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Badewannenunfall von Rottach-Egern

7.730 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, 2008, Badewanne ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Badewannenunfall von Rottach-Egern

Badewannenunfall von Rottach-Egern

07.06.2023 um 14:37
@Fridolin31
hinzuzufügen wäre noch, dass er dabei wie ein Profi vorgegangen ist. Ohne etwas umzuschmeißen oder seine DNA an relevanten Stellen zu hinterlassen.
Er ist quasi vom gutmütigen Mädchenfüralles zum Profikiller mutiert.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

07.06.2023 um 16:01
Zitat von Fridolin31Fridolin31 schrieb:15.08 Uhr MG legt den Gehstock von LK im Bad ab und drapiert die Wannenvorlage dermaßen, dass es nach außen so wirkt, als sei Frau K ausgerutscht und in die Wanne gefallen.
Das kann er schon erledigt haben, nachdem er den Wasserzulauf aufgedreht hat, und hätte nicht mal eine Minute gebraucht.

Im Grunde genommen musste er nach den Anrufen beim Arzt nur den Stöpsel der Badewanne betätigen, die bewusstlose Frau K in die Wanne legen, Wasser aufdrehen, Stock und Schuhe im Bad drapieren, Matte zurechtzupfen, überall Licht in der Wohnung anmachen. Und dann nichts wie weg in die Tiefgarage zum Anrufen und danach ins Edeka. Abzuwarten, bis ihr Kopf so weit unter Wasser war, dass sie ertrank, brauchte er nicht unbedingt, da konnte er darauf vertrauen, dass das steigende Wasser die Aufgabe erledigt.
Zitat von Miami-weißMiami-weiß schrieb:Ohne etwas umzuschmeißen oder seine DNA an relevanten Stellen zu hinterlassen.
Das ist doch auffällig, oder nicht? Er war jeden Tag in der Wohnung, half Frau K im Haushalt, wusch ihre Wäsche, kaufte ein, stellte die Einkäufe ab, und dann ist da reinweg keine DNA von ihm im Bad? Und selbst, wenn da welche gewesen wäre: Das hätte nichts bewiesen, weil man nicht gewusst hätte, bei welcher Gelegenheit seine DNA dahin gekommen ist. Falls er also im Bad hektisch alles abgewischt haben sollte, hätte er sich das sparen können.


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Badewannenunfall von Rottach-Egern

07.06.2023 um 16:13
Zitat von AndanteAndante schrieb:Beim „zweifelsfrei“ geht sie aber halt vom Zweifel oder Nichtzweifel des jeweils zuständigen und erkennenden Gerichts aus, nicht vom Zweifel oder Nichtzweifel jeden Bürgers, der bei keinem Verhandlungstag dabei war, die Akten nicht kennt und von, nun ja, gebrieften Medien womöglich etwas einseitig informiert worden ist.
@Andante
Glaub mir, ich bin mir dessen absolut bewusst. Ich weiss, dass ich als Zeitungsleserin und TV-Guckerin nur mehrfach Gefiltertes vorgesetzt bekomme. Und sehr oft Vorgekautes.
Ich könnte verschiedene Fälle nennen, bei denen mir klar ist, warum es Stimmen rufen:
"Schuldig!" oder "Unschuldig!"

Ich denke, dass dieser Fall hier anders gelagert ist, als z.B. der Fall Weimar.

Aufgrund der abklopfbaren Fakten, hätte der Mann nicht schuldig gesprochen werden dürfen.
Zu dünn, das Konstrukt. Selbst wenn er die Tat begangen hätte, hätte es nicht für eine Verurteilung reichen dürfen.

Und ich persönlich- aus Gründen, die bei mir liegen- halte ihn darüber hinaus für unschuldig.


