.
Dein Vergleich mit Fußpilz und Diabetis ist deshalb völlig unsinnig.


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23.03.2024 um 12:21
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Und bei der ganzen Diskussion über eine Revision ist ja nicht zu vergessen, wird aber nie erwähnt, dass eine erfolgreiche Revision lediglich zu einer Neuverhandlung führt. Und dass ein anderes Gericht auf einmal auf Freispruch entscheidet, ist angesichts der Indizien noch einmal sehr unwahrscheinlich.
Mir ist unverständlich, bei allem Respekt vor den Beiträgen des Schreibenden im Krimiforum, wie man die Chancen eines anderen Urteils durch eine Neuverhandlung so herunterzuspielen vermag.

Zu einer Neuverhandlung darf man sich gerne Gedanken machen,

- ob nicht doch das eine oder andere neue Gutachten zu bestehenden Sachverhalten und/oder Gutachten zu bislang ungeklärten Sachverhalten eingeführt werden können

- ob noch alle Zeugen identisch aussagen werden

- ob neue Zeugen aussagen wollen.


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23.03.2024 um 12:29
Zitat von CharliesEngelCharliesEngel schrieb:Zu einer Neuverhandlung darf man sich gerne Gedanken machen,

- ob nicht doch das eine oder andere neue Gutachten zu bestehenden Sachverhalten und/oder Gutachten zu bislang ungeklärten Sachverhalten eingeführt werden können
Bislang steht es 0:3 Also drei Gutachten sagen kein Unfall.
Die zu entkräften, da bräuchte es schon eine Menge Gegengutachten.


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23.03.2024 um 12:38
Zitat von CharliesEngelCharliesEngel schrieb:Mir ist unverständlich, bei allem Respekt vor den Beiträgen des Schreibenden im Krimiforum, wie man die Chancen eines anderen Urteils durch eine Neuverhandlung so herunterzuspielen vermag.
Ja das frage ich mich allerdings auch öfter. Auch bei allem Respekt vor @Rick_Blaine
Berufserfahrung und Sachkenntnis, das kann ich nicht nachvollziehen. Ich glaube ich würde es mich auch fragen, soweit ich mich hineinversetzen kann, wenn ich selbst absolut von der Schuld überzeugt wäre.

Dann frage ich mich wie eine Beweislage aussehen müsste, dass man sich bei einer Neuverhandlung nur den Hauch einer Hoffnung machen kann. Zumal da auch wieder zwei Schöffen sitzen werden und man ja an der Bevölkerung sieht, wie unterschiedlich man Dinge betrachten kann. Und eins kann man fast nicht leugnen, es dürfte genauso schwer sein, Fehler in der Beweiswürdigung zu machen, wenn man die Sachen für den Angeklagten eher positiv auslegen würde.

Manche gehen ja sogar soweit, dass es fast unsinnig ist bei der erdrückenden Beweislage das Urteil nicht sofort anzunehmen. Also wenn man dem folgt, dürfte der BGH bald arbeitslos sein.


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23.03.2024 um 12:48
Zitat von PalioPalio schrieb:Wir wissen aus dem Ippenmedia-Artikel, dass ST bei seiner zweiten Vernehmung eine Variation seiner Laufstrecke aufgezeichnet hatte, bei der nun auch der Bereich auf der Kampenwandstraße markiert war, der sich zwischen Eiskeller und Hotel Hohenaschau befindet. Auf dem Rückweg lief er nämlich die Kampenwandstraße entlang, aber laut ersten Angaben nur bis zur Abzweigung zum Parkplatz, den Rest der Straße will er nicht mehr langgelaufen sein, was auch zu den Zeugenaussagen passt.
Leider ist es etwas mühsam, wenn Du nicht mit Zitaten arbeitest. Was Du in Erinnerung hast, was Du folgerst und was wirklich geschrieben wurde, kann manchmal unterschiedlicher nicht sein

