@AndanteLange Rede kurzer Sinn, was Du da erzählst, sind Allgemeinplätze und verkennst auch die Aufgabe der Verteidigung.
Es ist immer wichtig für einen Angeklagten den Freispruch erster Klasse zu erreichen. Das kann man u.a. durch ein Alibi oder durch ein Unfall erreichen. Natürlich ist es für einen Verteidigung opportun, immer beides im Blickfeld zu behalten. Die Verteidigung ist nie von einem möglichen Unfall abgerückt, so wie Du es hier versuchst darzustellen.
Ich habe hier schon die Frage in den Raum gestellt, wie will ein Freigesprochener, der „nur“ aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde, in der nächsten Zeit eine Anstellung finden? Wie sieht es mit der Position seiner Familie in diesem bayrischen Nest aus? Eine Antwort habe ich dazu bisher von niemandem erhalte, man muss leider wohl davon ausgehen, dass auch dann hier irreparable Schäden entstanden sind, die eben am ehesten durch einen Freispruch aus erwiesener Unschuld etwas kompensiert werden könnten.
Daher ist es Pflicht der Verteidigung das Beste für den Angeklagten zu erreichen. Und die Krönung davon ist eben ein Freispruch aus erwiesener Unschuld. Und das kann – wie gesagt - durch ein Alibi oder eben auch dadurch erfolgen, dass man erkennt, dass ein Unfall vorliegt. Du verkennst offenbar die Aufgaben der Verteidigung vollkommen, gut, dass Du offenbar kein Strafverteidiger bist.
Einen Alternativtäter muss die Verteidigung nicht suchen, dazu fehlen Angeklagten in der Regel die Mittel, erst recht, wenn es sich nicht innerhalb von vier Wänden abgespielt hat. Das würde jedes finanzielle Mittel des Angeklagten und seiner Familie bei weitem sprengen.
Offensichtlich haben es auch die Ermittler nicht geschafft, wirklich Alternativtäter auszuschließen. Sie behaupten es nicht mal. Denn dazu notwendig wäre erstmal eine komplette Offenlegung der gesamten Ermittlungsarbeit.
Und in so einem Fall gilt in einem FAIREN Verfahren, dass man einen anderen Täter zumindest nicht ausschließen kann, den braucht daher weder die Verteidigung noch das Gericht benennen. Wenn die Indizien nicht ausreichen und es erfolgt ein Freispruch, dann müssen die Ermittlungen eben weiter ermitteln, dazu ist nur der Staat verpflichtet, nicht die Verteidigung, nicht die Nebenklage.
Und wie das Gericht eine klare Indizienlage in diesem Fall begründen will, das will ich sehen. Der vermeintliche Tatort war nicht mal auf dem Weg nachhause, er hätte einen Umweg laufen müssen, wirklich Spuren von ihm gibt es weder an dem Opfer noch am vermeintlichen Tatort. Das macht die Suche nach einem Täter schwierig, aber das darf nicht dazu führen, dass man die Schwelle zur Verurteilung beliebig nach unten setzt, nur um irgendjemanden verurteilen zu können. In Wirklichkeit muss sie deutlich höher gesetzt werden, als wenn die vermeintliche Tat in 4 Wänden erfolgt ist oder eine Beziehungstat sich abgezeichnet hat, wo nur ganz wenige (oder nur eine) Personen dann in Frage kommen. Das wäre Rechtsstaatlichkeit.
Auch wenn ich es dem Angeklagten nicht wünsche, interessieren würde mich bei einer Verurteilung die Sichtweise des BGH. Ab wann eine solche Grenze in so einem Fall willkürlich wird, wo es fast unbegrenzt viele mögliche Alternativtäter gibt. Wo hat die sogenannte freie Beweiswürdigung ihre Grenze?
Da hier sehr viele Leser schon einen Tatortzeugen unbedingt sehen wollen, wäre das interessant, wenn es den eben nur rein in der Fantasie gibt. In diesem, Falls scheinen doch mit einer Verurteilung einige dann doch starke Bauchschmerzen zu haben (teilweise sehen sie dann auch- wie ich - die Anklage selbst als unberechtigt an). Und gestern habe ich das erste Mal von
@fassbinder1925 von der Stimmung im Saal gelesen, dass offenbar doch – ähnlich wie hier – eine Verurteilung als kritisch gesehen wird (hier ohne einen Tatortzeugen). Insofern ist kaum anzunehmen, dass eine Verurteilung samt mündlicher Begründung da mal eben zwischen Tür und Angel in der Mittagspause diese vielen Zweifel aus dem Weg räumen kann. Offenbar wird doch nur eher ein geringer Teil mit der Überzeugung aus dem Saal gehen, dass dort wirkliche Recht gesprochen wurde.
