Andante schrieb:Journalisten kriegen oft was in den falschen Hals, vor allem in prozessualer Hinsicht, und schreiben dann auch was Falsches, was für den Richter nicht so erfreulich ist. Im Extremfall muss dann der Kollege Pressesprecher ran, um das bei nächster Gelegenheit mal geradezurücken.
Man darf halt nicht vergessen, dass nur in wenigen Prozessen tatsächlich Journalisten sitzen, die sich auf Gerichtsprozesse spezialisiert haben und sich dann gerne selber als "Gerichtsreporter" bezeichnen.
Die meisten Redaktionen sind zu klein, um einen Kollegen nur für die Prozessberichterstattung abzustellen, gerade für Lokalzeitungen/-redaktionen ist das so.
Und nur wenige Prozesse sind so wichtig, dass ein Journalist einer bestimmten Redaktion wirklich an jedem Prozesstag im Zuschauerraum sitzt. Meist geht jemand zur Prozesseröffnung hin, weil dort die Anklage verlesen wird und man damit einen guten Überblick hat, was überhaupt verhandelt wird.
Und dann kommt erst wieder jemand, wenn die Plädoyers gehalten werden (das muss dann aber schon ein recht viel Aufsehen erregender Prozess sein) oder wahrscheinlicher zum Tag der Urteilsverkündung.
Das wie hier gleich mehrere Medien offenbar in fast jeder Verhandlung Berichterstatter sitzen haben, ist die große Ausnahme. Und selbst dann: oft geht nicht jeden Tag der gleiche Journalist hin, sondern ein Kollege/Vertreter.
Die wenigsten Redaktion haben also einen tieferen Einblick in die Details, dir dort im Prozess verhandelt und besprochen werden. Insofern kann die Berichterstattung jemanden, der an allen oder mehreren Prozesstagen teilgenommen hat, sei es als Richter, StA, Angeklagter, Verteidiger oder nur Zuschauer, schon mal erstaunen oder sogar erschauern lassen...
Wir haben immer das Bild einer Gisela Friedrichsen oder Sabine Rückert im Kopf, die bei großen überregionalen Zeitungen und Magazinen beschäftigt sind und entsprechend spezialisiert sind.
In der Realität der Lokalredaktionen muss der Reporter, der am Vormittag als Berichterstatter im Gerichtssaal sitzt, aber oft gleich weiter, weil er direkt anschließend noch einen Termin zur Einweihungsspiel des neuen Rasenplatzes des Lokal-TuS und danach bei der Jahreshauptversammlung des Kaninchenzüchtervereins hat, wo er ein Foto der für besondere Züchtungserfolge geehrten Mitglieder schießen soll.
Andante schrieb:Noch mal was zur Presseberichterstattung betreffend die Justiz:
Ich finde es nach wie vor bedauerlich, dass da keine Fachjournalisten tätig sind. Niemand käme auf die Idee, über ein Fußballländerspiel jemanden berichten zu lassen, der wenig Ahnung vom Fußball hat. Aber zu Gerichtsverhandlungen werden oft keine Fachjournalisten geschickt.
Man sollte wohl schon froh sein, wenn es wenigstens gelernte Journalisten sind und nicht so arme nicht festangestellte berufsfremde Zeilenschreiber, die für ein geringes Honorar hierhin und dorthin gehen und dann schnell irgendwas darüber schreiben.
Lustig, das hat sich jetzt mit meinem Beitrag überschnitten... Genau das wollte ich zum Ausdruck bringen!