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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

11.378 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Club, Getötet, Rosenheim ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Hanna W. tot aus der Prien geborgen

Hanna W. tot aus der Prien geborgen

24.02.2024 um 00:57
Zitat von AndanteAndante schrieb:Und nicht vergessen: Wenn nicht Mord in Betracht kommt, dann immerhin vielleicht noch Totschlag oder ein anderes Tötungsdelikt ohne lebenslange Freiheitsstrafe, damit also kein § 54 Abs. 1 StGB. Natürlich denkt ein Gericht über derartige Alternativen nach - und wenn es das tut, gibt es halt rechtliche Hinweise.
Insoweit ist ja der Hinweis der Vorsitzenden durchaus interessant: Könnte gefährliche Körperverletzung in Tatmehrheit mit Totschlag oder in Tatmehrheit mit Körperverletzung mit Todesfolge in Betracht kommen?

Also kein Mord mit lebenslanger Freiheitsstrafe, durch den alle anderen Straftaten sowieso durch § 54 Abs. 1 Satz 1 StGB nach Strafmaß konsumiert würden?

Mit anderen Worten: Wenn die Strafkammer voll auf Mord aus wäre, würde eine gefährliche Körperverletzung eh keine Rolle mehr spielen, weil die zwingend lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes neben der zu erwartenden Freihheitsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung ohnehin keine Rolle mehr spielen würde.

Der Hinweis der Vorsitzenden auf gefährliche Körperverletzung in Tatmehrheit mit was anderem würde also nur Sinn machen, wenn das Gericht im Hinblick auf den Tod von Hanna auch über anderes als Mord nachdenkt. Nur mal so zum eigenen Nachdenken.


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

24.02.2024 um 00:59
Zitat von LanzaLanza schrieb:cododerdritte schrieb:
Die Verteidigung hat einen Befangenheitsantrag gegen drei Richter gestellt. Wenn dem stattgegeben wird, muss der Prozess in der Besetzung abgebrochen werden. Das bedeutet, dass der Prozess neu durchgeführt werden muss.

Danke für diese Klarstellung.

Das beantwortet dann deine eigene gestellte Frage :
cododerdritte schrieb:
Wo soll denn Deiner Meinung nach ein "neuer Prozess" herkommen?
Hier werden Widersprüche sehr deutlich. Selbstverständlich steht in Aussicht, dass ein neuer Prozess stattfinden kann, wie der Vorredner selbst skizziert hat.


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

24.02.2024 um 01:00
Zitat von TiergartenTiergarten schrieb:Aber der Unterschied zwischen Tateinheit und Tatmehrheit ist mir noch nicht klar. Tateinheit ist offensichtlich, aber bei Tatmehrheit - ist es da mehr Körperverletzung oder mehr Mord?
Zitat von AndanteAndante schrieb:So, und nun kann ja mal jeder Diskutant versuchen, das, was er bisher schnipselweise aus dem Prozess erfahren hat, unter das Gesetz zu subsumieren und Gericht zu spielen. Er wird es nicht schaffen
Oh Schreck, nein, das wird er sicherlich nicht schaffen. Die Konkurrenzen im Strafrecht, wie wir das nennen, sind ein sehr kompliziertes Thema, das vielen Jurastudenten viele schlaflose Nächte bereitet. Das kann man wahrlich nicht durch einen schnellen Blick ins StGB begreifen. Ich könnte dazu hier etwas schreiben, aber das würde eine Vorlesung werden, und daher den thread doch sehr sprengen.

Ein extrem grober Anfangspunkt (!!) an dem man sich erst einmal an das Thema annähern kann ist die Frage, ob mehrere selbstständige Handlungen vorliegen, die mehrere separate Straftatbestände verwirklichen. Dann steht eine Realkonkurrenz, auch Tatmehrheit genannt, im Raum. Das kann bei einer Analyse aber erst und nur der Anfang sein. Es spielen aber nicht nur Handlungen, sondern auch Erfolg und auch der Tatverwirklichungswille eine Rolle.