@RabunselVielen Dank für Deinen Beitrag aus einer anderen Sicht. Du sprichst da auch u.a. einen sehr wichtigen Faktor an, die Beeinflussung der Gutachter. Ja, das ist nicht von der Hand zu weisen, einen ganz ähnlichen Fall war ja der Badewannenunfall, wo auch eine schier unendliche Zahl von Möglichkeiten die Gutachter durchdenken müssen. Und zwei Gutachter haben das nicht geschafft, ein Dritter hatte den Stuntversuch angeregt, der der späteren Ergebnisse der Simulation schon sehr nahekam.
Und auch im Schlossgartenmordfall, wo die Gutachterin viel zu mangelhaft recherchiert, sicher weit unter deren Expertise. Aber sie hatte eine fixe Idee, die das verhinderte. Sie hatte damit eine vorläufige Genugtuung, dass sie den Fall weitergebracht hatte, obgleich sie eigentlich eine sehr erfahrene und angesehene Gutachterin war. Die von Dir aufgezeigte psychologische Komponente dürfte einen weitaus größeren Einfluss haben, als man meint. Insbesondere dann, wenn man sich tausende Möglichkeiten eigentlich erst betrachten müsste. Hier neigt der Mensch zu einem frühzeitigen manchmal fehlerhaften Schluss.
Und in diesem Fall muss man zusätzlich auch bedenken, der Hydromechaniker hat in der Verhandlung ein Video der Prien gezeigt, wo die Prien die doppelte Wassermenge zeigte, als sie im vorliegenden Fall. Es kann sein, dass er kein anderes zur Hand hatte. Aber dann kommt eben noch eine andere Beeinflussungsmöglichkeit zum Tragen, die Beeinflussung von diesem Video, das eben nichts mit dem Tag zu tun hat. Und es ist bekannt, dass die Beeinflussung eines solchen Videos sehr hoch ist. Und da muss man sich fragen, ob nicht auch hier ähnliche Beeinflussungen wie im Badewannenunfall überhandgenommen haben. Und wenn dann dieser Gutachter auch noch eine unglückliche Figur macht, dass er auf eine Frage von Frau Rick hin er erst im Gerichtssaal etwas rechnet, was niemand überprüfen kann, da denkt man sich dann seinen Teil.
Dieser Fall ist in Wirklichkeit einer der schwierigsten in letzter Zeit, hier gibt es eine Vielzahl von Alternativtätern, hier gibt es eine weitaus höhere Zahl an Verletzungsmöglichkeiten als im Badewannenfall.
Rabunsel schrieb:Andrerseits ist mir natürlich auch klar, dass es nicht immer Beweise gibt und die Justiz irgendwie damit umgehen muss.
Ja, Du hast Recht, die Justiz muss hier entscheiden und eigentlich hat sie für solche Fälle ein gutes Rezept zur Hand, in dubio pro reo. Warum denn nicht in diesem Fall?
@Rick_Blaine, Du musst das nicht ins lächerliche ziehen,
@Rabunsel hat dort Dinge angesprochen, welche wirklich auch z.B. im Badewannenunfall sichtbar geworden sind. Vielleicht sollte man darüber schon etwas nachdenken und es könnte verhindert werden, dass manche Menschen nicht erst nach 14 Jahren freigesprochen werden. Wie es so häufig, die Wahrheit liegt häufig in der Mitte, man darf vor solchen Gedanken nicht die Augen schließen. „Gefängnisse füllen“ sollte gerade nicht das Ziel der Rechtsprechung sein.
Wenn man keine harten Indizien hat, dann sollte man vielleicht auch mal genauer einem Psychologen/Psychiater zuhören. „Gesunder Menschenverstand“ kann das nicht ersetzen. Denn würdest Du hier in die Runde fragen, welchen „Gesunden Menschenverstand“ jeder siehst, wirst Du eine Unmenge von unterschiedlichen Antworten erhalten, meist ist es doch nur die eigene Meinung und je weniger Indizien es gibt, umso dürftiger deren Grundlage.