@Palio Die Berechnung habe ich in Excel mit der Funktion NORMVERT() durchgeführt. (Eine geschlossene Formel, wo man im Taschenrechner Zahlen eintippen und auf "=" drücken kann, existiert in dem Sinne nicht, dass keine geschlossene Formel für die sog. Stammfunktion zur Normalverteilung existiert. Deshalb braucht man sowas wie Excel oder einen besseren Taschenrechner, wo man eine solche Funktion aufrufen kann.)
Ich erkläre mal an einem Beispiel, wie NORMVERT() funktioniert. Trigger-Warnung: Dieser Beitrag enthält etwas Mathe.
;) Beispiel:
Wir haben eine Zufallsvariable X mit
Mittelwert µ = 0
Standardabweichung sigma = 1
Aufgabe: Wie wahrscheinlich ist es, dass unsere Zufallsvariable X kleiner als ein Wert a ist?
Antwort: Es gilt P(X<a) = NORMVERT(a; µ; sigma; WAHR)
(Wir benötigen als vierten Parameter WAHR, damit alle Wahrscheinlichkeiten für alle möglichen Werte von X<a aufsummiert werden (mathematisch ist das das Integral der Normalverteilung von -unendlich bis a). Anschaulich kann man sich P(X<a) als die Fläche einer Gaußschen Glockenkurve unter dem Graphen von -unendlich bis a vorstellen.)
Setzen wir z.B. a=-1, dann erhalten wir in Excel
P(X<-1) = NORMVERT(-1; 0; 1; WAHR) = 0,158655254
Die Wahrscheinlichkeit für X<-1 ist also ca. 15,9%.
Für a=1:
P(X<1) = NORMVERT(1; 0; 1; WAHR) = 0,841344746
Die Wahrscheinlichkeit für X<1 ist also ca. 84,1%.
Daraus können wir jetzt z.B. ausrechnen:
P(X>1) = 1 - P(X<1) = 15,9%
Das ist genau P(X<-1). Dies ist nicht überraschend, denn die Gaußsche Glockenkurve mit µ=0 ist symmetrisch um 0, also ist die Fläche ab X>1 genauso groß wie die Fläche für X<-1.
Wir können außerdem ausrechnen, wie wahrscheinlich es ist, dass X genau zwischen -1 und 1 liegt, also eine Standardabweichung um µ=0:
P(-1<X<1) = P(X<1) - P(X<-1) = 68,2%
Das sind die berühmten 68% für eine Abweichung um 1 sigma.
Dasselbe kann man jetzt für 2 sigma machen:
P(-2<X<2) = P(X<2) - P(X<-2) = 95,4%
Das sind die berühmten 95% für eine Abweichung um 2 sigma.
Anwendung auf diesen Fall:
Mit µ=0 setze ich die mittlere Uhrzeit. Ich mache das jetzt exemplarisch für 16:00 und für zwei verschiedene Werte von sigma.
Fall: sigma = 2,8h
15:09 Uhr ist 51 min von 16:00 Uhr entfernt, das sind also a=-51/60 h. Deshalb gilt für die Wahrscheinlichkeit für den Todeszeitpunkt nach 15:09 Uhr:
P(X>15:09 Uhr) = 1 - P(X<15:09 Uhr) = 1 - NORMVERT(-51/60; 0; 2,8; WAHR) = 0,619272789 = 61,9%
Das passt soweit mit dem Beschluss zusammen (60%).
Für die Wahrscheinlichkeit, dass der Tod zwischen 14:57 bis 15:09 Uhr eintrat, muss man noch P(X<14:57 Uhr) ausrechnen:
P(X<14:57 Uhr) = 0,353830233 = 35,4%
Dann gilt:
P(14:57 Uhr < X < 15:09 Uhr) = P(X<15:09 Uhr) - P(X<14:57 Uhr) = 2,7%
Das passt leider nicht mit den 5% aus dem Beschluss zusammen.
Fall sigma = 1,4h
Ich hoffe, dass klar geworden ist, wie man all das in Excel für sigma = 1,4 ausrechnen kann (nämlich einfach 2,8 durch 1,4 ersetzen). Ich erhalte dann:
P(X>15:09 Uhr) = 72,8% (Das ist deutlich mehr als die 60% im Beschluss)
P(14:57 Uhr < X < 15:09 Uhr) = 4,5% (Das passt wiederum gut zu den 5% im Beschluss)
Wenn es wirklich zutrifft, dass die einfache Standardabweichung 1,4h beträgt - und danach sieht es für mich aus - dann wäre MG nach meinen Berechnungen noch mehr entlastet, weil die Gaußsche Glockenkurve enger wird und somit Todeszeitpunkte um die Mittelwerte wahrscheinlicher.