Und um die Verwirrung nun zu vollenden, selbst wenn diese Dinge alle vorliegen, kann immer noch eine Idealkonkurrenz, also Tateinheit erkannt werden, wenn bestimmte Merkmale erfüllt sind.

Und dann muss man sich noch anschauen, warum das alles eventuell eine Rolle spielt, und das ist die Strafzumessung.

Um @Tiergarten s Frage aufzunehmen: ist da "mehr" KV oder "mehr" Mord? Natürlich ist bei der Gewichtung klar, dass Mord schwerwiegender ist als eine KV, das wird dann bei den in Frage kommenden Strafen deutlich. Und da muss man dann wieder das deutsche Prinzip einer "Gesamtstrafe" beachten.

Ausländische Jurastudenten haben es da oft einfacher, da beides, Gesamtstrafenbilung und Konkurrenzlehre deutsche Eigenarten des Strafrechts sind. Wie gesagt, ich stoppe hier die Vorlesung :)
Zitat von AndanteAndante schrieb:Der Hinweis der Vorsitzenden auf gefährliche Körperverletzung in Tatmehrheit mit was anderem würde also nur Sinn machen, wenn das Gericht im Hinblick auf den Tod von Hanna auch über anderes als Mord nachdenkt. Nur mal so zum eigenen Nachdenken.
Richtig, hier deutet sich etwas anderes an als nur eine Analyse der Konkurrenzen.


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

24.02.2024 um 01:04
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Ausländische Jurastudenten haben es da oft einfacher, da beides, Gesamtstrafenbilung und Konkurrenzlehre deutsche Eigenarten des Strafrechts sind. Wie gesagt, ich stoppe hier die Vorlesung :)
Ist schon Quälerei für Jurastudenten. Wobei Konkurrenzen und Gesamtstrafenbildung nichts sind im Hinblick auf das, was die Armen später im Zivilrecht oder Sozialrecht mit den dortigen inzwischen komplett unverständlichen Gesetzestexten erwartet. Aber das ist ein anderes Thema…


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24.02.2024 um 01:07
Zitat von AndanteAndante schrieb:Ist schon Quälerei für Jurastudenten. Wobei Konkurrenzen und Gesamtstrafenbildung nichts sind im Hinblick auf das, was die Armen später im Zivilrecht oder Sozialrecht mit den dortigen inzwischen komplett unverständlichen Gesetzestexten erwartet. Aber das ist ein anderes Thema…
LOL wem sagst Du das. Oder amerikanische Gesetzestexte, wo ein einziger Paragraph mal locker 4 Seiten lang sein kann.

Wie dem auch sei, ich denke für diesen thread ist die Frage nach Tatmehrheit oder Tateinheit derzeit nicht sehr relevant, wir sind derzeit immer noch bei der Frage der Tat selbst und vor allem wer der Täter ist. Dazu wurde jetzt noch ein Nebenschauplatz der Befangenheitsthematik eröffnet.

Mal sehen, was sich zum Hauptthema, der Identität des Täters, noch so ergeben wird.


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24.02.2024 um 01:51
Zitat von AndanteAndante schrieb:Also kein Mord mit lebenslanger Freiheitsstrafe, durch den alle anderen Straftaten sowieso durch § 54 Abs. 1 Satz 1 StGB nach Strafmaß konsumiert würden?

Mit anderen Worten: Wenn die Strafkammer voll auf Mord aus wäre, würde eine gefährliche Körperverletzung eh keine Rolle mehr spielen, weil die zwingend lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes neben der zu erwartenden Freihheitsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung ohnehin keine Rolle mehr spielen würde.
Nur, dass wir im vorliegenden Fall im JGG unterwegs sind und da gibt es weder "zwingend lebensang", noch einen § 54 StGB. bestenfalls einen § 31 JGG.

