Kriminalfall Kim Wall
11.09.2017 um 02:09Zz-Jones schrieb:Könntest Du für Aufklärung sorgen?Die Schuld muss nachgewiesen werden. Aber was bedeutet das?
Muss ihm die Zerstückelung nachgewiesen werden oder reicht der begründete Verdacht für eine Verurteilung aus?
Es bedeutet, dass der Richter "überzeugt" sein muss, dass die umstrittene Tatsachenbehauptung (z.B. "PM hat die Journalistin ermordet") richtig ist.
Im amerikanischen Recht gibt es eine griffige Formulierung: "die Schuld muss so nachgewiesen werden, dass kein vernünftiger Zweifel mehr daran existiert." In Deutschland formuliert man nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes etwa so:
Ein Beweis ist erbracht, wenn der Beweisführer den Richter von der Richtigkeit der strittigen Tatsachenbehauptung überzeugt. Das Regelbeweismaß ist dabei die volle persönliche Überzeugung des Richters. Lediglich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit würde hierfür prinzipiell nicht ausreichen.
Hierfür muss der Richter alle für und gegen eine Tatsachenbehauptung sprechenden Gesichtspunkte in Relation zum erforderlichen Beweismaß setzen. Dabei bleibt er an die Gesetze der Denklogik und an die auf Erfahrung gegründete Wahrscheinlichkeit gebunden.
Als Beweismaß darf jedoch nicht der naturwissenschaftlich sichere Nachweis verlangt werden, sondern der Richter muss sich mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit zufriedengeben, der letzte (theoretische) Zweifel nicht ausschließt, ihnen aber praktisch Schweigen gebietet.
Vgl: § 261 StPO BGH 4 StR 371/13
Das heisst also in diesem Fall: Wenn Indizien hier ein Szenario so wahrscheinlich machen, dass Logik und Erfahrung kein anderes Szenario wahrscheinlich machen, obwohl es theoretisch denkbar ist, dann kann der Richter guten Gewissens davon überzeugt sein, dass PM die Leiche zerstückelt hat.
Wie oben schon erwähnt bietet sich, wenn man eine Schiffschraubenverletzung ausschliessen kann, nur das Szenario an, dass ein unbekannter Dritter die Leiche irgendwo gefunden hat und dann zerstückelt hat. Dieses Szenario ist zwar theoretisch denkbar, aber so wirklichkeits- und erfahrungsfern, dass der Richter es nicht berücksichtigen muss. Oder, auf die einfachere amerikanische Weise ausgedrückt: es besteht dann kein "vernünftiger" Zweifel daran, dass PM die Leiche selbst zerstückelt hat.