Lento schrieb:Wie gesagt, Du kannst nicht im Geringsten die Situation Dir vorstellen, wenn da Menschen sogar in U-Haft gehäuft Suizid verüben, dann zeigt das, dass der Druck einfach extrem ist.
Nicht ok, wenn du anderen hier absprichst, sich etwas vorstellen zu können. Du weißt doch überhaupt nicht, wer von uns vllt schon selbst solche oder ähnliche Situationen erlebt hat und sich daher sehr wohl etwas vorstellen kann…
Du sprichst, als wären alle Leute die in U-Haft sitzen, sehr zu bemitleiden, weil es ihnen da so übel mitspielt, dass sich manche davon sogar umbringen.
Es sitzen wohl so grob 2% der Leute, die jährlich in U-Haft kommen unschuldigerweise dort. (Man korrigiere mich, wenn das nicht stimmt, ist nur eine Zahl die ich in Erinnerung habe.) Der ganze Rest sitzt dort zu Recht. Hat also etwas mehr oder weniger Schlimmes getan. Und ja, es kommt immer wieder vor, dass Leute sich in U-Haft umbringen. Das sind aber (meinen Beobachtungen nach) eher genau die Leute, die eben schon schuldig sind, weil sie in U-Haft eine große Angst entwickeln vor den Konsequenzen, vor dem, was ihnen bevorsteht, der Prozess und v.a. die Haft. Als unschuldiger Mensch in U-Haft würde man doch eher Abstand davon nehmen, sich umzubringen, da man ja doch eigentlich darauf hofft und vertraut, dass das Unrecht bald ans Tageslicht kommt und man freigesprochen wird im bevorstehenden Prozess. Man kann jetzt wirklich nicht behaupten, dass es sehr oft vorkäme, dass jemand, der unschuldig ist, verurteilt wird.
Dass es, wie du sagst, absolut keine schöne Situation, sondern sehr belastend ist, in U-Haft zu sein, ist natürlich absolut richtig, nachvollziehbar und menschlich. Aber die allermeisten die da sitzen, haben halt auch etwas getan, wofür sie dann in die Situation kommen.
Lento schrieb:So musste er sich mit einem Schlag gegen die Wand Luft machen.
Lento schrieb:Jemand der in U-Haft ist, hat das Recht mal aus Wut gegen die Wand zu hauen, jeder Normalbürger macht das und in dieser teuflischen Situation sollte das in Wirklichkeit für jeden nachvollziehbar sein. Wahrscheinlich erlebt das ein unschuldig Eingesperrter die Situation noch intensiver. Da man so etwas noch im Gerichtssaal thematisiert ist einfach grotesk.
Das ist einfach nicht richtig, niemand hat das Recht, auf irgendwas einzuschlagen, was ihm nicht gehört. Wo kämen wir denn da hin, wenn jeder, der einen schweren Schicksalsschlag zu verdauen hat oder eine harte Zeit durchmacht, wahllos auf Dinge, die ihm nicht gehören schlägt, um sich Luft zu machen?
Jeder normale Mensch in unserer Gesellschaft weiß, dass man das nicht darf und dass man dazu angehalten ist, seine Emotionen in der Öffentlichkeit soweit zu zügeln, dass man nichts und niemandem damit schadet. Und wer diese allseits bekannte grundsätzliche Regel des Zusammenlebens dennoch überschreitet, hat a) ein Problem mit der Kontrolle seiner selbst und/oder b) es ist ihm ziemlich egal, was andere für Schlüsse über ihn ziehen.
In Erwartung vor den Konsequenzen, die ein Ausraster welcher Art auch immer nach sich zieht, nimmt man für gewöhnlich schon im eigenen Interesse Abstand von solchen überbordenden Gefühlsausbrüchen.
Es ist schon etwas erstaunlich, wie außerordentlich viel Verständnis du wiederholt für so ein Verhalten an den Tag legst. Wenn deine Erfahrung ist, dass „jeder normalbürger“ das macht, frage ich mich ernsthaft, was für Bürger du kennst, denn für mich ist so ein Verhalten alles andere als normal und ein Grund für einen sofortigen Kontakt Abbruch zu jemandem.
Dass ein unschuldig eingesperrter die U-Haft noch intensiver erlebt als ein schuldig eingesperrter, glaube ich nicht. Denn der schuldig eingesperrte wird sehr viel Angst bekommen vor der Verhandlung, vor der Haft, wegen allem was er gerade am verlieren ist und der unschuldig eingesperrte wird sich aber erst mal an die Hoffnung klammern, bald raus zu kommen (an welche sich ein schuldig eingesperrter eher weniger klammern kann).