Die Info, dass sich über den Wanderweg informiert hatten und höchstwahrscheinlich wussten, dass es keinen Rundweg gibt (
@Doctective 21.05. um 22:49), finde ich interessant und auch plausibel. Ich schätze beide als eher vorsichtig und bedächtig ein; nicht der „Hey-let’s-go“-Typ. Womit aber die Theorie "Rundwanderirrtum" ziemlich tot wäre. Und wenn ich mal unterstelle, dass die Tagfotos authentisch sind und die beiden zu den belegten Zeiten am Mirador und anschließend ein ganzes Stück dahinter waren, bleibt die Frage, warum sie weitergegangen sind, statt (gleich) umzukehren.
Zu Beginn der ganzen Berichte und Diskussionen wurde es ja oft so dargestellt, als ob hinter dem Mirador absolutes Niemandsland anfängt und jeder Nicht-Einheimische, der dort auch nur einen Fuß reinsetzt, damit praktisch verloren ist. Inzwischen stellt es sich mir einfach so dar, dass der Weg (Sendero Il Pianista) hinter dem Mirador weitergeht und über Kabelbrücken und an Weideland vorbei zu dem nicht in Karten eingezeichneten Dorf Alto Romero führt, und im weiteren Verlauf bis zur Küste, wobei er hinter dem Mirador deutlich weniger frequentiert sein dürfte, als auf der Boquete-Seite südlich des Mirador. Inwieweit man sich hinter dem Mirador verlaufen kann, wird unterschiedlich dargestellt; einerseits heißt es, es gäbe mindestens bis zum Weideland praktisch keine Möglichkeit, vom Weg abzukommen (so auch die Eltern in dem bekannten Video, wo sie den Weg abgehen); andererseits gibt es z.B. die kürzlich hier wieder verlinkte Schilderung des Guides Plinio, der berichtet, eine einheimische und eigentlich ortskundige Gruppe habe sich im „Wegenetz“ hinter dem Mirador übel verlaufen. Es wäre toll, wenn
@Annju dazu vielleicht noch etwas sagen könnte.
Aber nochmal zu der Frage, warum die beiden am Mirador trotz ihnen wohl bekannter Infos über den Wanderweg überhaupt weitergelaufen sind; ich sehe da folgende Möglichkeiten:
1. Spontane, aber bewusste Entscheidung - man ist rascher als erwartet auf dem Mirador angelangt, hat noch relativ viel Zeit und beschließt, „just for fun“ noch ein Stück auf der anderen Seite den dort vorhandenen Weg abzusteigen, aber so rechtzeitig umzukehren, dass man nicht in die Dunkelheit geraten wird. Dann müsste etwas oder jemand diese Absicht durchkreuzt haben und zu den ersten Notrufen geführt haben, wobei rätselhaft bleibt, warum nicht mehr Notrufversuche erfolgten.
2. Von vornherein geplante Aktion – man hatte von Anfang an vor, noch irgendeine auf der anderen Seite gelegene Sehenswürdigkeit zu erreichen, wollte aber natürlich vor Dunkelheit zurück am Ausgangspunkt sein. Weil dort allerdings, soweit mir ersichtlich, keine besonderen Sehenswürdigkeiten sind, könnte bei dieser Variante auch irgendeine Fehlinformation zugrunde gelegen haben. Und auch da müsste irgendetwas die sicher vorhandene Absicht, rechtzeitig zurückzukommen durchkreuzt haben und zu den ersten und seltsamerweise vereinzelt gebliebenen Notrufen geführt haben.
3. Einwirkung Dritter: Jemand hatte die beiden bereits zum Mirador begleitet (siehe die hier vorhin thematisierten Foto-Auffälligkeiten mit dem erstaunlich raschen Positionswechsel), und veranlasste sie aus böser Absicht unter irgendeinem Vorwand, nach Norden weiterzugehen (Sehenswürdigkeit, Rundweg der in keinem Wanderführer steht …). Dann könnten die ersten Notrufversuche erfolgt sein, als die beiden merkten, dass etwas faul ist und noch über ihre Telefone verfügten. Dafür, dass sie am Mirador in irgendeiner Weise mit Drohungen o.ä. gezwungen wurden, weiter nach Norden zu gehen, sehe ich übrigens keine Anhaltspunkte. Die vereinzelt gebliebenen Notrufversuche vom 1. April ließen sich hier damit erklären, dass ihnen die Telefone anschließend abgenommen wurden.
wurden.
