Rick_Blaine schrieb:Es ist anscheinend nicht so, dass Zweifel ausschliesslich von der Verteidigung gesät worden sind, bevor sie alle aufkamen.
Aber wie ich schon sagte, es wäre interessant, einmal vom Gericht selbst zu hören, was es zu dem Urteil gebracht hat. Vor allem vom zweiten.
Es mag interessant sein, aber was wäre mit der Veröffentlichung des Urteils in der öffentlichen Diskussion eigentlich gewonnen?
Das es u.U. das Gegenteil des von Dir erwünschten bringen kann, zeigt relativ deutlich der Darsow-Fall. Da gibt es Talk-Shows etc., welche auf dieses eingehen, obgleich die Leute sich halbwegs sicher sind, welche etwas mehr Verständnis für das rechtliche aufbringen, dass das Urteil wahrscheinlich das richtige Ergebnis darstellt und somit auch Recht gesprochen wurde. Was aber ein Großteil der Öffentlichkeit bei diesem Urteil irritiert, ist die ganzen Ausschmückungen, die in Wirklichkeit nicht belegbar sind und damit das Misstrauen zu dem Ergebnis vom Normalbürger erst schürt.
Bei einer Urteilsveröffentlichung wird das bei dem vorliegenden Fall nicht anders sein. Das ganze Motiv basiert auf einer Theorie des Gerichts, welche - wie Du selber meinst - nicht wirklich auf ausreichenden Indizien beruht. Die Öffentlichkeit wird dann aber genau das hernehmen und es wird ähnlich laufen, wie im Fall Darsow. Es mag sein, dass Du das dann besser beurteilen kannst (wobei Dir dann immer noch die Primärquellen fehlen, wie z.B. die schriftlichen Gutachten, etc.), aber was bringt das für die öffentliche Meinung?
Also was wäre durch die Veröffentlichung in der öffentlichen Meinung wirklich gewonnen? Ich denke, die Justiz würde dann in der öffentlichen Meinung in einem noch schlechteren Licht dastehen. Fachleute wissen vermutlich, wie es insgesamt mit der Justiz bestellt ist, da braucht es keine solche Veröffentlichungen.
In einer Talk-Show hatte der ehemalige BGH-Richter Fischer sich diesbzgl. ganz klar geäußert, als er - ohne dass ihm das vorher mitgeteilt wurde - in der Show mit dem Darsow-Fall konfrontiert wurde (er hatte sogar selber das Revision abgelehnt). Er sagte, dass solche Diskussionen nicht in die Öffentlichkeit gehören.
Eigentlich kann man dieser Ansicht auch zustimmen. Aber auf der anderen Seite kosten Gutachter erheblich Geld, wie kann man ohne eine Geldquelle überhaupt erfolgreich ein WAA-Antrag stellen? Wenn man etwas Öffentlichkeitsarbeit verbieten würde, wo käme dann das Geld her?
Es gibt nun mal in D kein ähnliches Instrument, wie in Amerika das "Innocence-Projekt", wo gesteuert von einer Uni, sich jeder hinwenden kann. Sein Fall wird dort dann erstmal geprüft (ich glaube es erfolgt Großteils von Jura-Studenten). Die Betrachtung erfolgt dabei interdisziplinär, da auch andere Lehrstühle sich diesem Projekt angeschlossen haben.
Würde man die Werbungstrommel nicht rühren dürfen, wären Verurteilte ohne ausreichend finanzielle Unterstützung schlechter gestellt, als andere.
Anwälte arbeiten bei WAA bei solchen Fällen in der Regel auf eigene Kosten, sprich ehrenamtlich. Es ist kaum anzunehmen, dass sie dann einen Fall aufgreifen, von dem sie nicht ausreichend von der Unschuld überzeugt sind. Man sollte zu diesem Punkt die Empfehlungen von Strate mal lesen. Es ist ihnen einfach nicht zuzumuten, dann noch eigenes Geld zu investieren, nur damit sie einen WAA stellen können, für eine Person, von denen sie ausgehen, dass er unschuldig verurteilt wurde. soll der Anwalt dann einfach den Fall unbearbeitet lassen?
Wie gesagt, solange hier in diesem Punkt D rückständiger ist als die USA, werden Anwälte diesen Weg bei finanziell schlecht gestellt Verurteilten häufiger gehen müssen.
Die Anwälte des hier diskutierten Verfahrens haben diese Werbetrommel nicht ohne Grund gerührt. Bevor diese gerührt wurde, hatte man sogar die StA kontaktiert und versuchte über diesen Weg das notwendige Geld zu erhalten, die StA hatte aber abgelehnt.
Erst als von dieser Seite keine finanzielle Unterstützung zu erwarten war, wurde die Werbetrommel etwa vor einem Jahr gedreht. Danach hörte man so gut wie nichts mehr, bis zur Abgabe des WAA.
Dafür, das hier - wie hier einige hier meinen - die Anwälte den Rechtsstaat schlecht darstellen wollen und einen Schuldigen einfach aus dem Gefängnis befreien wollen, gibt es daher nicht die geringsten Anhaltspunkte.
Der WAA zeigt, dass offenbar das gespendete Geld nicht nur für das gerichtsärztliche Gutachten gereicht hat sondern es konnten insgesamt 3 Gutachter beauftragt werden, welche mit unterschiedlichen Methoden den Todeszeitpunkt berechnet haben, den der damalige Gutachter nicht berechnen konnte. Bei Worst-Case-Annahmen des früheste Todeszeitpunkt ist laut des für G ungünstigsten Gutachten 15:45, zu einem Zeitpunkt, wo der Hausmeister nachweislich schon lange nicht mehr in der Wohnung war.
Mich hat das Tatortfoto des Bades überzeugt. Die Pantoffeln liegt m.E. niemand so hin, wenn er einen Unfall faken will. Das Video der Simulation macht mir auch die Lage eines der Pantoffel erklärbar, das hatten wir hier auch schonmal. Eine Diskussion hierüber ist hier mittlerweile nicht mehr sinnvoll, weil Störer leider hier die Oberhand gewonnen haben, die mittlerweile sogar behaupten, das selbst dann wenn der Verurteilte zum Todeszeitpunkt ein Alibi hat, er der Täter war.
Und selbst einige "Fachleute" betonen hier immer wieder das die Unterschlagung sei ja nicht widerlegt worden sei und nehmen es doch als eigentliches Motiv an. Diese haben sich damit leider mittlerweile auch auf einen Laienniveau herabgelassen (der Großteil der Laien hier können genaugenommen rechtlich damit besser umgehen), eigentlich müssten sie es besser wissen, dass es zur Beurteilung des Falles aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht herangezogen werden dürfte.