XluX schrieb:Hier noch eine Quelle, dass das "oberflächliche" Treiben bei Hochwasser wohl doch nicht immer gleich abläuft:
Herr Buhtz -Breslau berichtet über ähnliche Beobachtungen aus den beiden großen Hochwasserkatastrophen in Schlesien. Neben starken Abschleifungen am Schädel wurde mehrfach völlige oder fast völlige Entkleidung der Leichen durch die reißende Strömung der Gebirgswässer (Katzbach und Neiße) gefunden. Bei Rhein-Wasserleichen aus dem Heidelberger Leichengut wurden wegen des Kiesgrundes und der Stromgeschwindigkeit ausnahmslos stärkere Schleifspuren festgestellt, im Gegensatz zu den Oder-Wasserleichen, die bei langsamer Strömung nur wenige oder keine Schleifspuren aufwiesen.
Es bestreitet niemand, dass einige der an der Leiche gefundenen Verletzungen durch das Treiben im Wasser entstanden sind. Aber um diese Verletzungen geht es in dem Prozess ja auch gar nicht.
Tatum schrieb:Mal etwas strukturierter: Die Verletzungen kann Hanna sich während drei Phasen zugezogen haben.
1. Gewaltsamer Überfall
2. Sturz in den Bach
3. Treibverletzungen
Ein Unfall kann es gewesen sein wenn sich die Verletzungen ausschließlich durch Nr. 2 sowie Nr. 3 erklären lassen. Falls nicht, war es ein Verbrechen.
Die Schlüsselfrage ist wohl ob die gleichförmigen (?) Kopfverletzungen durch das Treiben im Bach passiert sein konnten.
Und genau das haben die drei Gutachten doch sehr ausführlich dargelegt. Es gibt Verletzungen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit durch das Treiben des Körpers im Wasser über immerhin eine Strecke von ca. 10 km entstanden sind. Dazu zählen z.B. die Abschürfungen im Gesicht und am Körper.
Dann gibt es Verletzungen bei denen nicht geklärt werden kann, wie und wann die entstanden sind. Dazu zählen, so wie ich es verstanden haben, z.B. die Kennzeichen einer Strangulierung am Hals. Diese waren wohl der Hauptgrund, warum man sehr früh von einer Fremdeinwirkung ausgegangen ist. Die Sachverständigen waren aber nach eingehender Untersuchung der Meinung, dass es sich dabei durchaus auch um eine Treibverletzung handeln kann, die entstanden sein könnte, als sich der Körper an der Schmuckkette die Hanna auch noch beim Auffinden trug, irgendwo verfangen hatte und dann weitergetrieben wurde.
(So wie ich das verstanden habe, war sicher auszuschließen, dass es nicht doch auch durch Würgen entstanden Male sein können.)
Ich gehe auch davon aus, dass es nicht möglich ist, bei bestimmten Verletzungen zu entscheiden, ob sie an Land, durch den Sturz/Fall ins Wasser oder durch das Treiben im Wasser entstanden sind. Durch das Treiben im sehr bewegten Wasser sind eben auch einige Spuren, wie z.B. Verschmutzungen von Wunden, die durch ein Schleifen der Leiche zum Wasser entstanden sind, weggespült worden.
An Wunden kann man sehr genau feststellen, ob sie vor oder nach Eintritt des Todes entstanden sind. Sogar, wie lange ein Mensch nach dem Zufügen einer Wunde noch gelebt hat. Platt gesagt: bei einem lebenden Menschen schlägt das Herz und pumpt Blut durch die Blutgefäße. Wird ein Gewebe verletzt, tritt dann auch den durchtrennten Blutgefäßen Blut aus und zwar nicht nur nach außen, sondern auch in das umliegende Gewebe.
Bei einem toten Menschen tritt dagegen nach einer Verletzung kein Blut mehr aus, weil das Herz es nicht aktiv aus den geschädigten Gefäßen herauspumpt und das Blut in den Gefäßen auch sehr schnell gerinnt, sobald es einmal zum Stillstand kommt.
An einem Feinschnitt kann man unter dem Mikroskop erkennen, ob und wie viel Blut ins Gewebe ausgetreten ist.
Im Fall Hanna ist diesbezüglich ein bisschen problematisch, dass man den genauen Todeszeitpunkt nicht kennt. Sicher ist, dass sie ertrunken ist, und deshalb noch gelebt hat, als sie ins Wasser geriet. Deshalb kann der Körper durchaus Verletzungen aufweisen, die vom Treiben im Wasser herrühren, aber im noch lebenden Zustand entstanden sind.
Das ist aber ja überhaupt nicht der springende Punkt an den Gutachten, weil niemand, weder die Ermittler, noch die Gutachter noch der Staatsanwalt bestreitet, dass viele der Verletzungen, die an der Leiche gefunden wurden, durch das Treiben im Wasser entstanden sind. Es wäre auch völlig lebensfremd anzunehmen, dass eine Leiche, die 10 km durch einen Hochwasser führenden Fluss getrieben ist, makellos und verletzungsfrei aufgefunden wird.
Es bestreitet offenbar auch niemand, dass es möglich ist, dass Hose und Jacke erst im Wasser durch die Strömung des Wassers vom Körper gerissen wurden. Der Hydrodynamiker hat zumindest von der Jacke gesagt, dass er es für unwahrscheinlich hält, weil ein Ärmel auf links gezogen war.
Aber alle drei Gutachter waren sich darin einig, dass sich sowohl die Verletzungen an den Schulterblättern als auch die 5 gleichförmigen Kopfverletzungen nicht durch ein Treiben der Leiche im Fluss erklären lassen.