Wir haben folgenden Absatz:
Bei seiner zweiten Vernehmung hatte der Angeklagte dann aber eine Variation dieser Laufstrecke aufgezeichnet: diesmal ist auch der Bereich auf der Kampenwandstraße markiert, der sich zwischen Eiskeller und Hotel Hohenaschau befindet. Interessant wird es, als die die Aufnahmen einer Webcam vom Chalet-Aschau in der Bahnhofstraße gezeigt werden. Auf dem Video vom 3. Oktober ist deutlich ein Jogger mit Stirnlampe zu erkennen, der von Norden Richtung Süden läuft. Die errechnete Uhrzeit ergibt 2.08 Uhr.
Quelle: https://www.ippen.media/netzwerk/lokales/bayern/hanna-prozess-die-gewaltvideos-auf-dem-handy-des-angeklagten-92722732.html

Da steht eben nur, dass der Abstecher auf seiner Route war. Mehr nicht. Wir wissen nicht, ob es auf dem Hin- oder Rückweg war.

Auf dem Hinweg wäre es fast unschädlich, denn es wäre eine lange Zeit früher, Zeugensichtungen o.ä. kann man damit nicht erklären. Beides hätte man – wenn Du recht hast – mit der Eiskellerkamera überprüfen können.

Aber niemand behauptete, dass nachweislich die 2. Route fehlerhaft war, obgleich man es hätte überprüfen können.

Auch die Rekonstruktion erfolgte ohne Abzweigung auf dem Rückweg und einen und auch dem Plädoyer der StA kann man das entnehmen, er sagte nur:
die von ihm beschriebene Laufstrecke führe sowohl am Eiskeller, als auch am Tatort vorbei.
Quelle: https://www.wasserburger-stimme.de/blog/2024/03/09/staatsanwalt-fordert-neuneinhalb-jahre-haft/

Also er bringt nicht mehr Informationen als oben. Deine Theorie wird von den uns zur Verfügung stehenden Infos nicht bestätigt. Auch liegt Deine Theorie eher fern, weil mit hoher Sicherheit die StA oder das Gericht im Plädoyer/mündlciher Urteilsbegründung ganz klar als Falschbehauptung herangezogen hätte. Es wäre wirklich ein schweres Indiz, ich würde sogar sagen, es würde alle anderen Indizien in den Schatten stellen, weil es in Wirklichkeit keine klaren Indizien gibt.

Da wir hier in Wirklichkeit über nicht ausreichendes Wissen verfügen, können wir die Erfolgschancen für einen Freispruch überhaupt nicht abschätzen. Würdest Du Dich an die Falschbehauptung des Anstechers nicht festklammern, wärst Du auf dem Stand wie ohne Phantomzeuge.


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

23.03.2024 um 13:03
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Man wird an machen Stellen das Gefühl nicht los, dass manches von hinten aufgezäumt werden musste.
Das ist ja aber nun mal das Standardverfahren bei Ermittlungen, einfach weil es sich faktisch so ergibt. Man hat eine Leiche und muss sich von dort aus rückwärts vorarbeiten. das gleich gilt für jede Spur und jedes Indiz. Da steht ja in der Regel kein Schildchen dran, wer die Spur wobei und wann gelegt hat und welche Bedeutung sie für die Lösung des Falles hat.
Und selbst wenn man ein Geständnis hat, muss man sich genauso rückwärts arbeiten, denn auch Geständnisse können falsch sei. Z.B. gelogen, um einen anderen Tatablauf vorzutäuschen (z.B. Notwehr statt heimtückischer Mord) oder eine andere Person zu decken, oder falsch erinnert.
Es gibt keine andere Möglichkeit als genauso vorzugehen. Vor Gericht erweckt das oft einen anderen Eindruck, weil die Ermittlungen dann ja i.d.R. abgeschlossen sind und sich das Gericht bei der Beweisaufnahme bemüht, diese in einer chronologischen und logischen Reihenfolge durchzuführen.
Aber bei Indizien muss man halt so vorgehen. Würde mich jetzt interessieren, wie Du denn denken würdest, das man hätte vorgehen sollen?
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Ja eben. Normalerweise zieht man eben nur soweit es nötig ist.
Sorry, aber jetzt sind wir schon auf dem Niveau zu diskutieren, wie weit "man" normalerweise bei einer Vergewaltigung die Hose runterzieht? Und weil S.T. Hanna die Hose auf andere Art oder vollständig ausgezogen hat, kann kein Vergewaltigungsversuch vorgelegen haben?

