Hanna W. tot aus der Prien geborgen
23.03.2024 um 11:43Rabunsel schrieb:Aber aus, wir haben uns alles angeschaut folgt doch auch nicht automatisch, die Aussage stimmt zweifelsfrei.Das versuche ich Dir ja die ganze Zeit zu erklären: die Schlussfolgerung wird ja gerade nicht automatisch gezogen, sondern die Richter müssen das jeder für sich subjektiv entscheiden. Dabei können sie sich eben auch entscheiden, dass sie den Zeugen, obwohl er in einem früheren Verfahren gelogen hat und vielleicht sogar, weil er sich einen Vorteil von der Aussage verspricht, glauben schenken.
Deinen Einwand, er habe schließlich psychiatrische Diagnosen empfinde ich im übrigen als ziemlich abstoßendes Framing. Dass jemand an einer psychiatrisch diagnostizierten Erkrankung leidet, bedeutet doch wohl kaum, dass seine Aussagen weniger glaubwürdig sind. Niemand würde sagen: "Bestimmt lügt er, er ist schließlich Diabetiker, hat Fußpilz oder hatte sich schon mal einen Arm gebrochen."
Aber bei einer psychiatrischen Diagnose nimmst Du Dir das raus. Das zeigt einfach nur, dass Du von dem Thema überhaupt keine Ahnung hast und Personen mit psychiatrischen Erkrankungen stigmatisierst.
Rabunsel schrieb:Solange das schriftliche Urteil nicht nachlesbar ist (also vielleicht nie) möchte ich zum Urteil per se eh nichts sagen. Mich hat halt die mündlich Begründung gewundert und ich kann nicht verstehen, wie ihr zu so zweifelsfreien Urteilen kommen könnt. Ich frage mich nur ständig, wo denn die unterschiedliche Bewertung herkommt: auf der einen Seite fordert ihr die absolute Unschuldsvermutung für den M und andererseits macht es ST schon verdächtig, dass er nachts Joggen geht, von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht oder Pornos konsumiert.Niemand fordert eine absolute Unschuldsvermutung für M. Hier versuchen Dir lediglich mehrere Personen zu erklären, dass die Richter die Aussage des M. sorgfältig überprüft haben und zu dem Ergebnis gekommen sind, dem M. zu glauben. In der mündlichen Urteilsbegründung wurde dargelegt, warum sie zu dem Schluss gekommen sind. Das nennt man freie Beweiswürdigung, zu der Richter berechtigt und verpflichtet sind.
Lento schrieb:Du würdest auch sicher nie einem Klienten raten, auf einer Revision zu verzichten, nur weil Du glaubst, dass die Indizien so erscheinen, als wenn der Klient erneut verurteilt wird.Ein Anwalt ist ja zunächst mal nicht dazu da, einem Mandanten dies oder das zu raten.
Zuallererst muss er ihn aufklären. Dazu gehört es, zu erklären, welche Revisionsgründe er in dem Urteil sieht und wie er die Chancen einschätzt, dass der Revision stattgegeben wird.
Im nächsten Schritt muss er ihm erklären, wie hoch er dann, falls der Revision stattgegeben wird, die Chancen für einen anders lautenden Urteilsspruch einschätzt, also mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Freispruch erfolgen könnte oder eine mildere Strafe dabei herauskommt.
Dann ist der Mandant darüber aufzuklären, welche zusätzlichen Kosten dadurch für ihn ggfls. entstehen und auch um welchen Zeitrahmen es in etwa geht. Außerdem welche sonstigen Konsequenzen daraus entstehen, z.B. dass er weiter in U-Haft bleibt, bis über den Antrag entschieden ist, manchmal auch, dass er solange auf freien Fuß gesetzt wird (was in diesem Fall, da es um ein Tötungsdelikt geht, nicht der Fall ist, bei anderen Straftaten aber schon).
Und dann muss der Mandant entscheiden, ob er eine Revision beantragen lassen will oder nicht.
Es ist halt nicht damit getan, nach einem Urteilsspruch in sämtliche Mikrofone, die einem entgegengestreckt werden, empört zu sagen, man werde Revision einlegen. Man braucht dazu einen konkreten Grund und muss im Antrag darlegen, worin man eine Rechtsfehler in dem Urteil sieht. Es reicht nicht zuschreiben: "Der Befangenheitsantrag und/oder Beweisantrag XY wurde abgelehnt." Man muss schon darlegen, worin bei der Ablehnung konkret ein Rechtsfehler liegen soll.