Und auch wenn wir nicht im JGG wären, bliebe abseits der Gesamtstrafenbildung noch die Frage der schwere der Schuld. Nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme geht das Gericht ja wohl von zwei einzelnen Taten mit entsprechend separten Tatentschluss aus. Aßbichler soll geschrieben haben:
ich denke, dass die Aussage des M. zum Tötungsvorsatz ganz wichtig ist. Der Angeklagte sagte, er habe sie bewusstlos geschlagen, damit sie sich nicht wehren kann und er habe sie nicht töten wollen … damit gef KV in Tatmehrheit mit Mord."
Quelle: https://www.abendzeitung-muenchen.de/bayern/hanna-prozess-vor-aus-angebliche-chats-zwischen-richterin-und-staatsanwalt-aufgetaucht-art-961075

Und eben nicht "nur" Mord. So sehe ich das laienhaft übrigens auch. Und das kann durchaus die schwere der Schuld begründen. Und schon sind wir nicht mehr bei maximal 10 Jahren, sondern bei 15 Jahren (§ 105 (3) JGG).

Und irgendwo da so, im Bereich von 12, vielleicht 12 1/2 Jahren, gehört das Strafmaß auch hin, für einen zur Tatzeit fast 21-jährigen, der jemanden von hinten anspringt, erst würgt und dann mit einem Stein auf den Kopf schlägt, in der Absicht, an dem Opfer sexuelle Handlungen vorzunehmen, und dann schließlich das ohnmächtige Opfer zur Verdeckung in Tötungsabsicht ins Wasser wirft.

Ob das Gericht letztendlich dieses Tatgeschehen so feststellen wird und ob es ihn überhaupt verurteilen wird, bleibt abzuwarten, aber viel kommt da ja wohl nicht mehr. Frau RAin Rick kann ja gern noch ein paar Beweisanträge für die Gallerie stellen, aber ich persönlcih bezweifle, dass sich daraus viel Neues ergeben wird.


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24.02.2024 um 02:05
Zitat von OpLibelleOpLibelle schrieb:Und eben nicht "nur" Mord. So sehe ich das laienhaft übrigens auch. Und das kann durchaus die schwere der Schuld begründen. Und schon sind wir nicht mehr bei maximal 10 Jahren, sondern bei 15 Jahren (§ 105 (3) JGG).

Und irgendwo da so, im Bereich von 12, vielleicht 12 1/2 Jahren, gehört das Strafmaß auch hin, für einen zur Tatzeit fast 21-jährigen, der jemanden von hinten anspringt, erst würgt und dann mit einem Stein auf den Kopf schlägt, in der Absicht, an dem Opfer sexuelle Handlungen vorzunehmen, und dann schließlich das ohnmächtige Opfer zur Verdeckung in Tötungsabsicht ins Wasser wirft.
Ich bin zwar auch der Meinung, dass 12 Jahre Gefängnis für so eine Tat viel zu wenig sind und fast schon eine Beleidigung des Opfers sind, aber man muss die Realität der deutschen Rechtsprechung im Auge behalten. Und da ist die Erkennung einer besonderen Schwere der Schuld in diesem Fall sehr unwahrscheinlich.


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24.02.2024 um 02:23
Zitat von OpLibelleOpLibelle schrieb:Nur, dass wir im vorliegenden Fall im JGG unterwegs sind
Wohl kaum, ansonsten wären die Verhandlungstage ja kaum öffentlich gewesen. Unterwegs sind wir prozessual im JGG anscheinend nur insoweit als es das Strafmaß betrifft - falls die Kammer da Jugendstrafrecht für anwendbar hält,


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24.02.2024 um 02:31
Zitat von OpLibelleOpLibelle schrieb:der jemanden von hinten anspringt, erst würgt und dann mit einem Stein auf den Kopf schlägt, in der Absicht, an dem Opfer sexuelle Handlungen vorzunehmen, und dann schließlich das ohnmächtige Opfer zur Verdeckung in Tötungsabsicht ins Wasser wirft.
Meinung oder Quelle ?