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07.06.2023 um 16:18
Zitat von AndanteAndante schrieb:Das ist doch auffällig, oder nicht? Er war jeden Tag in der Wohnung, half Frau K im Haushalt, wusch ihre Wäsche, kaufte ein, stellte die Einkäufe ab, und dann ist da reinweg keine DNA von ihm im Bad? Und selbst, wenn da welche gewesen wäre: Das hätte nichts bewiesen, weil man nicht gewusst hätte, bei welcher Gelegenheit seine DNA dahin gekommen ist. Falls er also im Bad hektisch alles abgewischt haben sollte, hätte er sich das sparen können.
finde ich eigentlich gar nicht auffällig. Außer, dass er für die Reinigung der Wäsche zuständig war, musste er nicht unbedingt im Bad "arbeiten". In der Wohnung lagen doch überall Tüten mit Inhalt herum, daher muss die Wäsche ja nicht unbedingt nur im Badezimmer gelagert worden sein.

Die Zeit war schon recht knapp gewesen. Vielleicht probiert man ja selber, wie es ist, eine ungefähr 75 kg schwere Person durch einen engen Flur zu tragen (vielleicht stellt sich jemand zur Verfügung *g* den man kennt). Damit man die Vorstellung bekommt, was das eigentlich bedeutet.


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07.06.2023 um 17:03
Zitat von LentoLento schrieb:Wir wissen doch schon überhaupt nicht, ob hier überhaupt eine Normalverteilung vorliegt. Wir haben doch diesbzgl. nicht das geringste Wissen.

@kegelschnitt hatte das schon vor länger Zeit bezweifelt:
Nun steht aber fest, dass die Sachverständigen von einer Normalverteilung um den Mittelwert 16:00 bzw. 17:00 mit einer Standardabweichung von 2,8 h ausgehen. @Palio hat die passende Stelle aus dem Beschluss zitiert.

Zudem passen die Zahlen (bis auf eine) zu dieser Annahme.

Fall 1: Mittlerer Todeszeitpunkt 16 Uhr:

Wahrscheinlichkeit für Todeseintritt nach 15:09 Uhr: 61,9% (Passt zu den 60% im Beschluss)
Wahrscheinlichkeit für Todeseintritt zwischen 14:57-15:09 Uhr: 2,7% (Hier erhalte ich eine Abweichung zu den 5%)

Bemerkung: Ich halte die Berechnung des Todeseintritts zwischen 14:57 und 15:09 Uhr nicht für zielführend. Nach dieser Logik wäre auch BT als Parkhausmörder wohl wenig wahrscheinlich gewesen, weil es im Parkhausmord ebenfalls eine große Streuung des Todeszeitpunkts aber ein relativ enges Zeitfenster (wenngleich größer als hier) gab.

Auch eine Wahrscheinlichkeitsberechnung für den Todeseintritt zwischen 14:00-15:09 Uhr halte ich nicht wirklich für sinnvoll, aber ich habe es trotzdem berechnet:
Wahrscheinlichkeit für Todeseintritt zwischen 14:00-15:09 Uhr: 11,7%

Wahrscheinlichkeit für Todeseintritt vor 14:00 Uhr oder nach 18:30 Uhr: 42,3% (obwohl de facto 0%, weil sie vor 14 Uhr gelebt hat und nach 18:30 Uhr schon tot war)
Das untermalt nochmal, dass es weniger um die einzelnen Wahrscheinlichkeitswerte geht, sondern eher darum, ob das Zeitintervall innerhalb der 1-sigma-Streuung ist oder nicht. Wenn man doch genaue Wahrscheinlichkeiten berechnen wollte, dann vermutlich eher bedingte Wahrscheinlichkeiten (als Berücksichtigung, dass wir wissen, dass sie vor 14 Uhr noch gelebt und nach 18:30 schon tot war).

