Andante schrieb:Die Erzählung mit dem Parken in Schondorf ist Humbug. Es hat den KP dort folgerichtig auch niemand je gesehen, als er parkte, höchst auffällig den Spaten vom Mofa abband, dann mit Spaten zu Fuß weiterschlappte, irgendwann mit Spaten zurückkam, diesen wieder am Mofa befestigte und abfuhr. Natürlich war es so, dass er mit Mofa und dem Spaten - und seinem täglichen Proviant, bestehend u.a. aus zwei Flaschen Bier - bis direkt zur Grabestelle fuhr, was sich auch aus der Sichtung des Aumühlenzeugen ergibt.
Ja, aber warum erzählt er, er habe das Loch gegraben und sagt dann gleichzeitig über das Parken die Unwahrheit? Wohlgemerkt, er erzählt parallel zur Wahrheit Lügen, er fängt nicht erst an zu lügen, als er einen anderen Entschluss fasst. Das ist es, was noch stört.
Die Vermerke ab Seite 257 ff. sind dafür interessant und aufschlussreich. Man denkt im ersten Moment "Was soll das? Was will der Kerl den Ermittlern nur sagen?" Einiges erscheint real, andere Behauptungen klingen äußerst unglaubhaft bzw. sind erwiesenermaßen unwahr.
Diese Mischung aus Wahrheit und Lüge resultierte entweder aus totaler Zerstreutheit, Verrücktheit oder das ganze Theater folgte einem Zweck.
Ich habe durchaus das Gefühl, dass P. rational denken konnte und genau wusste, was er da aus welchem Grund erzählte. Und ich habe eine Idee, wie sein Geständnis zu "entschlüsseln" ist.
Liest man den Vermerk, ist es offensichtlich, dass P. erreichen möchte, dass man ihm glaubt.
Warum lügt er dann partiell und zwar von Beginn an? Warum lügt er da, wo es scheinbar gar nicht not tut?
Ich glaube, sein Plan war folgender:
Die Ermittler sollten denken, dass Mazurek
zwei Löcher im Weingarten arrangiert hat.
Eines hat er den arglosen Pfaffinger am See graben lassen (damit dieser für den Täter gehalten wird) und eines (das richtige) hat M. selbst an der Stelle beim Aumühlenparkplatz gegraben. Dafür wollte M. auch die passenden Werkzeuge von P. (lt. dessen Aussage, nicht in Wirklichkeit).
Damit, so dachte Pfaffinger, hätte er seine Fahrten endlich erklärt, Mazurek wäre als der wahre Täter entlarvt und P. selbst wäre unschuldig und nur von Mazurek benutzt worden.
Das Problem war: Die Ermittler mussten selbst auf die Idee kommen und das hat nicht funktioniert.
Dazu passt folgerichtig, dass die Zeiten der Grabung stimmen, dass der Boden stimmt, seine Kleidung, der Jägerstand auch (wenn man an der echten Grabestelle vorbeigeht), aber die Stelle durfte natürlich nicht stimmen. Damit entfallen auch die Leiter, die Schaufel und der Pickel in seiner eigenen Grabung. Das gehörte alles zu Mazureks "Originalgrabung" auf der anderen Seite des Waldes. Daher ist der Kamingang erfunden, der Mofaabstellplatz in Schondorf und der abtransportierte Erdaushub sind natürlich ebenfalls falsch. Die gehörten zum ausgedachten "Zweitloch", das es nie gab.
Daher auch sein Schwur, die Ermittler mögen ihm glauben. Er wollte wirklich, dass sie drauf kommen. Er wollte durchdringen und war ganz verzweifelt, als keiner auf die Idee kam, die er ihnen da so eindringlich und einfallsreich zu vermitteln versuchte.
Die Tatortfahrt war ein Rückschlag, sie erbrachte natürlich keinen Nachweis für eine zweite Grabestelle in Seenähe, also blieb ihm schließlich nichts übrig, als zu widerrufen.
Wenn er so gedacht und seine Aussage entsprechend gestaltet hat, war das von der Grundidee recht raffiniert, auf jeden Fall nicht wirr, sondern einem Konzept folgend. Da aber keiner seine Idee durchblickte, bleibt sein Wahrheits-Lügengeflecht bis heute rätselhaft und wurde im Urteil auch nicht ganz korrekt interpretiert, so dass Unplausibilitäten (Kamingang, Mofaabstellplatz) und Lücken (Pickel, Leiter, Schaufel) entstanden sind.
Auflösen, worauf er hinauswollte, konnte P. nicht, ohne sein Wissen und seine Mittäterschaft zu offenbaren.
P. sah ein, dass er kein zweites Loch glaubhaft machen kann, aber die Behauptung einer Beauftragung durch Mazurek erhielt er dennoch aufrecht, ebenso die Spatenleihgabe.
Seine erkennbare Absicht war, dass die Ermittler Mazurek ins Visier nehmen, insofern wurde das Geständnis in dem Punkt vom Gericht zutreffend gewertet.