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24.02.2024 um 09:50
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Ich bin zwar auch der Meinung, dass 12 Jahre Gefängnis für so eine Tat viel zu wenig sind und fast schon eine Beleidigung des Opfers sind, aber man muss die Realität der deutschen Rechtsprechung im Auge behalten. Und da ist die Erkennung einer besonderen Schwere der Schuld in diesem Fall sehr unwahrscheinlich.
Die wäre schon mal eher unwahrscheinlich und dann muss man aber auch noch sehen, dass es ja glaube ich, bisher noch keinen Fall in Deutschland seit Existenz gab, bei dem die 15 Jahre ausgeschöpft wurden.

Sowohl der Dreifachmörder von Starnberg als auch bei dieser mordlüstigen Fränkin die per App gelockt hat, haben ja nur um die 13 Jahre bekommen. Letzterer glaube ich mit Vorbehalt der Sicherungsverwahrung, aber das soll ja keine Strafe sein.

Lag aber glaube ich dran, dass der Starnberger seinen Komplizen belastet hat und bei ihr war es glaube ich ihre Persönlichkeitsstörung (aber trotzdem voll Schuldfähig.

Und wenn man dann sieht, wie geplant die vorgegangen sind, wäre das tatsächlich ja nicht so gerecht, eigentlich bei beiden Szenarios. Wobei bei der Heimtücke-Variante es natürlich fraglich ist, wie sehr die Spontanität berücksichtigt werden sollte und würde, wenn man sich aus sexuellen Motiven jemanden krallt. Aber bei dem Szenario mit der Verdeckung, ist es natürlich spontaner. Und eine Schwere der Schuld auch ja gar nicht mehr gegeben.

Und wenn man sagt sind auch 12 Jahre zu wenig? Also mir geht es natürlich genauso, wenn ich dran denken würde, sowas ähnlich passiert jemandem den ich mag, will ich wahrscheinlich dass ein Täter nicht mal mehr einen Sonnenstrahl erwischt. Andererseits bei so jungen Menschen bringt es halt überhaupt nichts, ob du den 12 oder 25 Jahre einsperrst. Ich glaube da haben beide Parteien nichts davon.

Und es wurde ja viel verschärft, das brauche ich dir ja nicht sagen. Also zu 10 Jahre maximal bis zu 15 Jahre und Vorbehalt der SV möglich machen, das ist ja schon ein Quantensprung. Unverständlich finde ich die Schweiz. Wenn ich da nicht falsch informiert bin, haben die zumindest bei Jugendlichen Tätern, aber ich glaube auch bei Heranwachsenden eine Höchststrafe von 4 Jahren. Das ist absurd.


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24.02.2024 um 10:35
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Unverständlich finde ich die Schweiz. Wenn ich da nicht falsch informiert bin, haben die zumindest bei Jugendlichen Tätern, aber ich glaube auch bei Heranwachsenden eine Höchststrafe von 4 Jahren. Das ist absurd.
Wenn man sich an den Zweck erinnert, ist das gar nicht absurd. Bei Jugendstrafe steht in der Schweiz (und auch hier) der erzieherische Zweck im Vordergrund. Und die Frage ist, ob der bei einer 15 jährigen Unterbringung überhaupt erfüllbar ist? Ist das nicht eher absurd? Insofern ist da die Schweiz konsequenter und sogar - wenn wirklich nur der erzieherische Zweck erfüllen werden soll - sogar nachvollziehbarer als die Deutsche Regelung.


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24.02.2024 um 10:58
Zitat von LentoLento schrieb:Wenn man sich an den Zweck erinnert, ist das gar nicht absurd. Bei Jugendstrafe steht in der Schweiz (und auch hier) der erzieherische Zweck im Vordergrund. Und die Frage ist, ob der bei einer 15 jährigen Unterbringung überhaupt erfüllbar ist? Ist das nicht eher absurd? Insofern ist da die Schweiz konsequenter und sogar - wenn wirklich nur der erzieherische Zweck erfüllen werden soll - sogar nachvollziehbarer als die Deutsche Regelung.
Ich hoffe wirklich, dass Du mit Deiner Aussage niemals in die Situation diese Hannas Angehörige ausstehen müssen kommen wirst! Es ist mir echt ein Rätsel wie man sich so radikal und überzeugt dazu äußern kann.