Fall 2: Mittlerer Todeszeitpunkt 17 Uhr:

Wahrscheinlichkeit für Todeseintritt nach 15:09 Uhr: 74,6% (Passt ungefähr zu den 71% im Beschluss, wobei ich die 71% nicht genau reproduzieren kann, selbst nicht mit sigma=3h statt 2,8h)
Wahrscheinlichkeit für Todeseintritt zwischen 14:57-15:09 Uhr: 2,2% (Passt zu den 2% im Beschluss)

Wahrscheinlichkeit für Todeseintritt zwischen 14:00-15:09 Uhr: 9,0%
Wahrscheinlichkeit für Todeseintritt vor 14:00 Uhr oder nach 18:30 Uhr: 43,8%

Konsequenz:

1. Die Gutachten verschaffen MG kein lückenloses Alibi, weil das Zeitfenster 14:57-15:09 Uhr noch im Streubereich von 2,8h enthalten ist.
2. Trotzdem ist die Tendenz der Gutachten, dass ein Todeszeitpunkt nach 15:09 Uhr wahrscheinlicher ist als davor.
3. Man könnte versuchen zu überlegen, welcher der mittleren Todeszeitpunkte (16 Uhr oder 17 Uhr) wahrscheinlicher ist, gegeben, dass der Todeszeitpunkt irgendwo zwischen 14-18:30 Uhr liegen muss. Jedenfalls wächst die Wahrscheinlichkeit für einen Todeseintritt vor 14:00 Uhr oder nach 18:30 Uhr noch etwas an, wenn man den Mittelwert erhöht, wissend dass LK in diesen Zeitbereichen mit Wahrscheinlichkeit 0% gestorben ist (da entweder noch lebend oder schon tot).

Stark entlastend ist das Gutachten also nicht, auch wenn es für sich alleine eher auf einen Todeszeitpunkt nach 15:09 Uhr hindeutet. Allerdings wird man das Gutachten auch in der Gesamtschau werten müssen und da ist das Zeitfenster 14:57-15:09 Uhr nicht abwegig.


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07.06.2023 um 17:09
Zitat von PalioPalio schrieb:Der errechnete Todeszeitpunkt ist der Mittelwert in der Normalverteilungskurve. Die Toleranz von +/- 2,8 Stunden sind die doppelte Standardabweichung oder 2 sigma.
Ich denke, dass 1 sigma = 2,8h sind. Denn mit 1 sigma = 1,4h würde ich Werte erhalten, nicht gar nicht mit den Angaben im Beschluss zusammenpassen würden. Für µ =16 Uhr wäre dann der Tod nach 15:09 Uhr mit 72,8% Wahrscheinlichkeit eingetreten, für µ = 17 Uhr nach 15:09 Uhr mit 90,7% Wahrscheinlichkeit. Das würde MG schon stärker entlasten...


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07.06.2023 um 17:19
Zitat von Miami-weißMiami-weiß schrieb:Vielleicht probiert man ja selber, wie es ist, eine ungefähr 75 kg schwere Person durch einen engen Flur zu tragen
Es gibt mehrere gute Gründe, warum man an MGs Schuld zweifeln könnte. Das ist aber m.E. keiner. MG sieht auch nach 13-14 Jahren Gefängnis noch recht rüstig aus und in einem Interview hat er mal gesagt, er sei mit 81 kg ins Gefängnis rein und mit dem gleichen Gewicht wieder raus. Ich halte also das Tragen einer 75 kg schweren Person für möglich, sofern keine mir unbekannten Einschränkungen vorliegen. Man kann natürlich streiten, ob das Gericht für diese Frage tiefer hätte bohren müssen oder dies für sich beantworten durfte. Aber wahrscheinlich wäre nichts anderes rausgekommen wie bei dem Gutachten zu BTs Fertigkeiten mit der rechten Hand... Dass man im ARD in dem Dreiteiler dieser Frage auf den Grund geht, indem man einen weniger rüstigen Mann bittet, eine 75 kg schwere Frau zu tragen, finde ich nicht zielführend.