Ich glaube im übrigen nicht, dass S.T. bei der Tat Hanna die Hose ausgezogen und sie ihr dann in den Bärbach hinterhergeworfen hat.
Ich gehe davon aus, dass er ihr die Hose bis knapp über die Schuhe runtergezogen hat, die dann, in diesem Zustand in den Bärbach geworfen hat und dort die Hose von der Strömung vom Köper getrennt wurde.
Der Gutachter hat gesagt, dass die Hose, wenn sie in dem Moment, als Hanna in den Bärbach gelangte ordungsgemäß am Körper saß, ihr nicht von der Strömung ausgezogen worden sein kann, selbst, wenn der Reißverschluss defekt war und die an der Hüfte deshalb lockerer saß.
Wenn die Hose aber schon bis zu den Schuhen runtergezogen war, wirken da ganz andere Kräfte. Während eine angzogene Hose durch den Wasserdruck eher sogar am Körper fixiert wird, kann eine unten an den Füßen hängende Hose leicht an Hindernissen hängenbleiben und dadurch ganz vom körpergetrennt werden.
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Auch verstehe ich immer noch nicht, warum ein Vergewaltiger die Hose über die Schuhe zieht. Und bei der Jacke verstehe ich es auch nur bedingt, aber das würde auch bei jedem anderen Täter gelten.
Sie hatte da nur ein Spitzenoberteil drunter und meiner Meinung nach wollte er einfach an nackte Haut ran. So einfach ist das.


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23.03.2024 um 13:03
Zitat von emzemz schrieb:Bislang steht es 0:3 Also drei Gutachten sagen kein Unfall.
Die zu entkräften, da bräuchte es schon eine Menge Gegengutachten.
Zum Glück ist ein Verfahren kein Fussballspiel.

Es geht in einem Gutachten um Fragestellungen, um Inhalte.


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23.03.2024 um 13:20
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Aber bei Indizien muss man halt so vorgehen. Würde mich jetzt interessieren, wie Du denn denken würdest, das man hätte vorgehen sollen?
Es geht mir weniger darum in welcher Reihenfolge die Ermittler insgesamt gearbeitet haben. Aber ich kann mir vorstellen, dass man sich erst nicht sicher war, worin das Motiv liegt. Und dann hatte man den TV und dann sind die Videos gefunden worden, vllt hat man dann daraus das Motiv abgeleitet. Und das finde ich bezüglich des Spuren-und Verletzungbildes ein bisschen dünn.
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Sorry, aber jetzt sind wir schon auf dem Niveau zu diskutieren, wie weit "man" normalerweise bei einer Vergewaltigung die Hose runterzieht? Und weil S.T. Hanna die Hose auf andere Art oder vollständig ausgezogen hat, kann kein Vergewaltigungsversuch vorgelegen haben?
Ist doch ein gutes Niveau. Macht man ja bei Raubmorden oder Banküberfällen auch.


Beantwortet aber immer noch nicht wie man unter den Angenommen Umständen einen Notruf absetzt und warum man nicht öfter schreit.

Musst du auch nicht, war ja allgemein gefragt, aber ist ja nicht uninteressant.


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23.03.2024 um 13:20
Zitat von TiergartenTiergarten schrieb:Welch breiten Ermessensspielraum es bei der Bestimmung von räumlicher und zeitlicher Nähe offenkundig gibt, zeigt ein anderer Indizienprozess. Dort genügte es als Anwesenheitsbeleg, dass der Täter einen Leihwagen gemietet hatte, der von mehreren Zeugen unabhängig voneinander zur tatrelevanten Zeit in unmittelbarer Nähe des Tatortes gesichtet wurde.

Im Zusammenwirken mit etlichen anderen Indizien wurde der Mann zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Revision vor dem BGH blieb ohne Erfolg.
Bitte die Quelle dazu verlinken.