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24.02.2024 um 11:04
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Und wenn man sagt sind auch 12 Jahre zu wenig? Also mir geht es natürlich genauso, wenn ich dran denken würde, sowas ähnlich passiert jemandem den ich mag, will ich wahrscheinlich dass ein Täter nicht mal mehr einen Sonnenstrahl erwischt. Andererseits bei so jungen Menschen bringt es halt überhaupt nichts, ob du den 12 oder 25 Jahre einsperrst. Ich glaube da haben beide Parteien nichts davon.
Um das abzuwägen, muss das meiner Meinung nach nicht mal jemanden passieren, den man mag, nicht mal jemand den man besonders sympathisch findet, ich finde, es reicht zu wissen, dass es einfach ein anderer Mensch war, dem er das Leben genommen hat, offenbar um mal 5 Minuten Wut rauszulassen.

Und wenn man den Erziehungsgedenken hinter dem Jugendstrafrecht zugrundelegte, muss man sich aber doch ernsthaft fragen, wie lange will und kann man an an einem zur Tatzeit 21-jährigen jungen Mann, selbst, wenn der extrem reifeverzögert wäre, noch rumerziehen?? Nehmen wir an, er bekommt tatsächlich 10 oder 12 Jahre, dann ist er in den letzten 2-3 Jahren seiner Haftzeit Ende 20/Anfang 30. Was will man da "erziehen". Und eine wichtige Entwicklungszeit für die Persönlichkeit hat er eh verpasst, weil er im Knast saß.
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Und wenn man dann sieht, wie geplant die vorgegangen sind, wäre das tatsächlich ja nicht so gerecht, eigentlich bei beiden Szenarios. Wobei bei der Heimtücke-Variante es natürlich fraglich ist, wie sehr die Spontanität berücksichtigt werden sollte und würde, wenn man sich aus sexuellen Motiven jemanden krallt. Aber bei dem Szenario mit der Verdeckung, ist es natürlich spontaner. Und eine Schwere der Schuld auch ja gar nicht mehr gegeben.
Ich muss sagen, dass ich mich bei diesen Motiven ziemlich schwer tue, die in eine Strafzumessung einzubeziehen.
Eine junge Frau geht nachts alleine nach Hause, wird derart heftig angefallen, dass ihr beide Schulterblätter brechen, niedergerissen, so lange auf den Kopf geschlagen, bis sie wehr- und bewusstlos ist und dann in einen Hochwasser führenden Bach geworfen.
Ich tue mich schwer damit, einen Unterschied zu sehen, ob er die Idee spontan bekommen hat, als er Hanna gesehen hat, ob er sich das schon zu Hause ausgedacht hat und überhaupt nur nur deshalb losgelaufen ist oder ob er sich so ein Szenario schon wochenlang ausgemalt und dafür einen idealen Tatort ausgewählt und dort schon einmal ein paar geeignete Steine zurechtgelegt hat.
Selbst das spontanste dieser Szenarien ist finde ich nicht vergleichbar mit jemandem, der mit jemand anderem in Streit gerät, der sich dann in Handgreiflichkeiten auswächst und am Ende ist einer von beiden tot.

Ein 8jähriger weiß, dass er nicht die Bonbons essen darf, die nicht ihm, sondern seiner Schwester gehören. Ich kenne 10jährige, die beschließen, Vegetarier zu werden, weil sie in Erfahrung gebracht haben, dass für Fleisch ein anderes Lebewesen sein Leben lassen muss und sie das ethisch problematisch finden. Ich kenne 12jährige, die mir erklären, dass Flugreisen unsozial sind, weil man damit sein eigenes Vergnügen über etwas stellt, was allen gehört und was man damit kaputt macht. Wie lange sie diese Einstellung konsequent durchziehen, sei jetzt mal dahin gestellt, aber immerhin haben die ja offenbar einige wichtige grundlegende ethische und moralische Grundsätze des sozialen Zusammenlebens kapiert.
Wieso man bei einem fast 21-jährigen Jugendstrafrecht anwenden will, weil man meint, man müsse oder könne ihn noch dahingehend erziehen, dass er endlich kapiert, dass man nachts nicht durch die Gegend joggen darf, um andere Menschen zu überfallen, bewusstlos zu schlagen und dann in Hochwasser führende Bäche werden darf, weil man an dem Abend Streit mit seinen Eltern hatte, ist mir ein Rätsel...