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07.06.2023 um 17:36
Zitat von kegelschnittkegelschnitt schrieb:Es gibt mehrere gute Gründe, warum man an MGs Schuld zweifeln könnte. Das ist aber m.E. keiner. MG sieht auch nach 13-14 Jahren Gefängnis noch recht rüstig aus und in einem Interview hat er mal gesagt, er sei mit 81 kg ins Gefängnis rein und mit dem gleichen Gewicht wieder raus
Das kann gut möglich sein. Es geht aber auch noch um die sehr knappe Zeitleiste in der er das alles bewerkstelligt haben soll.


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07.06.2023 um 17:49
Zitat von Miami-weißMiami-weiß schrieb:Es geht aber auch noch um die sehr knappe Zeitleiste in der er das alles bewerkstelligt haben soll.
So ist es. Und es geht halt auch um das Zusammenspiel von Kraft und Präzision unter enormem Zeitdruck. Herr G mag es ja irgendwie schaffen, einen 75 Kilo schweren Menschen einige Meter weit zu tragen. Aber wie anstrengend wäre es für ihn? Braucht er eine Erholungsphase? Könnte er anschließend den Tatort verlassen, ohne einen Fehler zu begehen. Wie schnell wäre er danach von der Wohnung in der Tiefgarage?

Das sind alles Aspekte, die im Urteil im Gegensatz zum Kassenbon und zum Schlüssel sehr stiefmütterlich behandelt wurden, obwohl sogar das Sachverständigengutachten, dem sich das Gericht angeschlossen hat, ein Unfallgeschehen nicht vollkommen ausgeschlossen hat


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07.06.2023 um 19:14
Zitat von Miami-weißMiami-weiß schrieb:hinzuzufügen wäre noch, dass er dabei wie ein Profi vorgegangen ist. Ohne etwas umzuschmeißen oder seine DNA an relevanten Stellen zu hinterlassen.
Er ist quasi vom gutmütigen Mädchenfüralles zum Profikiller mutiert.
Das ist ein sehr relevanter Punkt, zu denen das Gericht beide Male eben keine genaue Antwort fand.
Das ist fast immer so, dass Gerichte dann sagen, dass es den Angeklagten weder be- noch entlastet. Aber das kann man unter der Berücksichtigung der heutigen Kenntnis, die wir über DNA haben so nicht sagen, außer man nimmt ein vorsätzlich - sehr lange und in Detail - geplantes Tötungsdelikt an. Die Kammer nahm aber vielmehr ein spontanes Tatgeschehen an, um die angeblich vorangegangene Körperverletzung zu verdecken.
Eine Körperverletzung, für die es für sich genommen im Übrigen nicht einmal ein einziges Indiz gab.
Aber der Meinung vieler hier nach wäre MG wahrscheinlich nicht einmal dann freizusprechen, wenn LK auf einmal wieder lebendig wäre. Interessant, was manche für eine Ansicht von Recht und Gerechtigkeit haben.
Rechtsfrieden hört für mich damit auf, wo einem Mann mehr als ein Jahrzehnt seines Lebens gestohlen wurde, nur weil man die Wahrheit nicht sehen wollte oder bestimmte Sachen sich nicht vorstellen konnte.


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07.06.2023 um 19:18
@kegelschnitt: Danke für dein Statement. Hat mich interessiert, was du davon hältst. Wie berechnest du die Wahrscheinlichkeiten? Mit Formel?
Zitat von kegelschnittkegelschnitt schrieb:Ich denke, dass 1 sigma = 2,8h sind.
Meine Begründung, warum ich hier von der doppelten Standardabweichung ausgehe:

Zum einen wird im Beschluss immer die doppelte Standardabweichung erwähnt.

