Hanna W. tot aus der Prien geborgen
29.11.2023 um 20:12
Bericht vom 29.11. Teil 1:
Auf ein Neues. Heute war der Andrang so gering wie selten, hatte auch mal wieder was gemütliches. Der Angeklagte wurde mit neuem Haarschnitt reingeführt (ein bisschen Boulevard muss auch mal rein) und wirkte heute am Anfang etwas aufgeregter als an manchen Anderen Tagen.
Geladen war mal wieder der Hauptsachbearbeiter mit der Videovernehmung des Zeugen M. im Gepäck. Es wurde wohl kurz vor seiner Zeugenaussage im Prozess aufgenommen. Zu sehen waren M. , in Gegenwart des Staatsanwalts, einer Kripobeamtin und der Beamtin Diana U.
Der Zeuge wurde belehrt und es wurde festgestellt, dass es keine Absprachen gab und kein Strafrabatt zugesagt wurde. Der Zeuge sollte es wiederholen, ob er alles verstanden hatte. Er schildert nochmal seine Rechte und bestätigt, dass es keinen „Deal“ gab.
Die Beamtin meinte zu M. dass er was relevantes zum Fall Hanna beitragen könnte. Das bejaht er. Er fasst am Anfang zusammen, dass der Angeklagte, beim Namen war er sich nicht mehr sicher, aber wieder erkennen optisch würde er ihn, ihm bei einem Umschluss gestanden hat, die Geschädigte niedergeschlagen zu haben, sie missbraucht und im Fluss „entsorgt“ zu haben. Hierbei entschuldigt er sich für die Ausdrucksweise.
Er schilderte wie er T. der wohl zuerst in der „Videozelle“ untergebracht war, beim Hofgang kennenlernte. Er wurde Anfang November festgenommen und T. „Mitte oder Ende November“ oder „vllt ist er auch kurz vor mir gekommen“, aber er glaubt T. sei nach ihm gekommen. Ihm fiel der Angeklagte auf, da dieser im Hof immer komplett alleine seine Runden dreht, dabei immer seine Kapuze ins Gesicht zieht und depressiv wirkt,so ging er auf ihn zu und sie unterhielten sich ab und zu und liefen gemeinsam. Bald fragte M. den Angeklagten, warum dieser sitzt. Er antwortete, dass er der Verdächtige vom Eiskeller-Mord ist. Der Zeuge konnte es erst nicht fassen, da Sebastian viel zu nett und brav dafür aussieht. Auf die Frage, ob er es war, sagte T. dass er unschuldig ist.
M. meinte dann zu ihm, warum er denn dann in U-Haft ist, da muss es doch Beweise geben. Er kennt das ja durch sein eigenes Verfahren. Sebastian entgegnete, dass ihn eine Freundin angezeigt hat. Der Zeuge konnte es ihm aber nicht glauben, da er aufgrund der Mimik des Angeklagten, das Gefühl hat von ihm angelogen zu werden. Der Zeuge sagt, dass er immer auf die Gesichtszüge bei Leuten achtet, da er in seinem Leben so oft angelogen wurde, dass er es erkennt, wenn jemand lügt.
Die beiden trafen sich öfter zum Watten und er bekam Süßigkeiten vom Angeklagten geschenkt, da sie gut miteinander ausgekommen sind. Der M. erzählte deshalb dem Angeklagten von seinem Delikt. Er ist dem Angeklagten auch bis heute dankbar, dass er es nicht weiter erzählt hat, da M. im Gefängnis sonst in Schwierigkeiten gekommen wäre.
Bei einem Umschluss waren sie gemeinsam in der Zelle von M. , es war laut dem Zeugen um Weihnachten rum. Da Sebastian zu der Zeit auch Geburtstag hatte und es Spekulatius gab, das war das Einzige was sich der Zeuge zu der Zeit finanziell erlauben konnte, außerdem könne er sich an Spekulatius immer wieder erinnern. Auch wusste er, dass er dem Angeklagten einen Cappuccino gemacht hat. Kurz vor Ende vom Umschluss habe ihm dann T. gestanden, dass er Sexuelles Interesse an H. hatte, sie schon vom Sehen und aus dem Eiskeller kannte. Er habe sie dann bewusstlos geschlagen, um sie zu missbrauchen oder zu Vergewaltigen, da sie sich gewehrt habe. Als er es nochmal erzählte, meinte er „damit sie sich nicht wehren kann. Danach habe er sie im Fluß entsorgt. Der Zeuge glaubt aber nicht, dass er sie damit umbringen wollte. Auch beklagte er sich beim Zeugen, dass er von Frauen ständig gekorbt, gedemütigt und abgewiesen wird, wenn er sich mit einer treffen wollte. Weiter erklärte er dem Zeugen, dass keine DNA gefunden werden konnte.
Später wurde M. von der Beamtin gefragt, ob der Angeklagte gesagt hat, dass er sie bewusstlos geschlagen hat, damit sie sich nicht wehren kann oder ob er gesagt hat, dass sie sich gewehrt hat, da es ein gravierender Unterschied ist. M. überlegte, glaubte aber dann, dass T. gesagt hat, damit sie sich nicht wehren kann. Auch fragte die Kommissarin was denn mit einem bewusstlosen Menschen passiert, den man ins Wasser wirft. M. meint er war sich nicht sicher, ob sie da noch bewusstlos war.
