fassbinder1925 schrieb:Da fast das ganze Urteil auf zwei Zeugenaussagen basiert, dürfte dann da die Chancen besser als in vielen anderen Mordprozessen stehen. Denn ein ganzes Mordurteil nur auf die Sache mit der polizeilichen Vernehmung allein zu stützen, ich weiß ja nicht.
Ich sehe nicht, dass das ganze Urteil nur auf Zeugenaussagen basiert. Ein sehr wichtiger Punkt im ganzen Prozess und damit auch im Urteil ist doch die Frage, ob Hanna einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist oder vielleicht "nur" einen Unfall hatte. Die Beurteilung dieses Sachverhaltes beruht auf 3 Gutachten, die im Prozess auch tagelang besprochen wurden.
Die Verurteilung nach Jugendstrafrecht beruht ebenfalls auf Gutachten.
Es ging sehr viel um die Auswertung von elektronischen Daten, sowohl von Hannas Handy (Notruf, Sturz ins Wasser) also auch auf der Seite des Täters (CoC-LogIn, Pornokonsum, Google-Suchen). Auch zu diesen Fragen wurden Gutachten erstellt und Gutachter gehört.
Es waren auch weit mehr Zeugenaussagen als nur zwei, die S.T. belastet haben. Neben M. und Lea, auch die Aussagen von Verena, der Mutter, Max, dem Arzt, dem Arbeitgeber, dem Kollegen, dem Kumpel, den er angeblich treffen wollte.
Die haben alle durchaus S.T. belastende Aussagen gemacht.
Außerdem hat sich der Angeklagte nicht nur an einer Stelle, sondern gleich an mehreren Stellen eindeutig selber verraten, in dem er Angaben gemacht hat, die nicht stimmen können. Er hat es im Laufe des Prozesses aber auch nicht für nötig gehalten, diese Angaben zu korrigieren oder wenigstens zu erklären, wie sie zustande gekommen sind und warum sie falsch waren. Meiner Meinung nach aus dem Grund, weil er es nicht konnte.
Es ist natürlich das Recht des Angeklagten zu schweigen, aber daraus leitet sich dann eben gerade kein Anspruch ab, dass das Gericht bei den Sachverhalten, zu denen er geschwiegen hat, die für ihn günstigste Möglichkeit der Erklärung annehmen muss.
Du hast fast den ganzen Prozess verfolgt, hast doch mitbekommen, wie aufwendig die Beweiserhebung gelaufen ist. Wieso behauptest Du jetzt, das Urteil würde nur auf 2 Zeugenaussagen beruhen. Die Richter haben hier weit überdurchschnittlich viel Mühe und Zeit in die Wahrheitsfindung gesteckt, gerade in Anbetracht dessen empfinde ich Deine Aussage als absolut nicht gerechtfertigt.
fassbinder1925 schrieb:Die Prüfungen hätte man sich ja aber sparen können.
Ich finde, gerade die Aussage und Person des M. hat das Gericht sehr, sehr sorgfältig geprüft. Neben M. selbst wurde das Video seiner Vernehmung gezeigt und es wurde der Richter aus der Familiensache als Zeuge gehört. Die Verteidigung wollte sogar noch mehr Zeugen auffahren, aber das wurde abgelehnt.
Wenn das Gericht (= die Richter) aus dem, was sie im Prozess über M erfahren haben und auch dem Prüfen seiner Aussage schlussfolgern, dass sie diese Aussage für glaubwürdig halten, dann ist das so und es ist auch ihr gutes Recht, das für sich zu entscheiden.
Die empört rumzukrakelen, man hätte sich die Prüfungen sparen können, nur weil Dir das Ergebnis offenbar nicht passt und Du es anders beurteilt hättest, ist einfach nur unqualifiziert und unsachlich.
Nein, man hätte es sich nicht sparen können. Das Gericht MUSS die Glaubwürdigkeit von Aussagen und Zeugen überprüfen und beurteilen, und zwar sorgfältig und in dem Umfang, wie es das für notwendig hält, um zu einer BEGRÜNDETEN Entscheidung zu kommen.
Hätte man sich diese Prüfungen gespart, hätte Frau Rick nicht nur bei der Aussage:
fassbinder1925 schrieb:Der Angeklagte darf Lügen, die Verteidigung darf es nicht.
gegrinst, sondern auch an der Stelle, an der die Aussage des M. in der Urteilsbegründung abgehandelt wurde, weil sie gewusst hätte, dass ihr Antrag auf Revision mit der Begründung, das Gericht habe die Aussage des M. nicht ausreichend auf Glaubwürdigkeit geprüft, beste Aussichten auf Erfolg hätte.
Das war doch nicht der erste Prozess, den Du verfolgt und persönlich besucht hast. Dir muss doch klar sein, dass die mündliche Urteilsbegründung nur eine kurze Zusammenfassung der später folgenden schriftlichen Urteilsbegründung ist. Insofern ist es nicht notwendig, darin alles bis ins letzte Details auszuwalzen und zu erklären.