Zum anderen ist es so, dass 95,4 % der Werte im Bereich der doppelten Standardabweichung liegen. Diese umfasst hier offenbar den Bereich +/- 2,8 Stunden:
Die Größe der Abweichungen relativiert sich jedoch angesichts der Tatsache, daß das derzeit nahezu ausschließlich gebräuchliche Modell nach Henssge in seiner konventionellen Anwendung bei bekannter Umgebungstemperatur 95%-Konfidenzintervallradien von ± 2,8 Stunden bei Standardbedingungen bis zu ± 7 Stunden bei Nicht-Standardbedingungen aufweist (Henssge und Madea, 1988).
Quelle


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07.06.2023 um 19:26
Zitat von kegelschnittkegelschnitt schrieb:Fall 1: Mittlerer Todeszeitpunkt 16 Uhr:
Zitat von kegelschnittkegelschnitt schrieb:Fall 2: Mittlerer Todeszeitpunkt 17 Uhr:
Es gibt ja noch Fall 3: Mittlerer Todeszeitpunkt
15.42 Uhr nach der Finite-Elemente-Methode. Da verschiebt sich alles wieder etwas weiter nach links.


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07.06.2023 um 22:33
@Palio
Die Berechnung habe ich in Excel mit der Funktion NORMVERT() durchgeführt. (Eine geschlossene Formel, wo man im Taschenrechner Zahlen eintippen und auf "=" drücken kann, existiert in dem Sinne nicht, dass keine geschlossene Formel für die sog. Stammfunktion zur Normalverteilung existiert. Deshalb braucht man sowas wie Excel oder einen besseren Taschenrechner, wo man eine solche Funktion aufrufen kann.)

Ich erkläre mal an einem Beispiel, wie NORMVERT() funktioniert. Trigger-Warnung: Dieser Beitrag enthält etwas Mathe. ;)

Beispiel:
Wir haben eine Zufallsvariable X mit
Mittelwert µ = 0
Standardabweichung sigma = 1

Aufgabe: Wie wahrscheinlich ist es, dass unsere Zufallsvariable X kleiner als ein Wert a ist?

Antwort: Es gilt P(X<a) = NORMVERT(a; µ; sigma; WAHR)
(Wir benötigen als vierten Parameter WAHR, damit alle Wahrscheinlichkeiten für alle möglichen Werte von X<a aufsummiert werden (mathematisch ist das das Integral der Normalverteilung von -unendlich bis a). Anschaulich kann man sich P(X<a) als die Fläche einer Gaußschen Glockenkurve unter dem Graphen von -unendlich bis a vorstellen.)

Setzen wir z.B. a=-1, dann erhalten wir in Excel
P(X<-1) = NORMVERT(-1; 0; 1; WAHR) = 0,158655254
Die Wahrscheinlichkeit für X<-1 ist also ca. 15,9%.
Für a=1:
P(X<1) = NORMVERT(1; 0; 1; WAHR) = 0,841344746
Die Wahrscheinlichkeit für X<1 ist also ca. 84,1%.

Daraus können wir jetzt z.B. ausrechnen:
P(X>1) = 1 - P(X<1) = 15,9%
Das ist genau P(X<-1). Dies ist nicht überraschend, denn die Gaußsche Glockenkurve mit µ=0 ist symmetrisch um 0, also ist die Fläche ab X>1 genauso groß wie die Fläche für X<-1.

Wir können außerdem ausrechnen, wie wahrscheinlich es ist, dass X genau zwischen -1 und 1 liegt, also eine Standardabweichung um µ=0:
P(-1<X<1) = P(X<1) - P(X<-1) = 68,2%
Das sind die berühmten 68% für eine Abweichung um 1 sigma.

Dasselbe kann man jetzt für 2 sigma machen:
P(-2<X<2) = P(X<2) - P(X<-2) = 95,4%
Das sind die berühmten 95% für eine Abweichung um 2 sigma.

Anwendung auf diesen Fall:
Mit µ=0 setze ich die mittlere Uhrzeit. Ich mache das jetzt exemplarisch für 16:00 und für zwei verschiedene Werte von sigma.

