monstra schrieb:Der Verteidiger hätte also einen Fachmann im Hintergrund gebraucht und hätte auch in der Lage sein müssen, dessen Argumente entsprechend zu "übersetzen". All das stand ja gegen das Vertrauen, das gemeinhin von der Richterschaft einer LKA-Gutachterin entgegengebracht wird. Sollte man hier "gefehlt" haben, dann wäre das wirklich nicht leicht zu erkennen gewesen.
Der Verteidiger hatte schon einen Fachmann im Hintergrund, der ihn mit jeder Menge Informationen versorgt hat. Und der Verteidiger hat auch mit den nötigen Schriftsätzen darauf reagiert. Es war ein Verwandter, der um die 300 handschriftliche Seiten abgeliefert hat. In denen hat er das LKA-Gutachten auf theoretischer Basis völlig zerlegt. Hier ein kurzer Auszug, damit ihr einen Eindruck gewinnt, wie tief der Mann eingstiegen ist:
Dateianhang: Lautsprecher_1-3.pdf (2886 KB)Der Mann im Hintergrund war/ist ein exzellenter Theoretiker mit ähnlicher Ausbildung wie ich. Im Gegensatz zur LKA-Gutachterin hat er die Serviceanleitung des TK 248 gelesen, verstanden und aus dem Schaltbild die Beschaltung der Lautsprecher herausgesucht. Im Beispiel hat er daraus rechnerisch nachgewiesen, dass es Unsinn ist, ein Aufnahmemikrofon vor die Hochtonlautsprecher auf der Vorderseite des Bandgeräts zu stellen, weil die laut elektrischer Beschaltung gar keine mittleren Töne (Bayern3-Kennung) wiedergeben sollen. In Wirklichkeit ist es noch viel schlimmer. Zusätzlich zu dieser Theorie sind derartige Lautsprecher nur für Töne konstruiert, die weit höher sind (höher als 8 kHz) als die Töne der Verkehrsfunkkennung (um 1 kHz). Im übertragenen Sinne wäre es, als ob man beim Autotest lediglich die Höchstgeschwindigkeiten im Rückwärtsgang bewertet. Im Gegensatz zu mir fehlten dem Mann leider die Möglichkeiten, Messungen und Simulationen auszuführen.
Im Zusammenhang mit wissenschaftlich-technischen Argumenten lässt sich vor Gericht kein Blumentopf gewinnen. Auch dann nicht, wenn sie präzise und 100 % schlüssig sind. Unter Anwendung der in diesem Urteil üblichen Logik und Betrachtungsweise würden kein Auto und auch kein Computer funktionieren. Wahrscheinlich gäbe es nicht einmal die Pyramiden. Juristen sind so sehr auf ihr Fachgebiet fixiert, dass sie technischen Argumenten nicht folgen können (Ausnahmen bestätigen die Regel).
Auch bei Gutachten geht es kaum um Fakten sondern allein um das Rennomee eines Gutachters. Und dagegen haben Leute wie ich oder auch MH (2r2n) nicht die geringste Chance. Es wundert mich deshalb überhaupt nicht, dass MH (der Einzige im Gerichtssaal mit dem nötigen Sachverstand) so brutal herunter gebügelt wurde, dass ein Tinnitus die Folge war. Auch ich habe Vergleichbares in der Zivilverhandlung selbst erlebt. Und wenn der Richter sich zum Abschluss bei der Gutachterin öffentlich bedankt und mit Handschlag verabschiedet, hat das auch einen symbolischen Charakter. Er drückt damit seine Wertschätzung gegenüber allen anderen Beteiligten aus.
Von einem Juristen ist es nicht zu verlangen, derartig komplexe Argumente zu übersetzen. Fakt ist, dass Verteidiger oder Richter weder den Inhalt des LKA-Gutachtens noch eine Gegendarstellung begreifen. Wenn das Gutachten eine Orgie von technischen Darstellungen ist, lassen sich diese mit vereinfachten Darstellungen nicht widerlegen. Dafür muss man noch tiefer einsteigen.
Das gilt nicht nur für Elektroakustik. Z.B. ist es beim Vergleich der Klebebänder genau dasselbe. Hier plappert das Urteil etwas über Isotopenverhältnisse nach, obwohl die Verfasser dieses Textes auch nach der Belehrung durch einen Gutachter keinen blassen Dunst davon haben, was das bedeutet.
Das gleiche Problem kennen wir auch hier in unseren Diskussionen. Die Juristen oder Amateur-Juristen unter euch verstehen von meinen technischen Ausführungen kaum ein Wort. Ebenso wenig wie vom LKA-Gutachten. Deshalb werden diese Ausführungen auch als bedeutungslos abgetan.
Anders herum ist es nicht sehr viel besser. Was interessieren mich Revisionen, wenn sie sachliche Fehler durchgehen lassen, weil es allein um juristische Formfehler geht. Auch diesen Leuten könnte es ja auffallen, dass am Anfang des Urteils genau das Gegenteil von dem steht, das hinten auftaucht.