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24.02.2024 um 11:08
Zitat von Nox8Nox8 schrieb:Ich hoffe wirklich, dass Du mit Deiner Aussage niemals in die Situation diese Hannas Angehörige ausstehen müssen kommen wirst! Es ist mir echt ein Rätsel wie man sich so radikal und überzeugt dazu äußern kann.
So Unrecht hat er nicht. Eigentlich ist das JGG schon widersprüchlich in der Hinsicht. Deswegen muss das auch noch zusätzlich begründet werden bzw. die Schuld besonders schwer wiegen, wenn du jemand über 5 Jahre Jugendstrafe geben willst, weil dann der Vollzug keine positiven Auswirkungen mehr hat. Insofern ist das mit der Erziehung ein bisschen Akrobatik und man müsste das irgendwie anders bezeichnen das ganze Jugendstrafrecht, aber natürlich verständlich dass man nicht jemand nach 5 Jahren rauslässt, wenn er jemanden umgebracht hat.

Auch denke ich ist für Jugendrichter unser Gesetz spannender, weil man ein bisschen knobeln und formulieren muss. In Österreich läuft das ein bisschen unkreativer ab, ich glaube die ziehen einfach ein Drittel ab. Überhaupt ist es da anscheinend nicht besonders interessant als Richter die verhandeln auch teilweise Mordfälle ohne Beweisaufnahme in einem Prozesstag ab.

Aber ich fürchte jetzt sind wir fast schon wieder in der Nächsten off-Topic Diskussion


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

24.02.2024 um 11:23
Zitat von Nox8Nox8 schrieb:Ich hoffe wirklich, dass Du mit Deiner Aussage niemals in die Situation diese Hannas Angehörige ausstehen müssen kommen wirst!
Nun das will keiner. Aber als Betroffener sieht man das grunsdsätzlich anders, da kann die Strafe nie zu hoch sein und man will auch irgendjemanden bestraft sehen. Nicht ohne Grund gibt es hier in D keine Selbstjustiz und die Stafe legen immer noch Gerichte fest.
Zitat von Nox8Nox8 schrieb:Es ist mir echt ein Rätsel wie man sich so radikal und überzeugt dazu äußern kann.
Ich betrachte die Intentionen der Länder, das hat nichts mit Überzeugung zu tun.

Die Schweiz sagt ganz klar, dass Jugendstrafe dem erzieherischen Effekt dienen soll. Und das Ziel ist eben nicht eine Bestrafung sondern eine dauerhafte Wiedereingliederung in die Gesellschaft mit einem geringen Rückfallrisiko. Das ist in der Schweiz das Ziel. Eigentlich ist die Intention hier in D ähnlich, aber sorry, nur ein Bruchteil der 15 Jahre können überhaupt der Erziehung dienen und "formbar" wäre derjenige auch nur in der ersten Zeit. Du stellst den Sühnegedanken in den Fordergrund, das will die Schweiz gerade nicht.

https://www.zh.ch/de/sicherheit-justiz/jugendstrafrecht.html

Welche vorgehensweise besser ist, würde man durch den Vergleich der Rückfallraten der beiden Länder erkennen. Irgendwann sind eben auch die 15 Jahre um.


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

24.02.2024 um 13:43
Da ihr hier das Jugendstrafrecht der Schweiz erwähnt, sollte man aber schon auch dazu sagen, dass die Regelung für 15 - 18 jährige zur Anwendung kommt. Ab dann ist man volljährig. Unser TV hier würde also unter Erwachsenenstrafrecht fallen. Das ist aber schon alles etwas off-topic.