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23.03.2024 um 13:21
Zitat von CharliesEngelCharliesEngel schrieb:Zu einer Neuverhandlung darf man sich gerne Gedanken machen,

- ob nicht doch das eine oder andere neue Gutachten zu bestehenden Sachverhalten und/oder Gutachten zu bislang ungeklärten Sachverhalten eingeführt werden können

- ob noch alle Zeugen identisch aussagen werden

- ob neue Zeugen aussagen wollen.
Natürlich darf man sich da Gedanken machen. Nur: Wo sollen die neuen Gutachten herkommen, und bringen sie dann ganz andere Ergebnisse? Und was Zeugenaussagen betrifft: Es ist nicht so, dass nur das zählen würde, was in der neuen Hauptverhandlung ggf. gesagt wird. Das Gericht kann und muss dann auch das verwerten, was in der gerade abgeschlossenen Hauptverhandlung und im Ermittlungsverfahren gesagt wurde. Es findet also mitnichten ein kompletter Reset statt, diese Vorstellung ist falsch. Den Zeugen kann durchaus vorgehalten werden, wenn sie plötzlich heute das , aber gestern und vorgestern das gesagt haben. Und das Ergebnis fließt dann in die Beweiswürdigung der neuen Strafkammer ein.

Ob die Beurteilungsbasis einer neuen Hauptverhandlung unbedingt größer wäre? Es wurde ja bisher schon von den Ermittlern fieberhaft nach weiteren Zeugen gesucht. Frau Rick hat bekanntlich 4 weitere Zeugen präsentiert, die aber zur Aufklärung nichts beitragen konnten. Wie groß ist die Chance, dass sich noch neue Zeugen, und zwar ausdrücklich Entlastungszeugen melden? Gar der Sechser im Lotto: Ein zweiter Jogger zur Tatzeit in Tatortnähe?

Zunächst muss aber die erste Hürde überwinden werden: Ein erfolgreicher Revisionsantrag. Man muss sich über all das im Klaren sein, wenn man sich Gedanken über den Gang des weiteren Verfahrens macht.


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23.03.2024 um 13:25
Zitat von AndanteAndante schrieb:falsch. Den Zeugen kann durchaus vorgehalten werden, wenn sie plötzlich heute das , aber gestern und vorgestern das gesagt haben. Und das Ergebnis fließt dann in die Beweiswürdigung der neuen Strafkammer ein.
Wenn sie überhaupt noch aussagen wollen. Wäre nicht das Erste Mal, dass ein Insasse sein Gewissen in eine Andere Richtung erleichtern will. Wobei da die Zeit ein bisschen kurz sein dürfte.

Und was Lea angeht, wäre es jetzt auch nicht so überraschend, dass sie entweder was anderes sagt oder einer erneuten Befragung nicht mehr gewachsen ist.


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23.03.2024 um 13:38
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Wenn sie überhaupt noch aussagen wollen.
Klar. Die neue Strafkammer muss aber berücksichtigen, was sie früher ausgesagt haben, und das im Rahmen der Beweiswürdigung bewerten. Das gilt nicht nur hier, das gilt für jedes Strafverfahren.

Auch wenn es manchmal untergeht bzw. es manche nicht glauben mögen, aber jedes Strafgericht ist nun mal der Wahrheitsfindung verpflichtet und muss daher alles alles an Fakten/Indizien beleuchten, die irgendwie aufklärungsrelevant sein können einschließlich der Ergebnisse früherer Hauptverhandlungen.


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23.03.2024 um 13:51
Zitat von BohoBoho schrieb:Auch verstehe ich immer noch nicht, warum ein Vergewaltiger die Hose über die Schuhe zieht. Und bei der Jacke verstehe ich es auch nur bedingt, aber das würde auch bei jedem anderen Täter gelten.
Warum sollte er die Schuhe ausziehen, bitte?

Als Carolin G ermordet wurde, wurde ihr sogar nur ein Hosenbein ausgezogen.
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Warum sollte er die Schuhe ausziehen, bitte?

Als Carolin G ermordet wurde, wurde ihr sogar nur ein Hosenbein ausgezogen.
Ja eben. Normalerweise zieht man eben nur soweit es nötig ist.
Ich denke weil die beine einer Frau erst zu "öffnen" ist wenn die hose noch unter dem fussknöchel sprich bis knapp über den schuhen gezogen wird oder in dem anderem bespeil nur ei hosenbein so das die beine dann auseinandergezogen werden können.
Dann würde diese Position der Hose auch eine versuchte vergewaltigung nahe legen.