Fall: sigma = 2,8h

15:09 Uhr ist 51 min von 16:00 Uhr entfernt, das sind also a=-51/60 h. Deshalb gilt für die Wahrscheinlichkeit für den Todeszeitpunkt nach 15:09 Uhr:
P(X>15:09 Uhr) = 1 - P(X<15:09 Uhr) = 1 - NORMVERT(-51/60; 0; 2,8; WAHR) = 0,619272789 = 61,9%
Das passt soweit mit dem Beschluss zusammen (60%).
Für die Wahrscheinlichkeit, dass der Tod zwischen 14:57 bis 15:09 Uhr eintrat, muss man noch P(X<14:57 Uhr) ausrechnen:
P(X<14:57 Uhr) = 0,353830233 = 35,4%
Dann gilt:
P(14:57 Uhr < X < 15:09 Uhr) = P(X<15:09 Uhr) - P(X<14:57 Uhr) = 2,7%
Das passt leider nicht mit den 5% aus dem Beschluss zusammen.

Fall sigma = 1,4h

Ich hoffe, dass klar geworden ist, wie man all das in Excel für sigma = 1,4 ausrechnen kann (nämlich einfach 2,8 durch 1,4 ersetzen). Ich erhalte dann:
P(X>15:09 Uhr) = 72,8% (Das ist deutlich mehr als die 60% im Beschluss)
P(14:57 Uhr < X < 15:09 Uhr) = 4,5% (Das passt wiederum gut zu den 5% im Beschluss)


Wenn es wirklich zutrifft, dass die einfache Standardabweichung 1,4h beträgt - und danach sieht es für mich aus - dann wäre MG nach meinen Berechnungen noch mehr entlastet, weil die Gaußsche Glockenkurve enger wird und somit Todeszeitpunkte um die Mittelwerte wahrscheinlicher.


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07.06.2023 um 22:43
Zitat von PalioPalio schrieb:Es gibt ja noch Fall 3: Mittlerer Todeszeitpunkt
15.42 Uhr nach der Finite-Elemente-Methode. Da verschiebt sich alles wieder etwas weiter nach links.
Stimmt!

Für sigma =2,8 h erhalte ich einen Todeszeitpunkt nach 15:09 Uhr mit Wahrscheinlichkeit von 57,8%. Für sigma = 1,4 h hingegen von 65,3%. Und für 14:57 Uhr bis 15:09 Uhr auch wieder ca. 5%. Interessanterweise passt das zur Zusammenfassung im Beschluss:
So liegt die Wahrscheinlichkeit für eine Todeszeitschätzung um 15.42 Uhr nach der Finite-Elemente-Methode bei einer unterstellten Liegezeit im Wasser von 2,75 Stunden für den im Urteil festgestellten Zeitraum von 14.57 bis 15.09 Uhr bei etwa 5 %, während sie für eine Todeszeit nach 15.09 Uhr bei etwa 60 % liegt.
Quelle: https://openjur.de/u/2453664.html

Übrigens, wenn sigma = 1,4 h und man 17:00 als mittleren Todeszeitpunkt annimmt, dann läge der Todeszeitpunkt nach 15:09 Uhr mit einer Wahrscheinlichkeit von 90,7%.

Wenn also sigma = 1,4 h korrekt ist, dann läge der Todeszeitpunkt nach 15:09 Uhr mit einer Wahrscheinlichkeit von 65,3%-90,7%. Natürlich nur nach meinen Berechnungen.


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08.06.2023 um 00:20
Zitat von AndanteAndante schrieb:Ohne etwas umzuschmeißen oder seine DNA an relevanten Stellen zu hinterlassen.

Das ist doch auffällig, oder nicht? Er war jeden Tag in der Wohnung, half Frau K im Haushalt, wusch ihre Wäsche, kaufte ein, stellte die Einkäufe ab, und dann ist da reinweg keine DNA von ihm im Bad? Und selbst, wenn da welche gewesen wäre: Das hätte nichts bewiesen, weil man nicht gewusst hätte, bei welcher Gelegenheit seine DNA dahin gekommen ist. Falls er also im Bad hektisch alles abgewischt haben sollte, hätte er sich das sparen können.
So wie es mir in Erinnerung geblieben ist, sollen nur DNA der Frau K. im Badezimmer, ich glaube auch (oder speziell) an den Armaturen der Badewanne gefunden worden sein.