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

24.02.2024 um 16:25
Ein Dank noch einmal an alle Rechtsexperten, die meine Fragen zu „Tatmehrheit“ und „Folgen eines Prozessneustarts“ so fundiert beantwortet haben.

Ich habe aber gleich noch eine Bitte, und die bezieht sich auf die von Verteidigerin Rick initiierte Einschaltung des Hamburger Rechtsmediziners Professor Klaus Püschel.

Wenn ich das richtig verstanden habe, hat Frau Rick beantragt, Püschel als zusätzlichen Gutachter zum Themenkomplex Verletzungen von Hanna/Unfalltheorie einzubinden. Darüber ist seitens des Gerichts noch nicht befunden worden, soviel ich weiß.

Mittlerweile steht jedoch auch die Einholung eines Privatgutachtens bei Prof. Püschel im Raum. Wirbel gab es in diesem Zusammenhang um die Versendung von Unterlagen an den Hamburger Rechtsmediziner, darunter der Obduktionsbericht von Hanna.

Meine Frage: Was hat es mit diesem Privatgutachten auf sich? Handelt es sich dabei nur um eine Stellungnahme, die Prof. Püschel auf Basis der ihm übermittelten Unterlagen angefertigt hat, um den Antrag der Verteidigung auf Einholung eines zusätzlichen rechtsmedizinischen Gutachtens zu untermauern?

Oder ist damit gemeint, dass im Falle einer Ablehnung des Beweisantrages durch das Gericht ein komplettes rechtsmedizinisches Gutachten auf Kosten des Mandanten von Frau Rick bei Professor Püschel in Auftrag gegeben werden soll?

Falls Letzteres zutrifft: Kann/muss ein derartiges Privatgutachten förmlich in den Prozess eingeführt werden, sodass es als Expertise eines Sachverständigen gleichrangig zu den bisherigen Gutachten zu behandeln ist?

Oder würde es allein dazu dienen, die Position der Verteidigung argumentativ zu untermauern und damit gegebenenfalls Stimmung für die Unfalltheorie zu schüren? Hätte es unter Umständen Relevanz mit Blick auf eine etwaige Revision?


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24.02.2024 um 16:35
Zitat von TiergartenTiergarten schrieb:Was hat es mit diesem Privatgutachten auf sich? Handelt es sich dabei nur um eine Stellungnahme, die Prof. Püschel auf Basis der ihm übermittelten Unterlagen angefertigt hat, um den Antrag der Verteidigung auf Einholung eines zusätzlichen rechtsmedizinischen Gutachtens zu untermauern?

Oder ist damit gemeint, dass im Falle einer Ablehnung des Beweisantrages durch das Gericht ein komplettes rechtsmedizinisches Gutachten auf Kosten des Mandanten von Frau Rick bei Professor Püschel in Auftrag gegeben werden soll?
Ich würde mal behaupten, dass kann Dir nur Frau RA Rick definitiv beantworten. Meine Vermutung ist, man versucht erstmal die bisher entstandenen Kosten 'abzugeben', ob das nun schon ein umfassendes Gutachten ist oder nur ein eher Oberflächliches, weiß auch nur die Verteidigung. 🤷‍♂️


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24.02.2024 um 16:47
Zitat von TiergartenTiergarten schrieb:Wenn ich das richtig verstanden habe, hat Frau Rick beantragt, Püschel als zusätzlichen Gutachter zum Themenkomplex Verletzungen von Hanna/Unfalltheorie einzubinden. Darüber ist seitens des Gerichts noch nicht befunden worden, soviel ich weiß.

Mittlerweile steht jedoch auch die Einholung eines Privatgutachtens bei Prof. Püschel im Raum. Wirbel gab es in diesem Zusammenhang um die Versendung von Unterlagen an den Hamburger Rechtsmediziner, darunter der Obduktionsbericht von Hanna.