4. Das Weitergehen nach Norden als versehentliche Entscheidung – man war fixiert auf die Info „der Wanderweg führt von Boquete zum Mirador, und derselbe Weg führt wieder zurück nach Boquete, ganz einfach“. Man wusste nicht und zog überhaupt nicht in Betracht, dass der Weg von Boquete zum Mirador auf der anderen Seite weitergeht und nach Norden absteigt. Man nahm den „falschen“ Einstieg bergab, in der Meinung, es handle sich um denjenigen Weg, den man nach oben genommen hatte, und weil man mit einem weiter nach Norden führenden Weg wie gesagt gar nicht rechnete. Ich möchte hier anmerken, dass ich Orientierungsniete bin; mir könnte so etwas ohne weiteres passieren, vor allem, wenn noch eine zweite, ähnlich schlecht orientierte Person dabei ist und man sich unbewusst aufeinander verlässt bzw. einander bestärkt (falls jetzt jemand einwendet, das sei absurd, weil man ja am Sonnenstand „sofort“ merke, dass es die krass falsche Richtung ist, kann ich dazu nur sagen, genau das ist mein Problem, ich merke sowas auch am Sonnenstand nicht. Ob die örtlichen Verhältnisse am Mirador sich so eindeutig darstellen, dass sogar ich zweifellos den richtigen Abstieg gewählt hätte, z.B. weil man Boquete im Tal sieht, weiß ich natürlich nicht. Selbst dann könnte es passieren, dass ich den falschen Einstieg nach unten nehme, wenn ich der Überzeugung bin, es gibt nur einen einzigen Einstieg nach unten und blöderweise den falschen erwische).
Bei einem solchen Versehen merkt man nicht unbedingt sofort, dass es der falsche Weg ist, weil man ihn ja gerade zum allerersten mal nach oben gegangen war, und auch der falsche Weg führt abwärts („passt“), und dass abwärts und in Gegenrichtung alles ein bisschen anders aussieht, ist auch nicht überraschend (Dschungelpfad ist Dschungelpfad). Irgendwann kommt natürlich der Punkt, wo man stutzig wird („sag mal dieser breite Bachlauf, da sind wir doch aufwärts nicht dran vorbei gekommen …“). Dann ist der Zeitpunkt gekommen, anzuhalten, zu überlegen und zu beraten, und es ist nicht ausgeschlossen, dass man nervös wird (Dämmerung rückt näher, keinerlei Ausrüstung dabei, kein Netz), und vielleicht auch falsche Entscheidungen trifft oder von falschen Grundlagen ausgeht. Wenn man jetzt erkennt, dass man einen komplett falschen Weg eingeschlagen hat, ist die Lösung auch für Orientierungsnieten einfach; man geht denselben falschen Weg zurück auf den Mirador und dort auf der anderen (richtigen) Seite zurück zum Ausgangspunkt, Problem behoben. Wenn man aber davon ausgeht, dass man im Prinzip den richtigen Weg genommen hat (weil man denkt, es gibt ja nur den einen, der auf den Mirador und von dort zurück nach Boquete führt und den man vermeintlich eingeschlagen hat), kommt man schnell zu der fatalen Annahme, dass man an irgendeiner Stelle falsch abgebogen sein muss, denn anders ist einem nicht erklärlich, dass man sich zB an einem Bachlauf befindet, der raufwärts definitiv nicht überquert wurde. Und dann wird es gefährlich, weil die Chance, sich zu verlaufen, dadurch riesig groß wird. Voraussetzung ist, dass es Abbiegemöglichkeiten gibt (siehe oben die unterschiedlichen Schilderungen).
Bei dieser Variante könnten die vereinzelt gebliebenen Notrufversuche am 01.04. wie hier schon ausgeführt wurde damit erklärt werden, dass man sich in einer als sehr unangenehm, aber (noch) keineswegs als lebensgefährlich empfundenen Situation befand und sich damit abfand, dass man sich irgendwie vertan hat, momentan kein Netz hat, und eine Nacht im Dschungel verbringen muss, aber morgen bestimmt nach Boquete glangen wird (zumal man sich vermeintlich auf der Boquete-Seite des Berghangs befindet).
Wobei es aus meiner Sicht mehr als unangenehm ist, in Tanktops und Shorts ohne jede Ausrüstung bei völliger Dunkelheit und stark zurückgehenden Temperaturen im Dschungel zu übernachten. Potentiell gefährlich ist es auch (Schlangen, Giftspinnen, Wildtiere, alles ohne Licht und Sicht), und ich wüsste auch nichts davon, dass K. und L. erfahrene Outdooraktive waren, die so etwas als nettes kleines Abenteuer betrachten könnten.
M.a.W.: die vereinzelt gebliebenen Notrufversuche und die ausgeschalteten Handys erklären sich mir auch hier nicht wirklich. Bei den meisten einschließlich mir würden wahrscheinlich die Handys glühen. Man würde unterschiedliche Standorte ausprobieren, ein Stück zurück nach oben gehen, es mit SMS versuchen, ab und an bei grusligen Geräuschen Licht machen und so weiter.