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23.03.2024 um 14:03
Zum Thema "defekter Reißverschluss":
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Der Gutachter hat gesagt, dass die Hose, wenn sie in dem Moment, als Hanna in den Bärbach gelangte ordungsgemäß am Körper saß, ihr nicht von der Strömung ausgezogen worden sein kann, selbst, wenn der Reißverschluss defekt war und die an der Hüfte deshalb lockerer saß.
wird in dieser Quelle von einem "Riss" geschrieben:
Es war keine geplante Tat, es war eine spontane Tat“, sagte Aßbichler. Möglicherweise, so führte sie aus, habe der Riss an Hannas Leggins den Kurzschluss ausgelöst: Der Anblick des String-Tanga könnte demnach Sebastian T. zum Angriff gereizt haben.
Quelle: http://hrg.chiemgau24.de/bayern/landkreis-rosenheim/jahre-haft-im-mord-prozess-hanna-aschau-im-chiemgau-so-soll-sebastian-die-tat-begangen-haben-92901160.html

Sollte vielleicht nicht der Reißverschluss "himself" defekt gewesen sein, sondern eine seiner Seitennähte?

Bei der Annahme, einer defekten Seitennaht auf Höhe des Reißverschlusses, könnte durch die Wassergewalt des Hochwassers die Naht weiter aufgerissen und so ein Abstreifen im Wasser ermöglicht worden sein. Leider wurde über den Zustand der Hose nichts berichtet.


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23.03.2024 um 14:05
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Das ist ja aber nun mal das Standardverfahren bei Ermittlungen, einfach weil es sich faktisch so ergibt. Man hat eine Leiche und muss sich von dort aus rückwärts vorarbeiten. das gleich gilt für jede Spur und jedes Indiz. Da steht ja in der Regel kein Schildchen dran, wer die Spur wobei und wann gelegt hat und welche Bedeutung sie für die Lösung des Falles hat.
Und selbst wenn man ein Geständnis hat, muss man sich genauso rückwärts arbeiten, denn auch Geständnisse können falsch sei. Z.B. gelogen, um einen anderen Tatablauf vorzutäuschen (z.B. Notwehr statt heimtückischer Mord) oder eine andere Person zu decken, oder falsch erinnert.
Es gibt keine andere Möglichkeit als genauso vorzugehen. Vor Gericht erweckt das oft einen anderen Eindruck, weil die Ermittlungen dann ja i.d.R. abgeschlossen sind und sich das Gericht bei der Beweisaufnahme bemüht, diese in einer chronologischen und logischen Reihenfolge durchzuführen.
Bei diesem Missverständnis muss ich manchmal grinsen. Wenn nämlich User zu glauben scheinen, die Ermittler hätten sich von Anfang an nur auf eine Verdächtigen fokussiert, den sie angeklagt haben. Klar, wenn man so denkt, muss man zwangsläufig zu dem Ergebnis kommen, dass anderen Spuren nicht nachgegangen wurde und dass man alles an Entlastendem in Bezug auf diese einzige Person, die von Anfang an als TV ausgeguckt war, ausgeblendet hat.

Das es genau andersrum ist, dass nämlich am Ende die Person angeklagt wird, die nach Ermittlungen in alle Richtungen, nach Auswertung aller verfolgten Spuren (in manche Fällen tausend oder such über zweitausen Spuren), nach Ausschluss von Unfall, Suizid und natürlichem Tod, nach Aussieben aller Personen, die ggf. auch als Täter in Frage hätten kommen können, aufgrund der Indizienlage als einzige - oder mit einem oder mehreren Mittätern, Anstiftern oder Beihelfern - übriggeblieben ist, scheint für einige schwer nachvollziehbar.

Vielleicht liegt es wirklich daran, dass halt eine Anklageschrift eine bestimmte Person betrifft und es dadurch so aussieht, als hätten die Ermittler diese eine bestimmte Person von Anfang an auf dem Kieker gehabt.

Dass eine Anklageschrift das Gegenteil ist und den Abschluss unter aufwendige Ermittlungsarbeit darstellt , bei denen im Rahmen einer Art „Ausleseprozess“ bezüglich der festgestellten Indizien diese eine Person als wahrscheinlichster Täter übriggeblieben ist und daher nun angeklagt wird, scheint hier manchmal unterzugehen.


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