Meine Frage: Was hat es mit diesem Privatgutachten auf sich? Handelt es sich dabei nur um eine Stellungnahme, die Prof. Püschel auf Basis der ihm übermittelten Unterlagen angefertigt hat, um den Antrag der Verteidigung auf Einholung eines zusätzlichen rechtsmedizinischen Gutachtens zu untermauern?
Was Prof. Püschel da beurteilen soll, hängt von der Fragestellung ab, die man ihm vorgelegt hat. Prinzipiell könnte er gebeten worden sein, ein eigenes, eigenständiges Gutachten z.B. zu dem festgestellten Verletzungsmuster zu erstellen. Er könnte zu den gleichen Schlussfolgerungen wie Frau Prof. Mützel kommen, oder eben zu anderen. Dann stünden also zwei Fachmeinungen mehr oder weniger konträr gegenüber.

Er kann aber auch gebeten worden sein, das von Mützel und Co. erstellte Gutachten zu bewerten und sich daraufhin anzuschauen, ob es Fehler enthält.
Ein Angeklagter oder sein Verteidiger sind ja Fachleute und können gar nicht beurteilen, ob ein Sachverständiger von richtigen Voraussetzungen ausgeht, die richtigen Parameter zur Beurteilung gewählt hat, ob er nicht neueste wissenschaftlich Erkenntnisse außer acht gelassen hat. Damit also die Verteidiger inhaltlich argumentieren können, können die so ein Gutachten überprüfen lassen.

Bei Privatgutachten geht das natürlich erst mal auf eigene Kasse. Sollte der Angeklagte aber freigesprochen werden und war das Privatgutachten dazu nötig, um seine Unschuld zu belegen (oder den Mangel an Beweisen zu begründen), dann würde er die Kosten als nötige Auslagen ersetzt bekommen.

Wenn das Gericht ein Gutachten in Auftrag gibt, dann wird das Gutachten und die Aussage des Gutachters dazu als Beweismittel in den Prozess eingeführt.
Ein Verteidiger kann auch beantragen, dass ein im Auftrag der Verteidigung/der Angeklagten erstelltes Privatgutachten als Beweismittel vorgelegt werden darf, das Gericht kann das erlauben oder aber ablehnen. Aber selbst wenn das Privatgutachten nicht als Beweismittel zugelassen wird, kann der Verteidiger es natürlich zur Untermauerung seiner Position verwenden, z.B. im Plädoyer oder wenn Zeugen oder auch die anderen Gutachter befragt werden. Es könnte ihn ja z.B. erst in die Lage versetzen, dem vom Gericht bestellten Gutachter fachlich fundierte, kritische Fragen zu stellen.


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24.02.2024 um 17:09
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Was Prof. Püschel da beurteilen soll, hängt von der Fragestellung ab, die man ihm vorgelegt hat. Prinzipiell könnte er gebeten worden sein, ein eigenes, eigenständiges Gutachten z.B. zu dem festgestellten Verletzungsmuster zu erstellen. Er könnte zu den gleichen Schlussfolgerungen wie Frau Prof. Mützel kommen, oder eben zu anderen. Dann stünden also zwei Fachmeinungen mehr oder weniger konträr gegenüber.

Er kann aber auch gebeten worden sein, das von Mützel und Co. erstellte Gutachten zu bewerten und sich daraufhin anzuschauen, ob es Fehler enthält.
Zunächst einmal Dank an @cododerdritte
für die Informationen und Einschätzungen. Sie habe mich insofern etwas beruhigt, als mir dann ja offenbar doch nicht etwas durch die Lappen gegangen ist bzw. ich nicht etwas in den falschen Hals bekommen habe.

Aber zugleich zeigt das wieder einmal unser Dilemma auf: Wir sind gegenüber Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung absolut im Hintertreffen, was Informationen betrifft.

In diesem Fall ist es einer der Beweisanträge von Frau Rick. Bekannt geworden ist nur ganz grob, um welche Thematik es geht. Was Details anbelangt, sind wir zu Spekulationen verdammt.


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