Da M. sehr enttäuscht von seinem Kumpel war, dass er die Tat begangen hat und ihn angelogen hat , bat er ihn rauszugehen, da er damit erstmal zurecht kommen muss. Der Angeklagte hat daraufhin traurig und fertig die Zelle verlassen, die Traurigkeit machte er an seiner Mimik fest.
M. sagte während seiner Vernehmung, dass er sehr aufgeregt sei und dass sein Kopf schon raucht. Er ist sehr höflich und entschuldigt sich für jeden zweiten Ausdruck, egal ob zitiert oder es ein „DiesDas“ ist. Zwischendurch muss eine Pause eingelegt werden von der Vernehmung. Diese dauert 5 Minuten, die Anwältin Rick auch anschauen wollte, falls Gespräche stattgefunden haben.
Der M. erzählte, dass es nach dem Treffen in seiner Zelle erstmal keine näheren Begegnungen zwischen ihm und T. gab und sie sich eher aus dem Weg gegangen sind, M. fühlte sich auch außer Stande. Er vertraute sich auch keinem Anderen Mithäftling an, da es nicht gut ist im Knast Feinde zu haben und er den Sebastian schützen wollte. Andere Gefangene hätten sich oft darüber unterhalten, ihm für seine Tat „auf die Fresse zu hauen“ und das wollte der Zeuge ihm ersparen. Auch sei er nicht gerne im Hof und unter Menschenmassen, wenn raucht er lieber für sich alleine.
Nach einiger Zeit suchte er doch wieder den Kontakt zu dem Angeklagten, da er nicht sehen konnte, dass der Sebastian wieder alleine geht. Das könne er generell nicht ertragen, auch wenn jemand ein Mörder ist. Sie unterhielten sich aber nur noch über Belanglosigkeiten. Einmal sprach er T. auf seinen Gips an, dieser sagte, er habe zu sehr die Wand geprügelt.
Der Zeuge ist im März von Traunstein nach Bernau verlegt worden, da ein Mithäftling ein Gespräch zwischen ihm und einer Psychologin mitgehört hat und sein Delikt ausplauderte. Er sollte in Bernau in eine Art Wohngruppe, aber der Ausplauderer wurde eine Woche vor ihm verlegt. Dort wurde er wohl auch von dem abgeschobenen Ungarn mit dem Haschisch, sexuell genötigt. Da er ihn anzeigte und danach die ganze Anstalt gegen sich hatte, sah er sich bestätigt, dass er lieber niemanden verrät und ging in Schutzhaft.
Anfang Oktober wurde er aber wieder an dem Mord am Eiskeller erinnert. Er sah auf „Welt-TV“ oder „N-TV“ und auf „RTLII“ Berichte über den Prozessauftakt, diese sind aber nicht Inhaltlich gewesen. Zeitungen müsste man bestellen und Internet hat er nicht. Bei einem Gespräch mit seinem Anwalt erfuhr er, dass er die selbe Richterin bekommen wird und berichtete seinem Anwalt davon, der ihm sagte, dass ihm das für sein Verfahren weiterhelfen könnte und auch der Zeuge selbst sich freuen würde, wenn er deshalb einen Strafrabatt bekommt.
Zum Schluss der Vernehmung wurde er noch gefragt, was sein Hauptmotiv letztendlich für seine Entscheidung war. Er sagt der Hauptgrund ist, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Und danach gefragt was die Wahrheit ist, dass Sebastian T. der richtige Täter ist, er aber nicht an einen Tötungsvorsatz glaubt.
Die meisten Prozessbeteiligten hatten keine Fragen mehr an den Hauptsachbearbeiter bezüglich des Zeugen. RA Rick fragte ihn, ob ihm bekannt sei, ob es vor der Vernehmung eine Vorbesprechung gab. Die Richterin und der Staatsanwalt meinten, er sei ja nicht dabei gewesen. Worauf Rick meinte, das sei ihr klar, aber er ist doch der Hauptermittler und ob er davon Kenntnis hat, die Frage ist zulässig. Worauf sie wieder meinten, er war ja nicht anwesend. So ging das noch ein paar Mal hin und her. Bis der Ermittler meinte, davon sei ihm nichts bekannt.
Weiter fragte Rick, ob ihm Ermittlungen wegen der sexuellen Nötigung zum Nachteil von M. bekannt sind. Der Zeuge weiß davon und auf Frage wer diese führt, sagte er dass alles von der JVA erstmal zur PI Prien geht und so eine Tat zum K1 nach Rosenheim. Auf weitere Nachfrage gab der Zeuge an, dass Diana U. die Leiterin davon ist.
Es wurde dann noch das Bundeszentralregister von M. verlesen. Dieses hat zwei Eintragungen. Einmal eine Bedrohung vor zehn Jahren, er wurde verwarnt. Die zweite ist relativ neu. Dort wurde er wegen Zweifacher Nötigung, Besitz Jugendpornographischer Schriften in Tateinheit mit Sexuellen Missbrauch von Kindern zu einem Dauerarrest von vier Wochen verurteilt.
Das war der Erste Teil zum Komplex M. Im Zweiten Teil kommt nochmal der Sachbearbeiter mit den Wasserpegeln und der Ankündigung für die Einführung der Drohnenvideos. Auch kürzere Aussagen von einem Beamten der Wasserschutzpolizei und eines weiteren Kripo-Ermittlers und eines Wasserwachtlers. Dazu noch zwei wichtige Beweisanträge und ganz schwierige Terminüberschneidungen.