Wie entfernt man seine eigene DNA ohne weitere zu entfernen?


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08.06.2023 um 02:12
Zitat von Flying13Flying13 schrieb:Wie entfernt man seine eigene DNA ohne weitere zu entfernen?
Guter Punkt! Das sollte in der Tat schwierig bis unmöglich sein.


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08.06.2023 um 08:32
@kegelschnitt
Vielen Dank! Ich finde es fantastisch, wenn User fachkompetente Ausführungen zu einem Thema machen. Das ist eine angenehme Abwechslung zum üblichen Gegeneinanderanreden :)

Ich überschlage mal, wo du bei sigma 1,4 mit den Angaben im Beschluss des LGM übereinstimmst, (bitte ggf. korrigieren/ergänzen):

µ = 16.00 Uhr
Beschluss: 60 % und 5 %
@kegelschnitt: 72,8% und 4,5%

µ = 17.00 Uhr
Beschluss: 71 % und 2 %
@kegelschnitt 90,7% und?

µ = 15.42 Uhr
Beschluss: 60 % und 5 %
@kegelschnitt: 65,3% und 5%.

Das sieht für mich so aus, als hätten die Gutachter berücksichtigt, dass ab 18.30 Uhr durch das Auffinden der Leiche ein Ausschluss der nachfolgenden Zeiten eingreift und die Wahrscheinlichkeit daher anders zu berechnen ist. Hast du hier schon angemerkt:
Zitat von kegelschnittkegelschnitt schrieb:Wenn man doch genaue Wahrscheinlichkeiten berechnen wollte, dann vermutlich eher bedingte Wahrscheinlichkeiten (als Berücksichtigung, dass wir wissen, dass sie vor 14 Uhr noch gelebt und nach 18:30 schon tot war).
Das mit der Entlastung durch diese Wahrscheinlichkeitsangaben sehe ich ja grundsätzlich anders als die Verteidigung, weil diese auf einem mit großen Unsicherheiten behafteten Modell beruhenden Wahrscheinlichkeiten in der Praxis nicht derartige Relevanz haben, dass sie einen Täter unwahrscheinlich machen können, der innerhalb der Standardabweichung zum (variabel) errechneten Todeszeitpunkt am Tatort war. Dein Verweis auf ähnliche Gegebenheiten beim Parkhausmord geht in die gleiche Richtung.

Wie wahrscheinlich wäre eigentlich ein Todeszeitpunkt im Zeitenster 15.57-16.09 Uhr bei Mittelwert 16.00 Uhr? (Sigma 1,4)


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08.06.2023 um 08:41
Zitat von Flying13Flying13 schrieb:Wie entfernt man seine eigene DNA ohne weitere zu entfernen?
Man kann eigene DNA entfernen und fremde übertragen, indem man zum Beispiel eine Armatur mit einem von einer anderen Person benutzten Handtuch abwischt. Eigene DNA wird dann nur an der Kontaktstelle im Handtuch verbleiben, welche aber keinen Kontakt zur Armatur hat.


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08.06.2023 um 10:06
Auch wenn es makaber klingt: Er hätte kurz die Hand der bewusstlosen Frau K. an die Armatur drücken können.


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08.06.2023 um 10:19
Zitat von PalioPalio schrieb:Man kann eigene DNA entfernen und fremde übertragen, indem man zum Beispiel eine Armatur mit einem von einer anderen Person benutzten Handtuch abwischt.
Oder er hätte auch direkt mit einem Handtuch oder Waschlappen von Frau K. die Armaturen bedienen können, dann hätte er hinterher nichts abwischen müssen. So hätte ich es vermutlich gemacht.


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