ErwinKöster schrieb:Zu konstruiert. Ich sehe das eher als konsequente Fortsetzung des Stils im Erpresserbrief, wo die Täter eine ausländische Diktion vortäuschten (vermutlich italienisch), was aber nicht ganz gelang. Da wäre ein so komplexes Wort wie "Kaaganger" richtig geschrieben auffallend gewesen.
Ablenken war deren Motto, da sind wir uns einig. Das erklärt aber nicht den Lehrer.
Das ist a) keine Hilfe für die Post und b) auch gerade kein Ablenken, sondern eine Botschaft.
Diese lautet nicht wie die Ausdrucksweise im Brief "ich bin Ausländer". Sie lautet: "Ich kenne deinen Beruf, aber nicht die PLZ und auch nicht die richtige Schreibweise deiner Straße." Ich bin auch zu doof, die Postleitzahl herauszufinden. Ich bin voll auf Ursula und ihre Angaben angewiesen."
Ursula hat aber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keine Plauderei mit den Tätern geführt und keine Auskünfte gegeben über die Straße und den Lehrerberuf ihres Vaters, da sie direkt nach dem Überfall vor der Verbringung betäubt wurde und davon nicht mehr erwachte. So wie ich das sehe, geht auch keiner davon aus, dass Ursula Auskünfte gab, denn die zeitliche Verzögerung wurde ja immer damit erklärt, dass die Täter auf die Informationen im Radio angewiesen waren. Im Radio wurde aber nicht die Adresse durchgegeben und die Adresse stand auch nicht im Telefonbuch.
Vorwissen ist also einmal aus diesem Umstand herzuleiten und einmal aus dem Umstand, dass über eben dieses Vorwissen gezielt hinweggetäuscht werden sollte.
Die Gesamtgestaltung der Adresse, der Zusatz" Lehrer" bei gleichzeitigem Nichtnutzen von Wissen über die korrekte Anschrift ist definitiv ein (gescheitertes) Ablenkungsmanöver zu Vorwissen.
Vorwissen bedeutet, dass es sich bei Ursula
nicht um ein Zufallsopfer handelte.
Für eine gezielte Auswahl von Ursula Herrmann spricht: Das oben Gesagte zur Adresse und was diese impliziert.
Die zeitnah zur Wiederaufnahme des Trainings nach den Ferien vollendeten, sehr aufwendigen und zeitintensiven Vorbereitungen: Briefe, Versteck mit Kiste, Weg zum Versteck, Beobachtungsposten am Seeweg, Auflauern, Verbringung, Versorgung, Planung von Erpressung und Geldübergabe, Postieren mit mehreren Leuten im Wald mit Maske und Betäubungsmittel am 15.09. abends.
Ursulas Rückfahrt vom Turnstundentermin zu genau dieser Zeit.
Andere Kinder, die zu der Zeit auf dem Seeweg unterwegs waren, konnten nicht ermittelt werden.
Anfang September wurde lt. Sachverständigem noch am Loch gegraben und danach logischerweise erst die Kiste eingesetzt, also war das Zeitfenster auch dadurch begrenzt. Den Sommer mit seinen sich bietenden Gelegenheiten nutzte man also nicht zum Abgreifen eines Zufallsopfers beim See, obwohl der grundsätzliche Plan evtl. schon im Frühjahr feststand.
Die Kiste passte zu Ursulas Statur und Größe.
Hinzu kommt die gute Gelegenheit zum Beobachten. Werner Mazureks Weg von der Werkstatt nach Hause führte an der Turnhalle vorbei. Vielleicht war er schon länger dabei, ein passendes Mädchen auf dem Heimweg auszukundschaften und fuhr regelmäßig zum Ende der Turnstunde dort entlang und entdeckte so Ursula und plante in den Ferien für den ersten Termin nach den Ferien.